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Denkingen (Pfullendorf)

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Denkingen
Ehemaliges Gemeindewappen von Denkingen
Koordinaten: 47° 54′ N, 9° 19′ OKoordinaten: 47° 53′ 34″ N, 9° 18′ 36″ O
Höhe: 660 m ü. NN
Einwohner: 935 (Format invalid)
Eingemeindung: Format invalid
Postleitzahl: 88630
Vorwahl: 07552

Denkingen ist ein Teilort von Pfullendorf und liegt etwa sechs Kilometer südöstlich davon im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg.

Geographie

Geographische Lage

Denkingen liegt in einem sich von Südost nach Nordwest öffnenden Tal, das vom Andelsbach durchflossen wird. Der Ort ist Teil des Oberen Linzgaus. Die Europäische Hauptwasserscheide zwischen Rhein und Donau verläuft durch Straß nach Aftholderberg.

Schutzgebiete

Am Ortsausgang von Denkingen in Richtung Neubrunn liegt inmitten intensiv genutzter Kulturlandschaft das Naturschutzgebiet Kreuzäcker. In der ehemaligen Kiesgrube, sie diente bis 1985 dem Kiesabbau, mischen sich heute Heckenflächen mit Trocken- und Feuchtbiotopen.[1]

Seit 2002 wird ein Horst beim Sägewerk an der Lindenstraße jedes Jahr von Störchen bebrütet.[1]

Ortsteile

Zu Denkingen gehören die Dörfer Denkingen, Langgassen und Straß, die Weiler Andelsbach und Hilpensberg, das Haus Straßmühle sowie das Forsthaus. Des Weiteren die Wüstungen Dachenhausen und Herbendingen (beide bei Straß) und der abgegangene Hof Malaien.[2]

Geschichte

Nachweis früher Besiedlung ist eine Römerstraße, die einst von Ostrach nach Überlingen durch das fruchtbare Andelsbachtal führte. Nach Abzug der Römer konnte hier wohl um 500 n. Chr eine frühe alemannische Siedlung entstehen. Der Ortsname ist wohl auf die Sippenbeziehung zu einem „Danko“ zurückzuführen.

Urkundlich wird Denkingen erstmals 1257 als Sitz eines gleichnamigen Rittergeschlechts erwähnt. Im Jahre 1386 kaufte die freie Reichsstadt Überlingen von Konrad von Oberried und dessen Ehefrau Luitgard von Ramsberg die Hälfte des Dorfes Denkingen für das Überlinger Spital. 1435 kam die zweite Hälfte des Dorfes über Rudolf von Neubrunn käuflich an das Spital. Wie Akten des Spitalarchivs aus dem Jahr 1450 zeigen, lagen Denkinger Bauern mit dem benachbarten Niederadligen Konrad Schorpp von Freudenberg, Vogt zu Ochsenbach und Oberochsenbach, in Streitigkeiten um Weide- und Hüterechte in Feldern und Wäldern zwischen Denkingen und Ochsenbach. Daran änderte auch nichts, als 1454 Konrad Schorpp und dessen Ehefrau Elsbeth von Magenbuch dem Abt Georg und dem Kloster Salem das Haus Freudenberg verkauften, er aber Freudenberg weiterhin als Salemer Lehensmann bewohnte. Laut Überlieferung und Aktenlage endeten die beiderseitigen Geplänkel am Mauritiustag 1455 (22. September) mit einer schärferen militärischen Auseinandersetzung, die großes Unglück über das Dorf brachte: Denkingen hatte wegen des Streits in Überlingen Truppen angefordert. Nach ihrem Eintreffen gelang es Konrad Schorpp im Zusammenwirken mit anderen Junkern, die ihm in seiner Sache beistanden, die reichsstädtischen Reiter mit ihrem Hauptmann von ihrem eigentlichem Schutzobjekt Denkingen nach Heiligenholz wegen eines dort ausgebrochenen Brandes zu locken. In Begleitung dieser Truppen halfen auch Denkinger Bürger beim dortigen Brand mit. Während sie sich dort im Wirtshaus gütlich taten, nutzte Schorpps Hauptmacht die wehrlose Lage, griff das Dorf Denkingen an und brannte gänzlich nieder. Die reichsstädtischen Reiter bemerkten es zu spät und verfolgten die Truppen der Junker bis Veringenstadt.[3][4][5]

Der Ort kam 1803 zum Großherzogtum Baden. Es gehörte 1803 bis 1804 zum Bezirksamt Pfullendorf, von 1804 bis 1813 zum Bezirksamt Überlingen und kam dann wieder bis 1936 zum Bezirksamt Pfullendorf. Seine Höfe und Gebäude waren überwiegend im Überlinger Besitz und von den Bewohnern nur als Lehen oder Pachtobjekt zur Verfügung gestellt worden. Noch heute ist Denkingen daher von einer Vielzahl von Überlinger Wälder umgeben.[3]

Denkingen erwarb am 26. November 1809 unter Anton Hegner die Selbstständigkeit.[3] Zur badischen Gemeinde Denkingen gehörten neben dem Kernort Denkingen, Andelsbach, Langgassen, Straß, Hilpensberg und bis um 1933 Krähenried.[6] Im Zuge der Kreisreform ist Denkingen seit dem 1. Januar 1973 eine Teilgemeinde der Stadt Pfullendorf.

Religion

Die Bevölkerung Denkingens ist hauptsächlich katholisch. Im Jahre 1576 stiftete der Magistrat in Überlingen eine eigene Seelsorge, 1723 durch private Stiftung einen ständigen Pfarrkuraten. Heute gehört die Kirchengemeinde zur Seelsorgeeinheit Oberer Linzgau. Die im Juli 1929 gegründete Schwesternstation im „Gmuindsbau“ (Gemeindehaus) war meistens mit zwei Ordennsschwestern des Klosters St. Elisabeth aus Schaan (Liechtenstein) besetzt.[3]

Einwohner

In Denkingen leben aktuell 935 Einwohner (Stand: Mai 2015). Auf Denkingen entfallen 717, auf Langgassen 81, auf Straß 74, auf die Weiler Hilpensberg 53 und Andelsbach 10 Einwohner.[3]

Politik

Gemeinderat

Als ehemals selbständige Gemeinde besitzt der Teilort Denkingen im Rahmen der Gemeindestruktur einige Besonderheiten. So besteht seit der Eingemeindung von Denkingen eine unechte Teilortswahl. Dies sorgt dafür, dass immer mindestens ein Denkinger Bürger im Stadtrat von Pfullendorf vertreten ist.

Ortsvorsteher

  • 1994–2014: Klaus Fiesel[1]
  • seit 2014: Karl Abt (Freie Wähler)[1]

Ortschaftsrat

Im Ortschaftsrat sind die Freien Wähler mit fünf Personen und die CDU mit vier Personen vertreten (2014).

Wappen

Das Wappen von Denkingen zeigt in Rot ein goldenes Hochkreuz, beseitet von je einer silbernen Jakobsmuschel.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

  • Die katholische Pfarrkirche St. Johann ist eine dem Johannes dem Täufer geweihtes Sakralbauwerk, deren früheste Teile aus dem 11. Jahrhundert stammen und das im Jahr 1775 erweitert wurde. Nach mehrfachen Erweiterung und Renovierungen entstand 1981 an altem Bestand ein Neubau.[7] Der Glockenturm ist spätgotisch, der Raum der neuen Kirche ist schlicht und in natürlichen Materialien gehalten. Die Fenster sind farbig gestaltet.[1] Die Orgel wurde 1981 durch die Orgelbaufirma Rudolf Kubak, Augsburg, gebaut. Durch die architektonischen Vorgaben der Kirche ist die Orgel in ihrer Räumlichkeit sehr beschnitten, wegen eines Pfeilers musste sie in zwei Teile geteilt und auf engstem Raum konzipiert werden.[8]
  • Die Kapelle St. Georg in Straß gegenüber vom Gasthaus „Hirschen“ auf einem Hügel wurde im Jahr 1698 erbaut. In ihr finden gelegentlich Andachten und am Patrozinium im April eine Messfeier statt.[1]
  • Im Gewann Moosteich am Gemeindeverbindungsweg Denkingen–Mettenbuch steht ein 2010 gestiftes Holzkreuz mit Christuskorpus und Kupferüberdachung. Es ersetzt ein von Anton Geng zum Dank für die glückliche Heimkehr aus dem Zweiten Weltkrieg errichtetes, 1973 geweihtes, 1993 gestohlenes und später in einem Getreidefeld bei Hattenweiler gefundenes Kreuz, dessen Christuskorpus allerdings fehlte und das so stark beschädigt war, dass es nicht mehr aufgestellt werden konnte.[9]

Sonstiges

  • Die Straßenbezeichnungen Burgweg und Schlossweg erinnern an frühgeschichtliche Wehranlagen im Umfeld von Denkingen. So sind heute noch im Bereich des Schlosswegs im Waldteil Schlossberg Reste eine Viereckschanze zu finden, deren tiefe Gräben noch sichtbar sind.[3]
  • Der Jakob-Kemm-Weg erinnert an Jakob Kemm, einem am 28. Mai 1525 auf dem Marktplatz in Überlingen hingerichteten Denkinger Schmied und Anführer des Widerstands im Deutschen Bauernkrieg von 1525.[1]

Sport und Jugendarbeit

Der Sportverein Denkingen wurde 1969 gegründet. Seit 2002 spielt die Fußballmannschaft in der Landesliga. Neben Fußball, der vor allem in der Jugendarbeit stark ist, werden vom Verein noch weitere Freizeitsportarten angeboten.

Regelmäßige Veranstaltungen

Wirtschaft und Infrastruktur

Bildung

Denkingen erhielt 1840 ein eigenes Schulhaus. Die heutige Grundschule mit zwei jahrgangsübergreifenden Klassen wurde im Jahr 2009 saniert. Der Kindergarten besitzt zwei Gruppen.

Persönlichkeiten

  • Adolf Bernhard (* 21. September 1882 in Hilpensberg, † 11. Juli 1942 im KZ Dachau); kath. Märtyrerpriester, Religionslehrer und Opfer des NS-Regimes. Er wurde als Pfarrer von Hondingen am 17. September 1940 von der Gestapo verhaftet und aufgrund des Heimtückegesetzes 1941 in das Konzentrationslager Dachau verbracht. Dort wurde er durch den KZ-Arzt Sigmund Rascher in einer medizinischen Versuchsreihe mit Phlegmoneerregern infiziert und verstarb daran.[10][11][12]

Literatur

  • Alfons Geng: Beträge zur Ortsgeschichte von Denkingen
  • Paula Hügle: Zeitgeschichte Langgassen – Andelsbach. Denkingen 2006

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Kirsten Johanson (kaj): Denkingen: Ein Schwätzchen bei den Schwäglers. In: Südkurier vom 26. Mai 2015
  2. Vgl. Pfullendorf b) Denkingen in: Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band VII: Regierungsbezirk Tübingen. Kohlhammer, Stuttgart 1978, ISBN 3-17-004807-4. S. 834-841, hier S. 835f.
  3. a b c d e f Jürgen Witt (jüw): Ein Landadliger zündete einst das Dorf an. In: Südkurier vom 26. Mai 2015
  4. Zusammengetragen und aufgeschrieben durch Kurt Quilitzsch († 27. November 2002), Heimatforscher und von 1988 bis 2002 Schulleiter der Grundschule Denkingen.
  5. Vgl. Walter Kempe: Ochsenbach und seine Vergangenheit. In: Hohenzollerischer Geschichtsverein (Hrsg.): Hohenzollerische Heimat, 41. Jahrgang, Nr. 3/September 1991, S. 42–45, hier S. 44.
  6. Helmut Gitschier: Ortsgeschichte von Denkingen
  7. Josef Stüble: Die Pfarrkirche in Denkingen. Patron St. Johannes d.T., erbaut an altem Bestand 1981.
  8. Sandra Häusler (sah): Der Pfeifenreiniger von St. Johannes. In: Südkurier vom 16. Dezember 2010
  9. Josef Unger: Pfarrer segnet Wegkreuz. In: Südkurier vom 18. September 2010
  10. Kristiane Schmalfeldt: Bernhard, Adolf, kath. Geistlicher, Opfer des NS-Regimes : * 21.9.1882 Hilpensberg, rk., † 11.7.1942 Dachau. In: Badische Biographien. - N.F. 3. 1990. S. 41f.
  11. Bernhard, Adolf auf den Seiten von www.leo-bw.de (landeskundliches Informationssystem für Baden-Württemberg)
  12. Falko Hahn: Ein Kämpfer für das Christentum. In: Südkurier vom 10. Juli 2004