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Büchlein von den ausgebrannten Wässern

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Das „Büchlein von den ausgebrannten Wässern“ wird dem Wiener Arzt Michael Puff zugeschrieben. Als Druckfassung erschien es erstmals 1477 in Augsburg bei Johann Bämler.[1][2] Diese Druckfassung basierte auf handschriftlichen Fassungen, die seit der Mitte des 15. Jh. nachweisbar sind und als „Traktat von Tugenden der ausgebrannten Wässer“ bezeichnet werden. Ein niederdeutscher Druck aus dem Jahre 1484 (Lübeck, Bartholomäus Gothan) nennt einen „Dr. Bartholomäus von Benevent“ als Autor des „Büchlein von den ausgebrannten Wässern.“[3]

Michael Puff. Büchlein von den ausgebrannten Wässern. Zainer, Ulm 1598. Titelbild
Michael Puff. Büchlein von den ausgebrannten Wässern. Sporer, Erfurt 1498. Titelbild
Michael Puff. Büchlein von den ausgebrannten Wässern. Maierspeck, Zwickau 1535. Titelbild

Überlieferung

Ort Drucker Datum
Augsburg Bämler, Johann 1477, 27. Oktober
Augsburg Bämler, Johann 1478, 14. Juni
Augsburg Bämler, Johann 1479, 21. Mai
Augsburg Bämler, Johann 1482, 12. Juli
Augsburg Blaubirer, Johann 1481 (2 Versionen)
Augsburg Blaubirer, Johann 1482
Augsburg Sorg, Anthonius 1481, 30. Juli
Augsburg Sorg, Anthonius 1483, 11. Dezember
Augsburg Schönsperger, Hans 1482
Augsburg Schönsperger, Hans 1484 (2 Versionen)
Augsburg Froschauer, Johann 1496
Erfurt Sporer, Hans 1498
Erfurt Schenck, Wolfgang 1500
Lübeck Gothan, Bartholomäus 1484
Mainz Anonym 1481
Straßburg Anonym 1481 (2 Versionen)
Straßburg Anonym 1483
Ulm Dinckmut, Conrad 1482, 19. Oktober
Ulm Zainer, Johann 1488
Ulm Zainer, Johann 1498
Ulm Zainer, Johann 1500

[4][5]

Postinkunabeln

Leopold Senfelder verzeichnete 11 Postinkunabeln für den Zeitraum von 1502 bis 1601.[6] Unter dem Titel Apotheke für den gemeinen Mann wurde das Büchlein von den ausgebrannten Wässern zusammen mit dem Thesaurus pauperum aus dem Liber de arte distillandi de compositis (=Großes Destillierbuch - 1512) des Hieronymus Brunschwig von 1529 bis 1619 dreißig Mal gedruckt.

Übernahme in andere Werke

Hieronymus Brunschwig fügte im Jahre 1500 die Indikationsangaben aus dem „Büchlein von den ausgebrannten Wässern“ vollständig in sein Kleines Destillierbuch ein. Die Väter der Botanik Otto Brunfels und Hieronymus Bock integrierten diese Angaben selektiv in ihre Kräuterbücher.

Inhalt

In 83 Kapiteln behandelte das „Büchlein von den ausgebrannten Wässern“ Destillate aus pflanzlichen Ausgangssubstanzen. Ein Kapitel (71) beschrieb die Wirkung eines aus tierischer Substanz gebrannten Wassers. Die Destillationsmethoden wurden - mit einer Ausnahme (Kapitel 83) - nicht erläutert. Die zuletzt von Walther und Keil (1989, Sp. 909) aufgestellte Behauptung, es handle sich bei den im „Büchlein von den ausgebrannten Wässern“ beschriebenen Destillaten um „alkoholische Destillate“ ist (mit Ausnahme des Kapitels 84) nicht haltbar. [7]

Literatur

  • Arnold C. Klebs. Incunabula scientifica et medica. In: Osiris, Vol. IV, 8. 1-359, Brügge 1938. Nachdruck Olms, Hildesheim 2004, S. 295-297.
  • Astrid Müller-Grzenda. Pflanzenwässer und gebrannter Wein als Arzneimittel zu Beginn der Neuzeit. Herstellungsverfahren, Hersteller und Handel, Beschaffenheit und Bedeutung für die Materia medica. Stuttgart 1996.
  • Annarita Pogliani. Le tradizioni delle ‚acque ardenti‘ di Michael Puff aus Schrick. (Göppinger Arbeiten zur Germanistik Nr. 759). Kümmerle, Göppingen 2010.
  • Karl Sudhoff. Deutsche medizinische Inkunabeln. Barth, Leipzig 1908, S. 139-147.
  • Helmuth Walther und Gundolf Keil. Puff, Michael aus Schrick. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Berlin 1989, Band VII, Sp. 905-910.

Manuskripte

Drucke

„Büchlein von den ausgebrannten Wässern“

„Apotheke für den gemeinen Mann“

Anmerkungen

  1. Die Indikationen aus dem Puffschen Kapitel „Valtrian mit wurtzen“ wurden im Kleinen Destillierbuch (Blatt 39v) ins Kapitel „Denmarck wurtzel“ übernommen.
  2. Die Indikationen aus dem Puffschen Kapitel „Baldrian“ wurden im Kleinen Destillierbuch (Blatt 39v) ins Kapitel „Denmarck wasser – wurtzel krut vnd stengel“ übernommen.
  3. Die Indikationen aus dem Puffschen Mauchen-Kapitel wurden im Kleinen Destillierbuch (Blatt 77r) ins Kapitel „Magsatkrut“ übernommen.
  4. Die Indikationen aus dem Puffschen Creützwurtz-Kapitel wurden im Kleinen Destillierbuch (Blatt 37v) ins Kapitel „Crützwurtz“ übernommen. Dort wurde das Aussehen der Pflanze so beschrieben, dass sie als Senecio vulgaris gedeutet werden kann.
  5. Hermann Fischer. Mittelalterliche Pflanzenkunde. München 1929, S. 283: ciclim (Hildegard) = Blüten des Holderbaumes. Kleines Destillierbuch 1500, Blatt 55v: Von holder blüt wasser … O Holder blüt wasser ist zickeln wasser… Hieronymus Bock. Kreuterbuch Ausgabe 1546, Buch III, Capitel 23: Holunder … Eusserlich. … Der safft von den Holder zecken (dann also nennet man die Beerlein) …

Einzelnachweise

  1. Karl Sudhoff. Deutsche medizinische Inkunabeln. Barth, Leipzig 1908, S. 140.
  2. Arnold C. Klebs. Incunabula scientifica et medica. In: Osiris, Vol. IV, 8. 1-359, Brügge 1938. Nachdruck Olms, Hildesheim 2004, S. 295.
  3. Karl Sudhoff. Deutsche medizinische Inkunabeln. Leipzig 1908, S. 139.
  4. Karl Sudhoff. Deutsche medizinische Inkunabeln. Barth, Leipzig 1908, S. 139-147.
  5. Arnold C. Klebs. Incunabula scientifica et medica. In: Osiris, Vol. IV, 8. 1-359, Brügge 1938. Nachdruck Olms, Hildesheim 2004, S. 295-297.
  6. Leopold Senfelder. Michael Puff aus Schrick. In: Wiener Klinische Rundschau. 12 (1898), S. 351.
  7. Astrid Müller-Grzenda. Pflanzenwässer und gebrannter Wein als Arzneimittel zu Beginn der Neuzeit. Herstellungsverfahren, Hersteller und Handel, Beschaffenheit und Bedeutung für die Materia medica. Stuttgart 1996, S. 147-156.
  8. Hermann Fischer. Mittelalterliche Pflanzenkunde. München 1929, S. 277: Papaver somniferum … mago, magesamo (althochdeutsch), der groß magen (Macerglossen)…