Sōka Gakkai
Sōka Gakkai (jap. 創価学会, Gesellschaft zur Schaffung von Werten) ist der Name einer aus der Nichiren-Shōshū, einer Schule der Nichiren-Bewegung, hervorgegangenen neureligiösen Erscheinung des japanischen Buddhismus. Anders als die anderen Nichiren-Schulen ist die Sōka Gakkai eine reine Laienbewegung.
Sie wurde ursprünglich 1930 durch den Pädagogen Tsunesaburo Makiguchi unter dem Namen Sōka Kyoiku Gakkai (Werteschaffende Erziehungsgemeinschaft) gegründet. Im buddhismusfeindlichen politischen Klima des japanischen Faschismus wurde sie während des Zweiten Weltkriegs verboten. Makiguchi und sein Nachfolger Josei Toda, die nicht bereit waren, die buddhistischen Grundkonzepte der Gewaltlosigkeit zugunsten des Shintoismus aufzugeben, wurden wegen „kriegsfeindlichen Aktivitäten“ inhaftiert, Makiguchi verstarb in der Haft. Ab 1945 wurde die Sōka Gakkai unter der Leitung von Josei Toda wieder aktiv.
Die als Laiengemeinschaft organisierte Gemeinschaft verehrt Nichiren als den "Buddha der Sonne" und seine Kommentare zum Lotus-Sutra (jap. Hokke-kyō, 法華経) als den höchsten Ausdruck der buddhistischen Botschaft. Während Nichiren zunächst das Studium des Lotos-Sutra und die strikte Hinwendung zu diesem Sutra forderte und sich erst während seines Exils in diversen Briefen an seine Unterstützer und Förderer die Frage stellte, ob er möglicherweise der angekündigte Buddha der Neuzeit sei, entfernt sich die Laienorganisation von dessen Lehren, durch eine neue Abstraktionsebene und nimmt buddhistische Lehren nur noch durch die überlieferten Aussagen Nichirens wahr. Das Studium des Lotus-Sutra selbst wird heute kaum mehr betrieben, allenfalls werden die Erläuterungen des jeweiligen Präsidenten der SGI besprochen. Die Sōka Gakkai International, die weltweite Bewegung, ist streng hierarchisch organisiert und mündet der japanischen Zentrale. Der Religionsstifter Shakyamuni, wird als der historische Buddha, oder der "Buddha des Mondes" bezeichnet. Altbuddhistische Lehren, spielen also auch in diesem japanischen Buddhismus eine untergeordnete Rolle. Ihre zentrale religiöse Übung ist, wie in allen Nichiren-buddhistischen Richtungen, die wiederholte Rezitation (Chanten) der Formel Namu Myōhō Renge Kyō. Myōhō Renge Kyō ist die japanische Aussprache des Titels der chinesischen Übersetzung des Lotos-Sutras. Namu ist aus dem Sanskrit und bedeutet wörtlich Widmung. Myōhō steht für das mystische Gesetz, Renge für die Lotos-Blume und Kyō bedeutet wörtlich übersetzt Sutra (Lehre). Der Gohonzon, eine Schriftrolle, verkörpert dieses Gesetz in Form eines Mandalas und wird beim Chanten als „Spiegel“ für die eigene Persönlichkeit genutzt. Durch das Chanten soll die im Menschen existierende Buddhanatur manifestiert werden. Andere Nichiren-buddhistische Richtungen, etwa die Bewegung von Nikkyo Niwano und das Berufs-Priesterum, werden strikt abgelehnt.
Die Sōka Gakkai zielt in ihrer ausgeprägten Diesseitsorientierung auf Frieden, Wohlstand, Gesundheit und persönliches Glück der Menschen. Diese Diesseitsorientierung entspringt dem buddhistischen Verständnis, dass religiöse Ausübung eine ganzheitliche Verbundenheit mit allen weltlichen Phänomenen bewirkt und im Weltlichen das Transzendente erfahrbar macht. Die Sōka Gakkai verbuchte in ihrer noch kurzen Geschichte einen in der Religionsgeschichte einmaligen Aufwärtstrend und zählt gegenwärtig etwas mehr als 8 Millionen Haushalte (= verteilte Gohonzon). Sie ist damit die größte religiöse Organisation in Japan. Die Gemeinschaft ist auch in Übersee vertreten, z. B. in den USA, in Lateinamerika, im übrigen Asien und in Europa.
Charakteristisch für die Sōka Gakkai ist ihre betonte Weltzuwendung und ihr Engagement auch in der Politik. Die Kōmeitō (jap. 公明党, dt. Partei für Saubere Politik), eine der größeren politischen Parteien Japans, ist aus der Sōka Gakkai hervorgegangen. Seit 1970 darf zwischen Komeito und Soka Gakkai keine Ämterkumulation stattfinden, jedoch hat die Soka Gakkai nach wie vor einen erheblichen Einfluss auf die Programmatik und Personalpolitik der Partei. In dieser Hinsicht lässt sich sagen, dass sie auch politisch aktiv ist. Jedoch wird bei Wahlen kein Druck auf SG-Mitglieder ausgeübt, die Komeito zu wählen
Im November 1991 hat die „Mutterorganisation“ der Sōka Gakkai, die inzwischen wesentlich kleinere, priesterlich organisierte Nichiren-Shōshū die SG exkommuniziert und offiziell zur Auflösung aufgefordert; diesem Vorgang war ein jahrelanger zermürbender Streit vorausgegangen. Die SG war bis dahin offiziell ein Laienverein innerhalb der Nichiren-Shōshū.
Die 1975 gegründete Sōka Gakkai International (SGI) ist seit 1983 als Nichtregierungsorganisation (NGO) Mitglied der Vereinten Nationen. Sie hat beratenden Status im UN Economic and Social Council (ECOSOC) und seit 1989 in der UNESCO. Der ehemalige Sōka-Gakkai-Präsident und derzeitige Präsident der SGI Daisaku Ikeda erhielt für seine jährlichen Friedensvorschläge 1983 den Friedenspreis der Vereinten Nationen.
Die SGI in Deutschland besteht seit 1970 und hat nach eigenen Angaben derzeit rund 3500 praktizierende Mitglieder. Seit 1986 befindet sich die Zentrale der SGI-D in Mörfelden-Walldorf bei Frankfurt am Main. In Bingen am Rhein besteht außerdem seit 1997 das Kulturzentrum der SGI-D Villa Sachsen.
Kontroversen
SGI (Sōka Gakkai International) sowie die japanische politische Abspaltung Koumeitou sind nicht unumstritten. SGI wird von Kritikern als so genannte Sekte bezeichnet und ihr wird mitunter vorgeworfen, aktive Einschüchterung bei ihren Mitgliedern vorzunehmen; ähnlich wie es bei bekannten Sekten wie Scientology der Fall sein soll. SGI distanziert sich von solchen Methoden. Auch der Stellenwert, den Geld innerhalb dieser Nichiren-Auslegung des Buddhismus gewinnt, sei laut SGI-Gegnern problematisch.
Weblinks
zu Sōka Gakkai Deutschland
zu Sōka Gakkai Österreich
zu Sōka Gakkai Schweiz
Kritischer Link
- MOVEMENTS IN BRITISH BUDDHISM by Ken Jones (A founder and the present secretary of the UK Network of Engaged Buddhists)