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Kloster Walkenried

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Zisterzienserkloster Walkenried
Blick auf das ehemalige Kapitelhaus und die Ruinen der Klosterkirche von Osten
Blick auf das ehemalige Kapitelhaus und die Ruinen der Klosterkirche von Osten
Blick auf das ehemalige Kapitelhaus und die Ruinen der Klosterkirche von Osten
Lage Deutschland Deutschland
Niedersachsen
Koordinaten: 51° 34′ 59″ N, 10° 37′ 9″ OKoordinaten: 51° 34′ 59″ N, 10° 37′ 9″ O
Ordnungsnummer
nach Janauschek
32
Gründungsjahr 1129
Jahr der Auflösung/
Aufhebung
1546
Mutterkloster Kloster Kamp
Primarabtei Kloster Morimond

Tochterklöster

Zisterzienserabtei Pforta (1137)
Kloster Sittichenbach (1141)

Das Kloster Walkenried, ehemalige Zisterzienserabtei in Walkenried und gelegen am Südrand des Harzes nahe dem Dreiländereck NiedersachsenSachsen-AnhaltThüringen, umfasst die Ruine der Klosterkirche sowie das größtenteils erhaltene gotische Klausurgebäude. Dieses wurde 2006 zu einem Museum (ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried) ausgebaut.

Seit 2010 gehört die Klosteranlage zum UNESCO-Welterbe Oberharzer Wasserwirtschaft.

Geschichte des Klosters

Gründung

1127 stiftete Adelheid von Walkenried das dritte Zisterzienserkloster im deutschsprachigen Raum. Während einer Pilgerreise hatte sie Mönche des neugegründeten Zisterzienserklosters Kamp am Niederrhein kennengelernt und ihnen die Besiedlung ihres Landes angeboten. Der Bachlauf der Wieda und die unmittelbare Nähe zum Harz erfüllten die Standortkriterien der Zisterzienser: ausreichende Entfernung zu Siedlungen, Lage an einer Niederung mit Wasserlauf und Möglichkeit zur wirtschaftlichen Entfaltung, so dass der Gründungskonvent aus Kamp 1129 einzog und mit dem Bau der romanischen Kirche beginnen konnte.

Weitere Entwicklung

Darstellung der Klosteranlage aus der Mitte des 17. Jahrhunderts

Durch das Prinzip der Eigenwirtschaft, das straffe, zentralistische Ordnungsgefüge und weiteres Startkapital, vor allem durch Kaiser Lothar III. von Süpplingenburg wuchs das Kloster innerhalb kürzester Zeit. 1137 wurde das erste Tochterkloster in Pforta bei Naumburg gegründet; 1141 folgte eine weitere Filiation in Sittichenbach bei Eisleben. Ausgestattet mit wassertechnischem Know-how begannen die Mönche mit der Trockenlegung und Urbarmachung des Oberen Rieds in der Helmeniederung am südlichen Harzrand, der heutigen Goldenen Aue. Ab 1150 betrieb Walkenried insgesamt rund 30 Grangien und sechs Stadthöfe, darunter auch eine Grangie bei und einen Stadthof in Würzburg. Neben der Agrarwirtschaft bildeten die Montanwirtschaft und später auch die Geldwirtschaft weitere wichtige wirtschaftliche Standbeine. Über zwei Jahrhunderte waren die Walkenrieder Mönche Berg- und Hüttenherren im Harz und besaßen umfangreiche Waldgebiete vor allem für die Herstellung von Holzkohle. In seiner Blütezeit im 13. Jahrhundert lebten, beteten und arbeiteten rund 100 Chormönche und über 200 Konversen im Kloster. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten wurde das Kloster Walkenried zu einem der reichsten und politisch bedeutendsten Klöster des Reformordens der Zisterzienser.

Mitte des 14. Jahrhunderts begann der Niedergang. Das Walkenrieder Kerngeschäft Montanwesen stagnierte durch die Krise im Harzer Bergbau, zudem geriet die Agrarwirtschaft durch Pest und ökologische Probleme in eine Krise. 1509 war der Klosterkonvent auf das kanonische Minimum von 12 Mönchen und einem Abt geschrumpft. Während der Bauernkriege stürmten im Jahr 1525 mehrere hundert aufständische Bauern das Kloster und brachten den hölzernen Dachreiter der Klosterkirche zum Einsturz, der daraufhin durch das Gewölbe fiel und ein Loch hinterließ, das nicht mehr abgedichtet wurde. 1546 traten die wenigen Mönche zum Protestantismus über.

1578 wurde die Verwaltung des Klosters von den Grafen von Hohnstein übernommen, 1593 fiel Walkenried an die Herzöge von Braunschweig und Lüneburg. Der Konvent bestand formal noch weiter, bis er 1648 aufgelöst wurde. Von 1557 bis 1668 befand sich eine Lateinschule im Kloster. Nach ihrer Schließung wurde die Klosterkirche für rund 150 Jahre als Steinbruch genutzt und mehrere Gehöfte innerhalb der Kirchenruine errichtet. 1817 wurde ihr weiterer Abriss verboten und im Laufe des 19. Jahrhunderts erste Renovierungsmaßnahmen in Kreuzgang und Klausur durchgeführt. Ab 1977 leitete der Landkreis Osterode am Harz umfangreiche Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen ein, die von archäologischen Grabungen begleitet wurden. Das Zisterziensermuseum Kloster Walkenried wurde 2006 in der Klosteranlage eröffnet.

Blick von Westen auf die Klosteranlage mit der Ruine der Klosterkirche (links) und dem Klausurgebäude (rechts)

Zusammenfassung in einer Datenleiste

  • 1127: Adelheid von Walkenried stiftete das Kloster.
  • 1129: Ein Konvent aus dem Zisterzienserkloster Kamp am Niederrhein gründete das Kloster.
  • 1132: Kaiser Lothar III. von Süpplingenburg bestätigte die Klosterstiftung.
  • 1132: Das erste Tochterkloster Pforta bei Naumburg wurde gegründet.
  • 1141: Das zweite Tochterkloster Sittichenbach wurde gegründet.
  • 1144: Die Mönche begannen mit der Trockenlegung und Urbarmachung des Oberen Rieds am südlichen Harzrand.
  • 12. Jahrhundert und 13. Jahrhundert: Blütezeit des Klosters.
  • Ab 1150: Walkenried unterhielt zahlreiche Wirtschaftshöfe (Grangien) am südlichen, später auch am nördlichen Harzrand und in Würzburg, und es betrieb Bergbau und Verhüttung am Rammelsberg und im Harz. Das Kloster hatte sich zu einem mittelalterlichen Klosterkonzern entwickelt.
  • 1290: Die gotische Klosterkirche, eine der größten Kirchen Norddeutschlands, wurde nach rund 80-jähriger Bauzeit geweiht. Auch der Lesegang (der nördliche zweischiffige Kreuzgang) war fertiggestellt.
  • Um 1330: Die gotische Klausur war nach rund 40 Jahren Bauzeit vollendet.
  • Um 1350: Durch den Stillstand in den Harzer Gruben stagnierte das Walkenrieder Kerngeschäft Montanwesen völlig. Ökologische Probleme und die Pest führen auch das Walkenrieder Kerngeschäft Agrarwirtschaft in eine Krise. Zur Kompensation der wirtschaftlichen Einschnitte verlegte sich das Kloster auf Zinswirtschaft.
  • 1509: Der Konvent ist auf das kanonische Minimum von 12 Mönchen und einem Abt gesunken.
  • 1525: Die Klosterkirche wurde in den Bauernkriegen stark beschädigt.
  • 1546: Das Ordenskapitel trat zur Reformation über.
  • 1556: Mit der Gründung einer Lateinschule gab sich die Klosteranlage Walkenried eine neue Funktion.
  • 1593: Der Domkonvent von Halberstadt belehnte die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg mit der Grafschaft Hohnstein. Damit fielen Klostergebäude, verbliebene Ländereien und Schutzherrschaft an die Landesherren, die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. Heinrich Julius wurde Administrator.
  • 1648: Der evangelische Konvent wurde aufgehoben.
  • 1668: Die Lateinschule wurde geschlossen.
  • Ab 1672: Die Klosterkirche diente als Materialquelle für andere Bauten, die Klausur blieb fast vollständig erhalten.
  • 1817: Der weitere Abriss der Kirchenruine wurde verboten.
  • 1876: Im Kreuzgang fanden Renovierungsmaßnahmen statt.
  • 1977: Der Landkreis Osterode am Harz erhielt von der Eigentümerin der Klosteranlage Walkenried, der Braunschweig-Stiftung (Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz) die Trägerschaft und begann mit umfangreichen Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen. Archäologische Grabungen der Niedersächsischen Landesdenkmalpflege begleiteten die Arbeiten.
  • 2006: Eröffnung des im Wesentlichen von Oberkonservator Reinhard Roseneck geprägten und gestalteten Museums.
  • 2010: Die Klosteranlage wird UNESCO-Welterbe Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft.

Architektur

Kirche

Blick auf die Ruine der Klosterkirche

Im Jahre 1137 wurde der Vorgängerbau der gotischen Klosterkirche geweiht. Bei dieser romanischen Kirche handelte es sich um eine 50 Meter lange, kreuzförmige Basilika mit fünf Apsiden.

Der gotische Kirchenneubau wurde vor 1209 von Abt Heidenreich initiiert und zunächst durch Kaiser Otto IV. mitfinanziert. Der Bau folgte einem französischen frühgotischen Schema, wobei sein Grundriss direkt von der Primarabtei Morimond übernommen wurde. Es handelte sich um eine dreischiffige Basilika mit fünf Jochen, mit sechsteiligen Gewölben im Mittelschiff und einem fünfschiffigen Chor. Bereits im Jahre 1253 wurde der Ostteil für den Gottesdienst genutzt. Im Jahre 1290, nach 80 Jahren Bauzeit, wurde die Kirche durch den Hildesheimer Bischof Siegfried II. geweiht.[1] Mit weit über 90 m Länge war sie damals eine der größten Kirchen Norddeutschlands.

Der ursprünglich gerade Chorschluss wurde im 14. Jahrhundert wegen statischer Schwierigkeiten durch ein 5/8-Polygon ersetzt. An der Innenseite des Chorpolygons befinden sich Ritzzeichnungen, die Angehörige der Familie von Werthern in Ritterrüstung zeigen. Die Darstellungen weisen diesen Bereich der Klosterkirche als Grablege der Familie aus.

Nachdem die Vierung der Klosterkirche im Bauernkrieg beschädigt wurde, war sie dem Verfall preisgegeben.

Teile der Westfassade, der südlichen Seitenschiffwand sowie der Ostteil der südlichen Mittelschiffwand sind erhalten. 1902 stürzte ein Teil des Polygons ein. Nach einem weiteren Teileinsturz wurden 1987/88 die oberen Mauerpartien neu aufgemauert.

Klausurgebäude

Blick in den Innenhof des Klausurgebäudes

Das Klausurgebäude, das spätestens um 1330 fertiggestellt wurde, schließt sich südlich an die gotische Kirche(nruine) an und ist in sehr gutem Zustand (Jahr 2013).

Kreuzgang

Doppelschiffiger nördlicher Kreuzgangflügel – Lesegang

Der Kreuzgang gilt als einer der schönsten der Gotik in Norddeutschland. Das Wahrzeichen Walkenrieds ist der nördliche doppelschiffige Flügel, der Lesegang (doppelschiffiger Kreuzgang), dessen Kreuzrippengewölbe in der Mitte von Säulen getragen wird und deren Kapitelle mit naturalistischem Blattwerk gestaltet sind. Die übrigen Flügel des Kreuzgangs sind einschiffig.

Brunnenhaus

Das Brunnenhaus hat einen polygonalen Grundriss und ist in der Mitte des Südflügels mit dem Kreuzgang verbunden. Der ursprünglich gewölbte Raum wird von einer flachen Holzdecke überfangen.

Der um 1220 gegossene Bronzebrunnen ist nicht mehr erhalten. Nachdem er im 18. Jahrhundert von den Landesherren nach Salzdahlum bei Braunschweig verbracht wurde, verliert sich die Spur; möglicherweise wurde er für Kriegszwecke eingeschmolzen. Am Brunnen wurde zur Zeit der Mönche das Weihwasser entnommen, hier wuschen sich die Brüder vor jeder Mahlzeit Gesicht und Hände. Gegenseitig schnitten sie sich Tonsur und Bart. Die regelmäßige Erneuerung der Tonsur stellte den Bezug zum Mönchsgelübde her, symbolisch bedeutete dies eine zweite Taufe – die Architektur des Brunnenhauses erinnert an eine Kapelle.

Brüdersaal und Kapitelsaal

Handarbeiten, die keiner Werkstatt bedurften, wurden im Brüdersaal, der Fraterie, verrichtet. Dies war der Studier- und Arbeitsraum der Mönche.

Kapitelsaal in der Walkenrieder Klausur

Der Kapitelsaal, ursprünglich der Versammlungsraum der Mönche, ist seit 1570 evangelische Kirche.[2] Das Gewölbe des Kapitelsaals wird von kapitelllosen Säulen getragen. Die ursprüngliche farbige Fassung der Gewölberippen wurde in den 1980er Jahren nach Befund rekonstruiert.

Die gesamte Mönchsgemeinschaft unter dem Vorsitz ihres Abtes gehörte dem Kapitel an. Ausgestattet war der Saal mit einer umlaufenden Bank und einem Lesepult in der Mitte des Raumes. Auf den darauf ausliegenden Benediktsregeln lasen die Mönche täglich vor. Alle wirtschaftlichen oder rechtlichen Entscheidungen wurden im Kapitelsaal getroffen. Auch über die Aufnahme der Novizen wurde entschieden. Als Ort des Gerichts musste hier jeder Mönch sein Schuldbekenntnis ablegen und öffentlich Buße tun.

Als Kirchenraum erhielt der Saal 1667 eine barocke Holzkanzel, die von Konrad Bonifacius aus Ellrich geschaffen hatte. Der Kanzelkorb wird von einem Delfin und einem Engel getragen. An den Brüstungsfeldern des Korbes sind eine Christusfigur, eine Figur Martin Luthers sowie Darstellungen der Evangelisten angebracht.

Ausstattung

Madonnenfiguren

Gotische Madonna im Walkenrieder Kreuzgang

Das Zisterziensermuseum besitzt zwei gotische Madonnenfiguren. Die museal präsentierte Torhausmadonna, eine streng frontal ausgerichtete Sitzfigur, wird durch Thron und Krone als Himmelskönigin charakterisiert. Auf ihrem Schoß sitzt der Jesusknabe. Die steinerne Gottesmutter im nördlichen Kreuzgangflügel ist ähnlich aufgebaut, weist aber stilistisch deutliche Unterschiede auf. Der Oberkörper neigt sich zum Kind, die Gewandfalten fließen weicher und der Ausdruck ist von einem leichten Lächeln geprägt. Ihre kunsthistorische Bedeutung als Werk der Skulptur des sächsischen Raums um 1230/40 drückt sich in der Verwandtschaft zum Grabmal Heinrichs des Löwen und Mathildes im Braunschweiger Dom aus. Die Skulptur befand sich ursprünglich auf dem Hauptaltar der gotischen Klosterkirche.

Kapitelsaal

Die Ausstattung des Kapitelsaals – Altarretabel, Epitaph und Holzkanzel – stammt mit Ausnahme der spätromanischen Standpiszine (eine Art Badewanne) aus nachmönchischer Zeit.

Die um 1220 gefertigte Piszine stand wohl einst in der romanischen Kirche und diente als Ausgussbecken für die Reinigung der liturgischen Geräte. Die Piszine ist architektonisch durchgestaltet, der Schaft einem Bündelpfeiler nachempfunden. Sie wird von der evangelischen Kirchengemeinde als Taufbecken genutzt.

Das Altarretabel stiftete 1577 der letzte – evangelische – Walkenrieder Abt Georg Kreite. Die Mitteltafel des Flügelaltars zeigt die Darstellung des Abendmahls, die Martin Luder aus Nordhausen zugeschrieben wird.

Das hölzerne Prunk-Epitaph ist dem letzten Hohnsteiner Grafen Ernst VII. gewidmet; es wurde 1602 von der zweiten Gemahlin des Verstorbenen gestiftet und zeigt den Grafen als Vollfigur im Profil vor einem Kruzifix kniend in ewiger Anbetung. Die Szenerie wird von einer dreiteiligen manieristischen Architektur hinterfangen. Der Künstler ist nicht überliefert, aufgrund stilistischer Ähnlichkeiten könnte es sich um den Hildesheimer Bildhauer Jonas Wulff handeln.

Kreuzgang

Kreuzgang mit mittelalterlichen Grabmalen

An den Wänden des Kreuzgangs sind zahlreiche Epitaphien, Grabsteine und Gedenkplatten angebracht, die, da sie ihrem ursprünglichen funktionalen Zusammenhang teilweise nicht mehr eindeutig zuordenbar sind, in chronologischer Reihenfolge präsentiert werden. Unter anderem handelt es sich um Ritzgrabsteine des Ritters Werner von Lethgast und des Grafen Dietrich III. von Hohnstein aus dem ausgehenden 13. und dem frühen 14. Jahrhundert. Das Bestatten auf geweihtem Boden galt im Mittelalter als Privileg, für das hohe Stiftungen geleistet wurden; in Zisterzienserklöstern wurde die Beisetzung von Laien erst 1217 durch das Generalkapitel gestattet. Die nicht mehr vorhandenen Grüfte des Walkenrieder Kreuzgangs stammten gänzlich aus nachmönchischer Zeit.

Klosteranlage Walkenried: Teil des UNESCO-Welterbes

Seit 2010 ist die Klosteranlage Walkenried Teil des UNESCO-Welterbes Erzbergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft – bedeutendstes und größtes vorindustrielles Energieversorgungssystem. Die technische Entwicklung des Bergbaus im Oberharz war Vorreiter in Europa.

Schon vor 800 Jahren war das Wasser im Oberharz die entscheidende Kraftquelle der Berg- und Hüttenwerke. Im frühen 13. Jahrhundert entwickelten die Walkenrieder Mönche als bedeutende Berg- und Hüttenherren erste Systeme zur Wasserversorgung ihrer eigenen Montan- und Teichwirtschaft, die Harzer Bergleute dann über Jahrhunderte weiter ausbauten. Damit sind die Walkenrieder Zisterziensermönche die Väter des Oberharzer Wasserregals. Ihr Kloster war somit die wirtschaftliche Betriebszentrale des

  • sich ab 1225 bei Seesen am Harz entwickelnden Industriegebiets mit Teich- und Grabensystem (Pandelbachtal) und
  • des zeitgleichen Oberharzer und Rammelsberger Bergbaus.

Am Rammelsberg war Walkenried vermutlich seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts mit der Realisierung modernster Wasserwirtschaftssysteme befasst; das Kloster hielt dort 25 Prozent der Grubenanteile und die Mönche waren gemeinsam mit der Bergstadt Goslar über zwei Jahrhunderte die bedeutendsten Bergherren.

Einzigartiges Zeugnis der Walkenrieder Mönche als Rammelsberger Bergherren ist die in Gewölbetechnik ausgemauerte Radstube, das Feuergezäher Gewölbe aus dem 13. Jahrhundert, gelegen in dem Teil des Rammelsberges, der ehemals dem Kloster gehörte.

Ausschlaggebend für die Aufnahme der nahezu komplett erhaltenen gotischen Klosteranlage in das UNESCO-Weltkulturerbe war nicht zuletzt die überragende bauliche Sonderform des nördlichen Kreuzgangflügels, dem „Doppelschiffigen“. Mit außergewöhnlichem künstlerischen Anspruch und Raumeindruck, mit seiner Rhythmisierung durch die Rundstützen, dabei lichtdurchflutet und geprägt durch den unverwechselbaren Hallencharakter ist er seit jeher architektonisches Alleinstellungsmerkmal und „Markenzeichen“ Walkenrieds.

Zisterziensermuseum Kloster Walkenried

Klostermarkt Walkenried

Während die Ruine der Klosterkirche noch ihre einst so mächtigen Dimensionen dokumentiert, beherbergt die zum größten Teil erhaltene gotische Klausur das Museum in der Trägerschaft des Landkreises Osterode am Harz. Die Eigentümerin der Klosteranlage ist die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.

Das Museum versteht sich selbst als Klostermuseum der Moderne, in dem sich Besucher auf eine Zeitreise begeben, um vom durch Beten und Arbeiten geprägten Leben und Wirken hinter hohen Klostermauern zu erfahren. Akustische und visuelle Inszenierungen sowie der museale Blick auf die erfolgreichen und großangelegten Wirtschaftstätigkeiten der Mönche sollen die Faszination des fast 900 Jahre alten Ortes zusätzlich steigern. Das Museum will auch Erlebnisort für Kinder und Familien sein, das museumspädagogische Programm spricht alle Altersstufen an. Die Besucher können sich mit Hilfe eines Audio-Guides führen lassen und/oder an einer Museumsführung teilnehmen.

Von September bis April werden nach Einbruch der Dunkelheit Führungen im Kerzenschein[3] angeboten, deren Atmosphäre die einstige Abgeschiedenheit und Stille der Klausur empfinden lässt, sowie die Nacht der Offenen Pforte zu Ostersonntag u. a. mit Lesungen und Gregorianik bis Mitternacht.

Der Landkreis Osterode am Harz und der Förderkreis Kloster Walkenried e.V. veranstalten außerdem seit 1983 jährlich die Walkenrieder Kreuzgangkonzerte im Kreuzgang und im Sommer im Kreuzgarten musikalische und literarische Veranstaltungen.[4] 2015 hat die Eigentümerin der Liegenschaft Kloster Walkenried, die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (SBK), die Trägerschaft für die Walkenrieder Kreuzgangkonzerte vom Landkreis Osterode am Harz übernommen.

Am internationalen Klostermarkt, den das Museum mit weiteren Veranstaltern jedes Jahr am letzten Septemberwochenende vor der gotischen Klausur ausrichtet, nehmen an die 30 Ordensgemeinschaften aus ganz Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland teil. Zu der in Mittel- und Norddeutschland wohl einmaligen Veranstaltung bieten Mönche und Nonnen ihre klösterlichen Erzeugnisse aus Küche, Garten, Keller und Werkstatt an. Der Klostermarkt ist auch ein Forum für den Gedankenaustausch über Gott und die Welt, über Spiritualität und soziales Engagement.[5]

Auszeichnungen

  • 2007 wurde das Museum im bundesweiten Wettbewerb Deutschland – Land der Ideen ausgezeichnet.
  • 2015 bekommt das Museum das Zertifikat Kinder-Ferien-Land Niedersachsen verliehen.[6]

Förderkreis Kloster Walkenried

1973 wurde der Förderkreis Kloster Walkenried e.V. gegründet. Die Mitglieder fördern die Bemühungen um die Erhaltung des Baudenkmals und die Durchführung kultureller Veranstaltungen und Ausstellungen im Kloster, wie das ganzjährig geöffnete Museum.

Teichlandschaft

Einer der Klosterteiche in Walkenried

Der Überlieferung nach legten die Walkenrieder Gottesleute 365 Teiche an, für jeden Tag im Jahr einen. Tatsächlich sind noch rund 50 Teiche nachweisbar. In unmittelbarer Nähe des Klosters legten die Mönche ein System von 16 Fischteichen an, denn Fisch war die klösterliche Hauptspeise und zudem wichtiges Handelsprodukt. Insgesamt entstand auf diese Weise eine von Möncheshand veränderte Kulturlandschaft, deren Spuren erhalten sind.

Die historischen Teiche sind aufgrund ihrer Dämme, Ab- und Umlaufgräben als technisches Denkmal des Mittelalters zu verstehen. Sie präsentieren sich als eindrucksvolle Erholungslandschaft. Bereits 1950 wurden die Teiche als Naturschutzgebiet Priorteich-Sachsensteingebiet ausgewiesen.

Literatur

  • Alphei, Cord: Walkenried. In: Ulrich Faust (Hrsg.): Die Männer- und Frauenklöster der Zisterzienser in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg (= Germania Benedictina). Band XII. St. Ottilien 1994, ISBN 3-88096-612-5, S. 678–742.
  • Christoph Bartels: Die Zisterzienser im Montanwesen des Mittelalters und die Bedeutung ihrer Klöster für den Bergbau und das Hüttenwesen im Harzraum. In: Esther-Pia Wipfler, Rose-Marie Knape (Hrsg.): Bete und arbeite! Zisterzienser in der Grafschaft Mansfeld. Halle 1998, ISBN 3-932863-07-0, S. 99–117 (Begleitband zur Ausstellung).
  • Josef Dolle (Bearb.) nach Vorarbeiten von Walter Baumann: Urkundenbuch des Klosters Walkenried Band 1:. Von den Anfängen bis 1300. In: Braunschweigischer Geschichtsverein (Hrsg.): Quellen und Forschungen zur braunschweigischen Landesgeschichte Band 38 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen). Band 210. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2002, ISBN 3-7752-6010-2.
  • Josef Dolle (Bearb.) nach Vorarbeiten von Walter Baumann: Urkundenbuch des Klosters Walkenried Band 2. Von 1301 bis 1500. In: Braunschweigischer Geschichtsverein (Hrsg.): Quellen und Forschungen zur braunschweigischen Landesgeschichte Band 45 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen). Band 241. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2008, ISBN 978-3-7752-6041-1.
  • Heiner Lindemann: Studien zur Besitzgeschichte des Klosters Walkenried im 12. und 13. Jahrhundert. Hannover 2005 (Magisterarbeit am Historischen Seminar der Universität Hannover).
  • Nicolaus Heutger: Kloster Walkenried. Geschichte und Gegenwart. Berlin 2007.
  • Maria Keibel-Maier: Der frühgotische Chorbau der ehemaligen Zisterzienserkirche Walkenried. Archäologische Beobachtungen zur Baugestalt und Baugeschichte (= Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen).
  • Konrad Maier, Maria Keibel-Maier: Miszellen zur Baugeschichte des Klosters Walkenried (= Niedersächsische Denkmalpflege. Nr. 11). 1984, S. 12–41.
  • Konrad Maier, Maria Keibel-Maier: Kloster Walkenried. Die Baukunst der Zisterzienser. Neu- Auflage. München 2007.
  • Horst Lenz, Peter Königsfeld: Sicherung und Restaurierung des ehemaligen Zisterzienserklosters Walkenried (= Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen. Nr. 2). 1982, S. 74–76.
  • Bernd Nicolai: Libido aedificandi. Walkenried und die monumentale Kirchenbaukunst der Zisterzienser um 1200. Hrsg.: Braunschweigischer Geschichtsverein (= Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Geschichte. Nr. 28). Braunschweig 1990.
  • Friedrich und Walther Reinboth: Walkenrieder Zeittafel. Abriß der Orts- und Klostergeschichte. 2. Auflage. Walkenried 1989 (Aus urkundlichen u. literarischen Quellen zusammengestellt).
  • Brigitte Moritz, Ortrud Krause und Günter Jentsch: Museumsführer ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried. Hrsg.: Reinhard Roseneck für den Landkreis Osterode am Harz. Osterode am Harz 2010.
  • Ernst Andreas Friedrich: Das Kloster Walkenried. In: Wenn Steine reden könnten. Band I, Landbuch-Verlag, Hannover 1989, ISBN 3-7842-0397-3, S. 129–132.
Commons: Kloster Walkenried – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Einzelnachweise

  1. Johann Christoph Stübner: Geographische, naturhistorische und vorzüglich mineralogische Beschreibung des Harzgebirges. Nebst Darstellung des auf dem Harze befindlichen Berg- und Hüttenwesens. Teil 1. Sommersche Buchhandlung, Leipzig 1800, Achter Abschnitt, IV. Abtheilung, Vom Kloster Walkenried / Administratoren, S. 528 (online auf: books.google.de).
  2. Ev.-luth. Kirchengemeinde Walkenried St. Maria und Martini
  3. KlosterCafé Walkenried
  4. Kloster Walkenried - Kreuzgangkonzerte
  5. Klostermarkt Walkenried
  6. KinderFerienLand - Entdecken & Erleben