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Musik der Romantik

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Als Musik der Romantik (Romantik von altfrz. romance, Dichtung, Roman) bezeichnet man eine Epoche der Musik, die sich an die Zeit der Klassik anschloss und die beherrschende Stilrichtung des 19. Jahrhunderts darstellt. Die wichtigsten Eigenschaften der romantischen Musik sind die Betonung des gefühlvollen Ausdrucks, die Auflösung der klassischen Formen, die Erweiterung und schließlich Überschreitung der traditionellen Harmonik sowie die Verbindung der Musik mit außermusikalischen, häufig literarischen Ideen (Programmmusik). Das Orchester wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts ständig erweitert, um einerseits immer ausgefallenere koloristische Feinheiten zu erzielen, andererseits durch den Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel immer überwältigenderer Eindrücke zu ermöglichen. Außerdem wurden immer häufiger Elemente der Volksmusik aufgenommen, teils im Zuge des Realismus, teils bedingt durch die nationalen Schulen der kleineren Länder. Gewöhnlich werden drei Abschnitte der Romantik unterschieden, auch wenn die genauen Zuordnungen in der Literatur nicht einheitlich sind.


Frühromantik (etwa 1800 bis 1840)

Ludwig van Beethoven
Franz Schubert

Der Übergang der Wiener Klassik zur Romantik findet sich im Werk Ludwig van Beethovens (1770-1827). Vielen typisch romantischen Elementen begegnet man in seinen Werken das erste Mal. Der bedeutendste Vertreter der eigentlichen Frühromantik ist jedoch Franz Schubert (1797-1828), bezeichnenderweise der herausragende Liederkomponist. Auf diesem Gebiet wird sein Schaffen durch die Balladen Carl Loewes (1796-1869) ergänzt. Wichtig für die Entwicklung der deutschen Oper ist Carl Maria von Weber (1786-1826), vor allem mit seinem volkstümlichen Freischütz. Dazu kommen fantastisch-schauerliche Stoffe von Heinrich Marschner (1795-1861) und schließlich die heitere Spieloper von Albert Lortzing (1801-1851), während Louis Spohr (1784-1859) hauptsächlich durch seine Instrumentalmusik bekannt wurde. Noch der Klassik verhaftet ist das Schaffen von Johann Nepomuk Hummel (1778-1837)¨.

Italien erlebte in der Frühromantik die Blütezeit der Belcanto-Oper, verbunden mit den Namen von Gioacchino Rossini (1792-1868), Gaetano Donizetti (1797-1848) und Vincenzo Bellini (1801-1835). Während von Rossini in erster Linie heute die komischen Opern bekannt sind, oft nur durch ihre mitreißenden Ouvertüren, überwiegen bei Donizetti und Bellini tragische Inhalte. Der bedeutendste italienische Instrumentalkomponist dieser Zeit war der legendäre „Teufelsgeiger“ Niccolò Paganini (1782-1840).
In Frankreich entwickelte sich einerseits die leichte Opéra-comique, ihre Vertreter sind François-Adrien Boïeldieu (1775-1834), Daniel-François-Esprit Auber (1782-1871) und Adolphe Adam (1803-1856), letzterer auch durch seine Ballette bekannt. Daneben kam die Große Oper mit pompösen Bühnenbildern, Balletten und großen Chören auf. Ihr erster Vertreter war Gaspare Spontini (1774-1851), ihr bedeutendster Giacomo Meyerbeer (1791-1864).
Auch in anderen europäischen Ländern nahm die Musikentwicklung nun einen Aufschwung. Der Ire John Field (1782-1837) komponierte die ersten Nocturnes für Klavier, in Dänemark wirkte Friedrich Kuhlau (1786-1832) und der Schwede Franz Berwald (1796-1868) schrieb vier sehr eigenwillige Sinfonien.

Hochromantik (etwa 1840 bis 1890)

Die Hochromantik läßt sich in zwei Phasen einteilen. In der ersten Phase erreicht die eigentliche romantische Musik ihren Höhepunkt. Der Pole Frédéric Chopin (1810-1849) lotete in seinen Charakterstücken und Tänzen für Klavier bislang unbekannte Gefühlstiefen aus. Robert Schumann (1810-1856), am Ende seines Lebens geistig umnachtet, stellt geradezu den Prototyp des von Tragik beschatteten romantischen Künstlers dar. Franz Liszt (1811-1886), der deutschen Minderheit in Ungarn entstammend, war einerseits ein umschwärmter Klaviervirtuose, legte aber andererseits mit seinen harmonisch kühnen sinfonischen Dichtungen auch den Grundstein für die fortschrittliche „Neudeutsche Schule“. Ebenfalls der Programmmusik verpflichtet war die „Idée fixe“ des Franzosen Hector Berlioz (1803-1869), der auch maßgeblich das Orchester erweiterte. Nur Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) orientierte sich wieder mehr an der klassizistischen Formensprache und wurde ein Vorbild besonders für skandinavische Komponisten wie den Dänen Niels Wilhelm Gade (1817-1890).

In der Oper dominierten in Deutschland noch die Spielopern von Otto Nicolai (1810-1849) und Friedrich von Flotow (1812-1883), als Richard Wagner (1813-1883) seine ersten romantischen Opern schrieb. Auch die frühen Werke von Giuseppe Verdi (1813-1901) orientierten sich noch am Belcanto-Ideal der älteren Generation. In Frankreich wurde von Ambroise Thomas (1811-1896) und Charles Gounod (1818-1893) die Opéra lyrique entwickelt. Die russische Musik fand ihre eigene Sprache in den Opern von Michail Glinka (1804-1857) und Alexander Dargomyschski (1813-1869).

Die zweite Phase der Hochromantik, teilweise auch Neuromantik genannt, läuft parallel mit der Stilrichtung des Realismus in der Literatur und der bildenden Kunst. In seiner zweiten Schaffenshälfte entwickelte Wagner nun seine Leitmotivtechnik, mit der er den ohne Arien durchkomponierten vierteiligen Ring des Nibelungen zusammenhält; das Orchester wird sinfonisch behandelt, die Chromatik erreicht in Tristan und Isolde ihren äußersten Punkt. Eine ganze Jüngerschar steht unter dem Einfluss Wagners, unter denen Anton Bruckner (1824-1896) der wichtigste ist. Seine zehn ausladenden Sinfonien, deren blockhafte Sprache sich von der Orgel herleitet, brachten Wagners Ideen in den Konzertsaal. Sein Widerpart unter den Gegnern Wagners war Johannes Brahms (1833-1897), der in Sinfonik, Kammermusik und Lied durch die Tiefe der Empfindung und eine meisterliche Kompositionstechnik Maßstäbe setzte. Andere deutsche Komponisten wie Carl Reinecke (1824-1910), Peter Cornelius (1824-1874), Felix Draeseke (1835-1913), Max Bruch (1838-1920) und Joseph Rheinberger (1839-1901) hatten es schwer, ihren eigenen Weg zwischen diesen beiden Polen zu finden.

Auch Verdi erreichte, wenn auch auf andere Weise als Wagner, den Weg zum durchkomponierten Musikdrama. Seine immense Ausstrahlung ließ in Italien alle anderen Komponisten verblassen, so auch Amilcare Ponchielli (1834-1886) und Arrigo Boito (1842-1918), der auch Librettist seiner späten Opern Otello und Falstaff war.

In Frankreich hingegen triumphierte zunächst einmal die leichte Muse in Form der gesellschaftskritischen Operetten von Jacques Offenbach (1819-1880). Die lyrische Oper fand ihren Höhepunkt in den Werken von Jules Massenet (1842-1912), während in der Carmen von Georges Bizet (1838-1875) das erste Mal der Realismus einzog. Die Instrumentalmusik von Camille Saint-Saëns (1835-1921) war genauso wie die Ballette von Léo Delibes (1836-1891) sehr traditionsorientiert, neue Orchesterfarben fanden sich in den Kompositionen von Edouard Lalo (1823-1892) und Emmanuel Chabrier (1841-1894). Mit dem Belgier César Franck (1822-1890) ging eine Wiederbelebung der Orgelmusik einher, die Charles-Marie Widor (1844-1937) fortsetzte.

In fast allen europäischen Ländern bildete sich nun eine spezifische Nationalromantik heraus. Die von Glinka begonnene nationalrussische Strömung wurde in Russland von der „Gruppe der Fünf“, so von Mili Balakirew (1837-1910), Alexander Borodin (1833-1887), Modest Mussorgski (1839-1881) und Nikolai Rimski-Korsakow (1844-1908), fortgesetzt. Westlicher orientiert waren Anton Rubinstein (1829-1894) und Pjotr Iljitsch Tschaikowski (1840-1893), dessen Ballette und Sinfonien große Popularität erlangten.

Die tschechische Nationalmusik begründete Bedřich Smetana (1824-1884) mit seinen Opern und den an Liszt orientierten sinfonischen Dichtungen. Die Sinfonien und Konzerte von Antonín Dvořák (1841-1904) haben hingegen Brahms zum Vorbild. In Polen war Stanisław Moniuszko (1819-1872) der führende Opernkomponist, in Ungarn Ferenc Erkel (1810-1893). Norwegen brachte mit Edvard Grieg (1843-1907), Schöpfer lyrischer Klavierwerke, Lieder und Orchesterwerken wie der Peer-Gynt-Suite, seinen bedeutendsten Komponisten hervor; Englands Stimme erklang mit dem an Brahms orientierten Hubert Parry (1848-1918) und den skurrilen Operetten von Arthur Sullivan (1842-1900).

Spätromantik (etwa 1890-1920/40)

Gustav Mahler

In der Spätromantik, auch Nachromantik genannt, werden die traditionellen Formen und Elemente der Musik weiter aufgelöst. Eine immer farbigere Orchesterpalette, ein immer größeres Aufgebot an musikalischen Mitteln, das Ausreizen der Tonalität bis an ihre Grenzen, übersteigerte Emotionen und eine zunehmend individuellere Tonsprache des einzelnen Komponisten sind typische Kennzeichen; die Musik wird an die Schwelle der Moderne geführt.

So erreichten die Sinfonien von Gustav Mahler (1860-1911) vorher nicht gekannte Ausmaße, geben teilweise die traditionelle Viersätzigkeit auf und enthalten oft Vokalanteile. Doch hinter der monumentalen Fassade findet sich die moderne Expressivität des Fin de siècle. Diese psychologische Ausdruckskraft enthalten im Kleinen auch die Lieder von Hugo Wolf (1860-1903), Miniaturdramen für Stimme und Klavier. Konventioneller, an Bruckner orientiert, sind die Sinfonien von Franz Schmidt (1874-1939), während Max Reger (1873-1916) sich in seinen zahlreichen Instrumentalwerken zwar auf die Polyphonie Bachs zurückgriff, sie jedoch harmonisch äußerst kühn weiterentwickelte.

Doch natürlich eignete sich für gesteigerte Emotionen die Opernbühne besonders gut. Recht brav waren noch die Volks- und Märchenopern von Engelbert Humperdinck (1854-1921), Wilhelm Kienzl (1857-1941) und Siegfried Wagner (1869-1930), dem Sohn Richards. Doch schon Eugen d'Albert (1864-1932) und Max von Schillings (1868-1933) reizten mit einer deutschen Variante des Verismus die Nerven. Erotischer Symbolismus findet sich in den Bühnenwerken von Alexander Zemlinsky (1871-1942) und Franz Schreker (1878-1934). Noch weiter an die Grenzen der Tonalität ging Richard Strauss (1864-1949) mit Salome und Elektra, bevor er mit dem Rosenkavalier wieder traditionellere Wege beschritt. Erzromantisch dagegen war Hans Pfitzner (1869-1949), ein entschiedener Gegner moderner Strömungen.

In Italien dominierte auch in dieser Zeit noch immer die Oper. Hier entwickelte sich der Verismus, ein übersteigerter Realismus, der auf der Opernbühne leicht ins Plakative und Melodramatische umschlagen konnte. So sind Ruggero Leoncavallo (1857-1919), Pietro Mascagni (1863-1945) und Umberto Giordano (1867-1948) trotz ihres umfangreichen Schaffens nur durch jeweils eine Oper bekannt geworden. Einzig das Schaffen Giacomo Puccinis (1858-1924) hat sich komplett im Repertoire der Opernhäuser erhalten, obwohl auch ihm häufig Sentimentalität vorgeworfen wurde. Trotz einiger veristischer Werke galt Ermanno Wolf-Ferrari (1876-1948) hauptsächlich als Wiederbeleber der Opera buffa. Ferruccio Busoni (1866-1924), Verfechter einer modernen Klassizität, hinterließ ein eher konventionelles, wenig gespieltes Werk. So fand die Instrumentalmusik eigentlich erst mit dem vom Impressionismus beeinflussten Ottorino Respighi (1879-1936) wieder ihren Platz in der italienischen Musik.

Der Begriff Impressionismus stammt aus der Malerei, und wie dort, entwickelte er sich auch in der Musik in Frankreich. In den Werken von Claude Debussy (1862-1918) lösten sich die Strukturen in feinste Nuancen aus Rhythmik, Dynamik und Klangfarbe auf. Vorbereitet wurde diese Entwicklung im Schaffen von Vincent d'Indy (1851-1931) und vor allem in den Liedern und der Kammermusik von Gabriel Fauré (1845-1924). Alle nachfolgenden französischen Komponisten wurden mehr oder weniger vom Impressionismus beeinflusst. Der bedeutendste unter ihnen war Maurice Ravel (1875-1937), ein glänzender Orchestervirtuose. Albert Roussel (1869-1937) verarbeitete erst exotische Themen, bevor er wie Ravel neoklassizistische Tendenzen vorwegnahm. Auch Gabriel Pierné (1863-1937), Paul Dukas (1865-1935), Charles Koechlin (1867-1950) und Florent Schmitt (1870-1958) behandelten symbolistische und exotisch-orientalische Stoffe. Ein sonderbarer Einzelgänger war Erik Satie (1866-1925), Schöpfer versponnener Klavierstücke und Idol der nachfolgenden Generation.

Hubert Parry (1848-1918) sowie der Ire Charles Villiers Stanford (1852-1924) leiteten in England die Spätromantik ein, die ihren ersten bedeutenden Vertreter in Edward Elgar (1857-1934) hatte. Während er das Oratorium wiederbelebte und Sinfonien und Konzerte schrieb, widmete sich Frederick Delius (1862-1934) mit einer eigenen Variante des Impressionismus kleinen Orchesterbildern. Der bedeutendste Sinfoniker wurde jedoch Ralph Vaughan Williams (1872-1958), dessen Werke von englischen Volksliedern und der Renaissancemusik inspiriert waren. Gustav Holst (1874-1934) ließ in sein Schaffen griechische Mythologie und indische Weisheitslehren einfließen. Auch Havergal Brian (1876-1972) und Frank Bridge (1879-1941) waren sehr eigenwillige Komponistenpersönlichkeiten.

In Russland schmückte Alexander Glasunow (1865-1936) seine traditionelle Kompositionstechnik mit einer farbenprächtigen Orchesterpalette. Der Mystiker Alexander Skrjabin (1872-1915) träumte von einer Synthese aus Farben, Klang und Düften. Sergej Rachmaninow (1873-1943) schrieb melancholisch-pathetische Klavierstücke und -konzerte voller berauschender Virtuosität, während die Klavierwerke von Nikolaj Medtner (1880-1951) lyrischer sind.
In Tschechien fand Leoš Janáček (1854-1928), tief verwurzelt in der Musik seiner mährischen Heimat, mit der Entwicklung der Sprachmelodie in seinen Opern neue Ausdrucksbereiche. Auch in der Musik von Zdeněk Fibich (1850-1900), Josef Bohuslav Foerster (1859-1951), Vítězslav Novák (1870-1949) und Josef Suk (1874-1935) sind die heimischen Klänge unüberhörbar. Dagegen finden sich im Werk des Polen Karol Szymanowski (1882-1937) neben Einflüssen der Folklore auch eine leicht morbide Exotik und später klassizistisches Maß.
Der bedeutendste dänische Komponist ist Carl Nielsen (1865-1931), bekannt durch Sinfonien und Konzerte. Noch dominanter in seinem Land ist die Stellung des Finnen Jean Sibelius (1865-1957), ebenfalls ein Sinfoniker von schwermütiger Expressivität und klarer Liniengestaltung. In Schweden zeigen die Werke von Wilhelm Peterson-Berger (1867-1942), Wilhelm Stenhammar (1871-1927) und Hugo Alfvén (1872-1960) einen typisch nordischen Konservatismus, und auch der Norweger Christian Sinding (1856-1941) komponierte traditionell.
Auch die Stimme Spaniens erklang nun nach langer Zeit wieder, zuerst in den Klavierwerken von Isaac Albéniz (1860-1909) und Enrique Granados (1867-1916), dann in den Opern, Balletten und Orchesterwerken des vom Impressionismus beeinflussten Manuel de Falla (1876-1946). Schließlich traten mit Edward MacDowell (1861-1908) und Amy Beach (1867-1944) auch die ersten wichtigen Vertreter Amerikas auf. Doch schon das Werk von Charles Ives (1874-1954) gehörte nur noch zum Teil der Spätromantik an - vieles darin war bereits radikal modern und wies weit ins 20. Jahrhundert