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Würzburger Bund

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Der Würzburger Bund, wie der von 1864-1865 bestehende „Bund katholischer Studentenkorporationen“ üblicherweise genannt wird, war der erste umfassende Zusammenschluss katholischer Korporationen und die Vorläuferorganisation des Kartellverbandes katholischer deutscher Studentenvereine (KV) und des Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen.

Vorgeschichte

Seit 1856 bestand ein Korrespondenzverhältnis zwischen der Aenania-München und der Winfridia-Breslau, der den auch zwischen anderen, nicht katholischen Bünden existierenden zweiseitigen Verhältnissen entsprach. Im Sommer 1863 trat als dritte Korporation der Leseverein Berlin, dem Verbund bei, dem im Dezember 1863 die kurz zuvor gegründete Arminia-Bonn als vierte Korporation folgte.

Gründung des Würzburger Bundes

„Arminia im Sommersemster 1864

obere Reihe, Zweiter von links : Max Lossen, Mitglied der Aenania, ausgetreten aus der Bavaria, Gründer der Arminia,

Die Rede des jungen Georg von Hertling auf dem XV. Katholikentag 1863 in Frankfurt, in der er die Begriffe Religion, Wissenschaft und Freundschaft als Leitsätze eines katholischen Verbindungsstudenten vorstellte, löste das Bestreben aus, alle katholischen Studentenkorporationen, die Vereine und die Verbindungen, zu einigen. Auf dem XVI. Katholikentag in Würzburg 1864 wurde der „Bund katholischer Studentenkorporationen“ ins Leben gerufen, bestehend aus den vier genannten Korporationen. Weiter schlossen sich an Germania-Münster, Unitas-Breslau, Guestphalia -Tübingen, Austria-Innsbruck und Walhalla-Würzburg. Mit diesem „Würzburger Bund“ war der erste deutschlandweite Dachverband katholischer Studentenverbindungen entstanden.

Spaltung des Bundes

Auf den Generalversammlungen kam es zwischen der Arminia-Bonn und der Bavaria-Bonn zu Streitigkeiten, die im Sommer 1865 in Trier zur Spaltung des Würzburger Bundes führten. Ein menschlicher Grund mag in der Gründungsgeschichte der Arminia-Bonn gelegen haben: Deren Gründer Max Lossen war 1863 von der Universität München, wo er der Aenania angehörte, an die Universität Bonn gewechselt und in die Bavaria eingetreten. Es kam jedoch alsbald zu einem Bruch mit den Bavaren. Über die Gründe besteht Uneinigkeit. Seitens der Bavaria wird vertreten, Lossen und sein zeitgleich in die Bavaria eingetretener Vetter Friedrich Kayser hätten eine Charge beansprucht. Lossen seinerseits beanstandete die mangelnde „Exklusivität“ der Bavaria, die von manch innerer Auseinandersetzung zerüttet war.

Der in Würzburg schliesslich angenommene Beschlussentwurf lautete: „Die GV der katholischen Studentenvereine möge sich zu dem einstimmigen Beschluss dahin einigen, dass eine Trennung der Vereine und Verbindungen im Interesse der besseren Verwirklichung unserer Prinzipien wünschenswert ist.“

Gründung von KV und CV

Ende Januar 1866 konstituierte sich unter Vorsitz des Leseverein Berlin der Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV), dem weiter angehörten Arminia-Bonn, Unitas-Breslau, Germania-Münster und Walhalla-Würzburg. Diese Korporationen verzichteten auf das Farbentragen und andere äußere studentische Bräuche, die sie als Ablenkung von ihren wissenschaftlichen und religiösen Grundsätzen ansahen.

Aenania-München, Winfridia-Breslau, Guestphalia -Tübingen und Austria-Innsbruck bildeten den Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV). Eine Differenzierung der gemeinsamen programmatischen Zielsetzungen der beiden neu gebründeten Verbände erfolgte nicht. Nach der Spaltung trat Bavaria-Bonn dem CV bei. Der CV ist farbentragend.

Die Trennung von CV und KV beruhte nicht in erster Linie auf Unterschieden in den grundsätzlichen Zielsetzungen beider Verbände - hier lassen sich weitgehende Übereinstimmungen feststellen - sondern eher in der Ausrichtung: Der KV maß der Pflege äußerer Formen, wie sie in der studentischen Jugend üblich waren, weniger Wert zu, er wandte sich weit mehr den geistigen, religiösen und kulturellen Fragen zu. Dem CV diente neben der Verfolgung geistiger und religiöser Belange gerade die Pflege des studentischen Brauchtums als Mittel der Erziehung und Durchsetzung katholischer Interessen im akademischen Raum.

„Gründungsmythen“ bei KV und CV

Der KV sah zunächst, durchaus zutreffend, 1863 als das Ursprungsdatum der katholischen Verbände, also auch seiner selbst an. In diesem Jahr war nämlich der Leseverein Berlin dem sich seit sieben Jahren im Rahmen des Überlieferten bewegenden Korrespondenzverhältnis von Aenania-München und Winfridia-Göttingen beigetreten. Damit war das Korrespondenzverhältnis qualitativ in die Keimzelle eines Verbandes umgeschlagen. Entsprechend legte Hermann Cardauns 1913 gemäss dem Beschluss der Vertreterversammlung seine Festschrift „50 Jahre Kartellverband“ vor.

Ab der Vertreterversammlung 1955 bezog der KV das Alter des Verbandes auf das Jahr 1853, als der Leseverein Berlin gegründet wurde.

Der CV sieht sich demgegenüber traditionell seit 1856 begründet, dem Jahr des ersten Korrespondenzverhältnisses zwischen Aenania-München und Winfridia-Göttingen.

Literatur

  • Fünfzig Jahre Kartellverband (1863-1913), Festschrift zum goldenen Jubiläum des Verbandes der Katholischen Studentenvereine Deutschlands . - Kempten, München, 1913
  • Daniel Koschera: "Hat sich jüngst ein neuer Verein von katholischen Studenten gebildet“ – Bavaria und die Bonner Union 1844 – 1867 : Ein Beitrag zur Frühzeit katholischer Studentenvereinigungen in Deutschland, Magisterarbeit am Historischen Seminar der Universität Köln, 2004
  • Siegfried Koß, Wider die Verselbständigung eines hist. Klischees. G. Gf. v. H., der Würzburger Bund u. der CV/KV-"Farbenstreit": Studenten-Kurier. Zschr. f. Studentengesch., Hochschulpolitik u. Korporationswesen [Köln] NF 13 [21] (1998), H. 4, 5-7
  • Matthias Stickler: Der Würzburger Bund von 1864. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Politischen Katholizismus in Deutschland, in: Zwischen Korporation und Konfrontation. Beiträge zur Würzburger Universitäts- und Studentengeschichte. Hg. von Bernhard Grün, Johannes Schellakowsky, Matthias Stickler und Peter Süß. Köln 1999, S. 239 - 259.