Parabelflug
Als Parabelflug (engl. parabolic flight) wird ein besonderes Flugmanöver bezeichnet, bei dem das Flugzeug eine zur Erdoberfläche geöffnete Parabel beschreibt, deren Scheitel nach oben zeigt. Der Zweck dieses Manövers ist die Herstellung eines Zustands der Schwerelosigkeit (engl. microgravity) (siehe auch freier Fall). Meistens werden mehrere Parabeln (etwa 5 bis 30) hintereinander geflogen.

Beim Einleiten des Steigfluges (sowie beim Abfangen des Sturzfluges) herrscht im Flugzeug nahezu doppelte Schwerkraft.
Ablauf
Die Maschine fliegt zuerst horizontal mit Höchstgeschwindigkeit. Sie geht dann mit einem Bahnneigungswinkel von 45° in einer 1. Phase in einen Steigflug über. Während dieser Phase herrscht in der Maschine ca. doppelte Erdbeschleunigung.

In der 2. Phase, der Transitionsphase, werden die Triebwerke gedrosselt, sodass der Schub nur den Luftwiderstand ausgleicht. Dauer ca. 5 Sekunden. In dieser Phase kann man eine deutliche Schwerkraftabnahme spüren (freier Fall).
In der 3. Phase, der eigentlichen Schwerelosigkeitsphase, die im englischen Sprachraum mit microgravity genauer beschrieben wird, steigt die Maschine weiter, indem sie einer Wurfparabel folgt. Sie erreicht am höchsten Punkt, abhängig vom Flugzeugtyp etwa 23 - 28000 ft. Die Zeitdauer der Schwerelosigkeit dauert im Mittel ca. 25 Sekunden. Während der Testflüge mit der Concorde wurden ebenfalls Parabelflüge durchgeführt, wobei die Zeit der Schwerelosigkeit weit über einer Minute lag.
Der Pilot steuert in der 4. Phase die Maschine so, dass sie einen Bahnneigungswinkel von ca. -45° erreicht und leitet damit den Parabelflug aus. Die Maschine wird nun durch Hochfahren der Triebwerke und Ziehen des Höhenruders wieder abgefangen. Hierbei herrschen wiederum ca. 2 g. Dieser Vorgang dauert 20 Sekunden. Nach ca. 2 Minuten kann dann der nächste Parabelflug beginnen.
medizinische Auswirkung
Durch die Beschleunigung und die Steilflüge senden Augen und Gleichgewichtsorgane Informationen an das Gehirn, die inhaltlich nicht zusammenpassen. Einige Menschen reagieren auf die schnellen Schwerkraftwechsel bei einem Parabelflug mit Übelkeit oder Brechreiz (engl. motion sickness). Daher werden vor einem solchen Flug Antiemetika verabreicht. Wegen der unangenehmen Symptome bei vielen Teilnehmern tragen die Flugzeuge, mit denen solche Flüge durchgeführt werden, auch gelegentlich den Spitznamen "Kotzbomber" (engl. vomit comet).
Viele Teilnehmer empfinden die Schwerelosigkeit allerdings als angenehm, weswegen solche Flüge auch sehr beliebt sind.
Anwendungen
- Erprobung von Geräten, die unter Schwerelosigkeit (etwa im Weltraum) arbeiten sollen. Besonders Flammen, Flüssigkeiten und Gase verhalten sich unter schwerelosen Bedingungen teilweise völlig anders als auf dem Erdboden.
- Durchführung naturwissenschaftlicher (vor allem aero- und hydrodynamischer sowie materialwissenschaftlicher und chemischer) Experimente unter schwerelosen Bedingungen.
- Ausbildung von Raumfahrern. Vor dem Raumflug müssen die Raumfahrer mit der Schwerelosigkeit vertraut gemacht werden und lernen, damit umzugehen.

- Erzeugung von Spezialeffekten für Filmschaffende: Viele der Weltraumszenen aus dem Film Apollo 13 mit Tom Hanks wurden während mehrerer Parabelflüge gedreht, um die im Weltraum herrschende Schwerelosigkeit nachzuahmen.
- Auch für Normalbürger werden (im Sternenstädtchen bei Moskau etwa) Parabelflüge angeboten -- allerdings zu hohen Preisen.
- Studenten können bei der ESA an der jährlich statt findenden Studentenkampagne teilnehmen und haben die Chance, mit ihrem eigenen Experiment selbst auf einem Parabelflug dabeizusein.
geeignete Flugzeugtypen
Generell können mit praktisch jedem Flugzeug Parabeln geflogen werden. Zum Einsatz kommen aber meist leicht modifizierte militärische Transporter (eine Il-76 bei der russischen Raumfahrtbehörde, eine KC-135, eine C9-B bei der NASA) oder zivile Flugzeuge (bei der ESA ein Airbus A300). Vorteilhaft ist ein weiter Innenraum, der genug Platz für Experimente und zum freien Schweben bietet.
Auch mit Kleinflugzeugen (sogar Segelflugzeugen) können Parabelflüge durchgeführt werden. Hier können allerdings nur wenige Sekunden Schwerelosigkeit erreicht werden. Auch freies Schweben ist auf Grund des nötigen Platzes nicht möglich. Der Parabelflug dient hier im wesentlichen zum Spaß. Parabelflüge mit Kleinflugzeugen sind erheblich kostengünstiger als mit großen Flugzeugen.
Literatur
- Novespace, Parabolic Flights and Microgravity, User´s manual 7. Juli 2004
- Novespace, Parabolic Flight Campaign with A300 ZERO-G, User's Manual 5. Juli 1999
- Joachim Schüring: "Achterbahn auf hohem Niveau". In Astronomie heute 12/2004, S. 46-49. Spektrum der Wissenschaft Verl.-Ges., Heidelberg. ISSN 16129954ISSN 1610-8728
Weblinks
- Schwerelosigkeit und Parabelflüge
- Studentenkampagne der ESA (englisch)
- Novespace (führt Parabelflüge im Auftrag der ESA durch) (frz., engl.)
- Parabelflüge im Sternenstädtchen — ein Erlebnisbericht
- Schwerelosigkeit und Parabelflüge ab Deutschland und Österreich
- Kontaktinformationen zum Reduced Gravity Research Program der NASA
- Über die NASA C9-B
- Purdue University Official Zero-Gravity Research Page
- Purdue University Team Page mit Bildern, Video und Fluginformationen
- Oregon State University Microgravity Flight Team Page