Impressionismus (Musik)

Als Musik des Impressionismus bezeichnet man eine Epoche der Musik und eine Stilrichtung, die sich etwa ab 1880 an die Zeit der Romantik anschloss. Ab etwa 1910 überschneidet sie sich mit der Neuen Musik.
Vorläufer
Zu den Vorläufern des musikalischen Impressionismus im weiteren Sinne werden die Spätromantiker Modest Mussorgski und Franz Liszt gezählt. Stimmungs- und Farbwerte erhalten erhöhte Priorität, aber keine absolute Vorherrschaft über die Form.
Malerei, Musik und Dichtung
Der wesentliche Impuls des Impressionismus ging von der Malerei aus. Entgegen dem üblichen Arbeiten innerhalb des geschlossenen Ateliers begannen einige französische Künstler, ihnen voran Claude Monet, unter freiem Himmel zu malen. Genaue Beobachtung der Licht- und Schattenverhältnisse ließ ihn mit diesen Effekten spielen, statt klaren Konturen setzten die Impressionisten der Leinwand subjektiv wahrgenommene Farbe ein, entscheidend wurde schließlich der Eindruck (frz. l'impression) des Augenblicks. Kurt Pahlen beschreibt die Atmosphäre:
- Der Strom fließt vorüber. Am Ufer steht ein mensch und blickt auf das ziehende Wasser hinaus, das keine Konturen zu bilden scheint. Gleichmäßiges Licht liegt auf den Wellen. Und der Mensch, ein maler, geht in sein Atelier und malt den Fluß. Doch eines Tages, nachdem er ihn oft gemalt hat, dünkt ihn das Bild unbefriedigend, falsch. Er nimmt die Staffelei und trägt sie an den Rand des wassers und sieht genauer hin. Da kräuseln sich Wellen, da fällt das Licht nicht so einförmig auf die Oberfläche, wie er immer geglaubt hat, da sieht er auf einmal hundert winzige Einzelheiten. Er beginnt sie zu malen.
- Neben dem Maler steht ein Musiker. Dieser vernimmt das leise Rauschen des Stromes, einförmig, unendlich. Dann, als sein Malerfreund am Ufer verharrt und den Fluß naturalistisch zu erleben beginnt, vernimmt auch er Neues, winzige Tonfolgen, jede anders als die vorige, in sich unbedeutend und doch ein Klangteppich ohne Pause.
(Kurt Pahlen, "Die große Geschichte der Musik")
Ein Gleiches warf man 1887 Claude Debussys Kompositionen als "vagen Impressionismus" vor. Der Komponist konterte:
- Die Musiker sind dazu ausersehen, den ganzen Zauber einer Nacht oder eines Tages, der Erde oder des Himmels einzufangen. Sie allein können ihre Atmosphäre oder ihren ewigen Pulsschlag erwecken. (Claude Debussy)
Tatsächlich versuchten Komponisten des Impressionismus oft, äußere Eindrücke in inneren Gefühlsausdruck umzuwandeln. Die mit Debussy befreundeten Dichter Charles Baudelaire, Paul Verlaine und Stéphane Mallarmé brachten ihn mit dem Symbolismus der Dichtung in Verbindung, der das Phantastische und Irrationale in die diesseitige, naturalistische Welt holen sollte.
Baustelle
Als Begründer des musikalischen Impressionismus gilt vor allem Claude Debussy, der – angeregt durch asiatische Musik – durch Einbeziehung übermäßiger Dreiklänge, Ganztonleitern und Pentatonik eine neue Farbigkeit (Klangfarbe) in seinen musikalischen Werken suchte:
Ein weiterer bedeutender Komponist des Impressionismus ist Maurice Ravel.
Typische Formen der Musik des Impressionismus sind Sinfonieopern und sinfonische Dichtungen (R. Strauss, Pfitzner u.a.).
Merkmale der Musik des Impressionismus sind:
- letzte Phase der musikalischen Romantik
- Auflösung der strengen Formen der Tonalität;
- Bevorzugung von "zerfließenden" Klangfarben gegenüber geschlossenen Melodien;
- Auflösung der traditionellen Tonalität (Ganztonleiter, Klangverschiebungen, neue Intervall-Verbindungen, frei schwebende Akkorde)
- fließende, gleitende, kreis- oder wellenförmige Melodiebewegungen
- verschleierte Metren
- kirchentonale Wendungen
- Klangnuancen
- Emanzipation der Dissonanz
- assoziative Melodik
- Ganztonskala
- Bordunquinten: lange, ausgehaltene oder wiederholte tiefe Begleittöne im Quintabstand
- Quintolen
- Oscinato: ein gleichbleibendes Motiv das ständig wiederholt wird
- Akkorddrückungen: Akkorde, die in ihrer Struktur gleich bleiben, aber parallel verschoben werden
- Pentatonik
- Orgelton
- Triole
- Quint-Quartklänge: Über einem gemeinsamen Grundton sind eine Quart und eine Quint aufgebaut
Komponisten
- Isaac Albéniz
- Alfredo Casella
- Claude Debussy
- Ernst von Dohnányi
- Manuel de Falla
- Umberto Giordano
- Reinhold Glière
- Gian Francesco Malipiero
- Ödön Mihalovich
- Carl Nielsen
- Hans Pfitzner
- Sergei Rachmaninow
- Maurice Ravel
- Ottorino Respighi
- Erik Satie
- Franz Schreker
- Jean Sibelius
- Alexander Skrjabin
- Rudi Stephan
- Richard Strauss
- Karol Szymanowski
- Sergej Tanejew
- Ermanno Wolf-Ferrari