Christoph Willibald Gluck

Christoph Willibald Ritter von Gluck (* 2. Juli 1714 in Erasbach bei Berching, † 15. November 1787 in Wien) war ein deutscher Komponist. Er gilt als einer der bedeutendsten Opern-Komponisten der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Leben
Kindheit und Jugend
Gluck wurde als erstes von neun Kindern eines Försters geboren. 1717 zog die Familie nach Böhmen, wo der Vater in Eisenberg ab 1727 als Forstmeister im Dienst von Fürst Philipp Hyazinth von Lobkowitz stand. Ab 1731 studierte er in Prag Logik und Mathematik, aber von einem Abschluss ist nichts bekannt. Über Wien kam Gluck 1737 nach Italien.
Italien
Schnell kommt er dann seiner wahren Berufung näher, in dem er eine Stelle in einem Mailänder Orchester bekommt, und dort Betrieb und Wesen der Oper kennenlernt. Er wird von Giovanni Battista Sammartini zum Komponisten ausgebildet, und feiert mit der italienischen Oper bald Erfolge auf den Bühnen.
Bei seinem ersten nachgewiesenen Auftritt als Komponist war er bereits 27 Jahre alt: am 26. Dezember 1741 wurde in Mailand seine Oper Artaserse uraufgeführt.
In den folgenden Jahren schrieb er sehr produktiv für die Bühne: Demetrio (Venedig, 2. Mai 1742, Venedig), Demofoonte (Mailand, 6. Januar 1743), Il Tigrane (Crema, 9. September 1743), La Sofonisba (Mailand, 18. Januar 1744), Ipermestra (Venedig, 21. November 1744), Poro (Venedig 26. Dezember 1744), Ippolito (Mailand, 31. Januar 1745). Bei allen handelt es sich um recht konventionelle opere serie, und bis auf Tigrane und Ippolito benutzten alle Libretti von Pietro Metastasio.
Reisen
Gluck begann nun weite Reisen durch Europa. In London wurde am 7. Januar 1746 Caduta de' giganti, am 4. März Artamene aufgeführt, die allerdings beide Pasticcii sind und wenig Erfolg hatten. Im gleichen Jahr wurden in London sechs Triosonaten von Gluck gedruckt, die er wahrscheinlich schon in Italien geschrieben hatte. Danach scheint er sich erst der Wandertruppe von Pietro Mingotti, dann der von Giovanni Battista Locatelli angeschlossen zu haben.
Aus den Folgejahren ist wenig bekannt. Bekannt ist, dass die Operntruppe auf Schloss Pillnitz bei Dresden Glucks Le nozze d'Ercole e d'Ebe (19. Juni 1747) aufführte. Für den Geburtstag von Maria Theresia wurde La Semiramide riconosciuta (14. Mai 1748) inszeniert. Für das nächste Jahr ist La contesa de' numi (9. April 1749) dokumentiert, eine Oper für den Königshof in Kopenhagen. Im September 1750 heiratete Gluck in Wien die achtzehnjährige Maria Anna Bergin.
Offenbar ließ sich Gluck aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Wien nieder. 1752 wurde in Prag seine Issipile aufgeführt, in Neapel La clemenza di Tito (4. November 1752).
Wien
Schließlich wurde Gluck in Wien ansässig und wurde später Kapellmeister. Für ein mehrtätiges Fest schrieb er Le Cinesi (24. September 1754) und für den Geburtstag des Erzherzogs Leopold La danza (5. Mai 1755).
Nach der Aufführung seines Antigono (9. Februar 1756) in Rom wurde Gluck von Papst Benedikt XIV. zum Ritter des Goldenen Sporns erhoben. Seit dieser Zeit verwendete Gluck den Titel "Ritter von Gluck" oder "Chevalier de Gluck".
In den folgenden Jahren wandte sich Gluck völlig von der italienischen opera seria ab und bearbeitete stattdessen französische opéra comique. Das erste dieser Werk war anscheinend Tircis et Doristée (1756), an dem sein Anteil sehr gering ist, der sich in La fausse esclave (8. Januar 1758]), Île de Merlin (3. Oktober 1758), La Cythère assiégée (Frühjahr 1759), Le diable à quattre (28. Mai 1759), L'arbre enchanté (3. Oktober 1759) steigerte. Erst in L'ivrogne corrigé (Ende 1760) und Le cadi dupé (8. Dezember 1761) ist die Mehrzahl der Nummern von ihm. 1761 fand die vielbeachtete Aufführung des Balletts Don Juan, zu dem der Tänzer und Choreograf Gasparo Angiolini die Choreographie schuf, statt. Wolfgang Amadeus Mozart sollte in seiner Opera buffa Le Nozze di Figaro (1784) auf den Fandango, wie er in bei Gluck in diesem Ballett gehört hatte, zurückgreifen. Den Gipfel von Glucks komischem Opernschaffen bildet La rencontre imprévue (7. Januar 1764), das zeitlich schon in die Zeit seiner Reformopern fällt.
Opernreform
Seit einiger Zeit bekam Gluck grundätzliche Bedenken über Inhalt und Form der Oper. Beide führende Opernformen, die Opera seria und die Opera buffa schienen ihm schon zu fremd von dem zu sein, was die Oper wirklich sein sollte. Beide schienen ihm schon zu unnatürlich, die Gesänge in der opera seria zu sehr auf Virtuosität und Wirkung gerichtet und ihr Inhalt uninteressant und versteinert. Der Opera buffa war seit geraumer Zeit „die Luft ausgegangen“, sie hatte ihre Scherze schon lange verbraucht, man bekam immer wieder die gleichen Personen, Karikaturen zu sehen. In beiden Opern herrschte die Unnatürlichkeit und musikalische Fiorituren, Verzierungen hatten die Oberhand gewonnen. Gluck wollte die Oper wieder zu ihrem Ursprung bringen, eine Oper in der menschliche Dramen, Leidenschaft, Schicksalsschläge und urmenschlichen Gefühle im Vordergrund stehen, und wo die Musik und das Wort gleichwertig sind, wenn nicht sogar die Musik mehr die dramatische Situation stützen oder untermalen soll: "prima le parole, poi la musica".
In Wien komponierte Gluck das Ballett Don Juan (1761) sowie Orfeo ed Euridice (1762), eines seiner bekanntesten Werke. Glucks Orfeo erreichte nicht zuletzt wegen einer noch im 18. Jahrhundert erfolgten Drucklegung schon bald einen großen Bekanntheitsgrad. Orfeo war eine der wenigen Opern, deren Partitur man auch zuhause studieren konnte. Beide Werke (Don Juan und Orfeo) weisen bereits einige Stiländerungen auf, die ihren ganzen Ausdruck in Alceste (1767) fanden, das ein Vorwort enthielt, welches seine Ideen über einen neuen Opernstil ausbreitete. Glucks Gedanke war, die Dramatik des Werkes wichtiger zu machen als die Starsänger, die es aufführten, und das Rezitativ abzuschaffen, das die Handlung unterbrach. Der sich ergebende fließendere und dramatischere Stil wird als Vorläufer von Richard Wagners Musik-Dramen betrachtet.
Paris
Nun machte sich Gluck auf, seine Ideen auch in Frankreich zu verbreiten. Unter der Protektion seiner ehemaligen Gesangsschülerin Marie Antoinette, die 1770 den französischen Dauphin Ludwig XVI. heiratete, schloss er mit der Pariser Operndirektion einen Vertrag über sechs Opern ab. Den Anfang machte Iphigénie en Aulide (19. April 1774). Mit der Erstaufführung entflammte ungeahnt ein Streit, fast ein Krieg, wie ihn Paris das letzte mal zwischen Buffonisten und „Antibuffonisten“ gekannt hatte. Glucks Gegner holten den italienischen Opernmaestro Niccolò Piccinni nach Paris, um die Überlegenheit der neapolitanischen Oper zu beweisen, und „ganz Paris“ engagierte sich im Streit zwischen den Gluckanhängern und den Piccinianhängern. Die Komponisten selbst beteiligten sich nicht an den Polemiken, aber als Piccini gebeten wurde, das Libretto zu Roland zu vertonen, an dem Gluck bekanntermaßen arbeitete, zerstörte Gluck, was er bis dahin geschrieben hatte. Mit Iphigénie en Aulide gelang Gluck der Durchbruch, daraufhin bearbeitete er seine Wiener Reformopern, um sie ins Französische zu übertragen. Hierzu schrieb er die Hauptstimme - ursprünglich für Altstimme komponiert - für Tenorstimme um, was das Transponieren anderer Stimmen mit sich brachte.
Am 2. August 1774 wurde seine französische Version Orphée et Euridice uraufgeführt – diese war vom Pariser Publikum schon besser angenommen. Im gleichen Jahr kehrte er nach Wien zurück, wo er zum kaiserlich-königlichen Hofkomponisten ernannt wurde. In den folgenden Jahren reiste der nun in ganz Europa berühmte Komponist zwischen Wien und Paris hin und her, am 23. April 1776 wurde in Paris die ins Französisch übertragene Alceste aufgeführt.
Für Paris schrieb er noch Armide (23. September 1777), Iphigénie en Tauride (18. Mai 1779) und zuletzt Écho et Narcisse (24. September 1779). Während der Proben zu Écho et Narcisse erlitt Gluck am 30. Juli 1779 einen ersten Schlaganfall. Nach dieser Oper kehrte er nach Wien zurück.
Sein Erbe in Paris trat der italienisch-österreichische Komponist Antonio Salieri an, dem Gluck seit dessen Ankunft in Wien 1767 freundschaftlich gewogen war. Gluck führte Salieri in Paris ein und überließ ihm 1783 das Textbuch zur Tragédie lyrique Les Danaïdes. Das Werk wurde in Paris zunächst als gemeinschaftliches Projekt der beiden Komponisten angekündigt; nach dem überwältigenden Erfolg der Premiere am 26. April 1784 ließ Gluck jedoch im renommierten Journal de Paris bekanntgeben, dass Salieri der alleinige Verfasser des Werkes sei.
Die letzten Jahre
In Wien schrieb Gluck noch einige kleinere Werke, aber im Wesentlichen zog er sich zurück. 1781 produzierte er noch einmal eine deutsche Fassung Iphigenie auf Tauris. Auch andere seiner Opern genossen in Wien große Popularität.
Am 15. November 1787 erlitt Gluck einen weiteren Schlaganfall und starb wenige Stunden später. Zum feierlichen Requiem am 08. April 1788 führte sein Schüler und Freund Antonio Salieri ein Requiem des italienischen Komponisten Niccolò Jommelli auf. Wie viele andere prominente Musiker und Maler wurde Gluck auf dem Matzleinsdorfer Friedhof begraben. Dieser Friedhof wurde 1923 in einen Park mit Gräberhain umgewandelt. Der Leichnam Glucks wurde in ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof umgebettet.
Er hinterließ rund 35 vollständige Opern sowie mehrere Ballette und Instrumentalwerke. Glucks Reform der Oper trug ihre Früchte auch in der deutschen Oper (obwohl er kein dramatisches Werk auf Deutsch geschrieben hatte), besonders bei Weber, Marschner und Wagner.
Werke (Auswahl)
Opern
- L'ivrogne corrigé (Der bekehrte Trunkenbold), 1760
- Le cadi dupé (Der betrogene Kadi), 1761
- Orfeo ed Euridice (Orpheus und Eurydike), 1762
- Alceste (Alkestis), 1767
- Paride ed Elena (Paris und Helena), 1770
- Iphigénie en Aulide (Iphigenie in Aulis), 1774
- Armida , 1777
- Écho et Narcisse (Echo und Narziß), 1779
- Iphigénie en Tauride (Iphigenie auf Tauris), 1781
Literatur
Alfred Einstein. Gluck. Sein Leben seine Werke. (Liz-Ausgabe, Orig. Pan-Verlag, Zürich 1952) Als E-Book frei verfügbar bei: http://www.musikwissenschaft.tu-berlin.de/wi
Weblinks
Liste deutscher Komponisten klassischer Musik
Personendaten | |
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NAME | Gluck, Christoph Willibald |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Komponist |
GEBURTSDATUM | 2. Juli 1714 |
GEBURTSORT | Erasbach bei Berching |
STERBEDATUM | 15. November 1787 |
STERBEORT | Wien |