Bagdad
Bagdad (persisch für Geschenk Gottes, arabisch بغداد Baghdād; manchmal auch Baghdad geschrieben) ist die Hauptstadt des Irak und mit 5.672.516 Einwohnern (Stand 1. Januar 2005) eine der größten Städte im Nahen Osten.
Geographie

Bagdad liegt etwa in der Landesmitte des Irak. Die Stadt erstreckt sich am Mittellauf des Tigris, der bis Bagdad schiffbar ist. Die Ortsmitte befindet sich 34 m über NN auf den geographischen Koordinaten Vorlage:Koordinate Text Artikel. In Bagdad laufen auch einige durch den fruchtbaren Halbmond führenden Handelrouten zusammen.
Geschichte

Bagdad (persisch=Gottgegeben-im Sinne von: Gottesgeschenk-) wurde im Jahr 762 von dem abbasidischen Kalifen Al-Mansur als neue Hauptstadt des islamischen Reichs gegründet (Name: Madīnat as-Salām مدينة السلام = Stadt des Friedens). Sie entstand nur wenige Kilometer östlich der alten Hauptstadt des Sassanidenreiches, Ktesiphon. Innerhalb von vier Jahren entstanden der Kalifenpalast (Bāb al-dhahab oder al-Kubbat al-Kadra) und die Hauptmoschee am westlichen Tigrisufer.
Aufgrund der günstig gewählten Lage am Knotenpunkt zahlreicher Handelsstraßen und der fruchtbaren Anbaugebiete in ihrer Nähe zum Tigris (Didschla) florierte die neugegründete Stadt schnell. Als al-Mansurs Sohn al-Mahdi den Thron bestieg, hatte Bagdad bereits eine Fläche von 15 Quadratkilometern. Wie ein arabischer Historiker berichtet, besaß Bagdad zur Zeit des Kalifen Al-Ma'mun 65.000 öffentliche Bäder. Es war Zentrum der Wissenschaften und Künste, kurzum, es war die Glanzzeit Bagdads.
Zwischenzeitlich verlegte der Kalif al-Mu'tasim, um seine Armee von der Bevölkerung fernzuhalten, die Hauptstadt nach Samarra (808-819 und 836-892), doch auch als das Kalifat an Macht verloren hatte und zuerst die Buyiden-Dynastie (945-1055) und später die Seldschuken (1055-1135) das islamische Reich beherrschten, blieb sie eine der wichtigsten Städte der islamischen Welt, bis sie 1258 von den Mongolen unter Hulagu erobert wurde, die am 10. Februar 1258 den letzten Kalifen Al-Mu'tasim töteten und nach Augenzeugenberichten unvorstellbare Gräueltaten anrichteten, Quellen berichten von einer Pyramide aus Totenschädeln. Viel gewichtiger war aber die im Gefolge der Eroberung Bagdads und des Zweistromlandes sowohl von den verteidigenden Mamlucken als auch den Mongolen begangene Zerstörung der hochkomplexen Bewässerungssysteme des Landes, die durch die Vertreibung der lokalen Bevölkerung(und dem damit verbunden Verlust des Wissens über den Betrieb und die Instandhaltung des Bewässerungssystems) noch verstärkt wurde. Die Desertifikation Mesopotamiens setzte ein, und Bagdad, zuvor zumindest zweitgrößte Stadt der Welt, versank zusammen mit dem Rest Mesopotamiens in der Bedeutungslosigkeit. Bis heute hat sich der Irak von der Zerstörung der Bewässerungssysteme nicht erholt. Seit dem 16. Jahrhundert stritten sich die Herrscher Persiens und der Türkei mehrfach um die Stadt.
Im Jahre 1652 zählte Bagdad nur noch ungefähr 15.000 Einwohner.
Bagdad blieb unter osmanischer Herrschaft, und wurde die Hauptstadt der Provinz Bagdad, einer der 3 Provinzen aus dem der spätere Irak entstand. 1921 wurde unter britischer Kontrolle das Königreich Irak errichtet; 1932 folgte die formelle und 1946 die vollständige Unabhängigkeit. Die Einwohnerzahl der Stadt stieg von schätzungsweise 145.000 (1900) auf 580.000 (1950), vor allem durch Zuwanderer aus dem schiitischen Süden, die, angekommen in der Hauptstadt, unter massiver Wohnungsnot litten. Erst unter der Herrschaft General Quassems wurde durch den Bau der damals geradezu vorbildlichen Sattelitenstadt "Madinat al-Thaura"("Stadt der Revolution"), später Saddam City, dann Sadr-City, etwas Abhilfe verschafft. Vor allem während des Wirtschaftsbooms der 1970er Jahre stieg die Bevölkerungszahl weiter rasant an. Den Löwenanteil der Zuwanderer stellten schiitische Araber, die in Slums in prekärsten Verhältnissen hausten. Im Gefolge der Eroberung Bagdads durch die US-amerikanischen Streitkräfte im Dritten Golfkrieg 2003 wurden zahlreiche historisch wertvolle Kulturgüter der Stadt durch Kampfhandlungen oder Plünderungen vernichtet oder beschädigt; insbesondere wurden die Nationalbibliothek mit Tausenden wertvoller alter Manuskripte durch einen Brand völlig zerstört, das Nationalmuseum (von den ansässigen Irakern) geplündert. Die eintreffenden US-Truppen griffen nicht ein. Der Großteil der Stücke wurde aber relativ schnell wieder ausfindig gemacht und befindet sich wieder im Irak.

Bevölkerung
Bagdad hat 5.672.516 Einwohner (Stand 1. Januar 2005). Die Amtssprachen des Iraks sind arabisch und Kurdisch. Die irakischen Städte und vor allem Bagdad besitzen ein gut ausgebautes Bildungssystem. Die Schulbildung ist gratis, dennoch ist die Analphabetenrate hoch. In Bagdad befinden sich 3 der 6 Universitäten des Landes. Der Gesundheitszustand ist im Irak bis auf die Städte unzureichend. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist arabischer Abstammung, doch es gibt auch eine große kurdische Gemeinde, sowie eine bedeutende Anzahl von Turkmenen und Aramäern. Auch einige Sudanesen bewohnen die Millionenmetropole.
Wirtschaft und Infrastruktur
In Bagdad ist der Großteil der irakischen Industrie angesiedelt. Die wichtigsten Industriezweige Bagdads sind die Textilindustrie, Ölraffination, Holzindustrie, Baustoffindustrie und Nahrungsmittelverarbeitung. Bagdad ist der Schnittpunkt der 3 Haupteisenbahnlinien des Landes(momentan noch nicht wieder in Betrieb) und auch der Highways. Von den vier in Bagdad und Umgebung liegenden Flughäfen ist nur einer zivil, dieser bietet Flüge nach Erbil, Dubai,Kairo und Amman an. Bis auf den Stadtkern wirkt das Straßennetz der Stadt Großteils geplant. Nach der Invasion der US Truppen hat sich die Zahl der PKW rasant zugenommen, was die Straßen Bagdads nicht nur überlastet sondern auch äußerst gefährlich macht. Verstärkt wird dies noch durch das völlige Fehlen des öffentlichen Verkehrs, von der einzigen, um 1870 erbauten Strassenbahnlinie nach Qazzimiyya ist nicht mal mehr die Trasse erkennbar. Der Fluss Tigris, an dessen Ufern Bagdad liegt, ist auch ein wichtiger Handelsweg für die Stadt. Die Landwirtschaft im Umland produziert hauptsächlich Datteln und Gemüse.
Klima
Die Temperatur in der Gegend um Bagdad schwankt zwischen 30° bis 50° C im Juli und August und 9,4 °C im Winter. Die Hauptregenzeiten sind im Oktober und im Mai.
Religion
95 % der Bevölkerung sind Muslime. In Bagdad gibt es dementsprechend viele Moscheen.
Bagdad ist auch der historische Sitz des Patriarchen der Assyrischen Kirche des Ostens.
Söhne und Töchter der Stadt
- Adil Abd al-Mahdi, Schiit und irakischer Politiker, derzeit als Vizepräsident
- Iyad Allawi, irakischer Politiker, früher Ministerpräsident
- Zaha Hadid, irakisch-britische Architektin und Professorin
- Qusai Hussein, zweitältester Sohn von Saddam Hussein
- Ibn Kammuna, Philosoph
- Yaqub ibn Killis, ägyptischer Wesir unter den Fatimiden
- Bassam Salih Kubba, stellvertretender irakischer Außenminister (April bis Juni 2004)
- Abd al-Karim Qasim, irakischer Militär und Politiker und von 1958 bis 1963 Premierminister seines Landes
Sonstiges
Bagdad ist der Schauplatz zahlreicher Geschichten in Tausendundeine Nacht (zum Beispiel Aladin, Ali Baba und die 40 Räuber), Der Dieb von Bagdad
Von 1903 bis 1940 wurde die Bagdadbahn gebaut.
Literatur
- Karin Rührdanz: Das alte Bagdad - Hauptstadt der Kalifen, Leipzig ²1991. ISBN 3-332-00503-0
- Mona Yahia: Durch Bagdad fließt ein dunkler Strom, München 2004. ISBN 3-423-20715-9
- Jacob Lassner: The Caliph’s personal Domain. The City Plan of Baghdad Re-Examined. IN: Hourani/Stern (Hrsg.): The Islamic City. Oxford 1970.
- Jacob Lassner: The Topography of Baghdad in the Early Middle Ages. Text and Studies, Detroit 1970.
- Vincenzo Strika und Jabir Khalil: The islamic Architecture of Baghdad. The Results of a Joint Italian – Iraqi Survey, Napoli 1987.