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St. Peter (Gau-Odernheim)

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Die Ruinenreste auf dem Petersberg wurden bei Ausgrabungsarbeiten 1877 entdeckt und erst 1947 komplett freigelegt.

Auf dem Gipfel des zwischen Bechtolsheim und Gau-Odernheim liegenden Petersberg in Rheinhessen befindet sich die Ruine der St.-Peter-Kirche. Vorhanden sind die Überreste der Umfassungsmauer einer dreischiffigen Basilika aus dem 10. Jahrhundert, die dem namensgebenden Apostel Petrus geweiht war sowie Reste der Krypta aus dem 12. Jahrhundert.[1]

Geschichte

Bau

Um das Jahr 1000 entstand eine romanische dreischiffige Basilika mit Querhaus und drei Apsiden, die mittlere davon nach Wormser Art ummantelt. Das mittlere Kirchenschiff maß 5,7 Meter (m) in der Breite, die beiden Seitenschiffe lediglich 4 m. Unterhalb des Chores war eine Krypta angelegt. Die Gesamtlänge der Kapelle betrug 26 m, die Breite 15 m. Auf dem Dach befand sich ein kleiner Dachreiter mit zwei Glocken.

Ludwig III. von Arnstein erwarb 1146 die Kapelle und Ländereien in der Gemarkung Gommersheim bei Odernheim (Anmerkung: gemeint ist Gau-Odernheim). Dort gründete er ein Prämonstratenserinnenkloster. 1184 erwarb Werner von Bolanden das Kloster Gommersheim[2]. Die Kapelle auf dem Petersberg, die mittlerweile durch Bechtolsheim annektiert worden war, wurde zurückgeholt. 1289 wurden die bisher auf dem Petersberg durchgeführten Jahrmärkte zu Peter und Paul (29. Juni) und Peter in Ketten (1. August), auf Erlass von Rudolf von Habsburg in die Stadt Odernheim verlegt. Trotz des Bedeutungsverlustes wurden weiterhin Stiftungen zugunsten der Peterskapelle getätigt. Ein vom Kloster ernannter Propst verwaltete die Kirche und ihre nicht unerheblichen Besitztümer. Angeblich war die Anlage mit doppeltem Graben und Wall befestigt.[3]

1566 wurde infolge von Plünderungen im Zuge der Reformation die Propstei Petersberg aufgelöst und an die Stadt Odernheim verkauft. Diese verpflichtete sich zur Unterhaltung der Kapelle und überführte die Glocken in die Stadt. Obwohl 1594 und 1614 der Turm repariert wurde, wurden bereits 1582 Steine zum Bau des Obertors in Odernheim verwendet. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Kapelle zerstört und nachfolgend als Steinbruch für die umliegenden Dörfer genutzt. Einen Wiederaufbauplan von 1754 wurde nicht realisiert.[4]

1772 wurde über der Apsis der Krypta ein steinernes Kreuz durch Odernheimer und Bechtolsheimer Bürger errichtet. Dies erfolgte aufgrund eines Gelübdes, da 1763 eine Viehseuche die Region heimsuchte, aber nach einer Bittprozession Odernheim und Bechtolsheim verschonte. Dieses Flurkreuz wurde zwar während der französischen Besetzung nach 1792 zerstört. Der Sockelstein mit Volute ist noch erhalten.

Bis 1832 fanden regelmäßig Predigten und Bittprozessionen für die Katholiken aus Bechtolsheim und Odernheim in der Bittwoche statt.

Ausgrabungen

1877 begleitete der katholische Pfarrer Heinrich Gredy aus Odernheim eine erste Ausgrabung auf dem Petersberg.[5] Dabei wurden die Fundamente aufgedeckt. Wenige Jahre später kam es 1882 am Osthang und 1940 am nordöstlichen Teil zu einem Erdrutsch.

1947 erfolgte eine erneute intensive Ausgrabung durch Friedrich Behn und Archäologiestudenten der Uni Mainz, welche zahlreiche Hinweise auf Alter und Abmessungen der Kapelle lieferte, darunter die Grundmauern der im 12. Jahrhundert eingebauten Krypta mit Quadersockeln der ehemaligen Wandgliederung.[6] Nach Ende der gut dokumentierten Ausgrabungen verblieben die kunstvoll bearbeiteten, teils mit sogenannten romanischen Halbsäulen-Basen versehenen Steine vor Ort. In den 1950er Jahren – inzwischen wurde der Petersberg von Amerikanern und der Bundeswehr als Übungsareal genutzt und Fälle von Vandalismus nahmen zu – machte sich der damalige Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Dolgesheim mit seinen Konfirmanden auf, die Steine sicherzustellen. Diese wurden in der dortigen Kirche und auf dem sie umgebenden Friedhof platziert, die Übergabe an die Landesdenkmalpflege erfolgte erst im Frühjahr 2014.[7]

Sage

Einer Sage zufolge wurde die Kapelle von einer von insgesamt drei Schwestern erbaut. Jede der drei erbte so viel Vermögen, dass zum Aufteilen der Münzen das Scheffelmaß angewandt wurde. Alle drei beschlossen, von ihrem Erbe einen Teil für einen Kirchenbau zur Verfügung zu stellen und die Bauwerke auf Anhöhen zu errichten, so dass von jedem Gebäude zu den beiden anderen gesehen werden kann. Eine der drei Schwestern war blind und so beschlossen die beiden anderen, sie zu übervorteilen, indem sie das Hohlmaß immer umdrehten, wenn die blinde Schwester ihren Anteil bekam. Als diese später herausbekam, dass sie übervorteilt worden war, verfluchte sie ihre beiden Schwestern, deren Kirchen sich auf dem Petersberg[8] und dem Nazarienberg bei Mommenheim[9] befanden, dass diese nicht für die Ewigkeit stehen bleiben sollten. Beide wurden während des Dreißigjährigen Krieges zerstört. Die von der blinden Schwester erbaute kleinere Bergkirche[10] in Udenheim gibt es hingegen noch heute.

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich Behn: Ausgrabungen auf dem Petersberg, in:
    • Jb Bistum Mainz 3, 1948, Seite 334–336
    • Mainzer Zeitschrift 41/43, 1948, S. 52–59 (Sonderdruck) mit 15 Abbildungen
  • Die Geschichte von Gau-Odernheim. Hrsg. von der Gemeinde Gau-Odernheim. 5 Bände. Krach, Mainz 1954ff.
    • Band 1. H. Gredy: Geschichte der ehemaligen freien Reichsstadt „Odernheim“. Mit einer Ansicht von Odernheim nach Merian u.d. alten städt. Siegeln. Aus mehreren 100 bisher unbekannten Urkunden u. Schriftstücken u. einigen bekannten zsgest. Krach, Mainz 1954.
    • Band 2. Christoph Einsfeld, Adam Reck, Heinrich Mildenberger: Die Geschichte von Gau-Odernheim. Bilderbd. und Ergänzungen über die letzten 100 Jahre. Krach, Mainz 1957.
  • Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler – Kreis Alzey-Worms, Hrsg. Generaldirektion Kulturelles Erbe des Landes Rheinland-Pfalz, Stand: 15. Januar 2009, S. 23
  • Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Band 20.1: Kreis Alzey-Worms. Verbandsgemeinde Alzey-Land. Herausgegeben im Auftrag des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur von der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz Direktion Landesdenkmalpflege. Bearbeitet von Michael Huyer und Dieter Krienke. Wernersche Verlagsgesellschaft: Worms 2013. ISBN 978-3-88462-327-5; S. 262

Einzelnachweise

  1. Basilika auf dem Petersberg auf regionalgeschichte.net
  2. Reiseführer des Prämonstratenser-ordens zu den heutigen und ehemaligen Klöstern im deutschen Sprachgebiet: Gommersheim in Gau-Odernheim
  3. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Band 20.1; S. 262
  4. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Band 20.1; S. 262
  5. Heinrich Gredy, Geschichte von Gau-Odernheim, Band I
  6. Dehio 1972; S. 257
  7. Dolgesheimer geben „Schatz“ zurück - Fundstücke stammen vom Petersberg / Für Archäologen wichtige Zeugen der Baukunst des Mittelalters von Nadine Herd vom 22. April 2014 in Allgemeine Zeitung
  8. Die Geschichte von Gau-Odernheim. Band 2. Christoph Einsfeld, Adam Reck, Heinrich Mildenberger: Die Geschichte von Gau-Odernheim. Bilderbd. und Ergänzungen über die letzten 100 Jahre. Krach, Mainz 1957.
  9. Die Sage von den drei Schwestern
  10. Die evangelische Bergkirche in Udenheim