Sei ein Ring (mit , aber nicht notwendigerweise kommutativ). Sei ein -Rechtsmodul und ein -Linksmodul. Das Tensorprodukt [1] über ist definiert durch eine abelsche Gruppe
Zu jeder abelschen Gruppe und jeder -bilinearen Abbildung
mit der zusätzlichen Eigenschaft
(3g)
gibt es einen Gruppen-Homomorphismus
mit
und dieser ist eindeutig bestimmt.
Diese universelle Eigenschaft definiert ein bis auf Isomorphie eindeutig bestimmtes Tensorprodukt, und wird die kanonische (vermittelnde) bilineare Abbildung des Tensorprodukts genannt.[2]
Bemerkungen
Aus (1g) folgt, dass jedes wegen auf das neutrale Element abgebildet wird; analog aus (2g).
Die Schrumpfung der R-Bilinearität bei der Skalarmultiplikation von
(3ag)
(3bg)
zur Bedingung (3g) wirkt sich hauptsächlich bei nichtkommutativen Ringen R aus, da gemäß Abschnitt Konstruktion als R-Modul bei kommutativem R die R-Modul-Struktur und die volle R-Bilinearität nachträglich wieder hergestellt werden kann.
In einem nichtkommutativen Ring R gibt es jedoch sicherlich ein Paar , für das ist. Dann ist für beliebige
,
d. h. . Für viele Ringe, bspw. für alle Ringe, in denen es ein links-invertierbares gibt, sind alle R-bilinearen von vorne herein trivial. Um also auch bei nichtkommutativen Ringen zu nicht-trivialen Tensorprodukten zu kommen, wurden die Forderungen (3ag) und (3bg) zu (3g) und die Moduleigenschaften des Tensorprodukts auf -Modul abgeschwächt.
Grundkonstruktion
Die Existenz des Tensorprodukts erweist sich durch folgende Konstruktion.
Man betrachtet den von allen Paaren erzeugten freien-Modul , der zu (direkte Summe) isomorph ist. Da eine enthält, können die Paare als Basis von aufgefasst werden. Man bildet den -Untermodul , der durch die Linearkombinationen von Basiselementen in
(1Z)
(2Z)
(3Z)
erzeugt wird.
Die abelsche Gruppe wird definiert als der Quotient von nach , in Zeichen
,
und das Bild von unter der bilinearen Abbildung als die Nebenklasse von , in Zeichen
. ■
Für sind die abkürzenden Schreibweisen und gebräuchlich.
Bemerkung
Ist , so folgt für aus (1Z)
und aus (2Z) analog , zusammen . Deshalb genügt es, bei abelschen Gruppen (-Moduln) die Bedingungen (1Z) und (2Z) zu etablieren – die Bedingung (3Z) ist dann automatisch etabliert.
Konstruktion als R-Modul
Ist der Ring kommutativ (in diesem Fall muss man nicht zwischen Links- und Rechtsmoduln unterscheiden), so ist das Tensorprodukt nicht nur eine abelsche Gruppe, sondern ein -Modul und eine -bilineare Abbildung, und nicht nur eine -bilineare. Die Skalarmultiplikation kann dabei mit Hilfe der Festlegung (der Übersichtlichkeit halber ist das Suffix bei der Abbildung weggelassen)
(4R)
definiert werden. Diese Verknüpfung ist wohldefiniert, da für jedes die Unabhängigkeit vom Repräsentanten oder der Nebenklasse aus
folgt. Man beachte, dass bei der dritten Gleichheit die Kommutativität von gebraucht wird.
Alternativ kann das Tensorprodukt direkt als Modul konstruiert werden. Dabei nimmt man bei der Grundkonstruktion anstelle der freien abelschen Gruppe den von erzeugten freien-Modul. Bei der Erzeugung von (das in diesem Fall nicht nur eine Untergruppe, sondern ein Untermodul wird) nimmt man dabei noch die Linearkombinationen
(4′R)
hinzu. Die Kommutativität von stellt die Assoziativität der Skalarmultiplikation sicher, denn es ist
für
Bemerkungen
Spezialisierung: Ist ein Körper, so sind die -Moduln und das Tensorprodukt -Vektorräume, und Letzteres stimmt mit aus dem Artikel Tensorprodukt von Vektorräumen überein.
Verallgemeinerung: Man kann die Nicht-Kommutativität von zulassen und mit als Bezeichnung für das Zentrum des Ringes bei beiden Konstruktionen in diesem Abschnitt durch ersetzen, um beim eindeutig bestimmten -Modul und der -bilinearen Abbildung anzukommen. Zur Erfüllung von (3⊗) wird dabei wie vorher aus Linearkombinationen (3Z) mit Skalaren aus dem ursprünglichen Ring erzeugt. Dieser Ring ist es auch, der das Tensorprodukt charakterisiert. Zur Vermeidung von Verwechslungen geht man am besten zunächst der Definition gemäß von einem -Modul aus, den man je nach Bedarf a posteriori durch (4R) mit einer -Skalarmultiplikation versieht mit als einem Unterring von
Der Ring beim Operator kann große Auswirkung haben, wie die Beispiele und zeigen.
Wechsel des Rings
und seien Ringe, sei ein Ringhomomorphismus und ein -Rechtsmodul, ein -Linksmodul. Dann gibt es – in den Bezeichnungen von Modul (Mathematik)#Wechsel des Rings – genau eine -lineare Abbildung
derart, dass für alle
Diese Abbildung ist surjektiv und wird als kanonisch bezeichnet.
Sei ein zweiseitiges Ideal in , welches sowohl im Annihilator von wie von enthalten ist. Dann hat resp. eine kanonische rechte resp. linke -Modulstruktur, und der kanonische Homomorphismus
der dem kanonischen Homomorphismus entspricht, ist die Identität.[3]
Spezialfälle
Für jeden Ring mit ist
mit der Ringmultiplikation
als der kanonischen -bilinearen Abbildung.
Ist ein --Bimodul mit einem weiteren Ring , so ist
ein -Linksmodul; die Moduloperation ist gegeben durch
für , in .
Ist ein kommutativer Ring, und sind und assoziative -Algebren, so ist
wieder eine assoziative -Algebra; die Multiplikation ist gegeben durch
Kategorielle Eigenschaften
Verschiedene Varianten des Tensorproduktes besitzen rechtsadjungierte Funktoren:
Ist ein Ring, ein -Rechtsmodul, ein -Linksmodul und eine abelsche Gruppe, so gilt:
dabei ist ein -Rechtsmodul vermöge
Ist ein Ring, eine -Algebra, ein -Linksmodul und ein -Linksmodul, so gilt:
.
Ist ein kommutativer Ring mit Einselement und sind , , drei -Moduln, so gilt:
.
Insbesondere ist das Tensorprodukt ein rechtsexakter Funktor.
Das Tensorprodukt ist der Pushout in der Kategorie der kommutativen Ringe mit Einselement; insbesondere ist für einen kommutativen Ring mit Eins das Tensorprodukt über das Koprodukt (für endlich viele Objekte) in der Kategorie der -Algebren.
Beispiele
Lokalisierungen von Moduln sind Tensorprodukte mit den lokalisierten Ringen, also ist beispielsweise
Ist ein Ring, ein zweiseitiges Ideal und ein -Linksmodul, so ist