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Weinbau

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Weinberge bei Hambach an der Weinstraße

Weinbau oder Weinanbau bezeichnet die landwirtschaftliche Kultivierung von Weinreben zum Zwecke der Gewinnung von Wein. Die eigentliche Weinherstellung, als Winzerei bezeichnet, ist in der Praxis so gut wie immer eng mit dem Anbau verknüpft; nur in seltenen Fällen liegen Anbau und Weinerzeugung in komplett unterschiedlichen Händen. Die Wissenschaft von Weinbau und Weinerzeugung ist die Önologie.

Klima, Boden und Lage

Lage

Weinreben benötigen viel Sonneneinstrahlung, deswegen werden sie oft auf nach Süden ausgerichteten Weinbergen oder Rebbergen angebaut. Aber auch in der Ebene wird Weinbau in Weingärten (in Rheinhessen als Wingert, in Baden-Württemberg als Wengert bezeichnet) betrieben, insbesondere im Mittelmeerraum liefern auch die Ebenen qualitativ gute Weine in erheblichen Mengen.

Anbaugebiete

Wein wird in der Regel in geschlossenen Weinanbaugebieten angepflanzt, die einheitliche Rahmenbedingungen, wie bestimmte Licht- und Temperaturschwellwerte, zum Weinbau aufweisen. Neben der Rebsorte und der Qualitätstufe gehört der Standort zu den wichtigsten Faktoren die den Charakter und Geschmack eines Weines bestimmen. Je nach Bodenbeschaffenheit, Sonneneinstrahlung und Tradition sind für einzelne Anbaugebiete unterschiedliche Rebsorten typisch.

Geschichte

Schon 5000 v. Chr. lässt sich in Vorderasien (Sumer) erstmals die Domestizierung von Weinreben nachweisen. Der Weinbau breitet sich im gesamten mittleren Osten aus und etwa 1700 v. Chr. kultivieren die Griechen erste Edelreben. Im römischen Reich war der Wein so beliebt, dass er zuweilen billiger als Wasser war. In Italien prägen sich verschiedene Erziehungsmethoden aus: an Bäumen, als Dachspaliere am Kurzstamm oder kriechend auf dem Boden. Mit den Römern breitet sich der Weinbau nach Spanien, Gallien und Nordafrika aus und etwas verspätet auch nach Germanien.

Ab dem Jahr 100 wurde an Mosel und Ahr von den Römern Weinbau betrieben. Das Getränk und der Weinbau werden immer beliebter, um 1500 gibt es mehr als 300.000 ha Anbaufläche.

In Deutschland gab es im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit ausgedehnte Weinbaugebiete, auch in klimatisch weniger günstigen Lagen. Deshalb musste der Wein oftmals mit vielen Zusatzstoffen (Honig, Gewürze) trinkbar gemacht werden. In den guten Lagen achtete man jedoch vielerorts auf hochwertige Rebsorten und erzeugte nach den Kriterien der Zeit sehr gute Weine.

In den betroffenen Gebieten bildete der Dreißigjähriger Krieg einen starken Einschnitt. Einerseits wurden die Rebflächen drastisch reduziert, weil durch den Bevölkerungsverlust sowohl Arbeitskräfte wie auch Verbraucher fehlten. Andererseits erzwangen die umherziehenden Soldaten hohe Weinabgaben, so dass nun in den Weinbergen viele "Massenträger", also Rebsorten geringer Güte mit hohem Ertrag, gepflanzt wurden.

Das erste Weinanbaugebiet wurde 1756 in Portugal für den Portwein festgelegt. Es folgten die Medoc-Weingüter in Frankreich 1855.

Im 19. Jahrhundert setzten in vielen Ländern Bemühungen zur Verbesserung des Weinbaus ein. Man experimentierte mit neuen Rebsorten und mit verbesserten Gärmethoden. Auch die Bearbeitung der Reben und die Kellereitechnik wurden nun wissenschaftlich untersucht; statt der gemischten Weine wurden nun sortenreine Weine produziert. Es gelang auch, Schaumwein in Flaschengärung (Champagner-Methode) als Massenprodukt herzustellen. 1826 gründete Georg Christian Kessler die erste deutsche Sektkellerei in Esslingen am Neckar.

Einen schweren Rückschlag für den Weinbau brachte der weiträumige Befall der Weinberge mit Peronospora (Falscher Mehltau) in den 1880er Jahren. Der gesamte Weinbau in Mitteleuropa war durch die verheerende Rebkrankheit bedroht. Erneut gingen die Rebflächen zurück. Nur die Pfropfung europäischer Reben auf amerikanischen Wurzelreben rettete schließllich den europäischen Weinbau vor der verheerenden Katastrophe.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hielt eine neue Kellertechnik weltweit Einzug in der Weinverarbeitung. Edelstahltanks, Vollernter, eine temperaturgesteuerte Gärung gehören heute zur Standardausrüstung jeder größeren Kellerei. Gleichzeitig wurde der Weinbau zum globalen Geschäft. In verschiedenen Ländern wie USA, Australien, Chile, aber auch in osteuropäischen Ländern baute man Weinberge neu auf oder intensivierte und modernisierte den Weinbau. Damit herrschat auf dem Weinmarkt eine internationale Konkurrenz. Aus den Weinbauern wurde der "Winemaker", der häufig in einem weitgehend industrialisierten Prozess große Mengen an Wein herstellt. Damit droht die Standardisierung des Weins, begünstigt durch Verarbeitungsmethoden wie Konzentrierung, Färbung, chemische Behandlung, die heute schon in vielen Ländern Standard sind.

Gleichzeitig sinkt der Weinkonsum in den europäischen Ländern stetig, vor allem in den klassischen Verbraucherländern Frankreich und Italien. Dies stellt für die Weinwirtschaft vor allem im mittleren und unteren Preissegment ein ernst zu nehmendes Problem dar.

Wirtschaftliche Bedeutung

Weinanbau in Zahlen

Wein wird heute in Deutschland in 14 Weinanbaugebieten kultiviert; hier liegen ca. 100.000 ha der weltweit rund 8.000.000 ha Anbaufläche (5.000.000 ha liegen in Europa). Der Durchschnittsflächenerträg liegt etwa bei 1 l/m2, je hochwertiger ein Wein ausgebaut wird, desto geringer ist der Ertrag.

54% der 77.388 Weinbaubetriebe (1990) in Deutschland haben eine Anbaufläche von unter einem halben Hektar, weitere 15% bis ein Hektar, weitere 24% bis fünf Hektar. Viele Betriebe werden von Nebenerwerbslandwirten bewirtschaftet.

Sonderformen

Sonderformen des Weinbaus sind der ökologische Anbau, der Qualitätsausbau sowie der Anbau von Weinen, die als Zwischenprodukt dienen. Gemeinsames Merkmal der ersten beiden Formen ist der deutlich geringere Ertrag als beim regulären Weinbau. Dies ist beim ökologischen Anbau auf die größeren Verluste durch Schädlinge und Pflanzenkrankheiten aufgrund vermindertem Einsatz von Pestiziden und Insektiziden zurückzuführen. Beim Qualitätsausbau werden bewußt schlechtere Trauben vor der Reife entfernt, damit der Weinstock mehr Kraft in die Verbleibenden investieren kann.


Biologischer Weinbau

Neue Qualität der Bio-Weine: Vor ca. 30 Jahren entstanden die ersten ökologisch, bzw. biodynamisch bewirtschafteten Weingüter. Zu dieser Zeit stand offensichtlich die biologische Bearbeitung der Weingüter im Vordergrund und die Qualität der Weine ließ meist zu wünschen übrig.

Aus diesem Grund waren Bio-Weine bis vor wenigen Jahren oftmals im Visier vieler Weinkritiker. Dies hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert. In vielen Ländern nehmen immer mehr Winzer die teilweise sehr lange Umstellung in Kauf und produzieren mittlerweile hochwertige Weine, mit durchaus auch für Weinkritiker überzeugender Qualität.

Vor allem in Deutschland, Frankreich und in Italien aber auch in anderen Weinanbauländern findet man heute immer mehr Spitzenproduzenten, die nach den Methoden eines ökologischen bzw. biodynamischen Weinanbau arbeiten und vielleicht gerade deshalb exzellente Weinqualitäten aufweisen können.

Wein als Zwischenprodukt

Eine dritte Sonderform des Weinanbaus bezieht sich auf die Bereiche, in denen der Wein nicht als Endprodukt vermarktet wird, sondern weiterer Verarbeitung unterworfen wird. Wein als Zwischenprodukt wird insbesondere benötigt für die Herstellung von Weinbränden, Schaumweinen und verstärkten Weinen. Dabei wird dem dem Ausbau des Weines weniger Bedeutung zugemessen; in aller Regel werden die zur Weiterverarbeitung vorgesehenen Weine verschnitten, bevor die eigentliche Veredelung zum Endprodukt durchgeführt wird.

Ausbildung und Berufsbilder im Weinbau

Zum landwirtschaftlichen Weinbau benötigen Winzer Fachwissen im Bereich der Rebbiologie, Standort, Klima, Lage, Rebanlage, Arbeiten im Weinberg, Bodenkunde und Pflanzenschutz.

Weiterführende Angaben

siehe auch: Straußwirtschaft

Literatur

  • Friedrich von Bassermann-Jordan: Geschichte des Weinbaus, Nachdruck Pfälzische Verlagsanstalt Landau 1991, ISBN 387629181X