Stieg 16 (Quedlinburg)

Das Haus Stieg 16 ist ein denkmalgeschütztes Gebäude in der Stadt Quedlinburg in Sachsen-Anhalt.
Lage
Es befindet sich östlich des Marktplatzes der Stadt an der Ecke der Straßen Stieg und Pölle. Die Traufseite des Hause zeigt zum Stieg, der östliche Giebel zur Pölle. Seine markante Ecklage verleiht dem Gebäude eine hohe städtebauliche Bedeutung. Es gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Architektur und Geschichte
Das dreigeschossige Fachwerkhaus Haus an der Ecke zur Pölle, traufständig zum Stieg mit beiden Obergeschosse vorkragend, ist zum Stieg 14 Gefache breit und entstand 1620 auf einem Sockel aus Sandstein. Zuvor befand sich an dieser Stelle ein Brauhof. Die Fassade ist mit Schiffskehlen verziert, die Balkenköpfe sind schlicht abgerundet. Karniesprofile sind in die Brüstungs- und Füllhölzer eingearbeitet. An der Stockschwelle befindet sich eine humanistische Inschrift in Griechisch, Latein und Deutsch.
Die dreitilige Inschrift ist auf dem zum Stieg gelegenen Schwellbalken des ersten vorkragenden Obergeschosses (A), auf dem zur Pölle gelegenen Schwellbalken am Giebel (B) und auf dem zur Pölle gelegenen Schwellbalken des Nebenhauses (C) angebracht.[1] |
Länge 13 m, Buchstabenhöhe: 12 cm (A), 7 cm (B) 6 cm (C). – Erhabene Majuskel. |
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(A) ΔΙΚΑΙΑ ΔΡΑΣΑΣ ΣΥΜΜΑΧΟΥ ΤΕΥΞΗ ΘΕΟΥ : OPEM TIBI DEVS IVSTA SI EGERIS FERET IeThU Recht, Scheu Niemandt sag ich frey: Das gott dem hülff vnndt beystandt sey: CHRISTOPHORVS Nickel : ANNO 1620 I • S • BM |
Wenn du gerecht handelst, wirst du Gott als Mitstreiter erlangen + Wohlstand wird dir Gott bringen, wenn du gerecht handelst |
(B) DEO SIMVL ET IVSTITIA NIHIL MAIVS EXISTIT + NOVELL: 164[.] : IN PRINC(IPIUM) : |
Nichts Größeres gibt es, als Gott und die Gerechtigkeit |
(C) GOTT NIM DIS HAVS IN TREVER HVT FVR SEVCHEN KRANKHEIT FEVERSGLVT • NVNC OVAE ITERVM EXSTRVITVR PARSAEDIS FLOREAT ISTA CATHAR. ELISAB. SCHERZLINGIN PH WITWE 1689 |
Nun, wegen des neuerlichen Baus dieses Teils, blühe das [ganze] Haus.[2] |
Bauherr und Baumeister war der Quedlinburger Stadtschreiber Christoph Nicolai. Er bewohnte dann mit seiner Frau Catharina und sechs Kindern das Haus. Als Zimmermann des Hauses wird der Ratszimmermann Barthel Merten angenommen. Auf ihn weisen die Initialen BM hin.
Im Jahr 1689[3] ließ die Enkelin des Stadtschreibers nach einer Bauinschrift den südlichen Flügel anfügen. Zugleich erneuerte man das Wohnhaus. Es erhielt einen marmorierenden Anstrich und eine stark gekröpfte Rhombentür.[4] Andere Angaben vermuten die Entstehung der sich über zwei Achsen erstreckende Tür im 18. Jahrhundert.[5] Die Tür befindet sich links der Mitte. Das Hauptgebäude erhielt im Zuge der Errichtung des Seitenflügels eine neue Farbgebung. Der bis dahin graue und ockerfarbene Anstrich, der die Fachwerkriegel und -streben weitgehend unkenntlich machte, wurde durch eine marmorierende Farbgebung der Felder abgelöst. Die Fachwerkständer wurden hellgrau gestrichen.[6] Die großzügig geschnittenen oberen Geschosse waren nur über eine hofseitige Außentreppe zu erreichen. Eine Durchfahrt zum Hof soll nur über ein Hoftor des benachbarten Stieg 17 möglich gewesen sein. Beide Gebäudeteile sind voll unterkellert, wobei das Kellergewölbe des Haupthauses aus Sandstein, das des Anbaus aus Ziegelsteinen errichtet wurde.
Im 19. Jahrhundert wurde die Fassade verputzt. Ende des 19. Jahrhunderts war ein Herr Baumgarten Eigentümer des Hauses. Er betrieb im Erdgeschoss eine Gaststätte. Ebenfalls Ende des 19. Jahrhunderts fügte man in das Erdgeschoss ein Ladengeschäft ein. So entstand bereits 1888 im 4. und 5. Gefach des südlichen Anbaus ein Schaufenster, welches jedoch heute nicht mehr vorhanden ist. Rechts des Schaufensters entstand 1925 eine Ladentür.
Ein Heinrich Storch betrieb im Haus in den 1950er Jahren einen Lebensmittelladen. In den Laden konnte man sowohl vom Stieg, als auch von der Pölle her gelangen. Das Gebäude war verputzt.
Der marmorierende Anstrich blieb bis 1988 erhalten und wurde bei einer 1998 erfolgten Sanierung wieder aufgenommen. Auf dem hellroten Grund der verputzten Gefache befindet sich eine schwarz und gelb geäderte Marmorierung. Zur Absetzung gegenüber den nach Farbbefunden hellgrau gestrichenen Balken dient ein schwarzer Konturstrich. Während der Sanierung wurden auch die ursprünglich unter den Balkenköpfen vorhandenen Knaggen wieder hergestellt. Im Haus entstanden Wohnungen und im Erdgeschoss eine Gaststätte. Einzelne historische Ausstattungsstücke blieben erhalten, so ein aus der Zeit des Barock stammendes Kreuzstockfenster, die Bodenfliesen im Flur und im 19. Jahrhundert entstandene gedrechselte Pfosten des Geländers. Im Treppenhaus ist eine Fachwerkwand, durchnummeriert mit Abbundzeichen, zu sehen. Sie war ursprünglich Teil der rückseitigen Hausfassade.
Entlang der Straße Pölle zieht sich der südliche Flügel des Hauses. Er ist weitgehend unverändert und trägt an seiner Stockschwelle eine Inschrift. An der Fassade finden sich die Fachwerkfigur Halber Mann sowie Fußstreben. Darüber hinaus bestehen in den Gefachen Zierausmauerung.
Literatur
- Falko Grubitzsch in: Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt. Band 1: Ute Bednarz, Folkhard Cremer u. a.: Regierungsbezirk Magdeburg. Neubearbeitung. Deutscher Kunstverlag, München u. a. 2002, ISBN 3-422-03069-7, S. 758.
- Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt. Band 7: Falko Grubitzsch, unter Mitwirkung von Alois Bursy, Mathias Köhler, Winfried Korf, Sabine Oszmer, Peter Seyfried und Mario Titze: Landkreis Quedlinburg. Teilband 1: Stadt Quedlinburg. Fliegenkopf, Halle 1998, ISBN 3-910147-67-4, S. 259 f.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Brinkmann (1923), S. 217, Nr. 442.
- ↑ Wauer, Karl-Heinz: Häuserbuch der Stadt Quedlinburg von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Jahre 1950. A: Die Altstadt (Schriftenreihe der Stiftung Stoye 57). Marburg an der Lahn 2014. S. 659. ISBN
- ↑ Hans-Hartmut Schauer, Quedlinburg, Fachwerkstatt/Weltkulturerbe, Verlag Bauwesen Berlin 1999, ISBN 3-345-00676-6, Seite 146
- ↑ Falko Grubitzsch in: Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt. Band 1: Ute Bednarz, Folkhard Cremer u. a.: Regierungsbezirk Magdeburg. Neubearbeitung. Deutscher Kunstverlag, München u. a. 2002, ISBN 3-422-03069-7, S. 758.
- ↑ Informationen des Fachwerklehrpfades zum Haus Stieg 16
- ↑ Hans-Hartmut Schauer, Quedlinburg, Fachwerkstatt/Weltkulturerbe, Verlag Bauwesen Berlin 1999, ISBN 3-345-00676-6, Seite 64
Koordinaten: 51° 47′ 22″ N, 11° 8′ 42,5″ O