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Auftriebsausgleich

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Der statische Auftrieb von Luftschiffen ist während einer Fahrt nicht konstant. Es müssen daher Maßnahmen getroffen werden, um den Auftrieb und damit die Flughöhe zu steuern.

Verantwortlich für die Veränderungen sind verschiedene Effekte:

  • Änderung der Lufttemperatur (und damit der Dichte der Luft)
  • Änderung der Traggastemperatur (z.B. durch Aufheizung der Hülle durch die Sonne)
  • Verbrauch von Kraftstoff
  • Aufnahme von zusätzlichem Ballast (z.B. Niederschlag auf der Hülle)
  • Abgabe von Ballast (z.B. während eines Flugmanövers oder Abwurf von Lasten)

Luftschiffe können diese Auftriebsänderungen auf verschiedene Arten ausgleichen.

  • Nutzung des dynamischen Auf- bzw. Abtriebs
  • Auftriebserhöhung durch Ballastabgabe. Dies geschieht meist durch Ablassen von speziell dafür mitgeführtem Ballastwasser. Bei Ballons werden häufig Sandsäcke abgeworfen
  • Auftriebsverringerung durch Ablassen von Traggas oder Aufnehmen von zusätzlichem Ballast.
  • Durch Veränderung der Dichte des Traggases (Erwärmen=Auftriebsteigerung, Abkühlen=Auftriebsverringerung)

Auftrieb durch Kraftstoffverbrauch

Vor allem bei den historischen Großluftschiffen (besonders bei Zeppelinen) wurde der Problematik des zunehmenden Auftriebs durch Verbrauchen des Kraftstoffes einige Aufmerksamkeit geschenkt. Bei einer Fahrt von Frankfurt am Main nach Lakehurst, USA mit einem Luftschiff in der Größe der Hindenburg wurden etwa 54 t Dieselöl verbraucht. Dies entspricht dem Auftrieb, den 48.000 Kubikmeter Wasserstoff erzeugen. Vergleicht man diesen Wert mit dem Gesamttraggasvolumen von fast 200.000 m³, so erkennt man, dass dies fast ein Viertel des Gesamtvolumens ausmacht. Diese Menge müsste dann am Zielflughafen durch neues Traggas ersetzt werden.

Auftriebsausgleich

Man verfolgte bei Zeppelin zwei Strategien, um das Ablassen von Traggas zu vermeiden:

  1. Verwendung eines Kraftstoffes, der die gleiche Dichte wie Luft hatte und daher keine Auftriebssteigerung beim Verbrauch verursacht.
  2. Gewinnung von Ballast während der Fahrt. Man beschäftigte sich praktischerweise mit der Gewinnung von Wasser als Ballast.

Der Zeppelin NT besitzt keine speziellen Einrichtungen zum Ausgleich des Auftriebsgewinns durch den Kraftstoffverbrauch. Er kompensiert dies zum einen durch ein Startgewicht, das über dem Auftrieb liegt, so dass beim Start und während des Fluges ein Teil des Auftriebes durch die Motoren erzeugt wird (dynamischer Auftrieb). Genauso kann er, falls er während des Fluges leichter als Luft wird, mit Hilfe der schwenkbaren Motoren landen und dann am Boden wieder Ballast aufnehmen. Die relativ geringe Größe und eine Reichweite von "nur" 900 Kilometern im Vergleich zu den historischen Zeppelinen erlaubten den Verzicht auf eine Ballastgewinnungsanlage.

Kraftgas

Als Kraftstoff mit einer Dichte ähnlich bzw. gleich der von Luft kommt nur ein Gas in Frage.

Wasserstoff

Es gab Versuche, einen Teil des Traggases Wasserstoff in den Motoren als Kraftgas zu verbrennen. Die Versuche waren jedoch nicht sehr erfolgreich und diese Möglichkeit der Auftriebsverringerung entfiel mit der angestrebten Nutzung von Helium als Traggas.

Blaugas

Als Kraftgas wurde daher sogenanntes Blaugas verwendet.
Die Bezeichnung Blaugas geht auf den Augsburger Chemiker Hermann Blau zurück, der 1905 erstmals Blaugas produzierte. Verschiedene Quellen legen den Schluss nahe, dass es sich dabei um Propan, Butan bzw. einer Mischung handelt, die normalerweise in Form von Flüssiggas bekannt ist.

Im Fall Zeppelin wurde jedoch eine Mischung aus Propylen, Methan, Ethen, Acetylen, Butylen und Wasserstoff verwendet.

LZ127 "Graf Zeppelin" führte einige Fahrten mit Kraftgas durch. Dafür wurden 12 Stoffgaszellen verwendet, die ein Gesamtvolumen von bis zu 30.000 Kubikmetern erreichen konnten. Dies reichte für 100 Stunden Fahrt bei Reisegeschwindigkeit aus. Das Benzintankvolumen reichte für maximal 67 h Fahrt. Bei langen Fahrten wurde ein Benzin- und Kraftgasvorrat für bis zu 118 Stunden Fahrt bzw. 13500 km Reichweite mitgeführt. Das Volumen, das vom Kraftgas eingenommen wurde und daher für das Traggas Wasserstoff nicht zur Verfügung stand konnte genutzt werden, da kein zusätzlicher Auftrieb für den zu verbrauchenden flüssigen Kraftstoff bereitgestellt werden musste.

Ballastwassergewinnung

Im Luftschiffbetrieb ergaben sich vier Quellen für Wasser: Luftfeuchtigkeit, Niederschläge auf die Hülle, Gewässer am Boden (Meer, Flüsse, Seen...) sowie das Wasser, das bei der Verbrennung des im Kraftstoff enthaltenen Wasserstoffs und dem Luftsauerstoffs entsteht.

Tau und Regenwasser der Hülle

Bei den Luftschiffen LZ127 "Graf Zeppelin und LZ129 "Hindenburg" wurden versuchsweise Regenrinnen am Rumpf angebracht, um während der Fahrt Regenwasser zu sammeln und so die Ballastwassertanks zu füllen. Dieses Verfahren ist jedoch stark wetterabhängig und daher nicht zuverlässig anwendbar.

Wasseraufnahme vom Boden

Gewässer (Ozean, Seen...), Ballastschöpfer LZ129

Silica-Gel-Verfahren

Silica-Gel ist auch bekannt als Trocknungsmittel. Ziel war die Bindung von Wasser aus der Luftfeuchtigkeit. (LZ129)

Kondensation der Abgase

Das vielversprechendste Verfahren zu Ballastgewinnung während der Fahrt ist die Kondensation der Abgase. Kraftstoffe bestehen i.d.R. aus Kohlenwasserstoffen. Bei ihrer Verbrennung entsteht hauptsächlich Wasser und Kohlendioxid. Normalerweise werden diese Reaktionsprodukte der Verbrennung durch den Auspuff in die Umgebung abgegeben. Kühlt man die Abgase jedoch ab, so kondensiert das Wasser und kann aufgefangen werden. Theoretisch kann so mehr Masse gewonnen werden, als durch den Kraftstoffverbrauch verloren geht. Haupteinflussfaktoren für die gewinnbare Wassermenge ist die verwendete Kraftstoffsorte und Luftfeuchtigkeit.

Für diese Verfahren sind jedoch aufwendige Abgaskühler notwendig. Auch gab es in den Anfangsjahren immer wieder Probleme mit Korrosion.

Bereits bei LZ13 "Hansa" (1912-16) wurde eine von Wilhelm Maybach im Auftrag von Graf Zeppelin entworfene Anlage getestet. Die Versuche waren jedoch nicht zufriedenstellend, so dass sie vorerst wieder aufgegeben wurden.

ZR-1 USS Shenandoah (1923-25), das erste heliumgefüllte Starrluftschiff, war nach Angaben der US-Marine das erste Luftschiff, bei dem Ballastwasser aus der Kondensation der Abgase gewonnen wurde. Bei ZR-3 USS Los Angeles (LZ126) wurde nach dem Eintreffen des Schiffes in den USA das Wasserstoff-Traggas durch Helium ersetzt. Um das kostbare Helium nicht unnötig ablassen zu müssen wurde in diesem Zuge eine Ballastwassergewinnungsanlage nachgerüstet.


Das Wasser sollte an Bord des Luftschiffes (z.B. bei LZ130) als Brauchwasser eingesetzt werden. (LZ129, LZ130, USS Akron, Cargolifter,LoftyCruiser)

Temperaturänderung des Traggases

Veränderungen der Traggastemperatur gegenüber der umgebenden Luft bewirken einen Auftriebsgewinn (Traggasvorwärmung) oder Auftriebsverlust (Traggasabkühlung). Die technische Umsetzung erfordert sehr viel Energie, da die Traggaszellen gegenüber der Umgebung nur durch die Gaszellenwand, einer Luftschicht und der Luftschiffhülle isoliert sind.

Im praktischen Betrieb wurde dieses Verfahren jedoch bei fast allen Starrluftschiffen bereits mehr oder weniger bewusst angewendet, indem man die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, Umgebung und Luftschiffhalle sowie die Differenzen in verschiedenen Luftschichten nutzte.

Traggasvorwärmung

Um das höhere Abfluggewicht auszugleichen, wurde auch mit einer Traggasvorwärmung experimentiert. Ziel der Vorwärmung war es einen Auftriebsgewinn für den Start zu erhalten. Während der Fahrt konnte sich dann das Traggas wieder abkühlen. Das Absinken des Auftriebes wurde dann durch dynamischen Auftrieb ausgeglichen. Am Zielflughafen hatte man dann einen Großteil des Kraftstoffes verbraucht und so wieder einen statischen Auftriebsgewinn erzielt.

Traggasabkühlung

Es wurden nie technische Anlagen zur Traggaskühlung (Auftriebssenkung) geschaffen. Bis auf das deutsche LoftyCruiser-Projekt sind auch keine konkreten Überlegungen in dieser Richtung bekannt. Jedoch wurden Wettereffekte genutzt, um im Luftschiff eine geringere Temperatur zu erhalten, als in der umgebenden Luft. So landeten Luftschiffe oft abends. Häufig kreisten sie deshalb noch über dem Landeort oder unternahmen "Abstecher" während des Anfluges auf ihr Ziel.
In den Abendstunden kühlt sich die Luft und damit auch das Traggas ab. In Bodennähe jedoch bleibt die Luft länger warm, da der Boden die tagsüber aufgenommene Wärme abgibt. So gelang es mit verringertem Auftrieb durch ein kühleres Traggas in warmen Luftschichten zu landen. War dies nicht möglich, oder der Auftrieb immer noch höher als das Schiffsgewicht, so musste restliche Differenz des Auftriebes mit dynamischen Abtrieb kompensiert werden. Weiterhin wurden Seile abgeworfen, mit denen das Schiff auf den Boden gezogen wurde. Die geschah durch die Haltemannschaften, es gab jedoch auch Versuche mit motorkraftbetriebenen Winden (z.B. LZ130), um den Personalbedarf zu reduzieren. Am Boden wurde das Schiff dann vertäut und sofort mit Ballast beschwert. Natürlich konnte auch Traggas abgelassen werden.


Themenkreis Luftschiff
Luftschiff | Starrluftschiff | Halbstarres Luftschiff | Prallluftschiff
siehe auch: Auftrieb | Traggas | Zeppelin