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Liste von Justizirrtümern in der deutschen Rechtsprechung

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Vorlage:Doppeleintrag Ein Justizirrtum ist ein Fehler der Justiz, der in einer Entscheidung (Urteil, Beschluss, Verfügung) Niederschlag gefunden hat und auf einer Fehlvorstellung beruht. Im Unterschied zur Rechtsbeugung, die ein Tatbestand des StGB ist (§ 339 StGB) und Vorsatz voraussetzt, setzt der Justizirrtum als Irrtum eine Fehlvorstellung des oder der Entscheidenden über die Wirklichkeit voraus. Die Fehlvorstellung kann entweder im Hinblick auf das anzuwendende Recht oder die gerichtlich festellten Tatsachen bestehen. Justizirrtümer sind auf allen Feldern der Justiz (Strafrecht, Zivilrecht und öffentliches Recht) denkbar Eine Schwierigkeit zur Abgrenzung von Justizirrtümern ergibt sich daraus, dass das Recht als Maßstab der Entscheidung notwendig eine gewisse Unschärfe (Unbestimmtheit) aufweist, die bei seiner Anwendung (auch in der Feststellung eines Sachverhaltes mit Hilfe des Beweisrechts) sich noch vergrößert: Wenn der rechtliche Gehalt einer Regel feststeht, ist es häufig noch eine Frage der Anwendung durch die Entscheider, ob und welche Folgen die Regel für einen Fall hat. Zwischen dem Justizirrtum als Fehler und einer richtigen Entscheidung ergibt sich deshalb ein Graubereich.

Fehlerkorrektur in der Justiz

Die Vermeidung von Jusitzirrtümern, ihre Aufdeckung und Korrektur der Entscheidung selbst oder wenigstens ihrer Folgen ist ein rechtliches Problem, dem viele Regeln gewidmet sind. Dazu gehören insbesondere das Beweisantragsrecht, die Rechtsmittel (Berufung und Revision), die sonstigen Rechtsbehelfe, das Recht der Wiederaufnahme und schließlich z.B. die Gesetzgebung zum Entschädigungsrecht. Im Beweisrecht, in der Begrenzung von Rechtsbehelfen, im Recht der Wiederaufnahme und im Recht der Entschädigung sind Grenzen erkennbar, die sich auch eine zur Einsicht in die Fehlbarkeit ihrer Justiz bereite Gesellschaft wahrscheinlich auferlegen muss. So wird im Beweisrecht mit höchstrichterlicher Billigung für die richterliche Überzeugung und damit die Feststellung eines Sachverhaltes nur der sog. Maßstab der praktischen Vernunft angelegt. Theoretische Zweifel müssen außer acht bleiben. Bei den Rechtsbehelfen können und dürfen viele Entscheidungen nicht überprüft werden, weil z.B. Fristen versäumt wurden, Beschwergrenzen nicht erreicht werden oder sogar (z.B. im Ordnungswidrigkeitenrecht) "nur" eine Einzelfall-Fehlentscheidung vorliegt. Im Recht der Wiederaufnahme muss die Rechtskraft von Entscheidungen geschützt werden, weil ansonsten ein Anknüpfen an frühere Entscheidungen nicht möglich wäre. Und schließlich wird dem einzelnen im Entschädigungsrecht ein Opfer an die Gemeinschaft zugemutet, weil die vollumfängliche Entschädigung aller Fehler (etwa nach dem Prinzip der Totalreparation gem. § 249 BGB) die öffentliche Hand überfordern würde.


Wissenschaftliche Behandlung von Justizirrtümern

Die wissenschaftliche Behandlung von Justizirrtümern ist durch die Schwierigkeit der Abgrenzung von Fehlern und richtigen Entscheidungen behindert. Im Bereich des Strafprozessrechts hat in Deutschland eine Untersuchung von Peters, Fehlerquellen im Strafprozess, erheblichen Einfluss gehabt. Intensiv wird auch an der Validierung von Beweismitteln geforscht (Glaubwürdigkeitsforschung zur Zeugenaussage). Die Einführung von objektiven Beweismitteln (im Gemeinen Recht waren nur Beweis und Geständnis zulässige Beweismittel) bis hin zur DNA-Analyse ist vom Bemühen um die Vermeidung von Fehlern oder Aufdeckung von Fehlern gezeichnet (vgl. Todesstrafe).

Schließlich haben statistische Untersuchungen zur Aufhellung von Fehlern beigetragen (Häufigkeit der Verurteilung zum Tode in Abhängigkeit von der Hautfarbe usw.).


Berühmte Justizirrtümer oder bis heute fragliche Entscheidungen