Tischfernsprecher W 38
Der Tischfernsprecher W38 (Wählfernsprecher 1938) wurde maßgeblich von der Firma Siemens & Halske entwickelt, von verschiedenen Herstellern in Lizenz gebaut und von der Deutschen Reichspost ab 1940 als Nachfolger des W28 eingesetzt. Der W28 wurde aber trotzdem weiterhin parallel gefertigt.
Beim W38 wurde zum ersten Mal der Nummernschalter Bauart "NS38" verwendet. Dieser hatte die von der Reichspost geforderte Zwangspause beim Wählen zwischen den einzelnen Ziffern, um Fehlverbindungen in bestimmten Fällen zu vermeiden. Optisch erkennt man diesen Typ am längeren Weg von der „1“ bis zum Fingeranschlag. Bis 1940 war der Nummernschalter wie beim W28 und Modell 36 bei aufgelegtem Handapparat arretiert. Die trichterförmige Einsprache (abschraubbare untere Mikrofonabdeckung) des Handapparates ("Hörers") wurde unverändert vom Modell 36 übernommen. Diese ist auch das einzige äußere Merkmal, welche den W38 von seinem Nachfolger W48 unterscheidet.
Die ersten Exemplare des W38 bis 1939 wurden noch mit Weckerschalen aus Metall gefertigt, hatten eine erweiterte Rückhördämpfung und waren bei der Reichspost so gut wie nicht im Einsatz. Der Zweite Weltkrieg kam dazwischen. Höherwertiges Metall galt ab 1940 als kriegswichtiger Rohstoff, somit wurden ab dieser Zeit als Sparmaßnahme nur noch Weckerschalen aus Pressglas verwendet. Diese hatten im Gegensatz zu den Metallschalen einen eher klirrend-rasselnden, weniger schönen Klang. 1941 befanden sich bereits 30.000 Apparate im Umlauf. Gehäuse und Handapparat des W38 wurden aus dem duroplastischen Kunststoff Bakelit meist in schwarz gefertigt. Die elfenbeinfarbene Luxusausgabe mit Nummernschalter mit weißen Ziffern auf schwarzem oder braunem Grund gab es nur in sehr kleiner Stückzahl. Zeitgleich zum Tischmodell wurde auch eine Version zur Wandmontage produziert, das in der Nachkriegszeit als W48 Wand neu aufgelegt wurde. Der Vorläufer, das sogenannte Modell 36 von 1936 ist äußerlich fast gleich, wurde von der Reichspost aber wegen nicht ausgereifter Technik nur als Nebenstellengerät zugelassen. Der W38 wurde ab 1948 in der Bundesrepublik Deutschland durch das nahezu baugleiche Modell W48 ersetzt. Trotz Fertigung in höherer Stückzahl bekommt man den Reichspost-W38 bis Baujahr 1945 heute nur noch schwierig (wohl auch durch die umfangreichen Kriegszerstörungen deutscher Städte bedingt). Die Vorkriegs-Exemplare bis 1939 und auch die elfenbeinfarbenen Modelle sind absolute Raritäten.
In der DDR wurde der W38 noch bis in die 1960er Jahre vom Hersteller VEB RFT oder Fernmeldewerk Nordhausen für die Deutsche Post gebaut. Die Schaltung wurde gegenüber dem Reichspost-W38 in Kleinigkeiten abgeändert. Der Ost-W38 hat die Glasglocken bis zum Ende seiner Produktion beibehalten, es gab auch nur die schwarze Ausführung. Er wurde anfangs noch mit Metall-Bodenplatte gefertigt, später kam auch dort Bakelit („Plaste“) zum Einsatz. Den DDR-W38 erkennt man am einfachsten daran, dass die Hörerschnur im Gegensatz zum alten Reichspost-Modell nicht seitlich links ins Gehäuse führt (siehe Foto) sondern hinten, direkt neben dem Zuleitungskabel. Original DDR-W38 sind heute noch recht gut erhältlich. Nachfolger war der W58 – ebenfalls mit schwarzem Bakelitgehäuse, aber in völlig veränderter Form.
Aufgrund ihrer unverwechselbaren Optik gelten W38 und W48 heute als Klassiker des Industriedesigns. Wegen ihrer ehemals sehr großen Verbreitung haben sie noch heute einen hohen Bekanntheitsgrad in der deutschen Bevölkerung. Sie stehen für "das alte Telefon" schlechthin.
Ausführliche technische Beschreibungen und Abbildungen finden sich in den Artikeln zu Modell 36 und W48.