American Karate System
Das American Karate System ist eine von Ernest Lieb begründete US-amerikanische Stilrichtung des Karate.
Ernest Lieb entwickelte in den 1960ern diesen Stil unter dem Namen American Ji-Do-Kwan System als Symbiose verschiedener Kampfkünste. 1973 erhielt das System anlässlich des jährlichen Sommerlehrgangs in Muskegon, Michigan, seinen endgültigen Namen American Karate System. Die Techniken wurden aus verschiedenen Kampfsystemen entnommen, wie z. B. Karate, Taekwondo, Jujutsu, Judo, Aikido, Kung-Fu, Hapkido und Kobudo. Des weiteren enthält das AKS, dank der Militärlaufbahn Liebs, eigene Techniken, die zum Teil aus dem Inventar des militärischen Nahkampfes sowie dem des zivilen Polizeibereiches stammen. Das System verfügt daher über eine besondere Stärke im Bereich der Selbstverteidigung. Es besitzt eigene Katas, sowohl mit als auch ohne Waffen. 1997 wurde AKS als Stilrichtung in den Karate Verband Niedersachsen (KVN) und später in den Deutschen Karate Verband (DKV) aufgenommen.
AKS in den USA
Durch die große Stilvielfalt in den Vereinigten Staaten ist das AKS eine eher kleine Stilrichtung.
Danträger in den USA
Der ranghöchste Danträger des AKS ist derzeit der Gründer Ernest Lieb (10. Dan). Ihm folgen seine Assistant Chief Instructors Frederic Reinecke (8. Dan), Michael Sullenger (8. Dan) und Dave Thomas (7. Dan). Weitere hohe US-amerikanische Danträger sind Allen Horton (7. Dan), Tom Twining (7. Dan), Robert Debelak (6. Dan), John Folsom (6. Dan), Larry Malo (6. Dan), Guessler Normand (6. Dan), Virgil Perkins (6. Dan), Steve Thurkettle (6. Dan), Roger Wenzel (6. Dan) und Charles Krum (5. Dan).
AKS in Deutschland
1980 gründete US-Offizier Robert Debelak zusammen mit Michael Sullenger den Hessian Karate Club und führte das AKS damit in Deutschland auch für Zivilisten ein. Nach Abzug der US-Soldaten übernahm Andreas Modl die Aufgaben als European Director von Debelak in Deutschland. 1997, im Rahmen eines Trainingslagers in Spanien, überzeugten sich Dieter Mansky (Shotokan) und Heinrich Reimer (Wado-Ryu) bei einer AKS-Danprüfung vom Umfang des AKS, welches noch im selben Jahr im Karateverband Niedersachsen als Stilrichtung aufgenommen wurde.
Danträger in Deutschland
In Deutschland ist Andreas Modl (6. Dan) der ranghöchste Vertreter des AKS. Als Bundestrainer für Kumite und Kobudo fungiert Heinrich Reimer (5. Dan). Die nächsthöheren Danträger sind Jacqueline Laucht (4. Dan), Frank Siegmund (4. Dan), Andreas Kunze (4. Dan) und Jens Uwe Frank (3. Dan).
Übersicht der deutschen Danträger
- Andreas Modl (6. Dan AKS, 5. Dan Wado-Ryu, 2. Dan Kukishin-Ryu, 2. Dan Kobujutsu, 2. Dan Bojutsu, 2. Dan Nunchakujutsu, 1. Dan Zanshin-Jitsu)
- Heinrich Reimer (6. Dan Wado-Ryu, 5. Dan AKS)
- Jacqueline Laucht (4. Dan AKS, 3. Dan Wado-Ryu)
- Frank Siegmund (4. Dan AKS, 3. Dan Wado-Ryu)
- Andreas Kunze (4. Dan AKS, 2. Dan Wado-Ryu)
- Jens Uwe Frank (3. Dan AKS)
- Matthias Bang (2. Dan AKS, 1. Dan Wado-Ryu)
- Stephan Rössel (2. Dan AKS, 1. Dan Wado-Ryu)
- Klaus Peinecke (4. Dan Wado-Ryu, 1. Dan AKS)
- Heiko Eßlinger (3. Dan Shotokan, 1. Dan AKS)
- Heiko Witkop (3. Dan Wado-Ryu, 1. Dan AKS)
- Carsten Gilberg (2. Dan Stilrichtungsfreies Karate, 1. Dan AKS, 1. Dan Shotokan, 1. Dan Aikido)
- Thomas Groh (2. Dan Aikido, 1. Dan AKS, 1. Dan Jujutsu)
- Diana Theuerkauf (2. Dan Shotokan, 1. Dan AKS, 1. Dan Wado-Ryu)
- Ernst Vogelsang (2. Dan Shotokan, 1. Dan AKS, 1. Dan Shotokan-Ryu Kase-Ha)
- Ludger Rademacher (2. Dan Taekwondo, 1. Dan AKS)
- Marcus Thormann (1. Dan AKS, 1. Dan Wado-Ryu)
- Jens Donat (1. Dan AKS, 1. Dan Shotokan)
Training
Die Techniken des amerikanischen und des deutschen AKS unterscheiden sich im wesentlichen darin, dass die amerikanischen Techniken eher vom Taekwondo und vom Shotokan Karate beeinflusst sind, während der deutsche Ableger Techniken des Wado-Ryu bevorzugt. Im folgenden sind die Techniken des deutschen AKS beschrieben.
Kihon (Grundtechniken)
Die Grundtechniken des AKS sind denen des Wado-Ryu sehr ähnlich. Es werden auch die Begriffe des Wado-Ryu benutzt (also z. B. Jun-Zuki statt Oi-Zuki). Zusätzlich zu den klassischen Wado-Ryu-Techniken gibt es im AKS jedoch zusätzliche Techniken, die trainiert und geprüft werden; dies sind v. a. Fußtechniken.
Renraku-Waza (Kombinationen)
Prüflinge müssen ab dem 8. Kyu Kombinationen aus den Kihontechniken vorführen. Diese sind vom Prüfungsprogramm vorgeschrieben und beinhalten zwei bis vier Techniken. Bei der Prüfung zum 2. Kyu darf der Prüfling selbst eine Kombination bestehend aus mindestens sechs Techniken wählen. Ab dem 1. Kyu muss die gezeigte Kombination mindestens acht Techniken umfassen.
Nage-Waza (Wurftechniken)
Im AKS gibt es nur zwei festgeschriebene Würfe: den O-Goshi (Hüftwurf) und den Seoi-Nage (Schulterwurf), die bei der Prüfung zum 6. Kyu vorgeführt werden müssen. Ab dem 5. Kyu wird nur noch eine bestimmte Anzahl an Würfen verlangt; es ist aber nicht mehr vorgeschrieben, welche dies sein müssen. Bei den Wurftechniken wird nur zwischen Halb- und Vollwürfen unterschieden. Bei Halbwürfen bleibt ein Bein des Geworfenen während der Ausführung am Boden (z. B. Irimi-Nage, Ashi-Barai), während der Geworfene beim Vollwurf vorübergehend jeglichen Bodenkontakt verliert (z. B. O-Goshi, Tomoe-Nage).
Tai Sabaki
Das Ganzkörperausweichen (Tai Sabaki) ist eine Schlüsselbewegung im AKS. Sie ermöglicht es, möglichst schnell eine andere Position zum Gegner einzunehmen. Ausgeführt wird der Tai Sabaki wie im Aikido. Im Groben erfolgt ein Tai Sabaki immer nach dem Muster Vorwärtschritt - Hüftdrehung - Rückwärtsschritt.
Katas (Formen)
Wie auch in den meisten anderen Karatestilrichtungen gibt es auch im AKS mehrere Katas. Für Prüfungen ist hierbei erwähnenswert, dass es auch sog. "Altersformen" gibt. D. h. dass Prüflinge, die aus Alters- oder gesundheitlichen Gründen z. B. keine Jodan-Fußtechniken oder Sprünge ausführen können, diese Techniken durch Ersatztechniken austauschen können. Interessant ist auch, dass der Prüfling ab dem 1. Kyu eine Kata eines anderen Karatestils vorführen muss.
Schülerkatas
Die sechs Schülerkatas des AKS stehen zwischen den Heian- und Pinan-Katas. Diese Beschreibung kommt den Abläufen am nächsten, denn das Embusen in H-Form und viele der einzelnen Techniken sind auch in den AKS-Schülerkatas wiedererkennbar. Die Namen der Schülerkatas lauten (in Klammern die Namen der Katas auf Englisch):
- Taeyoko (H-Pattern)
- Shodan (Tiger 1)
- Nidan (Tiger 2)
- Sandan (Tiger 3)
- Yondan (Tiger 4)
- Godan (Tiger 5)
Meisterkatas
Die sechs Meisterkatas sind (mit Ausnahme der Kema) Eigenkreationen von hohen Danträgern, wie Ernest Lieb, Frederic Reinecke, Michael Sullenger und Andreas Modl. Diese Katas sind jedoch im Gegensatz zu den Schülerkatas nicht mit Formen einer anderen Karatestilrichtung vergleichbar. Zu den AKS-Meisterkatas gehören (in Klammern die Namen der Katas auf Englisch):
- Kema (Kema)
- Neko Shodan (Cat 1)
- Neko Nidan (Cat 2)
- Neko Sandan (Cat 3)
- Neko Yondan (Cat 4)
- Neko Godan (Cat 5)
Waffenkatas
Außerdem gibt es im AKS diverse Waffenkatas mit Bo, Tonfa, Sai, Hanbo und Bokken. Bei höheren Gürtelprüfungen (ab dem 2. Kyu) wird vom Prüfling eine Waffenkata verlangt, die dieser frei wählen kann. Dabei kann der Prüfling sowohl eine AKS-Waffenform, eine selbst erstellte Form oder auch eine Kata eines anderen Stils vorführen (wie z. B. die 31-Jo-Kata aus dem Aikido).
Fallschulkata
In der Fallschulkata kommen alle üblichen Formen des Fallens vor. Dazu zählen die Rolle vorwärts und rückwärts, der seitliche Fall, der Sturz vorwärts und rückwärts, der sog. "Durchschlag" und die Flugrolle. Jede dieser Fallübungen wird einmal links und einmal rechts herum ausgeführt.
Traditionelle Kumiteformen
Als Pendant zum Shotokan Gohon-Kumite oder dem Wado-Ryu Ohyo- bzw. Kihon-Kumite gelten im AKS die traditionellen Kumiteformen. Dabei kommt es nicht auf den Selbstverteidigungswert der ausgeführten Techniken an, sondern viel mehr auf die korrekte und saubere Ausführung und die dabei gezeigte Konzentration und die Wachsamkeit (Zanshin). Die traditionellen Kumiteformen können vom Prüfling frei gewählt werden. Häufig finden dabei die Ohyo- und Kihon-Kumiteformen des Wado-Ryu Anwendung. Jedoch können auch Formen aus anderen Stilen (wie z. B. dem Shotokan) verwendet werden.
Selbstverteidigung
Die Selbstverteidigung ist die Hauptkomponente des AKS. Hierzu zählen Schlag- und Trittangriffe, Umklammerungen, Würgeangriffe, Handgelenksfassen, Reversfassen, Angriffe mit Waffen, Angriffe am Boden oder gegen die Wand. Im Prüfungsprogramm darf sich ohne Regeln - wie in der Realität - gewehrt werden; d. h. mit Schlägen, Tritten, Hebeln, Würfen, Würgern wie auch mit Waffen und Alltagsgegenständen. Dies hat zur Folge, dass in Prüfungen Gegenstände wie Gürtel, Kugelschreiber, Kaffeebecher, Motorradhelme oder Bierkisten zum Einsatz kommen.
Die jährlichen AKS-Meetings
Jedes Jahr findet in den USA und in Deutschland jeweils ein großes AKS-Meeting statt, bei welchem Gasttrainer aus dem jeweils anderen Land anreisen. Des weiteren dienen die Meetings dazu, Techniken und Trainingsmethoden zwischen den Trainern auszutauschen.
AKS-Meeting 2004 in Deutschland
Beim deutschen AKS-Meeting 2004 waren Ernest Lieb, Frederic Reinecke und Charles Krum nach Holzminden angereist. Neben Lieb und Reinecke gaben Andreas Modl, Heinrich Reimer und Dr. Thomas Groh Trainingseinheiten. Außerdem legten Matthias Bang und Stephan Rössel ihre Prüfungen zum 2. Dan sowie Marcus Thormann seine Prüfung zum 1. Dan ab. Des weiteren gaben die angereisten Trainer einige Tage vor dem Meeting Gastunterricht beim Karateverein Shotokan Hildesheim und ein paar Tage nach dem Meeting bei Osaka Lüneburg.
AKS-Meeting 2005 in den USA
Beim amerikanischen AKS-Meeting 2005 gaben Ernest Lieb, Frederic Reinecke, Michael Sullenger, Allen Horton, Dave Thomas, Guessler Normand, Virgil Perkins, Steve Thurkettle, John Folsom, Tom Twining und die angereisten Gäste Andreas Modl und Heinrich Reimer Trainingseinheiten. Letzterer legte bei diesem Meeting die Prüfung zum 5. Dan ab.
AKS-Meeting 2005 in Deutschland
Im Jahr 2005 waren Ernest Lieb, Frederic Reinecke, Charles Krum und Tom Twining zu Gast in Deutschland. Auf diesem Lehrgang gab es Trainingseinheiten für Selbstverteidigung (Andreas Modl und Ernest Lieb), Aikido (Thomas Groh), Kumite (Heinrich Reimer), Waffentraining (Frederic Reinecke) und Kata-Bunkai (Tom Twining). Außerdem legten Thomas Groh, Diana Teuerkauf und Carsten Gilberg die Prüfung zum 1. Dan ab.
Weblinks
Literatur
- Andreas Modl: AKS-Germany Prüfungsordnung, 2006, budokonzept