Zum Inhalt springen

Johannes Hakenmüller

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. April 2015 um 17:21 Uhr durch Hakenmüller (Diskussion | Beiträge) (einige Quellen-Angaben). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Dieser Artikel wurde am 27. April 2015 auf den Seiten der Qualitätssicherung eingetragen. Bitte hilf mit, ihn zu verbessern, und beteilige dich bitte an der Diskussion!
Folgendes muss noch verbessert werden: Vollprogramm --Schnabeltassentier (Diskussion) 17:18, 27. Apr. 2015 (CEST)
Johannes Hakenmüller und seine Frau Luise, geb. Krauss

Johannes Hakenmüller (* 10. September 1857 in Tailfingen; † 19. April 1917) war ein deutscher Textilpionier[1] und Unternehmer, der seinen Heimatort Tailfingen durch infrastrukturelle sowie technische Maßnahmen zur deutschen Trikotstadt werden ließ. Seine von 1887 an gegründeten Textilfabriken gehörten unter seinen Nachfolgern und Söhnen Julius und Paul in den 1930er Jahren zu den führenden Produktionsstätten innovativer Textilien und Gesundheitswäsche in Deutschland.

Leben

Geboren in Tailfingen wuchs Johannes Hakenmüller als Sohn des Krämers Jakob Hakenmüller (1820–1877) und dessen Ehefrau Henrike, geborene Wizemann, mit vier Geschwistern im Zentrum von Tailfingen auf.

Nach seinem Besuch der Fröbelschule und anschließend der Gewerbeschule in Tailfingen machte er eine Banklehre in Stuttgart. Am 3. Mai 1884 heiratete er Luise Maria Krauß (1855-1927), verwitwete Tochter des Schreiners, Möbelfabrikanten und Gastwirts Johannes Krauß in Aalen.

1884 gründete er zusammen mit Johannes Conzelmann und Jakob Bitzer die Firma J.Conzelmann & Compagnie mit einem Neubau an der Moltkestraße in Tailfingen[2]. Die Produktion wurde zumeist aus Aufträgen der jüdischen Textilunternehmer im nahe gelegenen Hohenzollern-Hechingen gespeist, welche wegen Überkapazitäten vor allem Garn und Faden an die zumeist noch in Heimarbeit tätigen Textilhandwerker als Subunternehmer in Tailfingen weitergaben[3]. Diese hatten für sich nach und nach mithilfe zinsfreundlicher Kredite der königlichen Zentralstelle für Handel und Gewerbe in Stuttgart die erstmals durch Jakob Gonser 1853 nach Tailfingen gebrachten Rundstühle erworben, welche vor allem die mechanischen Webstühle abgelöst und nun in weit schnellerem Tempo die Produktion einer nahtlosen, damit für den menschlichen Körper hygienisch besser und anschmiegsameren Schlauchware aus Baumwolle ermöglichten.

Joahnnes Hakenmüller war neben Salome Blickle, Chefin der Tailfinger Textilfabrik Balthasar Blickle´s Witwe, der Erste, der sich nicht mehr als Lohnunternehmer sah, sondern als eigenständiger Textilfabrikant[4]. Deshalb begann er spätestens im Jahr 1887 im Erdgeschoss seines Elternhauses an der Goethestraße zusammen mit seiner Ehefrau Luise zu dribeln, d.h. per Hand mit der Absicht, eine ganz eigene Textil-Kollektion und Tailfinger Textilmarke zu erstellen, beinahe Tag und Nacht Stoff an den noch mechanisch in Drehung zu setzenden Maschinen herzustellen.

Hakenmüller gewann den in seiner Nachbarschaft wohnhaften Trikotweber Carl Rehfuss, welcher wie manch andere Fabrikgründer in Tailfingen als Lehrlinge ihr stricktechnisches Wissen in den europaweit führenden Textilmaschinenfabriken Terrot in Cannstatt bei Stuttgart und Fouquet & Frautz in Rottenburg am Neckar erworben hatte. Vorerblich mit Geldmitteln ihres Vaters ausgestattet, stieg Ehefrau Luise als Kommanditistin bei J. Hakenmüller ein. Sie gebar ihrem Ehemann von 1885 bis 1896 sieben Kinder, fünf Jungen und zwei Mädchen, von welchen zwei bereits im frühen Kindesalter starben.

Im Jahr 1914 verlieh der weitsichtige Firmengründer seinen beiden ältesten Söhnen Julius und Paul Prokura. Wegen einer schlecht heilbaren Diphtherie ordnete Johannes Hakenmüller sein Firmenvermögen und gründete im Jahr 1916 eine auf seinen Namen lautende Stiftung mit einem Stammkapital von 50.000 Goldmark. Das Geld dafür hatte er nicht nur seit Beginn des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 durch kluge Verkäufe von Herren-Unterwäsche an das Landesmilitärkommando in Ludwigsburg - wo sein Sohn Paul als Leutnant der Reserve tätig war - erwirtschaftet, sondern zuvor schon durch den Verkauf von landwirtschaftlichen Grundstücken seiner Vorfahren als begehrtes Bauland, insbesondere seines Großvater Konrad, welcher als Schäfer in Tailfingen tätig war. Seit seinem Besuch der II. Olympischen Sommerspiele der Neuzeit in Paris hatte Johannes Hakenmüller die Bedeutung nicht nur von Gesundheits- sondern auch von Funktionswäsche für die Ausübung sportlicher und freizeitgemäßer Übungen erkannt, weshalb er in seiner Textilfabrik Hautjacken und Sporthemden entwickeln und produzieren ließ, was er als Erster seiner Kollegen in Tailfingen auch stolz im Briefkopf seiner Firma ab dem Jahr 1901 kennzeichnete.

Bis dahin hatte sich aus dem Bauernhaus als ursprüngliche Produktionsstätte durch einen von dem erst Balinger Architekten, dann Tailfinger Werkmeister Carl Ammann geplanten Anbau im sogenannten Heimatstil das Firmengelände vervierfacht. Nach und nach hatte Johannes Hakenmüller alle umliegenden Häuser zwischen Lange Straße, Hechinger Straße, Kronenstraße und Jägerstraße aufgekauft und teilweise abreissen lassen. Vor allem kam ihm der Umstand zugute, daß sich im Garten hinter seinem Elternhaus eine eigene Quelle befand, über welcher er ein Dampfkesselhaus errichten ließ zur Inbetriebnahme einer eigenen Färberei und Ausrüstung.

Die Garne und Farbkübel dafür konnten nicht länger erfolgversprechend mit Pferdefuhrwerken vom Staatsbahnhof in Ebingen herangekarrt werden, weshalb Johannes Hakenmüller zusammen mit der Leitung der von ihm im Jahr 1893 mitgegründeten Tailfinger Gewerbe-, späteren Volksbahn auf genossenschaftlicher Basis den Bau einer Eisenbahnstrecke von Ebingen über Truchtelfingen nach Tailfingen (weiter nach Onstmettingen) finanzierte. Seit der Einweihung der Talgangbahn im Jahr 1901 waren die Voraussetzungen gegeben für einen schnellen Nachschub an Rohstoffen wie auch den Abtransport der produzierten Textilware in fast alle Welt. 1896 machte Hakenmüller seiner Produktion mit einer eigenen Dampfmaschine Druck und ließ ein eigenes Firmenlogo zeichnen, welches plakativ im runden Kreis die automatische Verbindung eines Fadenbandes, dreier Zungennadeln und einer elektronischer Lichtspule mit einem dicken Zahnrad demonstriert.

Angesichts der Tatsache, dass sich in dem knapp 10000 Einwohner großen Ort Tailfingen selbst bei bald an die 50 textilen Produktionsstätten keine weiteren Arbeitskräfte mehr fanden, baute Johannes Hakenmüller im Jahr 1904 in der Bodelschwingstraße im drei Kilometer entfernten Onstmettingen ein weiteres Fabrikgebäude (1924 an Johannes Drescher verkauft), in welchem er vor allem Unterwäsche nähen ließ.

Siehe auch

  1. vgl. Mitteilung der Fachuntergruppe Trikotagenindustrie der Fachgruppe Wirkerei und Strickerei, Hauptgruppe VI der deutschen Wirtschaft vom 1.12.1937 an J. Hakenmüller in Tailfingen,; Hasana-Archiv, Hechingen
  2. vgl. Dr.Hermann Bitzer: Tailfinger Heimatbuch, 1953, S.339-340.
  3. Doris Astrid Muth: Die jüdische Textilindustrie in Hechingen und Hohenzollern. In: Juden in der Textilindustrie. Blickle, Karl-Hermann; Högerle, Heinz (Hg.), Horb 2013, S.47-55.
  4. vgl. Brief des Textilfabrikanten Karl Bitzer zur Rose, Tailfingen, vom 3.12.1937 an Julius und Paul Hakenmüller zum 50.Betriebsjubiläum von J. Hakenmüller; Hasanan-Archiv, Hechingen