Antike
Der Begriff Antike (lateinisch antiquus, alt, altertümlich) bezeichnet die Epoche des Altertums im Mittelmeerraum von etwa 800 v. Chr. bis 500 n. Chr., die sich durch gemeinsame und durchgängige kulturelle Traditionen von vorhergehenden und nachfolgenden Epochen unterscheidet. Im engeren Sinne ist Antike die Geschichte des klassischen Griechenland, des Hellenismus und des Römischen Reichs.
Allgemeines
Der Anfang der antiken Kultur wird im allgemeinen mit der Entstehungszeit der Homerischen Epen und dem Beginn der griechischen Kolonisation des Mittelmeerraums im 8. Jahrhunderts v. Chr. angesetzt. Die Griechen verbreiteten ihre Bildung und Kultur in den folgenden Jahrhunderten im gesamten Mittelmeerraum und seit Alexander dem Großen auch im Orient und nach Zentralasien hinein. Die Römer brachten die antike Kultur bis nach Mittel- und Nordwesteuropa, wo sie sich seit dem frühen Mittelalter zur christlich-abendländischen Kultur wandelte.
Bis heute erhaltene Zeugnisse der Antike sind neben überlieferten Texten philosophischer, literarischer oder historischer Natur, zahlreiche Objekte der griechischen und römischen Kunst: von großen Skulpturen bis zur Kleinkunst und Töpferei etc. Wichtige Antikensammlungen befinden sich in Rom, Athen, Neapel, Paris, London, München, St. Petersburg, Wien und Berlin. Für die Kenntnis des antiken Alltags sind vor allem archäologische Ausgrabungen wie die in Pompeji, Olympia, Delphi oder Pergamon von Bedeutung.
Als man im Italien des 15. Jahrhunderts die erhaltenen (meist römischen) Überreste neu zu schätzen lernte und in der Kunst nachahmte, bezeichnete man dies als Renaissance, als Wiedergeburt der Antike. Seit dem 18. Jahrhundert trat infolge der Arbeiten von Johann Joachim Winckelmann die klassische griechische Kunst zunehmend ins Zentrum des Interesses. Im 19. Jahrhundert sprach man im Zusammenhang mit den Arbeiten von Architekten und Künstlern, wie Karl Friedrich Schinkel, Franz Karl Leo von Klenze und Berthel Thorwaldsen von der "Renaissance der griechischen Antike".
siehe auch: Klassizismus, Philosophie der Antike
Geschichte
Historisch bezeichnet Antike in der Regel die Zeit von der allmählichen Herausbildung der griechischen Staatenwelt bis zum Ende des weströmischen Reichs im Jahr 476.
Gelegentlich werden auch die Zeiten der minoische und die Mykenische Kultur von etwa 1900-1100 v. Chr. sowie die Epoche der so genannten "dunklen Jahrhunderte" 1100-800 v. Chr. zur Antike gerechnet.
Als Epochengrenzen zum Mittelalter sind auch die Jahre 325 (Konzil von Nicäa), 393 (letzte Olympische Spiele der Antike), 498 (Taufe des Frankenkönigs Chlodwig I., 529 (Gründung des ersten abendländischen Mönchsklosters durch Benedikt von Nursia und Tod des letzten antiken Philosophen Boëthius) oder die Eroberungszüge der Araber im 7. Jahrhundert vorgeschlagen worden. Im Allgemeinen wird das Ende der Antike heute etwa mit dem Jahr 500 angesetzt.
Ursprünge
Die Ursprünge der europäischen Antike liegen im Dunklen. Ihre Vorgeschichte ist etwa in der Zeit von 1900 v. Chr.-1400 v. Chr., in der so genannten minoischen Kultur auf Kreta anzusiedeln. Aus dieser Frühzeit sind einige schriftliche Überreste erhalten (u.a. sog. Linearschrift A), die aber bisher nicht vollständig entschlüsselt werden konnten. Die Texte der entschlüsselten Linearschrift B deuten darauf hin, dass der Palast von Knossos damals ein wirtschaftliches Zentrum Kretas war.
Auf dem griechischen Festland blühte etwa zur gleichen Zeit (etwa 1700-1200 v. Chr.) die mykenische Kultur, die uns archäologisch durch die zahlreiche Burgen überliefert ist, z.B. Mykene und Tiryns auf der Halbinsel Peloponnes. Diese Burgen entstanden wohl unter dem Einfluss der minoischen Palastkultur. Etwa 1100-800 v. Chr. setzt man das "Dunkle Zeitalter" an, aus dem uns nur wenig überliefert ist und in der viele der Burgen zerstört worden zu sein scheinen. Von ca. 1050-900 v. Chr. dauerte die Ionische Wanderung, in deren Verlauf die Einwohner des griechischen Festlandes die Inseln der Ägäis und Kleinasiens kolonisierten.
Klassisches Griechenland
Mit dem so genannten archaischen Zeitalter beginnt im frühen 8. Jahrhundert v. Chr. die eigentliche Antike. Seit dem Jahr 776 v. Chr. ist die Siegerliste der olympischen Spiele überliefert. Von etwa 770 bis 540 v. Chr. breiten sich die Griechen während der Großen Kolonisation im westlichen Mittelmeer, an der nördlichen Ägäis und am Schwarzen Meer aus. In dieser Zeit (etwa zwischen 750 und 650 v. Chr.) werden auch die Homerischen Epen (Ilias, Odyssee) schriftlich fixiert, die ältesten Literaturdenkmäler des Abendlands.
Zugleich bildete sich das System der griechischen Stadtstaaten, der Poleis heraus. Sparta im Süden der Peloponnes unterwirft 720-600 v. Chr. Messenien und kontrolliert damit den gesamten südwestlichen Teil der Halbinsel. Die Stadt mit ihrer oligarchischen Verfassung kann als das erste Beispiel der fortan beherrschenden Polis-Struktur gelten. Auch in vielen anderen griechischen Stadtstaaten regeln Verfassungen das Zusammenleben der Bürger, aber auch die Tyrannis, wie sie um 650 v. Chr. beispielsweise in Korinth und Megara besteht, ist keine Seltenheit. In Athen bildet sich Schritt für Schritt ein demokratisches System heraus. Nach den Gesetzgebungen Drakons (621 v. Chr.) und Solons (594/593 v. Chr.) gelang es Peisistratos und seinen Söhnen etwa zwischen 561 und 510 v. Chr. noch einmal, eine Tyrannis zu errichten. Bis 501 v. Chr. brachten die Reformen des Kleisthenes aber den endgültigen Durchbruch für die attische Demokratie.
Mit Athens Unterstützung der kleinasistischen Griechenstädte im Ionischen Aufstand um 500 v. Chr., beginnt das klassische Zeitalter Griechenlands und der jahrhundertelange Konflikt mit Persien. Als die Perser zu einer Strafexpedition in Griechsnland einfallen, werden sie 490 v. Chr. von den Athenern in der Schlacht bei Marathon besiegt. Zehn Jahre später unterliegt der persische Großkönig Xerxes der athenischen Flotte unter Themistokles in der Seeschlacht von Salamis und 479 v. Chr. den vereinigten Heeren der griechischen Poleis in der Schlacht von Plataea.
Mit der Gründung des Attischen Seebunds 477 v. Chr. unter der Vorherrschaft Athens beginnt die Blütezeit der Stadt, die bis zum Ende der Regierungszeit des Perikles im Jahr 429 v. Chr. reicht. Damals entstehen einige der bedeutendsten philosophischen, literarischen und architektonischen Werke der griechischen Antike, etwa die Tragödien von Aischylos, Sophokles und Euripides oder der Parthenontempel auf der Akropolis. Auch der Philosoph Sokrates wirkt damals in Athen.
Die zunehmende Rivalität zwischen der Seemacht Athen und der Landmacht Sparta mündet 431 v. Chr. in den fast 30 Jahre währenden Peloponnesischen Krieg. Er endet 404 v. Chr. mit der Niederlage Athens und der Errichtung einer spartanischen Hegemonie über Griechenland. In der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. führen die griechischen Städte einen fast permanenten Krieg aller gegen alle - in wechselnden Koalitionen und unter fortwährender Einmischung der Persserkönige. Nacheinander lösen sich Sparta, Athen und Theben in der Vorherrschaft ab.
All dem macht erst die gewaltsame Einigung Griechenlands durch Philipp II. von Makedonien ein Ende. Der von Athenern wie Demosthenes als nicht-griechischer Barbar betrachtete König erringt in der Schlacht von Chaironeia 338 v. Chr. die Hegemonie über Hellas, die im Jahr darauf im Korinthischen Bund bekräftigt wird.
Nach der Ermordung Philipps 336 v. Chr. führt sein Sohn Alexander der Große ein griechisch-makedonisches Heer nach Asien und erobert in wenigen Jahren das gesamte Perserreich. Der Alexanderzug bahnt der griechischen Kultur im gesamten damals bekannten Orient den Weg, von Ägypten über Mesopotamien und Persien bis zu den Grenzen Indiens. Nach Alexanders Tod 323 v. Chr. in Babylon teilten seine Nachfolger, die Diadochen in lange währenden Kriegen das Reich unter sich auf. In allen Teilreichen - vom ptolemäischen Ägypten im Westen bis zum Seleukidenreich im Osten bildet der Hellenismus in den folgenden Jahrhunderten die prägende Kultur. Als letzter Nachfolgestaat des Alexanderreichs wird Ägypten im Jahre 30 v. Chr. ins Römische Reich eingegliedert.
Römisches Reich
Nach den Griechen werden die Römer zu den zweiten Trägern und Vermittlern der der antiken Kultur. Je weiter sie als Eroberer in die Länder der Levante eindringen desto stärker lassen sie sich von deren Kultur beeinflussen. Literatur, Philosophie, Kunst, Architektur und Alltagskultur der Griechen werden von den Römern nun auch im westlichen Mittelmeerraum verbreitet - und weit darüber hinaus bis zum Rhein und zu den britischen Inseln.
Rom, der Legende nach 753 v. Chr. gegründet, entstand neueren Forschungen zufolge erst gegen Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. aus dem Zusammenschluss mehrerer dörflicher Siedlungen an einer Furt am Unterlauf des Tiber. Politisch und kulturell steht Rom lange unter etruskischem Einfluss. Die Etrusker wiederum standen schon früh in Kontakt mit griechischen Kolonisten.
Um 500 v.Chr. befreien sich die Römer vom etruskischen Stadtkönigtum und bilden eine republikanische Regierungsform aus. In den Zwölftafelgesetzen, die um 450 v. Chr. entstehen, werden die ersten zivil-, straf- und prozessrechtlichen Normen des römischen Rechts festgehalten. Ihre Verfassung sieht von da an ein Zusammenwirken der drei Institutionen Senat, Magistratur und Volksversammlung vor, die sich in ihrer Macht theoretisch gegenseitig beschränken. Faktisch dominiert jedoch der Senat, der sich aus Angehörigen der adligen Familien, der Patrizier zusammensetzt. Aus ihm gehen auch die Konsuln hervor, die beiden auf ein Jahr gewählten obersten Magistrate der Republik. Das höchste, den nichtadligen Plebejern zugängliche Amt ist das des Volkstribunen, der ein Vetorecht gegen Senatsbeschlüsse besitzt.
Bis zum Jahr 272 v. Chr. unterwerfen die Römer ganz Süditalien. In den Punischen Kriegen gegen die Seemacht Karthago im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. beginnt der Aufstieg Roms zur antiken Supermacht, die für Jahrhunderte die gesamte Mittelmeerwelt beherrscht. In der Epoche der Bürgerkriege wandelt sich die Republik im 1. Jahrhundert v. Chr. zum Kaiserreich. Als erster römischer Kaiser gilt Augustus, der Großneffe und Erbe Julius Caesars.
Das Kaiserrreich erlebt seine größte Blüte und Ausdehnung unter den Adoptivkaisern im 2. Jahrhundert. Nach einer erneuten Zeit der Wirren unter der den rasch aufeinander folgenden Soldatenkaiser, kommt es gegen Ende des 3. Jahrhunderts mit der die Einführung der Tetrarchie durch Kaiser Diokletian noch einmal zu einer gewissen Stabilisierung. Die Anerkennung des Christentums unter Kaiser Konstantin I. und seine spätere Erhebung zur alleinigen Staatsreligion stellt bereits eine wesentliche Abkehr von der antiken Kultur dar, insbesondere von der antiken Philosophie und Religion. Ein letzter Versuch, die heidnischen Kulte durch die Verbindung mit neuplatonischem Gedankengut wieder zu beleben, scheitert mit dem Tod Kaiser Julians im Jahr 363.
Nach der Teilung des Reiches unter den Söhnen des Kaisers Theodosius erweist sich nur das von Konstantinopel (Byzanz) aus regierte, überwiegend griechischsprachige, Oströmische Reich auf Dauer als lebensfähig. Das Ende des (West-)Römischen Reiches im Jahre 476 n. Chr. wird üblicherweise mit dem Ende der Antike gleichgesetzt (vgl. auch Spätantike). Im Oströmischen Reich lebten antike Kultur und Geisteswelt aber noch bis weit ins Mittelalter fort.
Literatur
- Detlef Lotze: Griechische Geschichte. Von den Anfängen bis zum Hellenismus. München 2000. (S. auch weitere Bände aus dieser Reihe von Bringmann, Brandt etc).
- The Cambridge Ancient History, diverse Hrsg., 14. Bde., 2. völlig neubearb. Aufl., Cambridge 1970 ff.
- Geschichte der Antike. Ein Studienbuch, hrsg. von H.-J. Gehrke und H. Schneider, Stuttgart 2000. Grundlegende Einführung !
- Oldenbourg Grundriß der Geschichte, hrsg. von J. Bleicken u.a., Bd. 1-4, diverse Auflagen, München 1980 ff.
Siehe auch: Liste antiker Stätten und SpätantikeIhr seit alle doof