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Todesfall Tanja Gräff

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Der Fall Tanja Gräff ist ein bislang ungeklärter Todesfall. Die deutsche Studentin Tanja Gräff (* 23. Dezember 1985 in Trier; † frühstens 7. Juni 2007 vermutlich in Trier) galt nach ihrem überraschenden Verschwinden in den frühen Morgenstunden des 7. Juni 2007 nach einem Sommerfest der Fachhochschule Trier jahrelang als vermisst. Am 11. Mai 2015 wurden ihre sterblichen Überreste in Trier-Pallien unweit des Hochschulgeländes aufgefunden. Die Polizei geht davon aus, dass sie Opfer eines Gewaltverbrechens wurde, aber auch ein Unfall wird nicht ausgeschlossen.

Rekonstruktion der Ereignisse in der Nacht

Am späten Abend des 6. Juni 2007 besuchte Tanja Gräff, eine Lehramtsstudentin, mit befreundeten Kommilitonen eine Studentenparty an der FH Trier. Bei ungefähr 10.000 Besuchern verloren sich die Freunde jedoch nach und nach aus den Augen. Gegen 3:30 Uhr wurde Gräff von einem Bekannten in der Nähe der Bühne gesehen, der sie fragte, ob sie sich mit ihm auf den Heimweg machen möchte. Ein unbekannter, etwa 1,80 m großer Mann soll sich eingemischt und gemeint haben, er solle „Tanja in Ruhe“ lassen. Da Tanja Gräff nach Aussage des Freundes keinen ungewöhnlichen Eindruck machte und den Mann zu kennen schien, brach er anschließend allein auf.

Gegen 4 Uhr wurde sie auf dem Parkplatz der FH von mehreren Zeugen gesehen. Diese berichteten übereinstimmend, dass sich Tanja Gräff telefonisch mit einem Bekannten in der Innenstadt verabredet habe. Anschließend soll sie in die Runde gefragt haben, wie man um diese Zeit noch zum Nikolaus-Koch-Platz in der Innenstadt von Trier kommen könne. Auch diesen Personen fiel nichts Ungewöhnliches am Verhalten Tanjas auf. An einen Begleiter konnten sie sich nicht erinnern. Um 4:13 Uhr telefonierte Tanja Gräff zum letzten Mal mit einem Bekannten in der Innenstadt vom FH-Gelände aus.[1] Nach diesem Telefonat ist der weitere Verbleib von Tanja Gräff unklar, mit ihren Bekannten am Nikolaus-Koch-Platz traf sie sich nach deren Aussagen nicht.

Hinweise

Ein Anwohner an einem Parkplatz der stillgelegten Trierer Kabinenbahn unweit des FH-Geländes sagte aus, um 4:30 Uhr von einem lauten, panischen Frauenschrei geweckt worden zu sein. Eine Wegstreckenberechnung belegte, dass sich Tanja Gräff zu diesem Zeitpunkt dort aufgehalten haben könnte.

Eine Gruppe von Zeugen gab an, zwischen 5 Uhr und 5:30 Uhr auf einem Fußweg eine Frau, die in ihrem Aussehen Tanja Gräff ähnelte, im Streit mit einem Mann gesehen zu haben. Zur selben Zeit will ein Veranstaltungshelfer, der mit dem Abbau von Sperrzäunen beschäftigt war, an einer anderen Stelle des Geländes eine ähnliche Beobachtung gemacht haben. Er sagte aus, einen Streit zwischen einer Frau, die ebenfalls Tanja Gräff gewesen sein könnte, und einem dunkelhaarigen Mann beobachtet zu haben. Der Mann habe demnach auf die Frau eingeredet, während diese gesagt haben soll, er solle sie „nicht anpacken“, sie wolle „nur noch nach Hause“. Eine Gruppe Jugendlicher sei dann auf den Streit aufmerksam geworden. Zwei Männer der Gruppe seien zu dem Paar gegangen, woraufhin sich der Mann entfernt haben soll. Etwa 10 Minuten später will der Veranstaltungshelfer durch das heruntergekurbelte Beifahrerfenster am Steuer eines blauen Peugeot 307 den Mann das Gelände verlassen haben sehen. Das Kennzeichen bestand nach der Aussage des Zeugen aus schwarzen Ziffern auf gelbem Grund.

Fahndung

Nachdem Tanja Gräff zwei Tage lang verschwunden blieb, leitete die Polizei eine Großfahndung ein.[2][3] Ein freiwilliges Absetzen galt von Beginn an als unwahrscheinlich, da sie als sehr zuverlässig beschrieben wurde und konkrete Zukunftspläne hatte. Die Umstände – sie führte kaum Bargeld, keine zusätzliche Bekleidung oder ähnliches Gepäck mit – sowie die lange Dauer des Verschwindens ließen ein freiwilliges Untertauchen ausschließen. Mehrmals wurden das gesamte umliegende Gebiet sowie angrenzende Abschnitte der Mosel und mehrere Baggerseen intensiv durchsucht, allerdings ohne Hinweise auf einen Verbleib von Tanja Gräff zu finden. Freunde und die Eltern von Tanja wandten sich an die Medien und traten in verschiedenen Sendungen auf. Mehr als 6.000 Fotos, die auf der Party entstanden, wurden von den Beamten ausgewertet, jedoch konnte Tanja Gräff auf keinem entdeckt werden. Die Überprüfung des Computers von Tanja Gräff ergab ebenfalls keine Hinweise. Ihr Handy wurde zuletzt an jenem 7. Juni 2007 um 4:13 Uhr auf dem FH-Gelände geortet, als sie mit einem Bekannten in der Innenstadt telefonierte; seitdem ist es abgeschaltet (und wurde im Mai 2015 bei den sterblichen Überresten gefunden). Der Fahrer des blauen Peugeot konnte bisher nicht identifiziert werden. Auch Mitglieder der Gruppe, die den Streit zwischen dem Paar schlichteten und als wichtige Zeugen gesucht werden, haben sich nicht bei der Polizei gemeldet.

Da sich keinerlei neue Spuren ergaben, wurde die Sonderkommission FH der Polizei im Januar 2009 aufgelöst. Von Herbst 2010 bis November 2011 befasste sich nochmals eine dreiköpfige Ermittlergruppe mit dem Fall. Der aufgekommene Verdacht, der belgische Serienmörder Ronald Janssen könnte etwas mit dem Fall zu tun haben, erhärtete sich aber nicht. Ein Zeuge berichtete, am 9. Juni 2007 – also zwei Tage nach dem Verschwinden – gegen Mitternacht in Homburg einen Mann beobachtet zu haben, der eine weinende Frau über die Schultern zu einem weißen Peugeot Kombi trug.[4] Auch hier ergaben sich allerdings keine weiteren Anhaltspunkte. Eine Vorstellung des Falls in der Sendung Aktenzeichen XY … ungelöst am 30. März 2011 lieferte ebenfalls keine neuen Erkenntnisse.[5][6] Bei allen Suchbemühungen wurde weder ein Tatort noch Gegenstände, die Tanja Gräff in der Tatnacht bei sich trug (darunter eine markante Stofftasche), entdeckt. Erschwerend kamen die vagen Aussagen der in der Tatnacht größtenteils alkoholisierten Zeugen hinzu, die die Erstellung eines Fahndungsbilds nicht erlaubten.

Am 27. Januar 2015 erhob ein pensionierter Kriminalbeamter des Polizeipräsidiums Trier und ehemaliges Mitglied der im Fall ermittelnden Soko Vorwürfe gegen Polizei und Staatsanwaltschaft. Es bestünden nach wie vor zahlreiche ungeklärte Sachverhalte. So seien Spuren, sowohl mit Blick auf die Kabinenbahn, als auch auf Tanja Gräffs erweiterten Bekanntenkreis, nur unzureichend ermittelt worden. Wichtige Ermittlungen würden seit vier Jahren von den Verantwortlichen verzögert und blockiert.[7]

Für Hinweise, die zur Klärung des Falles führen, wurde eine Belohnung von 30.000 Euro ausgesetzt.

Fund der sterblichen Überreste

Oberhalb dieser knapp 50 Meter hohen Felskante aus Buntsandstein liegt die Hochschule Trier. Der Fundort liegt ca. 400 Meter rechts der Aufnahme in dem schwer zugänglichen Gelände der Abbruchkante.

Bei Rodungsarbeiten auf einem schwer zugänglichen Gelände am Fuß eines Steilhanges in Trier-Pallien Welt-Icon wurden am 11. Mai 2015 sterbliche Überreste, ihr Studentenausweis sowie Bekleidung, Schmuckstücke und ein Handy gefunden.[8][9] Am 12. Mai 2015 wurde die Identität Tanja Gräffs von Polizei und Staatsanwaltschaft in einer Pressekonferenz offiziell bestätigt, die Identifizierung erfolgte anhand des Gebisses. Die genaue Todesursache und die Umstände, unter denen Tanja Gräff zu Tode kam, sind jedoch weiterhin unklar.[10]

In der Öffentlichkeit wurde nach dem Fund Kritik an der damaligen Suche der Polizei laut, Polizeisprecher und die Trierer Staatsanwaltschaft verwiesen jedoch auf das bis vor kurzem mit Bäumen und Gestrüpp völlig zugewachsene und daher selbst für Suchhunde absolut unzugängliche Gelände. Zudem sei der Einsatz von Wärmebildkameras durch ein von der Sommerhitze stark aufgeheiztes Dach in der Nähe nicht möglich gewesen.[11]

Einzelnachweise

  1. Suche nach Tanja Gräff: Die Eltern geben nicht auf. Trierischer Volksfreund, 31. März 2011, abgerufen am 12. April 2012.
  2. Ein schlimmer Verdacht. Süddeutsche Zeitung, 19. Juni 2007, abgerufen am 12. April 2012.
  3. Wo ist Tanja Gräff? Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Juni 2007, abgerufen am 12. April 2012.
  4. Spur im Fall der vermissten Tanja Gräff führt nach Homburg. Saarbrücker Zeitung, 5. Juni 2010, abgerufen am 12. April 2012.
  5. Trotz Drohnen-Einsatz: Schicksal von Tanja Gräff bleibt ungeklärt. Rhein-Zeitung, 29. März 2011, abgerufen am 12. April 2012.
  6. Wenig Hoffnung auf Spuren im Fall Tanja Gräff. Der Westen (Portal der WAZ Gruppe), 10. November 2011, abgerufen am 12. April 2012.
  7. Zum Artikel „Tanja Gräffs Mutter erhebt schwere Vorwürfe gegen Trierer Polizei“ (TV vom 8. Dezember). Volksfreund (Ressort: Leserbriefe), 27. Januar 2015, abgerufen am 29. Januar 2015.
  8. Menschliche Überreste gefunden. Gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Trier und des Polizeipräsidiums Trier, 11. Mai 2015.
  9. Freund von Tanja Gräff: "Jetzt ist es einfach zu sagen, man hätte sie finden müssen". (HTML) FOCUS Online, 12. Mai 2015, abgerufen am 16. Mai 2015.
  10. Vermisste Studentin. Wie starb Tanja Gräff? In: FAZ.net. 12. Mai 2015, abgerufen am 12. Mai 2015.
  11. http://www.stern.de/tv/sterntv/seit-acht-jahren-verschwunden-stern-tv-berichtet-ueber-den-fund-der-vermissten-studentin-tanja-graeff-2193440.html