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Liste von Ämtern, die gewöhnlich von einem Kardinal bekleidet werden

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Der Begriff Kardinalstradition spiegelt all jene Traditionen wieder, die sich in der römisch-katholischen Kirche für die Ernennung zum Kardinal herausgebildet haben.

Der Papst ist zwar in der Ernennung von Kardinälen weder an Normen noch Traditionen gebunden. Dennoch gibt es Bischofssitze und Ämter, die traditionell mit der Kardinalswürde verbunden sind. Da der Kandidatenkreis hierbei eng abgesteckt ist und eindeutige Kriterien benannt sind, handelt es sich dabei nicht um Spekulation, sondern um eine rationale und logische Abschätzung.

Traditionelle Kardinalssitze

Verschiedene und besonders wichtige Bischofssitze werden für gewöhnlich entweder mit einem Kardinal besetzt oder der Berufene wird meist bei einem der nächsten Konsistorien ins Kardinalskollegium berufen. Als solche können zur Zeit 54 Erzbistümer gelten:

Europa (30)

deutschprachiger Raum (4)

Im deutschsprachigen Raum gibt es vier Erzbistümer mit Kardinalstradition:
Deutschland:

Österreich:

Zur Entwicklung der Kardinalstraditionen in diesem Raum siehe unten.

Italien (8)

Entsprechend der Geschichte des Kardinalskollegiums hat Italien noch 8 Erbbistümer mit Kardinalstradition.

Weiteres Westeuropa (12)

Osteuropa (6)

Amerika (18)

Vereinigte Staaten und Kanada (7)

Vereinigte Staaten:

Kanada:

Lateinamerika (11)

Afrika (1)

Das einzig bisher sichere Erzbistum mit Kardinalstradition in Afrika ist:

Aufgrund der aufstrebenden Situation der römisch-katholischen Kirche in Afrika ist die Ausbildung weiterer Kardinalstraditionen zu erwarten.

Asien (3)

Bisher sind nur drei Erzbistümer mit Kardinalstradition gesichert:

Aufgrund der aufstrebenden Situation der römisch-katholischen Kirche in Asien ist die Ausbildung weiterer Kardinalstraditionen zu erwarten.

Australien und Ozeanien (2)

Die beiden gesicherten Erzbistümer mit Kardinalstradition in Australien und Ozeanien sind:

Traditionelle Kardinalsämter

Entwicklung der Kardinalstraditionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Deutschland

Wenn man alle deutsche Kardinäle betrachtet, die im 20. Jahrhundert und im Jahr 2001 ernannt wurden, ergibt sich folgendes Bild:

Erzbistum München und Freising:

Erzbistum Köln:

In diesen beiden Erzbistümern wurden alle Erzbischöfe binnen maximal 5 Jahren zum Kardinal ernannt.

Vor 1945 gehörte das Erzbistum Breslau zu den deutschen Erzbistümern mit Kardinalstradition. Die Kardinalstradition verblieb beim heute polnischen Erzbistum:

Nach 1957 gelangte das Bistum Berlin - wohl aus politischen Erwägungen und der persönlichen Eignung von Kardinal Döpfner - in diese Tradition:

Auch hier wurden seither also alle Bischöfe spätestens nach 2 Jahren zum Kardinal.

Deutsche Kurienkardinäle:

  • Paul Augustin Kardinal Mayer (1985 Kardinalpräfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, 1985 Kardinal)
  • Walter Kardinal Kasper (1999 Sekretär des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, 2001 Kardinal)

Auch diese beiden Bischöfe wurden innerhalb von 2 Jahren zum Kardinal ernannt.

Das bedeutet: 17 deutsche Kardinäle, die den in der Liste genannten Kriterien entsprechen, wurden binnen von maximal 5 Jahren zum Kardinal ernannt. Hier kann man quasi von Automatismus sprechen.

Alle anderen Erzbistümer in Deutschland (Erzbistum Hamburg, Erzbistum Freiburg, Erzbistum Paderborn, Erzbistum Bamberg) haben keine solche Kardinalstradition.

Über diese Tradition hinaus gab es lediglich 2 deutsche Erzbischöfe, 5 deutsche Bischöfe und 2 deutsche Theologen, die aufgrund besonderer Leistungen zum Kardinal ernannt wurden.

Die beiden Theologen waren - wie in diesen Fällen üblich - über 80 Jahre alt, bei den beiden Erzbischöfen dauerte es weit über 20 Jahre. Bei den fünf Bischöfen dauerte es einmal 31 (!) Jahre, bei den anderen vier Ernennungen liegen eindeutige Verdienste zugrunde, aber auch hier dauerte es zwischen 11 und 18 Jahre nach ihrer Weihe zum Bischof, bis sie aufgrund ihrer Verdienste zum Kardinal ernannt wurden. Diese Kardinäle sind:

Bistum Berlin:

  • Konrad Kardinal von Preysing (1932 Bischof, 1946 Kardinal als Ehrentitel wegen Widerstand gegen Nationalsozialismus 14 Jahre nach der Bischofsweihe)

Bistum Münster:

  • Seliger Clemens August Kardinal von Galen (1933 Bischof, 1946 Kardinal als Ehrentitel wegen Widerstand gegen Nationalsozialismus, ernannt 13 Jahre nach der Bischofsweihe)

Erzbistum Paderborn:

Bistum Essen:

Bistum Mainz:

  • Hermann Kardinal Volk (1962 Bischof, 1973 Kardinal als Würdigung der Arbeit um die Liturgiereform 11 Jahre nach der Bischofsweihe)
  • Karl Kardinal Lehmann (1983 Bischof, 1987 Vorsitzender der Bischofskonferenz, 2001 Kardinal als Würdigung der Arbeit als Vorsitzender der Bischofskonferenz 18 Jahre nach der Bischofsweihe)

Als theologischer Ehrentitel erging die Kardinalsernennung an zwei deutsche Theologen:

Österreich

In Österreich hat ab dem 20. Jahrhundert nur das Erzbistum Wien die Kardinalstradition, das Erzbistum Salzburg hingegen nicht.

Erzbistum Wien:

Die Wiener Erzbischöfe wurden alle spätestens nach drei Jahren zum Kardinal ernannt. In keiner anderen Diözese gab es dagegen jemals einen Kardinal.

Außerdem gab es nur noch den Kurienkardinal Alfons Maria Stickler (1983 Pro-Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche, 1983 Titularerzbischof von Bolsena, 1984 Leiter des vatikanischen Geheimarchivs, 1985 Kardinal)

Schweiz

Anders ist es in der Schweiz, da dieses Land kein Bistum mit Kardinalstradition aufweist.

Daher gibt es bisher auch nur einen Bischof einer Diözese, und einen in der Kurie tätigen Schweizer, die ab dem 20. Jahrhundert zum Kardinal ernannt wurden.

Während Gilberto Agustoni den Regeln entsprechend zwei Jahre nach Antritt der Tätigkeit zum Kardinal wurde, dauerte es bei Schwery 14 Jahre.

Hinzu kommen noch drei Kardinäle aufgrund ihrer theologischen Verdienste, wobei zwei schon über 80 Jahre alt waren und der dritte gleichzeitig mit der Kardinalsernennung zum Erzbischof wurde.

In der römischen Kurie tätig:

Verdiente Theologen und Bischöfe:

Kardinalskonsistorium 2001

Das große Konsistorium vom Januar 2001 kann aufgrund der großen Zahl von 42 neuen Kardinälen zur Erprobung der Kriterien herangezogen werden

In der Kurie tätige Bischöfe und Erzbischöfe:

Erzbischöfe von Erzbistümern mit Kardinalstradition:

Das bedeutet: 28 von ernannten 42 Kardinälen wären nach den angegebenen Kriterien in der Liste gestanden.

Von den vierzehn anderen kommen 5 aus Ländern ohne Erzbistum mit Kardinalstradition:

Sie sind jeweils die einzigen aktuellen Kardinäle aus ihrem Land und soweit ich sehe überhaupt die ersten aus diesen Ländern!

Weitere drei stammen aus unierten Kirchen, für die ebenfalls keine festen Regeln zu gelten scheinen:

Bei vier Kardinalsernennungen handelt es sich um Ehrentitel für über achtzigjährige Theologen und Bischöfe:

Bei der Nachberufung der beiden deutschen Kardinäle Lehmann und Degenhardt handelt es sich allem Anschein nach um eine kirchenpolitische Entscheidung außerhalb der Regeln:

Das erste Kardinalskonsistorium von Papst Benedikt XVI.

Auch Papst Benedikt XVI. hat bei seiner ersten Ernennung von Kardinälen die Kardinalstraditionen weitgehend beachtet. Aus der Liste der traditionellen Erzbistümer und Ämter hat er erwählt:

Name Geburtsdatum Kirchliches Amt Beginn der Amtszeit Nationalität Status
Carlo Caffarra 1. Juni 1938 Erzbischof von Bologna 16. Dezember 2003 Italien angekündigt am 22.02.06
Antonio Cañizares Llovera 15. Oktober 1945 Erzbischof von Toledo 24. Oktober 2002 Spanien angekündigt am 22.02.06
Stanisław Dziwisz 27. April 1939 Erzbischof von Krakau 3. Juni 2005 Polen angekündigt am 22.02.06
William Joseph Levada 15. Juni 1936 Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre 13. Mai 2005 Vereinigte Staaten von Amerika angekündigt am 22.02.06
Sean Patrick O'Malley OFMCap 29. Juni 1944 Erzbischof von Boston 1. Juli 2003 Vereinigte Staaten von Amerika angekündigt am 22.02.06
Franc Rodé C.M. 23. September 1934 Präfekt der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und für die Gemeinschaften des apostolischen Lebens 11. Februar 2004 Slowenien angekündigt am 22.02.06
Gaudencio Borbon Rosales 10. August 1932 Erzbischof von Manila 15. September 2003 Philippinen angekündigt am 22.02.06
Jorge Liberato Urosa Savino 28. August 1942 Erzbischof von Caracas, Santiago de Venezuela 19. September 2005 Venezuela angekündigt am 22.02.06
Agostino Vallini 17. April 1940 Präfekt der Apostolischen Signatur 27. Mai 2004 Italien angekündigt am 22.02.06

Außerdem hat Papst Benedikt XVI. nur drei weiterer Erzbischöfe als stimmberechtigte Kardinäle angekündigt:

Dies trägt dem Umstand der Unterrepräsentierung der römisch-katholischen Kirche Asiens im Kardinalskollegium Rechnung.

Damit hat er bei zwölf neuen stimmberechtigten Kardinälen, 9 Kandidaten genommen, die den Traditionen entsprechen.

Außerdem sind drei Personen angekündigt worden, die nicht mehr papstwahlberechtigt sind und der Kardinalsrang somit ein Ehrentitel ist:

  • Erzbischof Andrea Cordero Lanza di Montezemolo, Erzpriester von St. Paul vor den Mauern (Italien)
  • Erzbischof Peter Poreku Dery, der frühere Erzbischof von Temale (Ghana)
  • Albert Vanhoye SJ (früher am Biblicum in Rom und Sekretär der Päpstlichen Bibelkommission)

Verbliebene Kardinalsanwärter

Name Geburtsdatum Kirchliches Amt Beginn der Amtszeit Nationalität
John Atcherley Dew 5. Mai 1948 Erzbischof von Wellington 21. März 2005 Neuseeland
Marian Gołębiewski 22. September 1937 Erzbischof von Breslau 3. April 2004 Polen
Lluís Martínez Sistach 29. April 1937 Erzbischof von Barcelona 18. Juli 2004 Spanien
Joseph Ngô Quang Kiêt 4. September 1952 Erzbischof von Hanoi 19. Februar 2005 Vietnam
Odon Marie Arsène Razanakolona 24. Mai 1946 Erzbischof von Antananarivo 7. Dezember 2005 Madagaskar
Stanisław Rylko 4. Juli 1945 Präsident des Päpstlichen Rates für die Laien 4. Oktober 2003 Polen
Raúl Eduardo Vela Chiriboga 1. Januar 1934 Erzbischof von Quito 21. März 2003 Ekuador
André Armand Vingt-Trois 7. November 1942 Erzbischof von Paris 11. Februar 2005 Frankreich

Weitere Kandidaten

Immer wieder fallen in der Öffentlichkeit weitere Namen, die aufgrund persönlicher Eignung oder der gestiegenen Bedeutung ihres Amtes oder ihres Erzbistums als Kandidaten genannt werden. Dabei handelt es sich im Unterschied zur Kardinalstradition aber weitgehend um Spekulation.

Name Geburtsdatum Kirchliches Amt Beginn der Amtszeit Nationalität
Seán B. Brady 16. August 1939 Erzbischof von Armagh 1. Oktober 1996 Irland
João Bráz de Aviz 24. April 1947 Erzbischof von Brasilia 28. Januar 2004 Brasilien
Leopoldo José Brenes Solórzano 7. März 1949 Erzbischof von Managua 1. April 2005 Nicaragua
Francisco Chimoio OFMCap 6. Dezember 1947 Erzbischof von Maputo 22. Februar 2003 Mosambik
Mario Joseph Conti 20. März 1934 Erzbischof von Glasgow 15. Januar 2002 Großbritannien
Paul Josef Cordes 5. September 1934 Präsident des Päpstlichen Rates „Cor Unum“ 2. Dezember 1995 Deutschland
Raymundo Damasceno Assis 15. Februar 1937 Erzbischof von Aparecida 28. Januar 2004 Brasilien
Damião António Fanklin 6. August 1950 Erzbischof von Luanda 23. Januar 2001 Angola
Roberto Octavio González Nieves OFM 2. Juni 1950 Erzbischof von San Juan de Puerto Rico 8. Mai 1999 Puerto Rico/
Vereinigte Staaten von Amerika
Tadeusz Kondrusiewicz 3. Januar 1946 Erzbischof von Moskau 11. Februar 2002 Russland
Diarmuid Martin 8. April 1945 Erzbischof von Dublin 26. April 2004 Irland
Carlos José Ñáñez 9. August 1946 Erzbischof von Córdoba 12. März 1999 Argentinien
Raphael S. Ndingi Mwana'a Nzeki 25. Dezember 1931 Erzbischof von Nairobi 21. April 1997 Kenia
Walmor Oliveira de Azevedo 26. April 1954 Erzbischof von Belo Horizonte 26. März 2004 Brasilien
Peter Takeo Okada 24. Oktober 1941 Erzbischof von Tokio 17. Februar 2000 Japan
Francisco Robles Ortega 2. März 1949 Erzbischof von Monterrey 25. Januar 2003 Mexiko
Théodore-Adrien Sarr 28. November 1936 Erzbischof von Dakar 2. Juni 2000 Senegal
Simon-Victor Tonyé Bakot 24. März 1947 Erzbischof von Yaoundé 18. Oktober 2003 Kamerun