Kräuterbuch
Kräuterbücher sind pflanzen- bzw. drogenkundliche Kompendien, die - allermeist mit Abbildungen - die Pflanzen und Arzneidrogen detailliert beschreiben und ihre medizinischen Anwendungsgebiete nennen. Überwiegen auch die Pflanzen als die mit Abstand größte Arzneimittelgruppe, so werden auch arzneilich verwendete Tiere, Tierprodukte und Mineralien behandelt.
Kräuterbücher sind in erster Linie Fachbücher für Ärzte und Apotheker. Aber den Autoren war es meist auch wichtig, die Arzneimittel- und Pflanzenkenntnis über die Fachkreise hinaus dem Laien, dem "gemeinen Mann" näher zu bringen, diesem etwa den Arzneipflanzenanbau zu empfehlen.
Nach Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern konnten Bücher mit Abbildungen hergestellt werden, die - im Gegensatz zu Handschriften - einigermaßen erschwinglich waren und daher weit größere Verbreitung fanden: Gerade die Kräuterbücher, die landessprachlich veröffentlicht wurden (und nicht in Latein, der Sprache der Gelehrten) waren ein verlegerischer Erfolg. In Frankreich, England und anderen europäischen Ländern, ganz besonders aber in Deutschland, sind zahlreiche Ausgaben von der frühen Neuzeit bis in das 18. Jahrhundert erschienen.
Das erste gedruckte deutschsprachige Kräuterbuch war auch eines der wirkungsmächtigsten: Der ’Gart der gesuntheit’, 1485 in Mainz von Peter Schöffer gedruckt, ist in über 60 Ausgaben (davon allein 13 zur Inkunabelzeit) vom 15. bis 18. Jahrhundert, später durch Eucharius Rößlin d. J. und Adam Lonitzer bearbeitet, erschienen.
Besonders bemerkenswert sind die Kräuterbücher der so genannten ’Väter der Botanik’. Sie geben die behandelten Arzneipflanzen (meist) in naturgetreuen Abbildungen wieder. Zu ihnen zählt Hieronymus Bock (1498 - 1554), der detailliert und auf eigenen Anschauung beruhend einheimische, vor allen in Südwestdeutschland wachsende Pflanzen beschreibt, wobei er viele morphologische Details als Erster erwähnt. Der Erstausgabe seines ’Neu Kreutter Buch’ von 1539 hatte keine Abbildungen, diese finden sich dann in den Ausgaben seit 1546.
Ist bei Bock der originelle Text bemerkenswert, fällt dieser bei ’De historia stirpium’ (1542), in deutscher Übersetzung unter "New Kreuterbuch" (1543) von Leonhard Fuchs (1501 - 1566), Arzt und Professor in Tübingen, im zeitgenössischen Vergleich etwas ab. Ganz anders werden dagegen die Illustrationen beurteilt, die mit größter Sorgfalt erstellt sind, bestechend naturgetreu und botanisch von höchstem Rang. Diese Holzschnitte wurden in zahlreiche andere Werke (verkleinert, seitenverkehrt nachgeschnitten, etc.) übernommen.
Als dritter ’Vater der Botanik’ ist Otto Brunfels (1488 - 1534) zu nennen. 1530 erschien sein ’Herbarium vivae eicones’, 1532 das ’Contrafyt Kreüterbuch’.
Ganz besonders erfolgreich als Autor war Pier Andrea Mattioli (1500 - 1577), ein Arzt, der u.a. Leibarzt von Erzherzog Ferdinand von Tirol und von Kaiser Maximilian II. war. Sein Dioskurides-Kommentar erschien in ca. 60 Ausgaben (nach seinem Tod bearbeitet, u.a. durch Joachim Camerarius, Bernhard Verzascha und Theodor Zwinger.
Jakob Theodor (1520/30 - 1590), in Bergzabern geboren (daher nannte er sich Tabernaemontanus) schieb ein Kräuterbuch, das zu den ausführlichsten und originellsten gehört. Zu seinen Lebzeiten wurde lediglich der erste Band des ’Neuw Kreuterbuch’ 1588 gedruckt. 1591 folgten der zweite und dritte Band.
In die Neuzeit weisen dann die Werke der zu den bedeutendsten Botanikern ihre Zeit zählenden Flamen Rembert Dodoens (Dodonaeus, 1517 - 1585), Matthias de l’Obel (Lobelius, 1538 - 1616) und Charles de l’Ecluse (Clusius, 1526 - 1609).