Tschurjumow-Gerassimenko
Komet 67P/Tschurjumow-Gerassimenko | |
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Komet von der Raumsonde Rosetta aus gesehen | |
Eigenschaften des Orbits (Animation) | |
Orbittyp | kurzperiodisch (< 200 Jahre) |
Numerische Exzentrizität | 0,6410 |
Perihel | 1,2432 AE |
Aphel | 5,6824 AE |
Große Halbachse | 3,4628 AE |
Siderische Umlaufzeit | 6,44 a |
Neigung der Bahnebene | 7,0402° |
Periheldurchgang | 28. Februar 2009[1] |
Bahngeschwindigkeit im Perihel | 33,51 km/s |
Physikalische Eigenschaften des Kerns | |
Abmessungen | ca. 4 km × 3,5 km × 3,5 km |
Masse | ≈ 1013 kg |
Mittlere Dichte | 0,4 g/cm³ |
Rotationsperiode | 12,7614 h |
Geschichte | |
Entdecker | Klym Tschurjumow, |
Datum der Entdeckung | 11. September 1969 |
Ältere Bezeichnung | 1969 IV |
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten von JPL Small-Body Database Browser. Bitte auch den Hinweis zu Kometenartikeln beachten. |
Tschurjumow-Gerassimenko (dt.), offizieller Name 67P/Churyumov-Gerasimenko (engl. Transkription von russisch Чурюмов-Герасименко),[2] abgekürzt 67P/C-G, von Forschern und seit Mitte 2014 auch von den Medien oft Tschuri (englisch Chury) genannt, ist ein kurzperiodischer Komet, der seit August 2014 von der Raumsonde Rosetta begleitet wird. Am 12. November 2014 konnte von Rosetta der Lander Philae abgesetzt werden, eine Premiere bei einem Kometen. Allerdings verlief die Landung durch verschiedene unvorhergesehene Probleme nicht nach Plan, was nach kurzer Zeit zu einem Ausfall der Energieversorgung und in Folge zum abrupten Ende der Erforschung des Kometen und der Funkverbindung führte. 7 Monate später meldete sich Philae überraschend wieder mit einem gefunkten Statusupdate. Die Forscher erhoffen sich, dass der Lander nunmehr zumindest einen Teil des wissenschaftlichen Programms nachholen kann.[3]
Entdeckung
Der Komet wurde 1969 am Institut für Astrophysik von Alma-Ata von Klym Tschurjumow entdeckt, als er eine Fotoplatte des Kometen Comas Solà untersuchte, die von Swetlana Gerassimenko am 11. September 1969 belichtet worden war. Er fand am Rand der Platte ein kometenähnliches Objekt und nahm an, dass es sich um Comas Solà handele. Nach seiner Rückkehr nach Kiew wurden alle Fotoplatten genau untersucht. Am 22. Oktober entdeckte man, dass das Objekt nicht der fragliche Komet sein konnte, da seine Position um mehr als 1,8° von der erwarteten abwich. Eine genauere Untersuchung deckte ein schwaches Abbild von Comas Solà an der richtigen Stelle auf, was bewies, dass das von Tschurjumow erkannte Objekt ein neu entdeckter Komet war.
Umlaufbahn
Die Umlaufbahn von Tschurjumow-Gerassimenko hat eine wechselhafte Geschichte. Wie bei vielen anderen ursprünglich längerperiodischen Kometen wurde seine Bahn durch die Annäherung an einen der großen Planeten – hier Jupiter – gestört. Er wurde „eingefangen“ und dadurch zu einem kurzperiodischen Kometen und Mitglied der Jupiter-Familie. Berechnungen zufolge war es auch nach diesem Einfangen vor 1840 völlig unmöglich, ihn zu beobachten: Selbst im Perihel betrug seine Entfernung ungefähr 4 AE. In dieser Entfernung ist die Einstrahlung der Sonne zu gering, als dass sich um den kleinen Kometenkern eine Koma oder ein Schweif ausbilden könnte. Danach veränderte Jupiter durch seine Schwerkraft die Umlaufbahn des Kometen erneut, so dass seine Entfernung im Perihel zunächst etwa 3 AE betrug. Später, im Jahr 1959, brachte ihn eine erneute Annäherung an Jupiter auf seine aktuelle Umlaufbahn. Seine Periheldistanz beträgt heute rund 1,3 AE.
Beobachtung mit Hubble

In Vorbereitung für die Rosetta-Mission wurden am 11. und 12. März 2003 mit dem Hubble Space Telescope über 21 Stunden 61 Bilder des Kometen aufgenommen. Es ergab sich eine Rotationsperiode von etwa zwölf Stunden und eine längliche, unregelmäßige Form mit Durchmessern von etwa 3 km bzw. 5 km. Zuvor wurde ein Durchmesser von bis zu 6 km befürchtet, was eine sanfte Landung auf dem Kometen erschwert hätte. Er ist etwa dreimal größer als das ursprüngliche, nicht mehr erreichbare Rosetta-Missionsziel 46P/Wirtanen.[4]
Beobachtung mit Rosetta



Eine am 11. Juli 2014 mit der OSIRIS-Kamera an Bord der Raumsonde aufgenommene Bildsequenz führte zu der Annahme, dass Tschurjumow-Gerassimenko aus zwei sich berührenden, unterschiedlich großen Körpern bestehen könnte.[6] Die Aufnahme ergab, dass der Komet etwas kleiner ist als zuvor angenommen.[7] Die Masse wurde hingegen um den Faktor drei auf 1013 kg ±10 % nach oben korrigiert.[8] Seit Anfang August 2014 zeigen Bilder[9] viele Details der Oberfläche, bis hin zu einzelnen Gesteinsbrocken.[10]
Erforschung durch den Lander Philae
Forschungsziel ist im Wesentlichen die Analyse des über 4 Milliarden Jahre alten Materials, aus dem der Komet besteht. Unter anderem soll zur Frage der Herkunft des irdischen Wassers das Eis des Kometen durch verschiedene physikalisch-chemische Messungen auf seine Isotopenzusammensetzung untersucht werden. Des weiteren soll das Kometeneis auf organische Verbindungen wie z. B. Aminosäuren untersucht werden, um der Beantwortung der Frage zur Herkunft des Lebens möglicherweise näher zu kommen.[11]
Von der Raumsonde Rosetta konnte am 12. November 2014 der Lander Philae abgesetzt werden, was hiermit erstmals bei einem Kometen geschah. Tschurjumow-Gerassimenko ist neben dem Mond, der Venus, dem Mars, dem Saturnmond Titan sowie den Asteroiden Eros und Itokawa der siebte Himmelskörper jenseits der Erde, der von einer gelandeten Raumsonde erforscht wird.[12] Der in Anlehnung an eine Nilinsel „Agilkia“ getaufte Landeplatz wurde bei der Landung zwar getroffen, da aber sowohl die zur Verankerung vorgesehenen Harpunen, als auch die Anpress-Rückstoßgasdüse versagten, prallte der Lander zweimal von der Oberfläche ab und kam an einem anderen, als dem ursprünglich dafür vorgesehenen Ort zum Stehen,[13] der bis heute noch nicht genau lokalisiert werden konnte (Stand Juni 2015).[3] Es wird vermutet, dass es sich um eine Felsspalte oder einen anderen stark abgeschatteten Ort handelt. Dies hatte zur Folge, dass die Solarmodule nach der Landung nicht genügend Strom zur Ladung der Sekundärbatterie liefern konnten und die Technik des Landers auf die vorhandene Ladung der Primärbatterie angewiesen war, welche sich nach zweieinhalb Tagen verbraucht hatte, worauf Philae in den Standbymodus schaltete.[3] Bis dahin waren jedoch schon 80 Prozent der wissenschaftlichen Ziele erreicht. Die gemessenen Daten wurden erfolgreich zur Erde übertragen.[14] Es wurde befürchtet, dass sich der Lander nicht mehr aktivieren lassen würde, ein diesbezüglicher Versuch im März 2015 blieb erfolglos.[15] Sichtlich überrascht war man im Kontrollzentrum der ESA, als dort nach fast sieben Monaten Standby-Betrieb am 13. Juni 2015 erstmals wieder für gut 80 Sekunden Daten von Philae über Rosetta ankamen. Die zuständigen Wissenschaftler erhoffen sich nunmehr weitere Forschungsergebnisse, insbesondere im Hinblick auf den bevorstehenden Vorbeiflug des Kometen an der Sonne.[3]
Siehe auch
Weblinks
- Aktuelle ESOC-Missionsdaten von Rosetta auf esa.int
- Gary W. Kronk’s Cometography – 67P/Churyumov-Gerasimenko (englisch)
- Informationen zu 67P/Tschurjumow-Gerassimenko auf der Rosetta-Homepage (englisch)
- Hubble-Beobachtungen (englisch)
- Farbbild des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko
- Aktuelle Bilder der Rosetta-Mission des Kometen 67P/Churyumov-Gerassimenko
- Interaktive Karte der Rosetta-Mission auf den Seiten der ESA
Einzelnachweise
- ↑ 67P/Churyumov-Gerasimenko. In: Gary W. Kronk's Cometography. 21. November 2014, abgerufen am 21. November 2014.
- ↑ IAU MPC, abgerufen 10. August 2014
- ↑ a b c d Kometenforschung, Philae piepst 2015-06-15 Süddeutsche Zeitung Abruf 2015-06-17
- ↑ ESA: Hubble leistet Hilfestellung für Kometenmission Rosetta, 8. September 2003
- ↑ NAVCAM’S SHADES OF GREY, rosetta blog am 17. Oktober 2014
- ↑ The dual personality of comet 67P/C-G. In: ESA, OSIRIS-Team. 17. Juli 2014, abgerufen am 18. Juli 2014.
- ↑ Tilmann Althaus: Rosetta: Der Zielkomet 67P ist ein Doppelkörper. In: Spektrum der Wissenschaft. 15. Juli 2014, abgerufen am 15. Juli 2014.
- ↑ ESA: Determining the mass of comet 67P/C-G, 21. August 2014 (basierend auf one-way-Doppler-Messungen während des ersten CAT-Bogens, 6. bis 9. August 2014).
- ↑ Comet from 1000 km. 2. August 2014, abgerufen am 4. August 2014.
- ↑ Cheops – ein großer Brocken auf Komet 67P@spektrum.de, abgerufen 12. Oktober 2014
- ↑ Kometenforschung – Hat Philae Schaden genommen?
- ↑ Hand, Eric: Comet Breakthrough of the Year + People's choice. Science, 19. Dezember 2014, abgerufen am 2. Januar 2015 (englisch).
- ↑ Farewell ‘J’, hello Agilkia. Abgerufen am 22. Juni 2015.
- ↑ Philae ist verstummt – Alle wissenschaftlichen Daten übertragen. 2014-11-15 Neue Zürcher Zeitung Abgerufen 2015-06-17
- ↑ Raumfahrt: Philae, bitte kommen 2015-03-29 Süddeutsche Zeitung Abruf 2015-06-17