Rennrad

Rennräder (Schweiz: Rennvelo) sind Fahrräder, die für den Gebrauch als Sportgerät bei Radrennen konstruiert wurden. Sie zeichnen sich durch eine besonders leichte, aber stabile Bauweise und besondere Fahreigenschaften aus.
Technische Merkmale
Allgemeine Merkmale


Rennräder wiegen zwischen knapp 6 bis 11 kg. Laut UCI-Reglement ist aber bei Wettbewerbsrädern ein Mindestgewicht von 6,8 kg zu beachten. Sie haben sehr schmale Felgen und Reifen, einen Rennlenker, den sogenannten Bügellenker, der verschiedenste Griffpositionen erlaubt und schmaler ist, als sonst übliche Lenkerstangen (lt. UCI-Reglement sind max. 50 cm zulässig, es werden jedoch selten breitere als 44 cm verwendet). Aus aerodynamischen Gründen werden bei Triathlon und Zeitfahren Lenkeraufsätze verwendet, bei denen der Fahrer mit den Unterarmen aufliegt und mit den Händen nach vorne greift. Schaltungs- und Bremsgriffe sind, soweit vorhanden, seit einigen Jahren als integrierte Einheiten üblich. Aus Gewichtsgründen verwenden einige Rennfahrer bei Bergzeitfahren Rahmenschalthebel für den seltener benutzten Umwerfer. Es finden fast ausschließlich mechanische Felgenbremsen Verwendung. Hydraulik- oder Scheibenbremsen bieten bei Straßenrennen keine Vorteile. Die Ende der 80er Jahre in Mode gekommenen Delta-Mittelzugbremsen haben zwar eine noch bessere Bremsleistung als die heute verwendeten Seitenzugbremsen, sind aber schwerer und verlangen höhere Betätigungskräfte. Bei Rennrädern sind ausschließlich Kettenschaltungen üblich, im Profibereich mit 2 x 10 Gängen, im Freizeitbereich auch mit drei Kettenblättern vorne.
Die Bestimmungen des UCI legen für die Fahrradgeometrie Standards fest, die sich weitgehend am Stand des Rennrades von Eddy Merckx bei seinem Stundenweltrekord 1972 orientieren. Mit aerodynamisch verkleideten Liegerädern wurden Geschwindigkeiten von über 110 km/h erzielt. Die UCI argumentiert damit, dass bei einem Wettrüsten zum technisch optimierten Fahrrad schlechter ausgerüstete Sportler oder Radsportverbände auf der Strecke bleiben würden.
Rennräder haben keine Gepäckträger (auch keine dafür vorgesehenen Aufnahmen an Rahmen und Gabel) und Schutzbleche. Vorrichtungen für Licht oder Dynamo besitzen sie - wenn überhaupt - nur bei Trainingsrädern. Obligatorisch sind allerdings 1-2 Halter für Trinkflaschen am Unterrohr oder Sitzrohr.
Der Radstand beträgt im Allgemeinen 940 bis 1070 mm bei Rahmenhöhen von 51 bis 64 cm, für Frauen existieren veränderte Rahmengeometrien mit auf den speziellen weiblichen Körperbau abgestimmten Winkeln und Längen. Grundsätzlich wird angestrebt, eine den Körpermaßen des Radsportlers angepasste Rahmengeometrie zu wählen; dies geht im Extremfall bis zur Maßanfertigung eines individuellen Rahmens. Spezielle radsportliche Disziplinen bedingen dabei wieder abgewandelte Rahmengeometrien. So besitzen z. B. Kriteriums-, Bahn- und Steherrahmen einen kürzeren Radstand und 2,5 – 5 mm kürzere Kurbeln sowie ein höheres Tretlager.
Der Sattel wird waagerecht eingestellt, ist höher (i. d. R. 4 bis 15 cm) als der Lenker. Die Sattelspitze befindet sich etwa 2 cm bis 10 cm – abhängig von Fahrergröße und -typ – hinter der Senkrechten durch die Tretlagerachse. Zur Ermittlung der optimalen Sitzhöhe, d. h. den entlang dem Sitzrohr gemessenen Abstand zwischen Satteloberkante und Tretlagermitte, gibt es unterschiedliche Verfahren:
- Es existieren Tabellen und Formeln, die die Sitzhöhe von der Beinlänge ableiten.
- Ein praktisches Verfahren sagt: Bei bequemer Position auf dem Sattel und ohne die Hüfte abzukippen sollte mit ausgestrecktem Bein die Ferse gerade noch die Pedale berühren. Beim Fahren sollte das Becken nicht seitlich abkippen.
Ähnlich bestimmt man die Sitzlänge, d. h. den Abstand zwischen Sattelspitze und Lenkerrohrmitte:
- Auch hier gibt es Berechnungsformeln, die Körpergröße und Armlänge berücksichtigen.
- Die Praktikerregel besagt hier: Der Lenkervorbau wird so gewählt, dass, wenn der rechtwinklig angewinkelte Ellenbogen die Sattelspitze berührt, der Mittelfinger der ausgestreckten Hand soweit bis an das Lenkerrohr heranreichen soll, dass man noch Mittel- und Zeigefinger dazwischen legen kann.
Diese Regeln sind - selbst für normal gebaute Menschen - nur Anhaltspunkte. Die endgültige Sitzposition findet der Fahrer meist erst nach Jahren und durch die Beobachtung erfahrener Trainer, indem er sie immer wieder in größeren Zeitabständen (mind. 6 Wochen) um wenige Millimeter (max. 5 mm) korrigiert.
Rahmen

Bei normalen Straßenmaschinen hat sich der klassische Diamantrahmen durchgesetzt und ist auch lt. UCI-Reglement vorgeschrieben. Bei Zeitfahrmaschinen und Rekordrädern gibt es zwar etwas mehr Freiheiten, aber auch hier muss, wenn das Rad in einem Wettbewerb eingesetzt wird oder eine Rekordfahrt offiziell anerkannt werden soll, der Rahmen „die Form eines Dreiecks erkennen lassen.“ Diese Bestimmungen sollen Chancengleichheit herstellen, verhindern aber Innovationen. So wurden von der UCI die Stundenweltrekorde der letzten 30 Jahre annulliert.
Einige Hersteller bieten spezielle Rahmen für Frauen an. Diese besitzen meist einen kürzeren Radstand und/oder steilere Sattelrohre als vergleichbare Rennräder für Männer.
Außerhalb des UCI-Reglements, z. B. im Triathlon-Bereich, werden allerdings auch freie Konstruktionen bis hin zu Monocoques aus Verbundwerkstoffen eingesetzt.
Als Rahmenmaterialien finden Stahl, Aluminium, Carbon und Titan Verwendung, alle diese Materialien haben sowohl Vor- als auch Nachteile. Kombinationen aus mehreren Materialien, etwa Carbon und Titan, sind ebenso gebräuchlich wie die Verwendung von Spezialmaterialien oder Legierungen (Magnesium, V4A, Scandium (Eine Aluminiumlegierung mit geringem Scandiumanteil)).
Rahmenmaterial | Vorteile | Nachteile |
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Stahl |
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Aluminium |
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Carbon |
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Titan |
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Der gerne ins Feld geführte Federungskomfort ist bei Rahmen faktisch nicht messbar. Lediglich Gabeln haben bei Reifeninnendruck von fast 10 Bar eine Auswirkung auf die Weitergabe der Fahrbahnunebenheiten.
Ein normaler Diamantrahmen kann nur zur Seite ausweichen, was eine geringe Verwindungssteifigkeit erfordert, um eine Federung zu erzeugen. Gerade diese bestimmt aber auch die Fahrstabilität, besonders auf Abfahrten. Jedes Rahmenmaterial bietet neben Vorteilen auch Nachteile. Leichte Rahmen haben oft geringe Lenkkopf- und Tretlagersteifigkeiten. Erstes senkt die Fahrsicherheit, zweites die Effizienz des Tretens.
Das Rahmengewicht alleine ist nur ein Teil des Radgewichtes und bestimmt sein Verhalten nur bedingt. Das Einsparen von Masse an rotierenden Teilen ist oft weit sinnvoller als am Rahmen, weil diese Teile immer wieder wesentlich stärker beschleunigt werden müssen als der Rest des Rades.
Laufräder
Laufräder haben üblicherweise einen Durchmesser von 27", spezielle Kriteriums-Laufräder können auch kleiner sein (z. B. Eddy Merckx). Die früher bei Rennrädern üblichen Laufräder mit Schlauchreifen werden heute nur noch selten, überwiegend im Profisport, verwendet. Drahtreifen werden auch bei Profis immer beliebter.
Bei Schlauchreifen bilden der äußere Mantel und der innere Schlauch eine Einheit. Solche Reifen werden mit einem speziellen Klebstoff – genannt „Reifenkitt“ – auf die Felge geklebt. Bei langen Bergabfahrten kann dies aber zu Problemen führen, denn wegen der Bremsbeanspruchung der Felge wird diese stark erhitzt und der Reifen kann sich ablösen. Dem Radprofi Joseba Beloki passierte dies während der 9. Etappe der Tour de France 2003, als der Reifen vom Hinterrad sprang und Beloki dadurch schwer stürzte. Im Gegensatz dazu werden Drahtreifen allein durch den Luftdruck und Stahl- oder Kevlarsaiten auf der Felge gehalten.
Immer beliebter werden die Hochprofilfelgen gegenüber den klassischen Kastenfelgen. Hochprofilfelgen sind besonders steif, aber auch schwerer. Bei Rennen gegen die Uhr werden auch häufig Scheibenräder eingesetzt. Diese vermindern die Luftverwirbelungen an den Speichen, sind aber gegenüber seitlichem Wind sehr anfällig und werden deshalb fast ausschließlich hinten eingebaut.
Auch abgeflachte Säbelspeichen, die gerne bei Triathlon-Rädern verwendet werden, sollen den Luftwiderstand verringern.
27" ist größer als 28"
Paradoxerweise sind 27"-Felgen – hier geht es ausschließlich um das Maß der „nackten“ Felgen – mit 630 mm Durchmesser größer als 28"-Felgen mit 622 mm. Die Erklärung: 28"-Felgen waren für wesentlich dickere Reifen konzipiert als die für Rennen produzierten 27"-Felgen – das jeweilige Maß ergibt sich immer erst mitsamt dem Reifen. 630 mm plus 2 x 28 mm Reifen ergeben 686 mm = 27" (1 Zoll = 25,4 mm) – 622 mm plus 2 x 44,5 mm Reifen ergeben 711 mm = 28". Tatsächlich erreichen aber Schlauchreifen-Laufräder mitsamt Reifen i. d. R. lediglich zwischen 665 und 675 mm.
Definitionen
Österreich
Die österreichische Fahrradverordnung ([1],pdf) definiert das Rennrad so:
§ 4 (1) Als Rennfahrrad gilt ein Fahrrad mit folgenden technischen Merkmalen:
- Eigengewicht des fahrbereiten Fahrrades höchstens 12 kg;
- Rennlenker (dieser ist jedoch nicht genau definiert);
- äußerer Felgendurchmesser mindestens 630 mm und
- äußere Felgenbreite höchstens 23 mm.
Deutschland
In Deutschland wird das Rennrad in der Straßenverkehrszulassungsordnung nur im Zusammenhang mit lichttechnischen Anlagen an Fahrrädern erwähnt. Es wird dort nicht näher definiert. Bei Rennrädern unter 11 kg Gewicht dürfen für den Betrieb von Scheinwerfer und Schlussleuchte anstelle der Lichtmaschine auch eine oder mehrere Batterien mitgeführt werden, der Scheinwerfer und die vorgeschriebene Schlussleuchte müssen nicht fest am Fahrrad angebracht sein, die Scheinwerfer und Schlussleuchte müssen nicht zusammen einschaltbar sein und es darf auch ein Scheinwerfer mit niedrigerer Nennspannung als 6 Volt mitgeführt werden.
Diese Verordnung wird zunehmend weniger anwendbar, da Dynamobeleuchtung mit Akkuunterstützung nicht in diese Definition passen.