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Amokfahrt von Graz 2015

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Einer der Tatorte (Foto von 2003)

Bei der Amokfahrt von Graz am 20. Juni 2015 fuhr ein 26-Jähriger ab 12:15 Uhr[1] mit einem SUV mit hoher Geschwindigkeit, maximal 150 km/h[2] durch die Grazer Innenstadt.

Dabei tötete der Täter innerhalb weniger Minuten drei Menschen und verletzte 34 Personen[3] teilweise schwer.

Tathergang

Die Amokfahrt in der Grazer Innenstadt führte vom Griesplatz über die Zweiglgasse, Grazbachgasse, den Dietrichsteinplatz, die Schlögelgasse, Girardigasse, Hamerlinggasse, Hans-Sachs-Gasse und die Herrengasse zum Hauptplatz bis zur Murgasse und schließlich zur Schmiedgasse, wobei der Fahrer mit seinem grünen SUV vom Typ Daewoo Rexton vorsätzlich Passanten überfuhr. Er erfasste unter anderem eine Fahrradfahrerin. Sie wurde ebenso tödlich verletzt wie zwei weitere Personen, darunter ein vierjähriges Kind. Während seiner Amokfahrt sprang der Fahrer vor einem Supermarkt in der Grazbachgasse aus dem Auto und griff zwei Menschen mit einem Messer an. In der Schmiedgasse beendete er schließlich die Fahrt und konnte von der Polizei festgenommen werden.[4][5]

Über den Täter ist bislang nur bekannt, dass er als Vierjähriger mit den Eltern vor dem Bosnienkrieg nach Österreich geflohen war und nun österreichischer Staatsbürger ist. Er arbeitete als Kraftfahrer und lebte mit Ehefrau und zwei Kindern in Kalsdorf bei Graz.[6] Laut Mitteilung der Polizei bestand ein Begegnungsverbot zu seiner Familie, die sich seit Ende Mai im Ausland aufhält.[7]

Das Motiv ist noch unklar. Der Täter gab bei seiner Festnahme an, sich von „Türken“ verfolgt gefühlt zu haben.[8] Laut Polizei werden politische, religiöse oder extremistische Motive aufgrund der Vorgeschichte des Täters ausgeschlossen.[9][10]

Reaktionen

Ort des Gedenkens in der Herrengasse vor der Grazer Stadtpfarrkirche, 22. Juni 2015

Der neue steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer verurteilte das Geschehene als „abscheuliche Tat, für die es weder eine Erklärung noch eine Entschuldigung gebe.“[11] Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl, der Augenzeuge der Amokfahrt und fast ein Opfer geworden war, bezeichnete das Ereignis als „traurigsten Tag für Graz“.[12]

Der Bischof der Diözese Graz-Seckau Wilhelm Krautwaschl sagte: „Wir können für das keine Worte finden, was heute in der Innenstadt von Graz passiert ist. Stehen wir auch in diesen schweren Stunden zusammen. Unsere Gedanken und Gebete gelten jenen, die von diesem Anschlag betroffen sind und jenen, die helfend vor Ort sind.“[13]

Zum Gedenken wurde am selben Tag eine Gedenkmesse in der Grazer Stadtpfarrkirche gefeiert, an der unter anderem die Spitze der Steiermärkischen Landesregierung, Landtagspräsidentin Bettina Vollath sowie Bischof Krautwaschl und der Apostolische Nuntius Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen teilnahmen.[14] Letzterer war anlässlich einer kirchlichen Jubiläumsfeierlichkeit in Graz und spontan auch zur Gedenkfeier gekommen. Bürgermeister Siegfried Nagl war ebenso anwesend, weiters ein orthodoxer Pfarrer, da es sich bei der bulgarischen Familie des jüngsten Todesopfers der Amokfahrt um orthodoxe Christen handelt.[11] Die Messe wurde von Stadtpfarrpropst Christian Leibnitz gelesen.[12][15] Andere Veranstaltungen wurden abgesagt, etwa ein Vorbereitungsspiel von SK Sturm Graz, der Multikulti-Ball und die Abschiedsgala für die scheidende Schauspieldirektorin des Schauspielhauses Graz, Anna Badora.

Von der Stadt Graz wurde noch am Tag des Geschehens ein Online-Kondolenzbuch eingerichtet.[4][10][16] Im Eindruck der Ereignisse plant die Stadt Graz am 28. Juni 2015 einen Trauermarsch, der die Route der Amokfahrt entlangführt. Dies gab Bürgermeister Nagl am 21. Juni 2015 bekannt.[17]

Der Vorsitzende der FPÖ, Heinz-Christian Strache, sorgte mit folgendem Posting auf Facebook für Aufsehen: „Wahnsinnstat in Graz! Der Täter ist aus Bosnien. Ein religiös begründetes Attentat wird nicht ausgeschlossen.“ Er löschte später die letzten zwei Sätze[18] und unterstellte den Medien und Kommentatoren seiner Facebook-Seite Zensurbestrebungen.[19] Wenig später rechtfertigte sich Strache damit, dass er möglicherweise vorschnell Medienberichte zusammengefasst habe. Die Behauptung, er hätte „aus der abscheulichen Bluttat politisches Kapital schlagen wollen“, ginge völlig ins Leere.[20]

Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner besuchte am 21. Juni 2015 die Tatorte.[21]

Einzelnachweise

  1. Tatzeit lt. Heute.at
  2. ZIB 1 vom 21.6.2015
  3. Tageszeitung "Die Presse", 22.06.2015, Seite 3
  4. a b Ein Todesopfer war frisch verheiratet, kleinezeitung.at, abgerufen am 21. Juni 2015.
  5. Amokfahrt in Graz: Drei Erwachsene noch in kritischem Zustand. In: salzburg.com, abgerufen am 21. Juni 2015.
  6. "Nicht nur Graz ist geschockt, sondern Kalsdorf auch". In: kleinezeitung.at, abgerufen am 21. Juni 2015.
  7. Pressebericht mit Tatortkarte. In: BR-Online.
  8. Nach Amokfahrt: Graz verstärkt Hilfsangebote. In: Der Standard, 21. Juni 2015.
  9. Amokfahrt in Graz: Drei Tote und 34 Verletzte. In: diepresse.com, abgerufen am 20. Juni 2015.
  10. a b Drei Menschen ringen noch mit dem Tod. In: orf.at, abgerufen am 21. Juni 2015.
  11. a b „Amokfahrt durch Grazer Innenstadt“ derstandard.at, abgerufen am 20. Juni 2015.
  12. a b „Amokfahrt in Graz: Drei Tote in Grazer Innenstadt“ derstandard.at, abgerufen am 20. Juni 2015.
  13. Gedenkfeier für Tote und Verletzte nach Amoklauf in Graz, abgerufen am 21. Juni 2015.
  14. Rund 500 Menschen bei Gedenkfeier, diepresse.com, abgerufen am 21. Juni 2015.
  15. Gedenkfeier: 600 Menschen in Stadtpfarrkirche, kleinezeitung.at, abgerufen am 21. Juni 2015.
  16. Graz trauert. Online-Kondolenzbuch der Stadt Graz, graz.at, abgerufen am 21. Juni 2015.
  17. Graz plant Trauerzug durch Stadt, kleinezeitung.at, abgerufen am 21. Juni 2015.
  18. Strache empört mit Facebook-Posting, futurezone.at, abgerufen am 21. Juni 2015.
  19. Archivierte Version von Straches Facebook-Seite
  20. Strache rechtfertigt sich für sein Posting auf orf.at, abgerufen am 22. Juni 2015.
  21. Mikl-Leitner: "Innenstadt von Graz offene Wunde", kleinezeitung.at vom 21. Juni 2015, abgerufen am 22. Juni 2015.