Flatus
Ein Flatus, umgangssprachlich Furz oder Pups, in den meisten österreichischen Mundarten hingegen Schas oder medizinsprachlich Darmwind, Blähungen oder Meteorismus ist die meist methanhaltige Ausdünstung des menschlichen bzw. tierischen Magen-Darm-Traktes, die unter anderem durch die Zersetzung organischer Substanzen durch Mikroorganismen (Colibakterien) entstehen. Andere Ursachen für Abgase sind willentlich oder unbewusst geschluckte Luft, durch chemische Reaktionen verursachte Gase und durch die Darmwand diffundierte Gase aus dem Blutkreislauf. Der umgangssprachliche Begriff wird oft als anstößig angesehen und durch andere Begriffe umschrieben.
Ein Mensch entlässt im Durchschnitt 0,5 bis 1,5 Liter Gase in 12 bis 25 Episoden pro Tag. Eigentlich entstehen im Darm bis zu 15 Liter Gase pro Verdauungsvorgang, das meiste diffundiert aber in den Blutkreislauf und wird durch die Lunge ausgeatmet. Männer und Frauen bilden die gleichen Mengen Gas.
Merkmale des Flatus
Übelriechende Darmwinde bestehen ebenso wie Luft zum überwiegenden Teil aus Stickstoff. Sauerstoff wird durch die Darmwände absorbiert und kommt in den Abgasen meist nicht vor. Essen, das im Magen mit Salzsäure reagiert, setzt oft Kohlenstoffdioxid frei. Proteine, wie sie verstärkt in Eiern, Blumenkohl oder Fleisch vorkommen, enthalten auch schwefelhaltige Aminosäuren, die von Bakterien in Schwefelwasserstoff umgesetzt werden können. Andere Bakterien produzieren Wasserstoff und Methan. Die Legende, dass ein Flatus brennbar ist, stimmt. Das hängt vor allem mit dem Methangas zusammen.
Ablauf
Die Geräusche, die gemeinhin mit dem Flatus in Verbindung gebracht werden, werden von der Vibration der Analöffnung verursacht. Das Geräusch variiert je nach Spannung des Schließmuskels und Geschwindigkeit, mit der das Gas ausgestoßen wird, ebenso spielen andere Faktoren wie Feuchtigkeit oder Körperfett eine Rolle.
Der Falsche Freund
Der Flatus gelangt durch dieselbe Peristaltik wie die Fäkalien zum Anus, was ein ähnliches Gefühl von Dringlichkeit und Unwohlsein hervorruft. Die Nervenenden im Rektum lernen, zwischen Flatus und Fäkalien zu unterscheiden, obwohl dünner Stuhl die Nerven durcheinanderbringen kann, worauf etwas austritt. Dies wird umgangssprachlich manchmal als "Schurz" (eine Mixtur aus "Scheißen" und "Furz", ebenfalls gebraucht, jedoch nicht so bekannt sind die Ausdrücke "Feißen", eine Mixtur aus "Furz" und "Scheißen" oder "Land furzen"), im österreichischen jedoch als "Materialschas" oder "Spritzkack" bezeichnet. (Der dabei austretende, dünnflüssige Kot wird in Deutschland als Bremsspur und in Österreich auch "Stern" genannt). Medizinisch wird ein Flatus, bei dem auch Stuhlgang abgeht als "Falscher Freund" (ugs. "Löffel Land") bezeichnet.
Bakterien
Der Großteil der Abwinde wird durch Bakterien erzeugt:
- weitere 500 Arten, darunter:
- Methanobrevibacter smithii, eine Mikrobe, die jedoch nur in jeder dritten getesteten Person nachgewiesen werden konnte.
Bestandteile
Die Bestandteile der Abwinde sind
- Stickstoff
- Wasserstoff
- Methan
- Kohlenstoffdioxid
- Schwefelverbindungen
Bakterien produzieren im menschlichen Darm bis zu 24 Liter Wasserstoff und 6 Liter Methan, von denen jedoch nur ca. ein Liter abgeht. Ein großer Teil der produzierten Gase werden von weiteren Bakterien in nichtflüchtige Substanzen umgewandelt oder über das Blut gelöst und über die Lunge abgeatmet.
Geruchsverursacher
Bakterien im Darm produzieren die übelriechenden Substanzen Indol und Skatol.
Indol entsteht als Abbauprodukt der Aminosäure Tryptophan und wird in der kosmetischen und pharmazeutischen Industrie verwendet zur Herstellung von Farbstoffen und Arzneimitteln. Stark verdünnt riecht Indol nach Blumen, in größerer Konzentration aber nach Fäkalien.
Skatol (3-Methylindol)
Wie Indol ist Skatol ein Abbauprodukt der Aminosäure Tryptophan und ist Hauptverursacher des Geruchs des menschlichen Kots (Fäzes). Wie Indol riecht Skatol in geringen Konzentrationen angenehm und wird deswegen in Spuren Parfümen beigemengt.
Das Gas Schwefelwasserstoff blockiert im Körper Sauerstoff tranportierende Enzyme und ist deswegen stark giftig. Es riecht nach faulen Eiern und kommt nur in mikromolaren Konzentrationen im Flatus vor. In Kloaken und Güllegruben wird durch Bakterien ebenfalls dieses Gas produziert, wodurch es schon tragische Unfälle gab.
Dimethylsulfid (CH3-S-CH3)
Dimethylsulfid ist eine Flüssigkeit, die bei 38 °C siedet und verursacht einen fauligen Geruch. Dimethylsulfid ist auch für Mundgeruch verantwortlich.
Abwinde verursachende Nahrungsmittel
Ursächlich für den Flatus sind die Zuckermoleküle Rhamnose und Stachyose, die vom Verdauungsapparat des Menschen nicht aufgespalten werden können. Vielen Menschen fehlt durch einen genetischen Unterschied das zum Abbau von Laktose notwendige Enzym. Bakterien vergären diese Stoffe zu den genannten großen Gasmengen. Rhamnose und Stachyose kommen in höheren Konzentrationen in folgenden Nahrungsmitteln vor:
- Zwiebeln
- Staudensellerie
- Hülsenfrüchte wie Erbsen und Bohnen
- Knäckebrot
- Eierspeisen wie z.B. Pfannkuchen
- Corned Beef oder Labskaus
Historisches, Anekdotisches
- Der römische Kaiser Tiberius Claudius brachte aus Sorge um die Gesundheit ein Gesetz heraus, das Furzen bei Banketten erlaubte.
- Martin Luther wird das geflügelte Wort zugeschrieben: „Warum rülpset und furzet Ihr nicht? Hat es Euch nicht geschmacket?“ (Dies ist umstritten; es soll dieser Ausspruch blanke Ironie gegenüber damaligen Kirchenoberen sein, was durch den angeblichen Zusatz „... und warum onanieret ihr unter dem Tische und vergewaltigt nicht die Damen bei Hofe, wie es euch sonst genehm ist?“ eine gewisse Stütze findet.)
- Edward de Vere, Earl of Oxford, furzte, während er Elisabeth I. von England die Treue schwor. Er ging dafür konsequenterweise für sieben Jahre ins selbstauferlegte Exil. Es wird berichtet, dass die nicht humorlose Königin ihm nach seiner Rückkehr versicherte: „Mein Lord, ich habe Euren Furz nicht vergessen!“
- Einige Menschen haben die Fähigkeit, durch gezieltes Spannen des Darmschließmuskels die Tonhöhe der Abwinde zu modulieren. Der bekannteste dieser „Kunstfurzer“, die normalerweise auf Jahrmärkten und Rummelplätzen auftraten, war der Franzose Joseph Pujol, der unter dem Künstlernamen Le Pétomane (von franz. le pet „der Furz“) auch im Pariser Moulin Rouge in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts auftrat. Allerdings soll Pujol die Fähigkeit gehabt haben, auch über den Anus Luft einzusaugen und somit geruchsfrei Geräusche produzieren zu können. Sein Repertoire umfasste die Imitation von Gewittern, von Kanonenschlägen bis hin zur Intonation von Melodien. Ein unter dem Künstlernamen Mr. Methane auftretender Brite reist mit einer ähnlichen Nummer durch Fernsehshows rund um den Globus.
- Goethe erzählte seinem Vertrauten Eckermann: Ein abscheulicher Herr gibt in bester Gesellschaft und in Anwesenheit von Damen unanständige Dinge von sich. «Mit Worten war gegen ihn nichts auszurichten.» Doch da begeht ein stattlicher Herr sehr laut eine große Unanständigkeit. Der Schwadroneur ist dermaßen eingeschüchtert, dass er endlich den Mund hält. «Das Gespräch nahm von diesem Augenblick an eine anmutige heitere Wendung.»
Siehe auch: Flatulenz, Meteorismus, Furzkissen