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John Coltrane

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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John William Coltrane (* 23. September 1926 in Hamlet, North Carolina; † 17. Juli 1967 in New York City) war ein US-amerikanischer Jazz-Saxophonist (Flöte, Tenor- und Sopransaxophon).

Coltranes Stil entwickelte sich in und aus der Post-Bop-Zeit; in den frühen 1960ern entfaltete er seine völlig eigene Spielweise ('sheets of sound') hin zu freiem, aber nach eigenen Aussagen immer auf den Blues bezogenem Spiel. Er gilt damit als einer der Urheber des Free Jazz. Der Saxophonist Ravi Coltrane ist sein Sohn.

Kurz nach der Geburt zogen seine Eltern zum Großvater Walter Blaire, der Reverend in einer methodistischen Kirche war. Seine Familie war musikalisch, sein Vater beispielsweise spielte mehrere Instrumente. Über den Großvater kam Coltrane schon als kleines Kind mit geistlicher Musik in Berührung. Mit zwölf Jahren bekam er von den Eltern seine erste Klarinette geschenkt und nahm klassischen Musikunterricht. Als 1938 sein Großvater und bald darauf sein Vater starb, geriet die Familie in Geldnöte, die Mutter musste als Dienstmädchen arbeiten und konnte nur gerade so das Geld für die Musikschule entbehren. Ihr Sohn spielte schon bald im Schulorchester. In der Highschool-Zeit lernte er Altsaxophon und machte erste Gehversuche im Jazz. Nach dem Militärdienst in einer Musikkapelle Mitte der 1940er Jahre ging er nach Philadelphia und gründete dort auch seine erste Band. In der Musikerszene kam er mit Heroin in Berührung, das damals eine Modedroge war, und wurde schließlich abhängig. Dennoch behielt er auch in dieser Zeit ein tägliches Übungspensum von mehreren Stunden bei. 1949 wurde er Mitglied der Dizzy Gillespie Big Band, wurde allerdings schnell wieder gefeuert, weil Dizzy Gillespie keinen Junkie in seiner Band haben wollte. In der Musikerszene gab man ihm den Spitznamen Country Boy, weil er oft barfuß durch die Gegend lief. 1955 lernte er seine erste Frau Naima kennen, im gleichen Jahr heuerte ihn zum ersten Mal Miles Davis an. Dies bedeutete für Coltrane den Durchbruch; Davis war bereits ein Star. Coltrane spielte Tenor, behielt dabei aber die Intonation des Alt bei und entwickelte seinen charakteristischen Klang. Doch bereits im Herbst desselben Jahres schmiss Davis Coltrane wegen dessen Drogensucht wieder raus. Coltrane zog sich zurück und konnte mithilfe Naimas vom Heroin loskommen.

Im folgenden Jahr kehrte er, nun clean, auf die Bühne zurück und stürzte sich mit neuer Energie in die Arbeit. Er arbeitete unter anderem mit Thelonious Monk. Aus dem Zusammenspiel mit Monk brachte er die an den Kirchentonarten orientierten Skalen ein. Diese "modale" Spielweise überwindet die herkömmliche, an Harmoniefolgen gebundene Improvisation. In der Folge wurden Coltranes Soli immer länger und ekstatischer. Von 1958 bis 1960 spielte er dann auch wieder im Davis-Quintett. Die beiden herausragenden Alben Milestones und Kind of Blue entstanden, dazu noch sein Album Giant Steps – ein Titel, der durchaus wörtlich zu nehmen ist. 1960 erschien dann My Favourite Things. Das Titelstück dieses Albums war ein kaum bekannter Broadway-Song im Drei-Viertel-Takt, der erst durch Coltrane bekannt wurde. Coltrane spielte Sopransaxophon und verhalf damit diesem im Jazz seit langer Zeit relativ selten gespielten Instrument zu einer Renaissance. Dieser Erfolg machte das John Coltrane Quartet neben dem Quintett von Miles Davis zu einer der einflussreichsten Jazz-Gruppen der Sechzigerjahre. Neben John Coltrane [ts,ss] bestand die Besetzung aus McCoy Tyner [p], Jimmy Garrison [b] sowie Elvin Jones [dr] und sollte sich für die nächsten Jahre auch nicht verändern. In dieser Zeit perfektionierte Coltrane eine nee Spielweise, welcher der Jazz-Kritiker Ira Gitler den Namen Sheets of sound gab, zu deutsch Klangflächen. Das Spiel verlief so schnell, dass neben dem aktuellen Ton noch die vorherigen Töne in der Luft lagen. Hierbei traten die Melodien in den Hintergrund und Harmonien und Rhythmen dominierten, der Takt wurde aufgelöst. Der besondere Reiz dieser Technik besteht darin, dass die Musik vielsagend wird, weil oft nicht klar ist, in welcher Tonart Coltrane genau spielt. Wichtig ist, dass der Pianist eingewiesen ist. Monk beispielsweise spielte statt eines C-Dur-Dreiklanges nur das c, womit er die Tonart nicht eindeutig vorgab. In dieser Zeit trat Coltrane – mehr oder weniger notgedrungen, denn er benötigte Material für seine neue Spielweise – als Komponist hervor. Bei einigen Live-Aufnahmen im "Village Vanguard" spielte auch der schwarze Avantgarde-Saxophonist Eric Dolphy [as, bs-cl, flute] mit, der unter anderem bereits mit Charles Mingus [b, p, leader, comp, arr] zusammengespielt hatte.

In der Folgezeit nahm Coltrane in dieser Besetzung noch eine Reihe weiterer Platten auf, darunter auch Live-Aufnahmen aus dem "Village Vanguard" in New York, auf denen sein energetisches Spiel sehr gut dokumentiert ist. Musikalisch sprengte Coltrane die Fesseln des herkömmlichen Jazz und nahm in sein Spiel beispielsweise afrikanische und orientalische Einflüsse auf. Eine der herausragenden Platten ist auch sein A Love Supreme aus dem Jahre 1964, in dem Coltranes spirituelle Ausrichtung deutlich wird.

In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre orientierte sich John Coltrane immer mehr am Free Jazz. Elvin Ray Jones wurde durch den Schlagzeuger Rashied Ali ersetzt; außerdem kamen Coltranes zweite Frau Alice (sie spielte Klavier und Harfe) und der Saxophonist Pharoah Sanders in die Gruppe. An Aufnahmen wäre hier eine zweite im Village Vanguard aufgenommene Live-Platte zu nennen.

Musikalisch war Coltrane immer auf der Suche nach allen möglichen Einflüssen – er hat den Jazz traditioneller oder moderner Musik bis hin zu Béla Bartók und Arnold Schönberg geöffnet. Dabei blieb sein Stil immer eigenständig, und in seiner Geschwindigkeit und Komplexität auch unvergleichlich. Er veröffentlichte ca. 50 Aufnahmen in zwölf Jahren mit seiner eigenen Band und ein Dutzend mit anderen Bands.

John Coltrane starb 1967 an Leberkrebs.

Hörprobe

http://en.wikipedia.org/upload/7/7a/Giant_Steps.ogg;

weitere Beispiele auf: http://www.john-coltrane.com/

Diskographie

unter: http://webusers.siba.fi/~eonttone/trane.html oder http://www.jazzdisco.org/trane/cat/

Siehe auch

Eric Dolphy, Thelonious Monk

Literatur

  • Lewis Porter: John Coltrane: his life and music. The University of Michigan Press, 1998 ISBN 0-472-10161-7 (engl. Originalausgabe)
  • Ashley Khan: A Love Supreme: the story of John Coltrane's signature album. Viking Penguin, New York 2002 ISBN 0-670-03136-4 (engl. Originalausgabe)
  • J.C.Thomas: Chasin' the trane: Musik und Mystik von John Coltrane. hannibal, Wien 1986 ISBN 3-85445-024-9 (dt. Übersetzung, engl. Original 1975)
  • Ralf Dombrowski: John Coltrane: sein Leben, seine Musik, seine Schallplatten. Oreos, Waakirchen 2002 ISBN 3-923657-63-3 (dt., vollständig überarbeitete Neuauflage)


An Aufnahmen wäre hier eine zweite im "Village Vanguard" aufgenommene Live-Platte sowie das Album Ascension zu nennen.