Edgar Hilsenrath
Edgar Hilsenrath (* 2. April 1926 in Leipzig) ist ein deutscher Schriftsteller.
Leben
Edgar Hilsenrath wird 1926 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Vor der Reichspogromnacht fliehen er, seine Mutter und sein jüngerer Bruder zu den Großeltern nach Sereth in der Bukowina, (Rumänien). Der Vater sollte ursprünglich nachkommen, was jedoch durch den Kriegsausbruch unmöglich wird. Er gelangt nach Frankreich, wo er den Krieg überlebt. 1941 werden Edgar Hilsenrath, sein Bruder und seine Mutter, sowie all seine Freunde und Verwandten aus Sereth in das rumänische Ghetto Mogilev-Podolsk auf dem Gebiet der heutigen Ukraine deportiert. Als das Ghetto 1944 von russischen Truppen befreit wird, wandert er zu Fuß zurück nach Sereth und von dort weiter nach Czernowitz. Über die Organisation Ben Gurion gelangt Hilsenrath zusammen mit weiteren jüdischen Überlebenden und mit fremden Pässen nach Palästina. Sowohl auf seinem Weg dorthin als auch in Palästina selbst gerät er mehrmals in Gefangenschaft, kommt jedoch jedesmal nach kurzer Zeit wieder frei. In Palästina lebt er als Gelegenheitsarbeiter, wird jedoch nicht heimisch und beschließt, 1947 zu seiner mittlerweile wiedervereinten Familie nach Frankreich zu fahren. In den frühen fünfziger Jahren emigriert die ganze Familie nach New York. Hier bestreitet Edgar Hilsenrath durch Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt, zeitgleich schreibt er seinen ersten Roman "Nacht". Dieser Roman hat bei seiner Erstveröffentlichung zunächst erhebliche Schwierigkeiten, da die Verlagsleitung ihn aus persönlichen Ressentiments kurz nach Erscheinen wieder zurückzieht. Der folgende Roman "Der Nazi und der Frisör", der Hilsenrath einen ersten schriftstellerischen Durchbruch sowohl in Deutschland als auch weltweit verschafft, entsteht während einem längeren Aufenthalt in München. 1975 kehrt Edgar Hilsenrath zurück nach Deutschland, wo er seither in Berlin lebt.
Seit seinem Erstlingswerk "Nacht", in dem er seine Erfahrungen als Überlebender des Ghettos auf grausam realistische Art und Weise schildert, umkreist er thematisch den Holocaust und schreibt in seinem Gesamtwerk gegen das Vergessen an. Über seinen Roman "Der Nazi & der Frisör" schrieb Der Spiegel: "...eine Satire über Juden und SS. Ein Schelmenroman, grotesk, bizarr und zuweilen von grausamer Lakonik, berichtet von dunkler Zeit mit schwarzem Witz." Das Buch erschien in Deutschland erst nach dem Erfolg der englischen Übersetzung in den USA. In vielen Werken Hilsenraths finden sich eindeutig autobiographische Züge wieder, die jedoch häufig fließend in Fiktion übergehen. Der wohl am wenigsten fiktionalisierte autobiographische Roman sind die 1997 veröffentlichten "Abenteuer des Ruben Jablonski".
Hilsenraths Werke wurden in achtzehn Sprachen übersetzt und sind weltweit über fünf Millionen mal verkauft worden. In Deutschland sind die meisten seiner Werke im Piper Verlag erschienen, dieser gab jedoch 2003 die Rechte an den Autor zurück. Inzwischen erscheint eine Werkausgabe im Kölner Dittrich-Verlag.
Werke (häufige Neuauflagen, siehe Buchhandel)
- Nacht, München 1964 (Neuausgabe 2004, ISBN 3-89086-679-4)
- Der Nazi & der Frisör, Köln, 1977
- Gib acht, Genosse Mandelbaum, München/Wien 1979 (Neuausgabe als Moskauer Orgasmus, München, 1992)
- Bronskys Geständnis, München 1980 (Neuausgabe als Fuck America, Band 4 der Gesammelten Werke, Köln 2003, ISBN 3920862481)
- Zibulsky oder Antenne im Bauch, Düsseldorf 1983
- Das Märchen vom letzten Gedanken, München, 1989 (über den Völkermord an den Armeniern)
- Jossel Wassermanns Heimkehr, 1993
- Die Abenteuer des Ruben Jablonski, München, 1997
- Berlin ... Endstation, noch unveröffentlicht, 2006 (Sept.) (größerer Auszug als Vorabdruck siehe Weblinks)
Lesung
- Fest des jüdischen Buches, 26. 3. 06, 14 Uhr, Jüd. Gemeindehaus, Duisburg-Innenhafen, Springwall 16 (in Anwesenheit des Autors), aus: Nacht
Literatur
- Thomas Kraft: Edgar Hilsenrath. Das Unerzählbare erzählen, München, 1996
- Helmut Braun: Ich bin nicht Ranek, Köln, Dittrich Verlag, (November) 2004
- Martin A. Hainz: FUCK, z.B.: FUCK AMERICA. In: Verliebt in die deutsche Sprache. Die Odyssee des Edgar Hilsenrath, hrsg.v. Helmut Braun, Berlin: Dittrich Verlag, Akademie der Künste 2005, S.69-76
Auszeichnungen
- Alfred-Döblin-Preis, 1989 (für Das Märchen vom letzten Gedanken)
- Jakob-Wassermann-Literaturpreis, 1996
- Heinz Galinski-Preis, 1992
- Hans Sahl-Preis, 1998
- Lion-Feuchtwanger-Preis, 2004
Übersetzungen
Englisch
- The Nazi & the Barber, a Tale of Vengeance
- Nazi Who Lived As a Jew, ISBN: 0532191455
- The story of the last thought
- Night. A novel
Französisch
- Le nazi et le barbier, 1974
- (Le) conte de la pensée dernière, 1992, 2005
- Retour au pays de jossel wassermann, 1995
Spanisch
- El Nazi y El Peluquero
Weblinks
- Vorlage:PND
- Homepage über Hilsenrath mit Auszügen aus seinen Werken, Rezensionen, Interviews, Fotos, Lebenslauf etc.
- [1] Größerer Auszug aus "Berlin", Print angekündigt für Herbst 2006
Personendaten | |
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NAME | Hilsenrath, Edgar |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 2. April 1926 |
GEBURTSORT | Leipzig |