Operation Althea
| EUFOR/Operation Althea | |
|---|---|
| Einsatzgebiet | Bosnien und Herzegowina |
| Basierend auf UN-Resolution | 1575 (22. November 2004) |
| Weitere UN-Resolutionen | 1639 (31. Oktober 2005) 1722 (21. November 2006) 1785 (21. November 2007) 1845 (20. November 2008) 1869 (25. März 2009) 1895 (18. November 2009) 1948 (18. November 2010) 2019 (16. November 2011) 2074 (14. November 2012) 2123 (12. November 2013) 2183 (11. November 2014) |
| Beginn | 2. Dezember 2004 |
| Einsatzstärke (min.) | 6.300 |
| Kosten | 71,7 Millionen € [1] |
| Lage des Einsatzgebietes | |


Operation Althea ist die Bezeichnung des militärischen Anteils einer EU-Mission im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Die Operation wird als Nachfolgerin der Stabilisierungsmission SFOR seit 2004 in Bosnien-Herzegowina durchgeführt.
Geschichte
Auf dem NATO-Gipfel in Istanbul wurde im Juni 2004 entschieden, die multinationale Stabilisierungsmission SFOR zur Unterstützung und Überwachung der Umsetzung des Dayton-Abkommens in Bosnien-Herzegowina Ende des Jahres 2004 zu beenden. Am 12. Juli 2004 beschloss der Rat der Europäischen Union die Entsendung einer Militärmission als zusätzliche Maßnahme neben den politischen Ansätzen, den Hilfsprogrammen sowie der Polizei- und Beobachtermission.
Ab dem 2. Dezember 2004 begann EUFOR seine bisher größte Mission mit 6.300 Soldaten. Sie hatte somit einen ähnlichen Personalumfang wie SFOR. Das EUFOR-Einsatzgebiet wurde in drei Bereiche eingeteilt. Die Multi-National Task Force (MNTF) North war mit etwa 1.300 Soldaten in Tuzla, die MNTF North West mit ungefähr 1.000 Soldaten in Banja Luka und die MNTF South East mit etwa 1.400 Soldaten in Mostar stationiert. Das EUFOR-Hauptquartier wurde im Camp Butmir, Sarajevo, aufgestellt, gemeinsam mit einer Polizeieinheit, der Integrated Police Unit (IPU), mit etwa 500 Angehörigen. Zusätzlich befanden sich etwa 2.000 Soldaten in Verbindungs- und Beobachtungsgruppen (Liaison and Observation Teams - LOT) in verschiedenen bosnischen Orten.
Im Februar 2007 erfolgte aufgrund der verbesserten Sicherheitslage eine Umstrukturierung und Verringerung der EUFOR-Kräfte auf etwa 2.500 Soldaten. Die drei MNTF wurden aufgelöst und ab 28. März 2007 durch einen Einsatzverband in Bataillonsstärke, das Multinational Maneuver Battalion (MNBN), ersetzt, der mit der IPU im Camp Butmir stationiert ist. Das Einsatzbataillon wurde aus vier Infanteriekompanien und einem Aufklärungszug gebildet. Die Verbindungs- und Beobachtungsgruppen wurden erhalten und durch fünf regionale Koordinierungszentren (Regional Coordination Centres - RCC) in Sarajevo, Tuzla, Banja Luka, Mostar und Zenica unterstützt. Bei Bedarf wurde eine Verstärkung durch Truppen der KFOR und durch Reservekräfte in Europa, den Over the Horizon Forces ausgeplant. Letztere umfassen bis zu vier Bataillone aus Frankreich, Deutschland, Italien und dem Vereinigten Königreich.
Auftrag
Missionsziel
Das Ziel der Operation Althea ist, in enger Abstimmung mit dem EUSR (European Union Special Representative) durch militärische Präsenz zu einem sicheren Umfeld beizutragen, in dem das Dayton-Abkommen umgesetzt werden kann. Gewaltausbrüche der ehemaligen Konfliktparteien sollen verhindert und die nationalen und internationalen Akteuren in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen. Darüber hinaus hat EUFOR zur Ausbildung der bosnischen Streitkräfte und zum Ausbau deren Kapazitäten beizutragen.
Zusätzlich unterstützt EUFOR den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, unter anderem bei der Festnahme von mutmaßlichen Kriegsverbrechern.
Rechtsgrundlage
Bei der Operation Althea handelt es sich um einen Einsatz nach Kapitel VII der VN-Charta. EUFOR handelt unter Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, gemäß den Resolutionen 1575 (2004), 1639 (2005), 1722 (2006), 1785 (2007), 1869 (2009), 1895 (2009), 1948 (2010), 2019 (2011), 2074 (2012), 2123 (2013) und 2183 (2014).
Organisation
Führung
Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) übt politische Kontrolle aus und erteilt strategische Richtlinien in Zusammenarbeit mit dem Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina. Aufgabe des EU-Militärausschusses (EUMC) ist die Überwachung der Ausführung der Mission unter der Verantwortung des Operation Commander.
Mit der NATO wurde eine enge Kooperation und auf Basis des Berlin Plus-Abkommens ein Rückgriff auf deren Kräfte und Fähigkeiten vereinbart. Die Verzahnung wird durch den Einsatz des stellvertretenden NATO-Oberbefehlshabers, dem Deputy Supreme Allied Commander Europe (DSACEUR), als EU Operation Commander deutlich. Zugleich ist das NATO-Hauptquartier (Supreme Headquarters Allied Powers Europe–SHAPE) das für die Operation Althea festgelegte strategische Operation Headquarters.
Bisherige Operation Commander
| Nr. | Land | Dienstgrad | Name | Zeitraum |
|---|---|---|---|---|
| 1 | General | John Reith | 2004 – 2007 | |
| 2 | General | John McColl | 2007 – 2011 | |
| 3 | General | Richard Shirreff | 2011 – 2014 | |
| 4 | General | Adrian Bradshaw | seit 2014 |
Der Befehlshaber der Kräfte vor Ort, der EU Force Commander (COM EUFOR), führt aus dem Hauptquartier (Force Headquarters) im Camp Butmir, Sarajevo.
Bisherige COM EUFOR
| Nr. | Land | Dienstgrad | Name | Zeitraum |
|---|---|---|---|---|
| 1 | Generalmajor | David Leakey | 2004 – 2005 | |
| 2 | Generalmajor | Gian Marco Chiarini | 2005 – 2006 | |
| 3 | Konteradmiral | Hans-Jochen Witthauer | 2006 – 2007 | |
| 4 | Generalmajor | Ignacio Martín Villalaín | 2007 – 2008 | |
| 5 | Generalmajor | Stefano Castagnotto | 2008 – 2009 | |
| 6 | Generalmajor | Bernhard Bair | 2009 – 2011 | |
| 7 | Generalmajor | Robert Brieger | 2011 – 2012 | |
| 8 | Generalmajor | Dieter Heidecker | 2012 - 2014 | |
| 9 | Generalmajor | Johann Luif | seit 2014 |
Beteiligte Nationen
An der Operation Althea sind derzeit ca. 800 Soldaten (nominell 600) aus 22 Nationen beteiligt (Stand Frühjahr 2015)
Spanien 9
Italien 4
Polen 36
Ungarn 45
Deutschland 0
Österreich 321
Bulgarien 10
Frankreich 1
Niederlande 3
Slowakei 35
Rumänien 44
Portugal 0
Finnland 5
Griechenland 2
Irland 7
Slowenien 9
Vereinigtes Königreich 33
Estland 0
Litauen 0
Luxemburg 0
Türkei 234
Chile 15
Schweiz 19
Mazedonien 11
Albanien 1
Beitrag der Bundeswehr
Der Deutsche Bundestag stimmte dem Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Althea[2] am 22. November 2004 zu. Mit ihrem Antrag vom 22. November 2006[3] wurde die Personalobergrenze auf 2.400 Soldaten herabgesetzt. Diese Zahl umfasst 800 mögliche Dienstposten im Einsatzkontingent, 600 Soldaten eines Bataillons der Operativen Reserve, 400 Dienstposten, die bei einem Kontingentwechsel zeitgleich im Einsatzgebiet sein können sowie 600 Soldaten Planungsreserve.
Derzeit liegt der Schwerpunkt der deutschen Beteiligung auf zivil-militärischer Zusammenarbeit und der Bereitstellung von Lufttransportkapazität.
Eine Besonderheit stellte der am 10. März 2006 eröffnete erste ausländische Stützpunkt der BwFuhrparkService GmbH im Feldlager Rajlovac dar. Das Feldlager Rajlovac wurde inzwischen komplett an die bosnische Armee übergeben und es sind hier keine deutschen Soldaten mehr stationiert. Das Büro des BwFuhrparkService befindet sich jetzt in der Nähe des internationalen Flughafen Sarajevo.
Am 24. Juli 2012 wurde bekannt, dass eine Verlängerung des Mandats und somit eine deutsche Beteiligung an der Operation Althea über den 21. November 2012 hinaus nicht beabsichtigt ist.[4] Entsprechend wurde der Einsatz der Bundeswehr am 27. September 2012 durch das letztmalige Niederholen der deutschen Flagge im Camp Butmir beendet. Damit endete nach 17 Jahren der bis dato längste Auslandseinsatz der Bundeswehr.[5]
Politische Dimension
Die Deutsche Bundesregierung sah 2012 die Mission als Eufor Althea unter Führung der EU als überaus erfolgreich an. Polizei und Militär in Bosnien-Herzegowina könnten mittlerweile die Sicherheit selbst gewährleisten. Deutschland hielt die militärischen Aufgaben von Eufor Althea zu diesem Zeitpunkt für erfüllt. Schon seit geraumer Zeit wünschte sich die Bundesregierung eine Entscheidung der EU, den Einsatz ganz zu beenden. Jedoch gab es dazu innerhalb der Europäischen Union keinen Konsens. Zu dem Zeitpunkt hatte die Bundeswehr lediglich 3 Soldaten der damals noch 1200 Mann starken Truppe gestellt.
Gleichwohl wurde der Ausstieg der Deutschen von einigen Verbündeten äußerst kritisch gesehen. Aus Diplomatenkreisen hieß es damals, notwendig seien keine Alleingänge, sondern eine neue Bosnien-Strategie unter dem Dach der UN. Kritisch gesehen wurde der Ansatz, abzuziehen und damit darauf zu drängen, dass alle anderen Nationen ebenfalls abziehen.
Im Sommer 2012 wurde ein Brief des damaligen Außenministers Guido Westerwelle (FDP) und des damaligen Verteidigungsministers Thomas de Maizière (CDU) an die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen bekannt. Darin hieß es, eine Verlängerung des Parlamentsmandats werde nicht angestrebt.
Die "Frankfurter Rundschau" schätze die Lage damals als noch nicht absolut friedlich ein: Rivalitäten zwischen den Volksgruppen des Landes bestünden nach wie vor. Politische Reformen, die wirtschaftliche Entwicklung und die weitere Annäherung an die EU seien auch 2012 noch blockiert.[6]
Literatur
- Wegweiser zur Geschichte: Bosnien-Herzegowina. 2. überarbeitete Auflage. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hrsg. von Agilolf Keßelring. Paderborn, München, Wien, Zürich, Ferdinand Schöningh 2007, 216 S., ISBN 978-3-506-76428-7
- Dominik Tolksdorf: Die EU und Bosnien-Herzegowina. Außenpolitik auf der Suche nach Kohärenz, Baden-Baden 2012. ISBN 978-3-8329-7408-4
Weblinks
- Einstiegsseite Sicherheits- und Verteidigungspolitik beim Rat der Europäischen Union
- Website der EUFOR-Mission für Bosnien-Herzegowina
- Hintergrundinformationen über Bosnien-Herzegowina und den Bundeswehr-Einsatz auf der Bundeswehr-Homepage (PDF, 124kb)
Einzelnachweise
- ↑ EUFOR Fact Sheet. EUFOR, abgerufen am 10. Dezember 2009 (englisch): „The common costs of the operation are € 71.7 million. Personnel and other items are on a "costs lie where they fall" basis.“
- ↑ Bundestagsdrucksache 15/4245 vom 22. November 2004 (PDF, 68kb)
- ↑ Bundestagsdrucksache 16/2521 vom 22. November 2006 (PDF, 60kb)
- ↑ Mitteldeutsche Zeitung: Balkan Bundeswehr zieht sich aus Bosnien-Herzegowina zurück
- ↑ Thomas Kolatzki / Nicole Josephine Griebel: Beteiligung der Bundeswehr am Einsatz in Bosnien und Herzegowina erfolgreich beendet – Deutsche Flagge im Camp Butmir letztmalig niedergeholt. einsatz.bundeswehr.de, 27. September 2012, abgerufen am 5. Oktober 2012.
- ↑ http://www.fr-online.de/politik/ende-des-militaereinsatzes-bundeswehr-kehrt-bosnien-den-ruecken,1472596,16717968.html