Festung Sasso da Pigna
Die Festung Sasso da Pigna (A 8385) ist ein Schweizer Artilleriewerk auf dem Gotthardpass im Gemeindegebiet von Airolo im Kanton Tessin. Das 1943 erstellte Werk wurde 1998 als Kampfanlage aufgehoben und 2012 als Museum Sasso San Gottardo eröffnet.
Geschichte
Die von Italien 1929 eröffnete Fahrstrasse von den Tosafällen auf den San Giacomo führte in den 1930er Jahren und während der anschliessenden Weltkriegszeit zum dritten grossen Schub des Tessiner Festungsbaus. Vom San Giacomo aus hätte ein Angreifer ins Bedrettotal hinuntersteigen und die Befestigungen von Airolo in der Flanke angreifen können. Die Distanz vom San Giacomo zum Südportal des Gotthard-Eisenbahntunnels oder auch zur Gotthard-Passhöhe beträgt 14 Kilometer, was im Aktionsradius schwerer Geschütze liegt.
Die Schweiz musste schnell handeln. Die Errichtung von Infanteriesperren stellte die ersten Gegenmassnahme dar. 1931 legte der Geniechef der Gotthardbesatzung ein Projekt für die Befestigung des San Giacomo vor. Ab 1935 entstand auf der Schweizer Passseite ein Infanteriewerk, das während des Zweiten Weltkrieges zu einer Sperrstelle mit 30 Einzelobjekten und einer Militärseilbahn ausgebaut wurde[1].
Was fehlte, waren moderne Artilleriewerke als Unterstützungswaffe für die Infanterie. Die Artilleriewerke Fort Hospiz, Forte Airolo und Festung Motto Bartola entsprachen nicht mehr dem modernen Festungsstandard und waren keine Felswerke. Neue Artilleriewerke wurden im Rahmen des Reduits gebaut. Das Werk Sasso da Pigna war nach dem Prototyp San Carlo das zweite moderne Artilleriewerk, das die Infanterieunterstützung liefern sollte.
Die Planung für die Festung Sasso da Pigna dauerte nur ein Jahr. Am 28. August 1941 wurde der Vertrag für den Bau abgeschlossen. Wenige Tage nach der Vertragsunterzeichnung mit den Unternehmern wurde mit dem Bau der Festung begonnen. Das Projekt sah Geschützstände mit Munitionsmagazinen am Nordhang des Monte Prosa, auf der Höhe der Alpi di Sella vor. Zu Beginn waren nur zwei 10,5-cm-Bunkerkanonen vorgesehen. Es wurden noch zwei weiteren zwei 7,5-cm-Bunkerkanonen in die Planung mit einbezogen. Mit diesen 7,5-cm-Kanonen sollte die Gotthardpass-Strasse gesperrt werden. Im November 1941 wurde aber die Entscheidung gefällt, das Werk mit vier 15-cm-Bunkerkanonen zu bestücken. Lieferschwierigkeiten führten dann aber dazu, dass erst einmal vier 10,5-cm-Bunkerkanonen eingebaut wurden. Im Juli 1943 waren die ersten zwei 10,5-cm-Kanonen schussbereit. Im Oktober waren auch die zwei restlichen 10,5-cm-Kanonen schussbereit.

Schon im Jahr 1942 wurden am Projekt erhebliche Änderungen vorgenommen. Es wurde beschlossen, dass die Unterkünfte auf der nördlichen Seite hinter dem Passee gebaut werden sollte. Beim Bauende bestand das Werk aus zwei deutlich getrennten Teilen. Hinter dem Haupteingang befindet sich die logistische Infrastruktur wie Küche, Krankenzimmer, Unterkünfte usw. Im oberen Teil, der mit einem ca. 1 km langen Stollen verbunden ist wurden ein kleiner Unterkunftsteil für die Geschützmannschaft, Munitionsmagazine und natürlich die Geschütze eingebaut. Die beiden Ebenen trennen über 400 Treppenstufen voneinander. Für das Material steht ein kleiner Aufzug (Standseilbahn) zur Verfügung.
Für die Aussenverteidigung wurde zum Schutz der Scharten für die Kanonen ein Infanteriebunker südlich davon erstellt. An dieser Stelle befand sich auch das Gros der Flugzeugabwehr.

1944 wurden die 10,5-cm-Kanonen durch die schon vorher geplanten 15-cm-Kanonen ersetzt. Im September des gleichen Jahres waren die vier 15-cm-Kanonen schussbereit. Die praktische Schussweite der 15-cm-Kanonen betrug 23,5 km. Damit konnte im westlichen Sektor das Gebiet bis zu einer Linie von Ulrichen (VS) bis Formazza (I) erreicht werden, im östlichen Sektor dasjenige vom Scopi (Lukmanier) bis zum Pizzo Campo Tencia.
Das Bauende der Anlage war 1945. Die Kosten für das Werk beliefen sich auf rund 10 Mio. Schweizer Franken.
Mit 2,4 km Stollenlänge und über 8000 Quadratmeter Nutzfläche gehört die Anlage zu den grössten ihrer Art im Raum Gotthard.
Im Jahr 1998 wurde das Werk Sasso da Pigna ausser Dienst gestellt.
Infrastruktur
Das Werk ist in zwei Teile gegliedert:
Einrichtungen Teil A: Unterkunft
Haupteingang, Filterraum, Kommandotrakt, Proviantvorrat, Maschinenraum, Sanitätstrakt, Unterkunftstrakt, Verpflegungstrakt, Wasserreservoir
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Feuerleitstelle
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Waschraum der Mannschaft
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Gastüre welche den Unterkunftsteil von der übrigen Anlage trennt
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Motorenraum für die Stromerzeugung
Einrichtungen Teil B: Kampfstand
Geschütz Ost 1 und 2, Filterraum, Maschinengewehrstand 1 und 2, Munitionsmagazin, Unterkunftstrakt, Wasserquelle, Geschütz West 1 und West 2
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Geschützstand mit ausgebauter Kanone
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Munitionsmagazin von aussen (Stollen) gesehen
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Munitionsmagazin in der Innenansicht
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Nebeneingang Ost
Weitere Waffen
- 12 verbunkerte Maschinengewehre
- 6 mobile Maschinengewehre
- 2 verbunkerte 8,1-cm-Minenwerfer
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Maschinengewehrbunker
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Infanteriebunker der Aussenverteidigung: Maschinengewehre flankieren die Scharten der 15-cm-Geschütze
Museum "Sasso San Gottardo": Festungs- und Themenwelt
- Am 25. August 2012 wurde in der Festung Sasso da Pigna die Ausstellung Sasso San Gottardo eröffnet.[2] In der Festung kann die Ausstellung Sasso San Gottardo mit einer Festungs- und Themenwelt besichtigt werden.
Literatur
- Auf hoher Bastion. Geschichte und Geschichten der Gotthardbrigaden. Aktiv-Verlag, Stans 2003, ISBN 3-909191-29-0.
- Über dem Nebel.
Weblinks
- Offizielle Website: Museum und Ausstellung "Sasso San Gottardo" mit Öffnungszeiten
- NZZ vom 3. September 2011: Im Urberg der Schweiz - Die Gotthardfestung Sasso San Gottardo wird 2012 zu neuem Leben erweckt
- NZZ vom 24. August 2012: Sasso San Gottardo - Erlebnisse im Gotthardfels
- Art-TV.ch vom 25. August 2012: Themenwelt Sasso San Gottardo
Einzelnachweise
- ↑ Armasuisse: Militärische Denkmäler im Kanton Tessin
- ↑ http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/erlebnisse-im-gotthardfels-1.17515888
Koordinaten: 46° 33′ 31,4″ N, 8° 33′ 59″ O; CH1903: 686475 / 157003