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Ortasee

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Ortasee (Lago d’Orta)
Insel San Giulio im Ortasee
Geographische Lage Piemont
Abfluss Strona
Orte am Ufer Gozzano, Orta San Giulio, Pettenasco, Omegna
Daten
Koordinaten 45° 48′ 46″ N, 8° 23′ 44″ OKoordinaten: 45° 48′ 46″ N, 8° 23′ 44″ O
Ortasee (Italien)
Ortasee (Italien)
Höhe über Meeresspiegel 290 m s.l.m.
Fläche 18,2 km²dep1
Maximale Tiefe 143 m
Isola San Giulio von Westen aus gesehen. Im Hintergrund Orta

Der Ortasee (italienisch: Lago d’Orta, oder Cusio) ist ein oberitalienischer See im Piemont (Norditalien). Er liegt westlich des Lago Maggiore und gehört sowohl zur Provinz Verbano-Cusio-Ossola als auch zur Provinz Novara.

Geografie

Italienische Gletscherseen mit Höhe des Wasserspiegels und Höhe des tiefsten Punktes (jeweils über/unter dem Meeresspiegel)

.

Entstanden ist der Fjordsee durch die Erosion, die ein Gletscher im bereits bestehenden Flussbett an dieser Stelle bewirkte.[1]

Lage

Der Ortasee ist der westlichste der italinischen Gletscherseen. Er liegt in Norditalien, nordwestlich von Mailand. Der See liegt im westlichen Einzugsgebiet des Lago Maggiore. Währnend der See auf drei Seiten von Bergen umgeben ist, geht er im Norden in das Val d’Ossola über.[1] Die Seehöhe liegt auf 290 Meter metri sul livello del mare.[2]

Gestalt

Der See und sein Einzugsbereich verlaufen in Nord-Süd-Richtung. Der Orta ist 13,4 km lang, 2,5 km breit, 143 m tief und die Oberfläche misst 18,2 km². Der See ist an Volumen und Tiefe jeweils der siebtgrößte See Italiens. [1] Der See hat eine Fläche von 18,136 km² und ein Volumen von 1,286×106 m³. Die durchschnittliche Tiefe beträgt 70,3 Meter, die tiefste Stelle 143 Meter. Im See sind drei Becken, die von Süden nach Norden jeweils tiefer werden, die tiefste Stelle befindet sich dementsprechend im Nordteil des Sees.[2]

Grund und Ufer bestehen vor allem aus Gneiss, Glimmerschiefer und Graniten.[1]

Insel

Der See hat eine Insel, die Isola San Giulio, benannt nach dem griechischen Diakon Julius, der hier am Ende des 4. Jahrhunderts lebte und eine kleine Kirche errichtete.

Ufer

Blick auf den Lago di Orta bei Pettenasco

Der See wird nordöstlich durch den 1491 m hohen Berg Mottarone vom Lago Maggiore getrennt. Die Bergkette Valsesia begrenzt den See nach Westen hin. An den Bergen stehen in tieferen Lagen Edelkastanien- und Buchenwälder, in höheren Lagen Tannen- und Fichtenwälder. Das Klima ist, insbesondere am windgeschützten Südostufer, mild.[3]

Hydrographie

Die Durchschnittliche Verweildauer des Wassers in dem See beträgt 10,7 Jahre.[1] Die Strömung im See verläuft generell gegen den Uhrzeigersinn. Am Westufer des Sees läuft eine Strömung von Süden nach Norden, während am Ostufer eine gegenläufige Strömung nach Norden besteht. Diese Strömungen können sich allerdings zeitweise umkehren. Teuilweise können auch STrömungen in den Tiefen anders verlaufen, wobei generell das Oberflächenwasser eher nach Norden und Wasser in tieferen Schicten eher nach Süden strömt.[4]

Zu- und Abflüsse

Im Süden verhindert eine Endmoräne den Abfluss nach Süden. Er ist damit der einzige See in Norditalien, der nach Norden abfließt. Das Wasser ergießt sich in den Bach Nigoglia, der nach einem Kolimeter in die Strona einmündet, die wieder in den den Toce fließt. Dieser wiederum mündet in den Lago Maggiore.[1]

In den See fließen sechs größere Bäche: Bagnella, Acqualba, Pellino, Pellesina und Lagna fließen am Westufer in den See, der Fluß Pescone im Osten. Dazu kommen zahlreiche kleinere Wildbäche von den benachbarten Bergen [1]und Quellen, die unter dem Seespiegel liegen.[3] Das Einzugsgebiet des Sees beträgt 116 km² und hat eine durchnittliche Höhe von 650 Metern.[2]

Name

Neben dem italienischen Lago d’Orta trägt der See im italienischen auch den Namen Cusio. Dieser ist erst im 19. Jahrhundert aufgekommen, ob er in römischer Zeit bereits Cusius hieß ist unbekannt. Im Mittelalter hieß er Lago di San Giulio, seinen Namen als Lago 'Orta trägt er etwa seit dem 16. Jahrhundert. In Mailand wird er auch Cenerentola (Aschenputtel) genannt, da er außerhalb Mailands bei Touristen kaum bekannt und diese sich auf die größeren italienischen Seen konzentrieren.[5]

Geschichte und Sage

Aus der Bronzezeit finden sich Besiedlungsspuren von Siedlungen, die auf Tiefgründungen im Wasser angelegt waren.[6] Die Gegend des Ortasees wurde schon zu prähistorischen Zeiten von Stämmen aus Mitteleuropa, Galliern und Kelten bewohnt. Die Kolonisierung durch Rom war langsam und mühsam und wurde nur während des Römischen Reiches vollendet.

Ende des 4. Jahrhunderts wurde das Christentum eingeführt. Die griechischen Brüder Julius und Julian aus Ägina kamen in die Gegend und zerstörten mit Einverständnis des Kaisers Theodosius alle heidnischen Tempel, um an ihrer Stelle Kirchen zu bauen.

Als sie 99 Kirchen errichtet hatten, wollten sie die hundertste bauen, in der sie auch begraben werden wollten. Julius ließ seinen Bruder in Gozzano zurück, einer Ortschaft am südlichen Ufer des Sees, und machte sich auf den Weg nach Norden. Sein Ziel war eine kleine unbewohnte Insel auf dem See, die von Schlangen und Drachen heimgesucht war. Er breitete seinen Mantel auf dem See aus und erreichte die Insel, vertrieb die Schlangen und Drachen und baute dort seine hundertste Kirche ungefähr an der gleichen Stelle, wo die Basilika von San Giulio heute ist. 392 wurde er dort begraben.

575 teilten die Langobarden das Reich in Herzogtümer. Mimulf wurde Herzog der Gegend und wurde beauftragt, die Region gegen die Franken zu verteidigen. Als die Franken trotzdem den Simplon überschritten, wurde Mimulf von Agilulf enthauptet.

773 wurde die Riviera von San Giulio dem Bischof von Novara zugeteilt.

957 wurde die Insel zum ersten Mal belagert. Kaiser Otto I. belagerte die Insel, auf der sich Königin Willa aufhielt. Nach zwei Monaten ergab sich die Königin. Ihr wurde das Leben gewährt und erlaubt, ihren Mann Berengar in der Burg S. Leo zu besuchen. Während der Belagerung wurde auf der Insel Guglielmo da Volpiano geboren, der später Abt von Dijon wurde.

Für ungefähr 1000 Jahre blieb die Riviera di San Giulio im Besitz der Bischöfe von Novara. Die Riviera wurde fast ein unabhängiger Staat mit eigenen Gesetzen und einer Regierung, die von einem von den Bischöfen ernannten Schlossherrn geführt wurde. Die einzelnen Gemeinden hatten eine große Autonomie.

1861 wird die Riviera Teil des italienischen Königreiches.

Flora und Fauna

Flora und Fauna des Sees haben sich im 20. Jahrhundert drastisch gewandelt. Von 1927 bis 1986 leitete die am Südufer in Gozzano ansässige Kunstseidefabrik von J. P. Bemberg ihre Abwässer in den See, die große Mengen Kupfer und Ammoniumsulfat in den See brachten. Die Nahrungskette brach zusammen, was zum verschwinden von Phytoplankton, Zooplankton und Fischen führte. Bereits 1929 fanden sich keine Fischer mehr im See, er wurde als tot beschrieben. Dieser Prozess lief nicht ohne Streit zwischen den Fabrikarbeitern, die eine neue Arbeit gefunden hatten und den Fischern, die ihre Lebensgrundlage verloren, bis die Fabrik alle ehemaligen Fischer als Fabrikarbeiter einstellte.[2] Eine rudimentäre biologische Gemeinschaft aus dem Hüpferling Cyclops abyssorum, dem Rädertierchen Hexarthra fennica (rotifer) und Coccomyxa-Grünalgen Coccomyxa minor bildete sich. Seit 1956 wurde das Kupfer teilweise zurückgehalten, was zu einer Sammlung von Ammoniak im See füllt. Bis in den späten 1980er hinein, war der See sauer. 1986 nahm ein Klärwerk den Betrieb auf, dass auch die Industrieabwässer klären konnte. Erst das großflächige Ausbringen von Kalk von Mai 1989 bis Juni 1990 führte zu einer Regeneration der Flora und Fauna.[1] Die Behörden nutzen dazu feingemahlenen Dolomit im Äauivalent zu 18.000 Tonnen reinem Calciumcarbonat.[7]

Besiedlung und Tourismus

Der Ortasee liegt in einer dünn besiedelten Gegend. Die steilen Ufer verhinderten die Bildung größerer Siedlungen. Über Jahrhunderte hinweg war die Gegend weitgehend abgeschnitten von der weiteren Umgebung.[1]

Sacro Monte d’Orta

Sacro Monte d’Orta, Stigmatisation des Heiligen Franz

Der Heilige Berg von Orta befindet sich auf einer Halbinsel, etwa 400 m über dem Meeresspiegel liegenden Gipfel einer Anhöhe mit Blick auf den See. Sie ist seit 2003 als Teil der Sacri Monti in die Liste des Weltkulturerbe der UNESCO eingetragen. An den Berg gebaut ist der Ort [[Orta San Giulio.

Ortschaften am Ufer

Orta San Giulio

Tourismus

Im 19. Jahrhundert war der Ortasee ein beliebtes Reiseziel. Zu bekannten Besuchern der Zeit zählen Friedrich Neitzsche, Samuel Butler, Lord Byron und Robert Browning.[8]Honoré de Balzac beschrieb ihn in Les Employes als großartige Erhabenheit türmt sich über den Seeufern. Der See selbst hat menschliche Ausmaße [...] Die Welt selbst ist hier im Miniaturformat, einfach und rein.[9]

Heute ist er vor allem als Wochenendeziel für Touristen aus Mailand bekannt, während internationaler Tourismus nur vergleichsweise wenig vorkommt. Touristisches Zentrum ist vor allem Orta San Giulio am Ostufer des Sees.[8]

Anmerkungen

  1. a b c d e f g h i Carla Bonacina: Lake Orta: the undermining of an ecosystem, J. Limnol., 60(1): 53-59, 2001 S. 53
  2. a b c d Carla Bonacina: Lake Orta: the undermining of an ecosystem, J. Limnol., 60(1): 53-59, 2001 S. 54
  3. a b Graffiche Reegiori: Der Ortasee S. 19
  4. C. Bonacipa et al: Lake Orta: Recovery after the adoption of restauration plans in: Schmidtke (Hg.): Toxic Contamination in Large Lakes, CRC Press, 1988 ISBN 0873710908 S. 118
  5. Edward Docx: Orta: the Italian lake tourists haven't discovered, The Guardian 9. März 2012
  6. Trudy Ring et al.: Southern Europe: International Dictionary of Historic Places S. 431
  7. Carla Bonacina: Lake Orta: the undermining of an ecosystem, J. Limnol., 60(1): 53-59, 2001 S. 58
  8. a b Bonnie Tsui: The Secret Little Sister of the Italian Lakes, New York Times 20. September 2012
  9. Honoré de Balzac: Bureaucracy kap. 2