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Benutzer:PSHD/MoralHazard

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Bei einem Moral Hazard (engl.wörtlich moralisches Risiko), auch als subjektives Risiko oder moralische Versuchung bezeichnet, nutzt ein Akteur absichtlich seinen Versicherungsschutz aus, um durch leichtsinniges verantwortungsloses Handeln einen Vorteil zu erlangen. Durch den Versicherungsschutz entsteht eine Risikoumverteilung von der einzelnen handelnden Person auf ein Kollektiv. Dieser Akteur ist somit von der eigenen Haftung befreit.[1] Unvollständige Informationen der Beteiligten erhöhen den Anreiz zu einem Moral Hazard.[2] Ursprünglich ein Begriff aus der Versicherungswissenschaft, wird er heute auch im weiteren Sinne ökonomisch verwendet.


Enstehung von Moral Hazard

  • Ein Moral Hazard droht, wenn es keine Möglichkeit gibt, den Handelnden für sein Verhalten zur Verwantwortung zu ziehen. Ökonomisch spricht man hier von hidden action und einer fehlenden Beobachtbarkeit. Typische Beispiele sind Prinzipal-Agent Beziehungen. Der Prinzipal kann nur auf Grund des Ergebnisses auf die Handlung des Agenten schließen, sie aber nicht direket Beobachten.[3] Durch die hier fehlende Möglichkeit, den Agenten haftend zu machen erhöht das die Anreize des Agenten sich opportunistisch zu verhalten. Der Agent kann ohne eigenes Riskio handeln um selbst den größten Nutzen aus der Beziehung zu ziehen. Das Risiko bleibt bei dem Prinzipal. Ein praxisnahes Beispiel ist die Autoversicherung (siehe 6.1)
  • Eine weitere Möglichkeit zur Entstehung von Moral Hazard wird durch unvollständige oder verstecke Informationen hidden information begünstigt. Hier ist der Prinzipal zwar in der Lage, den Agenten direkt zu beobachten, aber auf Grund der Informationsasymetrien ist er nicht in der Lage die Handlung richtig zu beurteilen. Ein praxisnahes Beispiel hierfür ist der Autoverkäufer.

Moral Hazard in Teamarbeit

In einer Situation mit Teamarbeit kann die Gesamtausbringung des Teams von einer unabhängigen Dritten Seite beobachtet werden. Diese Dritte Partei kann allerdings nur das Gesamtergebnis sehen und nicht die Anstrengung der einzelnen Teammitglieder. Die Teamarbeit profitiert einerseits durch Arbeitsteilung und Spezialiserung, wodurch ein höherer Output entsteht als durch Einzelarbeit. Nachteil der Teamarbeit ist die durch Arbeitsteilung entstehnende Abhändigkeit unter den Mitgliedern. Da die individuelle Leistung der Mitglieder nicht beobachtet und somit nicht verifiziert werden kann, fließen alle Gewinne aus dem Einsatz der einzelnen Mitglieder zurück an das Team als Einheit. Erst jetzt kann der Gewinn auf die einzelnen Mitglieder verteilt werden, wobei jeder nur einen Teil seiner erbrachten Leistung bekommt. Die Kosten im Team für Mühe, Anstrengung, Sorgfalt usw. muss jedes Mitglied selbst tragen. Dies erzeugt den Anreiz seine eigene Leistung zu minimieren, um stärker von der Leistung der anderen Teammitglieder zu profitieren. Hier wurde der Anreiz der moralischen Versuchung des Trittbrettfahrens geschaffen. Weil alle Teammitglieder den Anreiz des Triffbrettfahrens haben, sinkt die Teamleisung stark ab. Durch das opportunistische Verhalten der Einzelnen schaden die Teammitglieder sich direkt und wechselseitig. Dieses „unmoralische Verhalten” wird in der Agency-Theorie als moralisches Wagnis in Teams bezeichnet.[4]

Investoren-Moral-Hazard

Auch hier beschreibt Moral Hazard den geringen Anreiz, den Schadensfall zu verhindern, wenn ein Risiko versichert ist. Gibt es eine Bailout-Garantie, die als Versicherung für eine Investition dient, so schafft man den Anreiz, riskioreiche Investitionen durch zu führen. Ein passendes Beispiel ist der deutsche Föderalstaat. Der Investoren-Moral-Hazard hat zur Folge, dass die Kreditwürdigkeit eines Landes nicht mehr hinreichend geprüft wird. Trotz unterschiedlich hohem Ausfallrisiko werden die Länder gleich behandelt. Zusätzlich haftet der Bund für die Länder, was wie eine Versicherung für den Schuldner und den Invesor wirkt. Treten Schwierigkeiten bei der Zurückzahlung der Schulden auf, tritt der Bund an stelle des Schuldners und somit ergeben sie keine negativen Konsequenzen, weder für den Investor in Form von Zahlungsausfall noch für das Land in Form von Kreditrationierung. Diese Bailout-Garantie hat somit auch ein Schuldner-Moral-Hazard geschaffen.[5]

Schuldner-Moral-Hazard

In diesem Modell betrachten wir einen Unternehmer, der mit Hilfe eines Kreditgebers ein Unternehmen gründen möchte. Der Unternehmer kann viele Anreize haben, nicht im Interesse des Gläubigers zu handeln. der Unternehmer könnte einen Teil der Kreditsumme sofort in Konsumausgaben (hidden action) nutzen. Außerdem könnte er sein unternehmerisches Projekt nicht mit dem am Anfang gezeigten Ehrgeiz verfolgen. (hidden information). Durch die anhaltende Gefahr von beidem ensteht in diesem Beispiel ein Schuldner-Moral-Hazard.

Lösung von Moral-Hazard-Problems am Beispiel Modell Kreditmarkt

Für die mathematische Lösung eines Moral Hazard Problems ist die Einführung eines Modells nötig. Ziel des Modells ist Moral Hazard zu vermeiden und auf zuzeigen wie das durch passende Anreize verwirklicht werden kann.

Für das Modell wird von einer Bevölkerung mit Anfangsvermögen ausgegangen. Bei einer Investition entsteht pro Geldeinheit ein Ertag in Höhe von . Ein Individuum der Bevölkerung startet eine Investition . Bei dieser riskaten Investition entsteht entweder ein Ertrag von 0 oder ein Ertrag . Wenn sich der Investor anstregt, kann er die Erfolgswahrscheinlichkeit von auf steigern. Die Kosten für seine Anstrengung betragen

Außerdem nehmen wir an, dass sich Anstrengung lohnt. . Damit der Untnernehmer das Projekt durchführen kann benötigt er Geld. Dazu muss er einen Kredit in Höhe von aufnehmen. Der Unternehmer wird durch eine Haftungsbeschränkung geschützt, so dass er kein Negatives Einkommen hat. Das erweckt vorerst den Anschein die Anreizproblematik von Moral Hazard zu verstärken, aber wir werden sehen, wie sich das verändert wenn wir später die Haftungsbeschränlung aufheben bzw. verringern. Wie im [Prinzipal-Agent]-Fall ist dir Anstrengung nicht beobachtbar sondern es kann nur rückwerts, vom Ergebnis darauf geschlossen werden.

Die Erträge des Unternehmers werden mit und bezeichnet. Der Unternehmer möchte seinen Ertag optimieren und somit ergibt sich folgendes Maximierungsproblem:


unter den Nebenbedingungen:

Fehler beim Parsen (Unbekannte Funktion „\pE“): {\displaystyle \pE_Y + (1-p)E_0 - B >= qE_Y + (1-q)E_0}

Beispiele für Moral Hazard

Versicherungen

  • Autofahrer fahren nach Abschluss einer Versicherung leichtsinniger, weil ein eventueller Schaden durch die Versicherung gedeckt würde. Eine Lösungsmöglichkeit liegt in einer hohen Selbstbeteiligung oder Selbstbehalt, durch die das Risiko für die Versicherung vermindert, andererseits aber auch der Schutz durch die Versicherung für den Versicherungsnehmer reduziert wird (Zielkonflikt).

Sozialleistungen

  • Ein Empfänger von Sozialleistungen (Hartz-IV, Arbeitslosen- oder Behindertengeld) wird für das Annehmen einer prekären Arbeit bestraft, wenn durch (bescheidenen) wirtschaftlichen Aufstieg die Sozialleistungen zuerst reduziert werden und im erneuten Falle der Bedürftigkeit (z. B. Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Unfall) das Einkommen aus Lohnarbeit früher sinkt, als die Unterstützung durch Sozialleistung reaktiviert wird. Das Einkommen, inklusive Sozialleistungen, kann durch das Abwarten verschiedener Fristen in der Summe im Fall der vorübergehenden Erwerbsarbeit kleiner sein als bei kontinuierlichem Bezug. Der Konflikt kann durch Berechnung von Sozialleistungen auf langfristiger Grundlage (bei unterschiedlicher Bewertung der Fälle von Neubezug bzw. Wiederbezug) sowie schnelles und unkompliziertes Vorgehen bei der Reaktivierung von Sozialleistungen entschärft werden.

Beamtentum

  • Es gibt die Vermutung, dass die Leistungsbereitschaft von Beamten geringer ist, weil wegen Unkündbarkeit und gesicherter Pensions-Ansprüche geringere Leistungsbereitschaft kein Risiko für die Beamten bedeutet. Eine mögliche Gegenthese wäre, dass mit den „Beamtenprivilegien” besondere Leistungen entlohnt werden (z. B. durch Zulagen), wie etwa besondere Treue zum Staat oder Verfassungstreue, Verbot von Streiks und Ähnliches. Derartige Überlegungen gelten auch bei beamtenähnlichen Arbeitsverhältnissen etwa in großen Firmen.

Wirtschaftskrisen

  • Bei Wirtschaftskrisen einzelner Staaten oder großer Unternehmen (Too Big to Fail) sehen sich die internationalen Institutionen und die großen Industriestaaten gezwungen, mit Geld auszuhelfen, damit der einzelne Staat oder das Großunternehmen nicht die ganze Wirtschaft mit sich reißt (Lender of last resort). Dies kann zu risikoreichem Verhalten einzelner Regierungen und von Großunternehmen führen, die darauf vertrauen, dass ihnen notfalls geholfen werden muss. Wenn Unternehmen durch fehlende Haftung für Verluste und gleichzeitiger völliger Beteiligung an Gewinnen zu risikoreichen Verhalten motiviert werden, kann auch vom Risikoanreizproblem gesprochen werden.

Aktien-Kursverfall

  • Greenspan-Put: Ein allgemeiner Verfall der Aktienkurse kann schwerwiegend die Investitionstätigkeit beeinträchtigen und eine Wirtschaftskrise auslösen. Als Gegenmaßnahme kann die Zentralbank Aktien im Crash-Falle aufkaufen, um eine Ausweitung des Wertezerfalls zu verhindern. In Folge davon liegen die Aktienkurse höher, weil sich die Aktienhändler auf einen solchen Eingriff der Zentralbank im Notfall verlassen. Diese mutmaßliche Garantie durch die Zentralbank gegen einen allgemeinen Aktienkursverfall wird nach dem ehemaligen US-Zentralbank-Chef Alan Greenspan und nach den normalen Absicherungsgeschäften gegen Kursverfall, den Put-Optionen, Greenspan-Put genannt. [6]

Gesundheitssystem

  • Beim Versicherungsschutz in westlichen Gesundheitssystemen besteht für Versicherte durch das Auseinanderfallen von Handlung und Haftung ein geringerer Anreiz, risikoreiche Freizeitbeschäftigungen oder ungesunde Lebensweise einzuschränken, da im Bedarfsfall die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung für die Behandlungskosten aufkommt. In der Gesundheitsökonomie wird dieses als Ex-Ante-Moral-Hazard bezeichnet. – Mögliche Gegenmaßnahmen: Kostenbeteiligungen in verschiedener Form, nach Krankheitsrisiko differenzierte Versicherungsprämien.
  • Da die Kosten bei der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen keine Rolle spielen, besteht die Gefahr, dass Patienten zu viele Leistungen nachfragen, auch solche, die nur sehr wenig oder überhaupt nichts nützen. Die entstehenden Kosten werden von der Allgemeinheit getragen und verteuern das Gesamtsystem. In diesem Fall wird in der Gesundheitsökonomie von Ex-Post-Moral-Hazard gesprochen. – Mögliche Gegenmaßnahmen: Praxisgebühren oder andere Kostenbeteiligungen, Karenztage.
  • Der Moral Hazard tritt aber auch bei den Behandlern, z. B. den Ärzten, auf: Weil die Kosten der Behandlung nicht vom Patienten direkt, sondern von seiner Versicherung bezahlt werden, kommt der Behandler in Versuchung, überflüssige und/oder zu teure Behandlungen vorzunehmen. – Mögliche Gegenmaßnahme: Die Ärzte werden nicht mehr für jede verschriebene Leistung vergütet, sondern durch ein Pauschalvergütungsmodell (Fallpauschale und Sonderentgelt, Capitation).

Literatur

  • Mankiw: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre. Band 631 (weiterführend)
  • Malcolm Gladwell: The Moral-Hazard Myth.
  • Arnold Picot: Die grenzenlose Unternehmung. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 2003.
  • Arnold Picot: Organisation – eine ökonomische Perspektive. 2005
  • Guntram B. Wolff: Schuldenanstieg und Haftungsausschuss im deutschen Föderalstaat: Zur Rolle des Moral Hazard ,Institute for Monetary and Financial Stabiliy Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Working Paper Series NO.14 2007

Einzelnachweise

  1. http://www.onpulson.de/lexikon/moral-hazard/
  2. http://economictimes.indiatimes.com/definition/moral-hazard
  3. Bengt Hölmstrom: Moral Hazard and Observability, The Bell Journal of Economics Vol. 10, No. 1 (Spring, 1979), pp. 74-91
  4. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/12619/moralisches-wagnis-in-teams-v7.html
  5. Guntram B. Wolff: Schuldenanstieg und Haftungsausschuss im deutschen Föderalstaat: Zur Rolle des Moral Hazard, S.1-3
  6. Zum Moral Hazard bei Rettungsaktionen durch die Zentralbanken vgl. Gerhard Illing: Die Liquiditätskrise sieht in den Vereinigten Staaten düsterer als in Europa aus. FAZ, 16. August 2007, S. 19.