Influenza-A-Virus H5N1
Influenza A/H5N1 | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
![]() | ||||||||||||
Vorlage:Taxonomy | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Influenzavirus typ A/H5N1 | ||||||||||||
A-H5N1 ist die Bezeichnung für den Erreger des aktuellen Ausbruchs der so genannten Vogelgrippe. Es ist ein als hoch pathogenes aviäres Influenzavirus (HPAIV) bezeichnetes Influenza-Virus (also ein von Vögeln stammendes Grippevirus) und damit ein behülltes Einzel(-)-Strang-RNA-Virus [ss(-)RNA] aus der Familie der Orthomyxoviren.
Besondere Merkmale
Wie bei allen anderen Influenzaviren auch, kodieren die Segmente dieses Subtyps zehn virale Proteine: Hämagglutinin (HA), Neuraminidase (NA), Nukleoprotein (NP), die Matrixproteine (M1) und (M2), die Polymerase Proteine (PB1), (PB2) und (PA) und die Nichtstrukturproteine (NS1) und (NS2). Eines der acht Gensegmente enthält allein das NS-Gen, welches die beiden Nichtstrukturproteine (NS1) und (NS2) bildet. Ein Forscherteam um Clayton Naeve vom St. Jude Children's Hospital in Memphis, Tennessee - USA hat durch vergleichende Analysen der DNA-Sequenzen von Influenzaviren festgestellt, dass sich an einem Ende des NS-Gens ein Abschnitt befindet, der vermutlich mit über die Heftigkeit eines Infektionsverlaufs entscheidet. Änderungen in diesem Genabschnitt führen zu einer Variation in einem variablen Bereich auf dem NS1-Protein. Bei A-H5N1 besitzt dieser variable Proteinbereich eine Struktur, die sich besonders beim Menschen sehr effektiv an sogenannte PDZ-Domänen (spezieller Teilbereich von Eiweißmolekülen in Zellen) bindet und dadurch die Signalübermittlung in den Zellen besonders stark stört. Eine derartige Störung der Signalübermittlung bewirkt dann eine Überstimulation des Immunsystems, bei der viele Entzündungsbotenstoffe ausgeschüttet werden.
Der hiermit angesprochene Genomabschnitt ist demzufolge auch als einer der Orte anzusehen, bei denen eine Anpassung der verschiedenen Gattungen und Subtypen des Influenza-Virus an ihre jeweiligen Reservoirwirte stattfindet oder schon stattgefunden hat.
Umweltstabilität
Je nach Temperatur ist die Umweltstabilität der Influenzaviren und damit auch des Subtyps A/H5N1 mit all seinen weiteren Varianten sehr unterschiedlich. Bei einer normalen sommerlichen Tagestemperatur von etwa 20° C können an Oberflächen angetrocknete Viren in der Regel zwei bis acht Stunden überleben. Bei 22° C überstehen sie sowohl in Exkrementen wie auch in Geweben verstorbener Tiere und in Wasser mindestens vier Tage, bei einer Temperatur von 0° C mehr als 30 Tage und im Eis sind sie nahezu unbegrenzt überlebensfähig.
Oberhalb von 22° C verringert sich allerdings die Umweltstabilität auch von A/H5N1 sehr deutlich. Bei 56° C werden die Viren innerhalb von 3 Stunden und bei 60° C innerhalb von 30 Minuten inaktiviert [1], [2]. Ab 70° C sterben sie ab und verlieren damit auch endgültig ihre Infektiösität.
Klassifikation der Subtypen

Bei diesen Influenzaviren gibt es vier Gattungen: Influenza-A, Influenza-B, Influenza-C und das Thogotovirus. Vögel werden nur von Influenza-A-Viren und deren Varianten bzw. Subtypen befallen.
Durch ständige Genveränderungen (Mutationen) entstehen fortwährend neue Varianten der Grippeviren. Diese werden nach bestimmten Oberflächeneigenschaften in Subtypen eingeteilt.
Bisher wurden 16 H-Untertypen und 9 N-Untertypen erkannt. Der Subtyp A/H5N1 etwa hat auf seiner Oberfläche die 5. Variante des Hämagglutinins (H5) sowie die 1. Variante der Neuraminidase (N1). Diese Untertypen befallen üblicherweise jeweils nur bestimmte Wirte, während sie von einer weiteren Anzahl an Infektionsvektoren verbreitet werden können, ohne dass diese Tiere erkranken. Der Subtyp A/H5N1 ist aggressiver als A/H7N7 und SARS.
Mittlerweile sind selbst auch innerhalb des Subtyp A/H5N1 weitere Varianten festgestellt (identifiziert) worden, die sich auch in ihrer ohnehin schon hohen Pathogenität noch deutlich unterscheiden. Besonders die asiatische H5N1-Variante (A/Vietnam/H5N1/1203/2004) ist durch ihre gesteigerte Agressivität und Pathogenität aufgefallen.
Zur genauen Erläuterung der Variabilität der Erreger siehe unter Influenza.
Genveränderungen
Der Subtyp A/H5N1 gilt auch aus den schon oben dargestellten Erkenntnissen heute als besonders aggressiv (HPAI, Highly Pathogenic Avian Influenza). Der Virologe Robert G. Webster hebt als besondere Eigenschaft dieses Subtyps hervor, dass er, wie die Variante H7 und anders als alle anderen Subtypen, zuerst die Lunge befällt und sich anschließend im ganzen Körper ausbreitet und bei Vögeln auch Herz, Leber und Gehirn zerstört. Deshalb tötet er heute sehr schnell befallene Vögel, die nicht zu seinem Virusreservoir gehören, und er wird daher von Wissenschaftlern wegen seiner pathogenen Eigenschaften auf Interdependenzen mit anderen Stämmen und Überschreitungen der Artenbarriere aufmerksam beobachtet.
Vor der erwähnten und vor zwei weiteren nachgewiesenen Genveränderungen (die nach Expertenmeinung 1997 und 2003 geschahen) war der Erreger bereits mehrfach in Europa aufgetreten, er galt aber als wenig aggressiv. Auch heute noch werden vereinzelt Wildvögel gefunden, die mit dieser minder pathogenen Variante infiziert sind, aber kaum Krankheitssymptome zeigen, so u.a. im Jahr 2004 in Frankreich und Mitte November 2005 bei einer Ente in der Nähe von Padua.
Eine der zunächst 2003 in Hongkong und in Vietnam und dann wieder Anfang 2006 bei den in der Türkei verstorbenen Kindern nachgewiesenen Genveränderungen (bezüglich einer Aminosäure an Position 223 des Hämagglutinin-Rezeptorproteins) erlaubt es den Viren laut einem Bericht in der Fachzeitschrift "nature" (Band 439 vom 19. Januar 2006, S. 248 f.), sich leichter als zuvor an menschliche Zellen zu binden. Eine zweite, ebenfalls bei den türkischen Kindern nachgewiesene Genveränderung bewirkt den Austausch von Glutaminsäure gegen Lysin in Position 627 seines Polymerase-Proteins, das den Viren dazu dient, ihr genetisches Material zu vervielfältigen. Diese Mutation wurde andernorts gleichfalls schon früher nachgewiesen, allerdings noch nie in Kombination mit der Mutation an Position 223 des Hämagglutinin-Rezeptorproteins. Sie war auch 2003 in den Niederlanden nachgewiesen worden, als dort ein Mann an einer H7N7-Infektion starb und ist eine von insgesamt 10 Mutationen, die dem Virus der Spanischen Grippe die Fähigkeit zum weitgehend unbehinderten Übertritt auf den Menschen verliehen. Die Veränderung am Polymerase-Protein erlaubt es den Viren, längere Zeit als zuvor in der relativ kühlen Nase eines Menschen zu überdauern, während das veränderte Rezeptorprotein eine erleichterte Bindung an die Schleimhautzellen der Nase ermöglicht. Ob durch diese Kombination der Genveränderungen auch das Ausbreitungsverhalten der Viren verändert wird, ist derzeit ungeklärt.
Chinesischen Forschern ist es einer im Februar 2006 veröffentlichten Studie zufolge offenbar gelungen, den Entstehungsort der hochpathogenen H5N1-Variante einzugrenzen. Die Forscher hatten seit Anfang 2004 bis Mitte 2005 einige zehntausend Enten, Gänse und Wildvögel untersucht und dabei festgestellt, dass ungefähr 2 von 100 das Virus unauffällig in sich trugen. Auch in einigen Hühnern kam das Virus vor. Sie konnten ferner drei regionale Cluster (Unterschiede) in den Genen der Viren nachweisen, und zwar mit Schwerpunkt in den südchinesischen Provinzen Guangdong, Hunan und Yunnan. Diese Unterschiede deuten den Forschern zufolge darauf hin, dass die Viren schon geraume Zeit zur Verfügung hatten, um sich zu verändern. Die chinesischen Forscher vermuten, dass H5N1 bereits seit mehr als 10 Jahren in Südchina zirkuliert, obwohl es erst 1997 den ersten großen Ausbruch in der Geflügelhaltung gegeben hat. Im Gegensatz zu den offiziellen politischen Institutionen Chinas gehen die Forscher auch davon aus, dass sich die Viren in Südchina in die heute bestehende hoch pathogene Variante entwickelt haben und von dort in die Nachbarstaaten gelangt sind; Virusproben aus Thailand ähneln nämlich sehr stark den Proben aus Guangdong.
Der Virologe Albert Osterhaus von der Erasmus Universität in Rotterdam, Niederlande, stellt zusammenfassend fest, dass sich die H5N1-Stämme von Anfang 2006 bereits deutlich von denen aus dem Jahr 1997 unterscheiden.
Impfstoffentwicklung

Sowohl ein Forscherteam um Andrea Gambotto der University of Pittsburgh wie auch eine Gruppe um Suryaprakash Sambhara vom National Center of Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta, beide USA, haben Anfang Februar 2006 neuartige Prototypen eines bislang bei Mäusen und Hühnern zuverlässig wirksamen Vogelgrippe-Impfstoffs gegen A/H5N1 vorgestellt.
Die Mitarbeiter von Andrea Gambotto nahmen harmlose Erkältungsviren (Adenoviren) und bauten diesen ein spezielles Gen des A/H5N1-Virus ein, das auf der Virusoberfläche Teile oder die Vollversion eines bestimmten Proteins des Vogelgrippevirus herstellt (exprimiert). Dabei handelt es sich um das so genannte Hämagglutinin (HA), welches sich auf der Oberfläche aller Grippeviren findet und ihnen dabei hilft, an die Wirtszellen anzudocken, damit sie anschließend in sie einzudringen können.

Bei Mäusen, die mit derart gentechnisch erzeugtem Impfstoff behandelt wurden, waren sechs Tage nach der anschließenden Infektion mit der Virusvariante A/Vietnam/H5N1/1203/2004 keine Erreger mehr nachweisbar, und nach 70 Tagen war auch eine Immunität gegenüber A/H5N1 zu beobachten. Hühner waren sogar schon nach 21 Tagen vor einer Vogelgrippe geschützt, wenn ihnen dieser Impfstoff unter die Haut (subkutan) gespritzt wurde. Nach Aussagen der Wissenschaftler basiert der Wirkstoff auf gentechnisch veränderten Komponenten des lebenden Virus und aktiviere daher das Immunsystem effektiver als herkömmliche Grippeimpfungen.
Da die für den neuen Impfstoff verwendeten veränderten Viren nicht wie die herkömmlichen Grippe-Impfstoffe in befruchteten Hühnereiern, sondern in Zellkulturen gezüchtet werden, könne man sie nunmehr sehr schnell und in großen Mengen produzieren und auch ebenso schnell auf erfolgte Virusveränderungen zuschneiden. Damit sei eine vereinfachte und beschleunigte Impfstoffherstellung möglich geworden. Nach eigenen Angaben benötigten die Wissenschaftler in Pittsburgh nur 36 Tage bis zur Produktion ihrer Seren.
Die Forscher um Suryaprakash Sambhara in Atlanta benutzten ebenfalls Erkältungsviren als "Transporter" für ein Gen des Virus. Bei ihnen überlebten alle mit diesem Impfstoff behandelten Mäuse eine anschließende Infektion mit A/H5N1, wobei sämtliche Viren innerhalb von vier Tagen in den Lungen der Tiere nicht mehr nachweisbar waren. Nach Angaben der Wissenschaftler sei ihr Impfstoff für verschiedene Untervarianten des Vogelgrippe-Virus einsetzbar und von den Mitarbeitern innerhalb von fünf bis sieben Wochen herzustellen.
Experten sind allerdings der Ansicht, dass noch viele zeitaufwändige Tests notwendig sind, bis eine wirksame Impfung von Menschen möglich wird. So könnten bis zur Marktreife der Impfstoffe drei bis vier Jahre vergehen.
Weblinks
- www.oie.int Aktuelle Daten zur weltweiten Situation bezüglich der aviären Influenza (englisch)
- H5N1 bei NCBI