Glykolyse
Glykolyse (aus dem Griechischen glykys = süß und lysis = auflösen) ist der erste Teil des Glukose-Katabolismus in den Zellen aller Lebewesen. In diesem biochemischen Abbauweg wird ein Molekül Glukose in zehn enzymatisch katalysierten Reaktionen in zwei Pyruvat-Moleküle umgewandelt. Die sehr gut bekannte und untersuchte Form der Glykolyse ist der Embden-Meyerhof-Weg. Ein alternativer Weg ist der Entner-Doudoroff-Weg. Die Bezeichnung Glykolyse kann verwendet werden, um alle alternativen Abbauwege mit einzuschließen. Glykolyse wird jedoch hier als Synonym für den Embden-Meyerhof-Weg verwendet.
Ort der Glykolyse
Die Glykolyse findet im Cytosol einer Zelle statt. Verstand man früher darunter lediglich den Abbau von Kohlenhydraten unter Sauerstoffmangelbedingungen über Pyruvat zu Lactat, so weiß man heute, dass der Abbau von Glukose bis zu Pyruvat (Pyruvat ist das Säurerestanion der Brenztraubensäure) auch bei ausreichendem Sauerstoffangebot gleichartig abläuft: sie findet in beiden Fällen ohne "Verbrauch" von Sauerstoff (d.h. anaerob) statt.
In Prokaryoten und in überwiegend anaerob arbeitenden Zellen oder Geweben (Skelettmuskel) von Eukaryoten wird Pyruvat anaerob zu Milchsäure oder wie bei vielen Hefen zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid (CO2) verstoffwechselt.
Aerob arbeitende Gewebe (Prototyp: Herzmuskel) bauen den „C3-Körper“ Pyruvat zu Acetyl-CoA und Kohlenstoffdioxid ab und das Acetyl-CoA weiter im Citratzyklus zu CO2 und Wasserstoff. Der Wasserstoff wird dabei an die Wasserstoffüberträger Nicotinamidadenindinukleotid (NAD) und Flavinadenindinucleotid (FAD) gebunden (NADH bzw. FADH2). Die Energie aus der Oxidation des Wasserstoffs in der Atmungskette der Mitochondrien wird zur Synthese von ATP) genutzt („oxidative Phosphorylierung“ bzw Atmungskette).
Die Glykolyse ist der einzige metabolische Weg, den praktisch alle modernen Organismen gemein haben, was auf eine sehr frühe Entstehung hinweist; die Glykolyse entstand möglicherweise in den ersten Prokaryonten vor 3,5 Milliarden Jahren.
Die Reaktionsschritte der Glykolyse
Der erste Schritt der Glykolyse ist die Phosphorylierung von Glukose zu Glukose-6-phosphat. In Abhängigkeit vom Zelltyp wird diese Reaktion durch das Enzym Hexokinase (zum Beispiel im Gehirn) oder Glucokinase (zum Beispiel in Leber und Pankreas) katalysiert. Bei der Phosphorylierung wird 1 ATP verbraucht, was allerdings eine gute Investition darstellt. Die Zellmembran ist nämlich durchlässig für Glukose, aber nicht für das durch die Phosphorylierung entstehende Glukose-6-phosphat, welches sich dadurch in der Zelle anreichert und durch Verschiebung des Gleichgewichts an der Membran die Aufnahme von Glukose begünstigt. Glukose-6-phosphat wird dann von der Phosphoglukose-Isomerase in Fruktose-6-phosphat umgebaut. (An diesem Punkt kann auch Fruktose durch Phosphorylierung in den glykolytischen Weg eintreten.)
Danach wird Fruktose-6-phosphat unter Einwirkung des Schlüsselenzyms der Glykolyse Phosphofructokinase mit einem Molekül ATP zu Fruktose-1,6-bisphosphat (F-1,6-BP) phosphoryliert, wobei aus ATP ADP gebildet wird. Die damit verbundene Übertragung von Energie ist auf zweierlei Weise gerechtfertigt: Zum einen macht auch dieser Schritt – neben der Glukokinase sowie der Pyruvatkinase – die Glykolyse irreversibel, zum anderen erlaubt die zweite Phosphatgruppe die Spaltung des Glukoserings durch Aldolase in Glyceron-3-phosphat (phosphorylierte Keto-Triose) und Glyceral-3-phosphat (phosphorylierte Aldo-Triose). Glyceron-3-Phosphat wird von der Triosephosphatisomerase in Glyceral-3-phosphat umgewandelt. Jedes der beiden resultierenden Glyceral-3-phosphat-Moleküle wird dann durch NAD+ und Glyceral-3-phosphat-Dehydrogenase (GAPDH) zu 1,3-Bisphosphoglyzerat (1,3-BPG) oxidiert. In chemischem Sinne findet mit dieser Reaktion die Oxidation der Carbonyl-Gruppe (Aldehyd bzw. Keton) zur Carboxyl-Gruppe, d.h. der Übergang vom Zucker(-Phosphat) zum Karbonsäure(-Phosphat) statt.
Im nächsten Schritt erzeugt die Phosphoglyzeratkinase je ein Molekül ATP bei der Umwandlung von 1,3-Bisphosphoglyzerat zu 3-Phosphoglyzerat durch Übertragung eines Phosphatrests auf ADP. Damit ist die Energiebilanz der bisherigen Glykolyse ausgeglichen; zwei Moleküle ATP wurden verbraucht und zwei wiedergewonnen. Diese ATP-Synthese braucht ADP als Basis. Falls die Zelle bereits viel ATP (und damit wenig ADP) hat, hält die Reaktion an dieser Stelle an, bis wieder genügend ADP zur Verfügung steht. Diese Feedbackregulation ist wichtig, da ATP relativ schnell zerfällt, wenn es nicht genutzt wird. Überproduktion von ATP wird somit verhindert. Phosphoglyceromutase katalysiert dann die Umwandlung von 3-Phosphoglyzerat zu 2-Phosphoglyzerat, woraus schließlich mit Hilfe der Enolase Phosphoenolpyruvat wird. Dieses wird schließlich in der Pyruvatkinasereaktion unter Erzeugung eines weiteren ATP zu Pyruvat (= Brenztraubensäure) umgesetzt. Auch dieser Schritt ist ADP-reguliert.
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Reaktionsverlauf der Glykolyse |
Energetische Aspekte
Gleichgewichtslage
Bemerkenswert ist, dass die meisten Reaktionen welche der Bildung von Fruktose-1,6-bisphosphat folgen, energetisch ungünstig sind. Sie würden kaum ablaufen, wenn sie nicht durch die energetisch günstigen Kinasereaktionen (Phosphofructokinase (PFK), Phosphoglyzeratkinase (PGK), Pyruvatkinase (PK)) „hindurchgezogen“ werden würden. Die hier zugrundeliegende Strategie ist erwähnenswert, begünstigt diese Gleichgewichtslage doch die Glukoneogenese, das ist die Synthese von Glukose aus Pyruvat bei günstigem Energiestatus. Dies erfordert alle Enzyme, bis auf zwei der erwähnten „Zugpferde“, die allein der Glykolyse zugeordnet und hier mit -14 und -24 kJ/mol stark exergonisch sind.
Energieausbeute unter anaeroben und aeroben Bedingungen
Die anaerobe Glykolyse liefert 2 Moleküle ATP pro Molekül Glukose. Die Mitochondrien eines Eukaryonten können aus den beiden gleichzeitig entstehenden Molekülen Pyruvat aerob maximal weitere 36 Moleküle ATP gewinnen; diese Bilanz hängt vom Weg ab, auf dem cytosolisch gebildetes NADH + H+ die Mitochondrienmembran passiert (Shuttlesysteme).
Die Glykolysereaktionen bis zum Pyruvat werden sowohl in aerob als auch in anaerob arbeitenden Geweben durchlaufen. Die Regeneration des Oxidationsmittels (Coenzyms) NAD+, das zur Oxidation des Glyzerinaldehyd-3-phosphats durch die zugeordnete Dehydrogenase GAPDH eingesetzt und dabei zu NADH + H+ wird, erfolgt im ersten Fall in der Atmungskette. Im Falle anaeroben Stoffwechsels ist hierfür die stark exergone (ΔGo´ = –25 kJ/mol) Lactatdehydrogenase- (LDH-)Reaktion zuständig: Reduktion von Pyruvat mit NADH + H+ liefert Lactat und regeneriert NAD+ (bei Hefe wird diese Funktion durch zwei Enzyme, Pyruvatdecarboxylase plus Alkoholdehydrogenase übernommen). Dieser „Kreisprozess“ ist Inhalt der folgenden Abbildung:

- Gegenseitige Abhängigkeit der GAPDH-und LDH-Reaktionen bei anaerober Glykolyseführung. Mit Ausnahme geringer Mengen NADH,H+, die durch Glyzerinphosphatdehydrogenase (GDH) umgesetzt werden, muss der Großteil an NAD+ durch die LDH-Reaktion regeneriert werden.
Siehe auch: Cori-Zyklus, Gluconeogenese
Weblinks
- Abiturvorbereitung für den Grundkurs Biologie
- Die Glycolyse auf der Homepage von Ulrich Helmich
- Ausführliche deutschsprachige Seiten speziell über die Glycolyse
- Struktur von NAD/NADH
- Die Glycolyse bei Botanik online
- Grundlagen der Glykolyse auf der Homepage von Konrad Forstner
- NADH und Protonenwellen in der Glykolyse (englisch)