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Mohammed

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Datei:Aziz efendi-muhammad alayhi s-salam.jpg
Arabische Kalligraphie des Namens
Datei:Muhammad at Kaba.jpg
Mohammed vor der Kaaba (türkische Buchmalerei, 16. Jahrhundert). Das Gesicht des Propheten wird nicht dargestellt.

Mohammed (* ca. 571 in Mekka; † 632 in Medina) ist der Stifter der islamischen Religion. Mohammed (arabisch محمد, mit vollem Namen Muḥammad ibn ʿAbd Allāh ibn ʿAbd al-Muṭṭalib ibn Hāšim ibn ʿAbd Manāf al-Qurašī), wird von den Muslimen in der Reihe der Propheten als der historisch letzte Prophet angesehen. Er ist nach islamischer Auffassung „Siegel der Propheten“ (arabisch خاتم الأنبياء).

Muslime setzen und sprechen hinter den Namen Mohammeds die Eulogie „Gott segne ihn und schenke ihm Heil!“ (siehe Islamische Eulogien).

Quellen über das Leben Mohammeds

Es gibt so gut wie keine unabhängigen zeitgenössischen Quellen zu Mohammeds Leben und Wirken; auch der Koran wurde erst etwa zwanzig Jahre nach seinem Tod schriftlich fixiert. Aus Historikersicht ist zu bedenken, dass fast alles, was über das Leben des Propheten berichtet wird, aus parteiischen Quellen stammt, die ihn entweder als Verkünder einer göttlichen Wahrheit preisen oder als „Verführer“ ablehnen. Die folgende Darstellung folgt im wesentlichen der islamischen Tradition.

Die wichtigste Quelle über Mohammeds Wirken als Prophet ist der Koran. Zu diesen Passagen des Korans liefert die Koranexegese (tafsir) weitere Details, die im historischen Zusammenhang besondere Relevanz haben. Die Prophetenbiographie des Ibn Ishaq (Ibn Isḥāq), die uns in der Bearbeitung und mit den Ergänzungen bzw. Erläuterungen von Ibn Hischam (Ibn Hišām) vorliegt, ist eine weitere historische Quelle im profanen Überlieferungswesen. Viele Berichte führt der Verfasser auf ältere Quellen zurück, die auf das erste muslimische Jahrhundert zu datieren sind. Spätere Historiographen, wie al-Tabari (al-Ṭabarī)in seiner annalistischen Weltgeschichte, verarbeiten in ihren Werken weitere Nachrichten aus der Frühzeit, die in der Prophetenbiographie nicht enthalten sind. Auf das erste muslimische Jahrhundert geht ein Bericht des ʿUrwa ibn al-Zubair (gestorben gegen 712), eines Großneffen von Chadidscha, (Ḫadīǧa bint Ḫuwailid) der ersten Frau des Propheten, zurück. Dieser Bericht ist in Form eines Briefes abgefasst, den ʿUrwa an den Umayyaden-Kalifen ʿAbd al-Malik ibn Marwān gerichtet und in dem er wichtige historische Details über die Frühzeit der Prophetie mitgeteilt hat. Diese Nachrichten sind in der genannten Weltgeschichte von al-Ṭabarī erhalten; der deutsche Orientalist Aloys Sprenger hat ihn bereits 1861 ins Deutsche übersetzt.

Neben der Prophetenbiographie beschäftigt sich eine weitere historiographische Gattung mit dem Leben und Wirken Mohammeds: die sog. maghazi-Literatur (maġāzī), in der im engeren Sinne die Feldzüge des Propheten bis zu seinem Tode chronologisch abgehandelt werden, die ausschliesslich in die medinensische Periode seines Wirkens fallen. Das wichtigste Werk in dieser Gattung geht auf al-Waqidi zurück, der bis 823 in Bagdad wirkte. Eine verkürzte deutsche Übersetzung hat Julius Wellhausen 1882 publiziert. Das Gesamtwerk im Original liegt in drei Bänden seit 1966 im Druck vor.Im weiteren Sinne umfasst aber auch diese Gattung das gesamte Wirken Mohammeds; auch Ibn Isḥāq's oben genanntes Werk wird in der Literatur mit dem Wortpaar "maghazi und siyar" (des Propheten) bezeichnet.Ein weiteres bedeutendes Werk in dieser Gattung, das aber nur fragmentarisch und durch Zitate in späteren Geschichtswerken bekannt ist, geht auf Mūsā b.ʿUqba (gest.758)aus Medina zurück; es ist zuletzt vom deutschen Orientalisten Gregor Schoeler (s. Lit.)quellenhistorisch untersucht worden.

Die dritte historiographische Gattung stellen die sog. „Klassenbücher“ (kutub al-ṭabaqāt) dar; sie sind nicht annalistisch aufgebaut, sondern nach dem Zeitpunkt des Beitritts der behandelten Personen (sahaba) zum Islam zusammengestellt worden. Der Anfang dieser Werke ist der Abstammung, dem Leben und Wirken Mohammeds gewidmet. Das bekannteste Werk auf diesem Gebiet schuf ein Schüler des oben genannten al-Waqidi, Muḥammed ibn Saʿd aus Basra, der 845 in Bagdad starb. Das Buch ist von den Orientalisten Eugen Mittwoch und Eduard Sachauet alii im Jahre 1917 in neun Bänden erstmalig publiziert worden. Das sog. „Klassenbuch“ des Ibn Saʿd ist der Inbegriff für Untersuchungen der islamischen Frühzeit zur Zeit der Prophetie und der Herrschaft der ersten Kalifen.

Die frühen Jahre; die vorprophetische Zeit

Mohammed wurde in der arabischen Stadt Mekka als verarmtes Familienmitglied der Haschemiten aus dem bedeutenden vorherrschenden Stamm der Quraisch (Quraysh) im sogenannten Jahr des Elefanten nach dem Tod seines Vaters Abdullah geboren. Viele Muslime feiern Mohammeds Geburtstag – nach dem islamischen Mondkalender – am 12. Rabi' al-Awwal. In westlichen Quellen findet man häufig das Datum 20. April 571. Tatsache bleibt jedoch, dass das genaue Geburtsdatum unbekannt ist.

Im Alter von sechs Jahren verlor Mohammed seine Mutter Amina. Anschließend lebte er bei seinem Großvater Abd al-Muttalib, nach dessen Tod kam er unter den Schutz seines Onkels Abu Talib (jüngerer Bruder seines Vaters) und seiner Cousins (u. a. Ali ibn Abi Talib, der später Kalif wurde).

In jungen Jahren arbeitete Mohammed als Schafhirte, später nahm er angeblich an zwei Reisen der Handelskarawanen in den Norden (Syrien) teil. Auf einer Handelsreise in den Norden soll er – gemäß einer Prophetenlegende in seiner Biographie aus dem frühen 8. Jahrhundert – dem Mönch Bahira begegnet sein, der das Siegel des Prophetentums zwischen Mohammeds Schultern gesehen haben will und die Zeichen in ihm sah, die angeblich auch Juden und Christen in ihren Schriften hatten. Der Hinweis auf seine Handelsreisen, die die islamische Historiographie nicht eindeutig definiert, dient offensichtlich als „Rahmengeschichte“ zu seiner mysteriösen Begegnung mit Bahira, die dann in den islamischen „Prophetenlegenden“ (qisas al-anbiya') ebenfalls Erwähnung findet.

Gegen 595 bot ihm seine damalige Arbeitgeberin, die 15 Jahre ältere zweifache Kaufmannswitwe Chadidscha bint Chuwailid (555?-619) aus dem angesehenen quraischitischen Geschlecht 'Abd al-'Uzza, die Heirat an. Mit ihrer Hilfe erlangte Mohammed seine finanzielle Unabhängigkeit und soziale Sicherheit, eine Wende in seinem Leben. Auf diese Zeit nimmt auch eine mekkanische Sure im Koran direkten Bezug:

„...Hat er (Gott) dich nicht als Waise gefunden und (dir) Aufnahme gewährt, dich auf dem Irrweg gefunden und rechtgeleitet, und dich bedürftig gefunden und reich gemacht?“

Übers. Rudi Paret: Sure 93, Vers 5-7

Diese an Mohammed gerichteten Worte Gottes sind gemäß der Koranexegese (tafsir) als Beschreibung seiner gesellschaftlichen Position vor den ersten Offenbarungen und somit vor Beginn der Prophetie zu verstehen.

Chadidscha war im übrigen die erste Person, die an Mohammeds Botschaft geglaubt hat; die islamische Geschichtsschreibung betrachtet sie daher als die erste Muslimin in Mekka. Aus ihrer Ehe ging u. a. seine Tochter Fatima hervor, die als einziges seiner Kinder selbst Nachkommen hatte. Von ihr stammen alle Nachfahren Muhammads ab. Chadidscha, Ali ibn Abi Talib und Abu Bakr, der erste Kalif nach Mohammeds Tod, waren gemäß islamischer Tradition die ersten Muslime.

Die mekkanische Periode der Prophetie

Gegen 610 ist ihm der Erzengel Gabriel (arabisch Dschibril) erschienen, der ihm befahl: „Lies im Namen deines Herrn, der erschaffen hat, den Menschen aus einem Embryo (Blutklumpen)! Lies...!“ (Anfang der Sure 96). Mohammed erwiderte: „Ich kann nicht lesen“. Diese und andere Koranverse in den Suren 93 und 74 stellen die Anfänge der Offenbarungen und somit den Anfang von Muhammads Prophetie dar. Mohammed war um jene Zeit ungefähr 40 Jahre alt. Für diese Datierung spricht auch eine Stelle im Koran selbst, wo es heißt:

„Ich habe doch ein Leben (lang) unter euch verweilt, noch ehe er (d.h. der Koran) da war.“

Übers. Rudi Paret: Sure 10, Vers 16

Man kann daraus soviel schließen, dass Mohammed vor Beginn der Offenbarungen bereits im gestandenen Mannesalter war; der Begriff 'umran (=„ein Leben lang“) umfasst nach traditioneller Auffassung rund vierzig Jahre.

Anfangs, bis etwa 614 – so heißt es im eingangs erwähnten Bericht des 'Urwa an den Kalifen Abd al-Malik ibn Marwan haben die einflussreichen Vertreter der Quraisch keine Einwände gegen Mohammeds Lehren gehabt, die er sowohl öffentlich als auch insgeheim (sirran) verbreitete. Erst als er die Idolatrie und den Polytheismus der Vorfahren angriff, bildete sich eine starke Opposition gegen Mohammed und seine Anhänger. Dies äußerte sich in einer Reihe von gewalttätigen Übergriffen auf die ersten Muslime in Mekka, wie auch auf die Person Mohammeds selbst. Viele – heißt es in diesem alten Bericht – distanzierten sich dann von Muhammed und nur „wenige“ sind „standhaft“ geblieben. Untersuchungen über diese frühmekkanische Periode der Prophetie haben aufgezeigt, daß die ersten Anhänger Mohammeds aus den niedrigen Sozialschichten der Stadt Mekka hervorgegangen sind; die sog. mustad'afun, der sozial schwache Teil der handeltreibenden Bevölkerung Mekkas. Im späteren Verlauf der Ereignisse versuchten die Mekkaner den Muslimen durch einen Handelsboykott die Existenzgrundlage zu entziehen. Somit waren die öffentlichen Auftritte Mohammeds in Mekka beendet: er erhielt – nach den arabischen Stammesgesetzen – im Haus des Arqam ibn Abi 'l-Arqam in Mekka Schutz (um 614) und befahl einem Teil seiner Anhänger, nach Abessinien, damals Handelsplatz der Mekkaner, auszuwandern (um 615). Die Historiographie klassifiziert die ersten Muslime der mekkanischen Periode nach diesen Ereignissen: Muslime, die sich vor Mohammeds Einzug in das Haus von Arqam bekehrten, Muslime, die während Mohammeds Aufenthalt in jenem Haus den Islam annahmen und die „Auswanderer“ nach Abessinien.

Die Zeit zwischen 616-622 in Mekka ist historisch nur in ihren Konturen rekonstruierbar, denn die überwiegend widersprüchlichen Berichte der ältesten Historiographen nur teilweise mit der angenommenen Chronologie der mekkanischen Offenbarungen in der Koranexegese (tafsir) in Einklang zu bringen sind.Der Inhalt der mekkanischen Suren lässt darauf schließen, dass Mohammed sich zunächst als „Warner“ (nadhir – arab. نذير) seines Volkes verstand, vieles am religiösen status quo in Mekka duldete und einfache, für alle nachvollziehbare religiöse Pflichten einzuführen versuchte:

„Mir wird nur eingegeben, dass ich (lediglich) ein deutlicher Warner sei“

Sure 38, Vers 70

„Selig sind die Gläubigen, die in ihrem Gebet demütig sind, dem Gerede kein Gehör schenken, die Almosensteuer entrichten und sich des Geschlechtsverkehrs enthalten, außer gegenüber ihren Gattinnen...“

Sure 23, Vers 1-6

Sein offenes Auftreten gegen die polytheistische Religion in Mekka trotz Anerkennung des höchsten Heiligtums auf der Arabischen Halbinsel – al-Kaaba –, seine gescheiterte Annäherung an die Bewohner der Stadt Ta'if, die Unterdrückung seiner Anhänger in Mekka, nicht zuletzt aber der Tod seines Beschützers Abu Talib und seiner Frau Chadidscha (gegen 619) waren die Gründe für die Aufnahme von Kontakten mit den Bewohnern von Yathrib als Vorbereitungsphase der Hidschra. Einflussreiche Bürger von Yathrib, das später al-Madina (eig. madinat an-nabiy = „die Stadt des Propheten“) heißen sollte, haben Mohammed und seinen Anhängern nach den damals geltenden Stammesgesetzen Schutz und Sicherheit in Yathrib zugesagt und zwischen 621-622 vertraglich festgelegt. Schon in der Retrospektive wird die Auswanderung nach Yathrib in einigen medinensischen Koranversen geschildert:

„Wenn ihr ihm (dem Propheten) keinen Beistand leistet, Gott hat ihm schon (früher) Beistand geleistet, als die Ungläubigen ihn zu zweit (aus Mekka) vertrieben, als die beiden in der Höhle waren und als er (der Prophet) zu seinem Gefährten sagte: 'sei nicht traurig, denn Gott ist mit uns'.“

Sure 9, Vers 40

Dies ist eine klare Anspielung auf die Hidschra Mohammeds mit seinem Gefährten Abu Bakr; Einzelheiten darüber liefert später die Prophetenbiographie. Mohammeds Botschaft in Mekka scheiterte nicht nur an der Übermacht der Polytheisten, sondern auch am Verlust einer ausbaufähigen sozialen Basis in einflussreichen Kreisen der Stadt. Seine Ankunft in Quba', in der Nähe von Yathrib, wird – rückwirkend – auf den 12. Rabi' I. des ersten muslimischen Mondjahres, auf den 24. September 622 datiert.

Die Eingebungen, die Mohammed wahrnahm, waren oft mit körperlichen Beschwerden verbunden. Frösteln und Schaudern sind überliefert. Daher ließ er sich gewöhnlich einen Schleier oder einen Mantel reichen (Koran, Suren 73f). Die Menschen hörten ihn – so in einigen Berichten der Prophetenbiographie und der Hadith-Literatur – dann stöhnen, röcheln, aber auch schreien. Danach war er schweißgebadet und litt an Kopfschmerzen. Manchmal sah er auch Engel in Menschengestalt. Die Umsetzung des Gehörten in logische Sätze kostete ihm dann viel Mühe. Der Koran empfiehlt darum dem Propheten, nicht ungeduldig zu werden und „nicht die Zunge zu rühren, um die Artikulation zu beschleunigen“ (Koran, Sure 75,16). Denn er hatte Angst davor – wie darüber die Hadith-Literatur mehrfach berichtet –, den Anfang der Offenbarung zu vergessen, bevor diese zu Ende ging.

Die medinensische Periode der Prophetie

Yathrib, nach dem arabischen Sprachgebrauch nunmehr al-Madina, hatte zum Zeitpunkt der Hidschra andere Gesellschaftsstrukturen als Mekka. Die Bevölkerung setzte sich aus rivalisierenden Stämmen und Unterstämmen der Aus und Chasradsch zusammen. Ebenso gab es mehrere jüdische Sippen, unter ihnen waren die Banu n-Nadir, Banu Quraiza und Qaynuqa' die einflussreichsten. Ferner hatte die Stadt auch Bewohner, die schon vor der Hidschra Muslime geworden waren. Die medinensischen Anhänger nannte man die „Helfer“/„Unterstützer“ (al-Ansar). Hinzu kamen die mekkanischen Anhänger Mohammeds, die „Auswanderer“ (Muhadschirun). Weitere jüdische Siedlungen gab es nördlich von Medina bei Khaibar.

Schon aus eigenem Interesse war es Mohammeds Aufgabe, alle Stämme und Unterstämme der Aus und Chasradsch, ferner die Juden und die Auswanderer aus Mekka in einer einzigen Gemeinschaft (Umma) zusammenfassen. Hierfür diente der sog. „Vertrag von Medina“, der im Wortlaut in der Prophetenbiographie des Ibn Ishaq erhalten ist und dessen Authentizität von der Islamwissenschaft – trotz Datierungsproblemen – nicht angezweifelt wird. Nicht nur allen namentlich angeführten Vertretern von Islam und Judentum stehen die gleichen Rechte und Pflichten zu, sondern auch die Religionen werden anerkannt; die Juden bilden eine Umma mit den Gläubigen (d.h. den Muslimen): „Die Juden haben ihre Religion (din) und die Muslime ihre Religion“. Die Ansar und Muhadschirun genießen untereinander Gleichstellung. Mohammed definiert in diesem Vertrag auch seine Position deutlich: er ist „der Gesandte Gottes“ und „der Prophet“, nennt sich aber auch mit seinem Namen einfach „Mohammed“, der bei Streitigkeiten zu Rat gezogen wird. Hier zeichnen sich die theokratischen Züge der medinensischen Umma ab. Die erwähnten Stämme und Sippen gewähren untereinander Schutz; die Täler um Yathrib sind für alle Vertragspartner heiliges Gebiet. Ausdrücklich ausgeschlossen sind aus dem Vertrag die Polytheisten (al-muschrikun).

Eine konsequente Abgrenzung von den „Schriftbesitzern“ (ahl al-kitâb) ist ursprünglich nicht die Absicht Mohammeds gewesen; denn die im oben erwähnten „Vertrag von Medina“ artikulierte Anerkennung der Religion des Anderen begegnet uns schon in der in Mekka offenbarten Sure 109 („Die Ungläubigen“):

„Ihr Ungläubigen! Ich verehre nicht, was ihr verehrt (....) ihr habt eure Religion, und ich die meine.“

Historisch betrachtet waren die Adressaten in jener Zeit der Prophetie die Polytheisten von Mekka gegen die Mohammed schon in Mekka ins Feld zog. In Medina änderte sich die Situation – zunächst – schlagartig. Mohammed war bestrebt, einiges aus dem Ritual der Juden zu sanktionieren genauso, wie er es verstanden hat, vorislamische Riten in die Wallfahrtszeremonien zu integrieren; in Sure 2, Vers 158 heißt es:

„as-Safa und al-Marwa gehören zu den Kultsymbolen Gottes...es ist für ihn (den Pilger) keine Sünde, bei ihnen den Umgang zu machen.“

An dieser Stelle tut sich die Koranexegese (tafsir) etwas schwer, denn an den genannten Orten standen in der vorislamischen Zeit zwei Götter: Isaf und Na'ila, um die man den Umgang (tawaf) zu machen pflegte.

In Medina kam das Fasten am 'Aschurafest der Juden, nach dem islamischen Kalender am 10. Muharram, hinzu; an diesem Tag fastete man, nach dem jüdischen Brauch, von Sonnenuntergang bis zum nächsten Sonnenuntergang und nicht, wie im Ramadan, nur den Tag über. Ob die Verlegung der Gebetsrichtung (qibla) nach Jerusalem auf jüdisches Vorbild zurückgeht, ist indes fraglich, denn auch die Christen der Ostkirche beteten in diese Richtung.

Militärische Aktivitäten (ghazawât) Mohammeds und seiner Anhänger

Die Verbreitung der neuen Religion wurde entscheidend durch die Schwäche der beiden spätantiken Großmächte Byzanz und Persien begünstigt, die in den Jahrhunderten zuvor die Araber politisch und militärisch kontrolliert hatten, nun aber durch jahrzehntelange Kriege gegeneinander abgelenkt und angreifbar waren und die Ereignisse in Arabien erst bemerkten, als es für sie bereits zu spät war.

Die historischen Ereignisse, die politischen Aktivitäten der zunächst kleinen medinensischen Gemeinschaft der Muslime finden im Koran meist in Form von Anspielungen ihre Bestätigung. Es sind dies die Feldzüge des Propheten gegen die Mekkaner, wie die Schlacht bei Badr im Jahre 624; dazu heißt es inhaltsreich im Koran, Sure 3, 123:

„Gott hat euch doch in Badr zu Sieg verholfen, während ihr ein bescheidener, unscheinbarer Haufe waret...“

Über die gegen die Mekkaner verlorene Schlacht bei Uhud im Jahre 625 sind lange moralisch belehrende Verse offenbart worden; in Sure 3, 172 heißt es u. a.:

„Denen, die, nachdem sie die Schlappe erlitten hatten, auf Gott und den Gesandten hörten, steht – soweit sie rechtschaffen und gottesfürchtig waren – gewaltiger Lohn (im Jenseits) zu...“

Im Jahre 6 nach der Auswanderung nach Medina kam es zu den ersten Kontakten Mohammeds mit Vertretern der Quraisch aus Mekka; im März 628 trat der Prophet mit seinen Anhängern die Reise nach Mekka an, um dort die kleine Pilgerfahrt ('umra) zu vollziehen, woran ihn aber die Mekkaner zu hindern wussten und einen bedeutsamen Vertrag mit ihm in der Nähe der Grenzen des heiligen Bezirkes von Mekka, bei al-Hudaibiya, aushandelten. Der Vertrag enthielt fünf wesentliche Punkte: a) Waffenstillstand für zehn, nach anderen Berichten für zwei Jahre; b) Sicherheit für die Muslime, die in der Zukunft die Pilgerfahrt vollziehen wollen oder sich auf den Handelswegen in den Süden befinden; c) Sicherheitsgarantie Mohammeds für die Quraisch auf ihren Handelswegen in den Norden; d) Auslieferung derjenigen Muslime an die Mekkaner, die ohne Erlaubnis ihrer Schutzpatrone nach Medina fliehen sollten; e) Verzicht auf die kleine Pilgerfahrt im Jahr des Vertragsabschlusses, mit Garantie der Pilgerfahrt im darauf folgenden Jahr.

Durch diesen Vertrag haben die Quraisch von Mekka Mohammed als vollwertigen Verhandlungspartner, allerdings nicht als Propheten anerkannt. Die überlieferte Urkunde trägt den Namen Muhammed b. 'Abdallah und enthält keine islamischen Formeln. Allerdings sorgte die Bereitschaft Mohammeds, alle muslimischen Flüchtlinge nach Medina an die Mekkaner auszuliefern, für Unruhen. Der Rückzug Mohammeds und sein Verzicht, die 'Umra zu vollziehen, war ein weiterer Grund für Unzufriedenheit in den Reihen seiner Anhänger. Die gesamte Sure 48 behandelt diese historischen Ereignisse; hier spricht die Offenbarung von einem klaren Sieg (fath) der Muslime, der nicht nur als Mohammeds diplomatischer Erfolg bei al-Hudaibiya verstanden wird, sondern auch Hinweise auf die darauf folgende Eroberung der Oase von Khaibar, auf die Vertreibung der jüdischen Banu al-Nadir (Mai-Juni 628) und auf die Verteilung der Beute unter den seit al-Hudaibiya unzufriedenen Muslimen enthält. Am Ende dieser Sure wird Mohammeds Position klarer als je zuvor formuliert:

„Mohammed ist der Gesandte Gottes. Und diejenigen, die mit ihm sind, sind den Ungläubigen gegenüber heftig, unter sich aber mitfühlend...“

Sure 48, Vers 29

Die Grundlagen für die Eroberung Mekkas zwei Jahre später sind bereits bei al-Hudaibiya gelegt worden. Den wohlhabenden Juden von Khaibar und ihren arabischen Verbündeten hat Mohammed zwar erlaubt, die von den Muslimen in Besitz genommene Oase weiterhin zu kultivieren, jedoch ist ihnen auferlegt worden, die Hälfte der Ernte den rund 1.600 Muslimen, die an der Expedition beteiligt waren, abzugeben. Mohammeds Anteil war 1/5 der Gesamtbeute. Da die von Mohammed vorgeschriebenen Auflagen, die der politischen und wirtschaftlichen Entmachtung der jüdischen Gruppen in und um Khaibar gleichkam, nicht erfüllt worden sind, kam es zu ihrer endgültigen Vertreibung aus der Region. Die Vertreibung aller Juden aus dem Hidschas (Higaz) war dann eine der zentralen Aufgaben des zweiten Kalifen Umar.

Nach der Eroberung von Khaibar (Mai 628) trat Mohammed mit seinen nunmehr 2.000 Anhängern im März 629 seine Reise nach Mekka an, um dort – wie im Vertrag von al-Hudaibiya festgeschrieben – die kleine Pilgerfahrt ('umra) durchzuführen. Die Mekkaner haben sich aus der Stadt für drei Tage zurüchgezogen, um eventuelle Zwischenfälle am Heiligtum zu vermeiden. Nachdem einige Mitglieder einflussreicher Großfamilien den Islam angenommen haben, unter ihnen zwei militärische Talente wie Khalid b. al-Walid und 'Amr b. al-'As, die sich in den Eroberungszügen nach Mohammeds Tod einen Namen gemacht haben, war die endgültige Einnahme Mekkas nur eine Frage der Zeit. Im Januar 630 brach die gut durchorganisierte muslimische Armee in Richtung Mekka auf. Mohammed garantierte jedem, der in die Kämpfe nicht eingreift, allgemeine Amnestie. Somit ist Mekka fast ohne Blutvergießen durch die Muslime eingenommen worden; 28 Mekkaner fielen in den Kämpfen, die anderen flüchteten. Mohammed blieb zwei bis drei Wochen in Mekka, reinigte das Heiligtum (Kaaba), ließ alle Götterstatuen sowohl aus dem Heiligtum als auch aus den Privathäusern entfernen und vernichten. In der Umgebung der Stadt hat er die Heiligtümer der Götter al-Manât und al-'Uzza zerstören lassen und forderte die Beduinenstämme auf, dem Islam beizutreten.

Die stärksten Stämme um Mekka und al-Ta'if – Thaqif bzw. Hawâzin – sind gegen Ende Januar 630 entmachtet worden. Letztere sind bei al-Hunain auf dem Weg nach al-Ta'if nur mit größter Mühe der muslimischen Truppen besiegt worden, worüber selbst der Koran Auskunft gibt. In Sure 9, Vers 25-26 heißt es:

„Gott hat euch (doch) an vielen Orten zum Sieg verholfen, (so) auch am Tag von Hunain, (damals) als eure (große) Menge euch gefiel (und euch selbstsicher machte). Sie half euch aber nichts, und euch wurde angst und bange. Hierauf kehrtet ihr den Rücken (um zu fliehen). Dann sandte Gott seine Sakina auf seinen Gesandten und auf die Gläubigen herab, und er sandte (zu eurer Unterstützung) Truppen, die ihr nicht sahet (vom Himmel) herab und bestrafte die Ungläubigen. Das ist der Lohn derer, die ungläubig sind.“

Die Zerstörung der Hauptgöttin al-Lât in Ta'if übernahm ein früher Feind des Propheten: Abu Sufyân, der im Vorfeld der Eroberung Mekkas mit anderen Sippen- und Stammesführern den Islam annahm.

Auf die militärischen Siege im Süden folgte eine weniger erfolgreiche Expedition in den Norden, bis an die Südgrenze des Byzantinischen Reiches, nach Tabuk, die als fehlgeschlagener Beutezug unentschieden endete. Sie hat in den oft zitierten Versen der Sure 9 (al-tauba) als Kriegserklärung an die nichtmuslimische Außenwelt ihren Niederschlag gefunden:

„Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören – von denen, die die Schrift erhalten haben – kämpft gegen sie bis sie kleinlaut aus der Hand Tribut entrichten!“

Sure 9, 29 mit anschließender Polemik gegen die Juden und Christen

Das Auftreten Mohammeds im Norden hatte zur Folge,dass einige Gemeinden, christliche und jüdische, sich ihm unterwarfen: der christliche Fürst Yuhannâ in Aila, die Bewohner in Adhruh und die Juden der Hafenstadt Makna. Ibn Ishaq, der bekannteste Verfasser der Prophetenbiographie im 2. muslimischen Jahrhundert berichtet, dass Mohammed auf dem Karawanenweg von Medina nach Tabuk 18 Moscheen, die damals wohl kleine Gebetstätten gewesen sind, hinterließ.Somit war die gesamte nördliche Region als islamisches Gebiet und somit als Teil der medinensischen Umma – auch de jure – ausgewiesen.

Die Abschiedswallfahrt und der Tod Mohammeds

Das neunte Jahr nach der Hidschra (630-631) nennt man in der Prophetenbiographie Mohammeds das „Jahr der arabischen Delegationen“ an den Propheten nach Medina, die sich dem Islam angeschlossen haben. Ende Januar 632 trat der Prophet die große Pilgerfahrt nach Mekka an, die in die Geschichte als die „Abschiedswallfahrt“ eingehen sollte; Anfang März 632 erreichte er Mekka und vollzog mit seinen Anhängern die Wallfahrt, in deren Verlauf alle Einzelheiten der Wallfahrtszeremonien und die damit verbundenen ritualrechtlichen Verpflichtungen, einschließlich der Integrierung vorislamischer Gebräuche, festgelegt worden sind. Dem islamischen Überlieferungswesen zufolge war Sure 5, Vers 3 Teil der berühmten Rede Mohammeds am Berg von ʿArafa, eine Art Vemächtnis an seine Anhänger:

„Heute habe ich euch eure Religion vervollständigt (so dass nichts mehr daran fehlt) und meine Gnade an euch vollendet, und ich bin damit zufrieden, dass ihr den Islam als Religion habt.“

Übers. Rudi Paret

Außerkoranisch, jedoch mit beeindruckender Aussagekraft sind auch die folgenden Worte in der Rede ausgestattet, die in der islamischen Welt bis in die Moderne hinein zitiert werden:

„Ich habe euch etwas klares und deutliches hinterlassen; wenn ihr daran festhaltet, werdet ihr niemals in die Irre gehen: Gottes Buch und die Sunna seines Propheten. Leute! hört meine Worte und begreift sie! Ihr sollt wissen, dass jeder Muslim Bruder des Muslims ist, und dass die Muslime (untereinander) Brüder sind...“

Die Abschiedswallfahrt – auch „die Wallfahrt des Islam“ genannt – war der Kulminationspunkt in Mohammeds Wirken. Nach seiner Rückkehr nach Medina übernahm er die Führung der Feldzüge gegen arabische Stämme der Halbinsel bis in das Ostjordantal nicht mehr persönlich, sondern übertrug sie seinen Gefährten (sahaba). Eine plötzliche Erkrankung führte zu seinem unerwarteten Tod im Haus seiner Frau ʿA'ischa am 8. Juni 632. Die Todesnachricht löste in Medina große Verwirrung aus, so dass sein Leichnam – wie mehrere Historiographen berichten – einen ganzen Tag vernachlässigt blieb, bis er dann unter dem Haus von ʿA'ischa begraben wurde. Sein Grab – mit dem von Abu Bakr und Umar ibn al-Chattab – befindet sich heute innerhalb der „Moschee des Propheten“, der Hauptmoschee von Medina.

Wie unvorstellbar sein Tod für die Muslime gewesen sein muss schildert Ibn Isḥāq in seiner Prophetenbiographie sehr eindrucksvoll; der spätere Kalif ʿUmar ibn al-Ḫaṭṭāb soll, der Überlieferung zufolge, deren Entstehung bis in das frühe erste muslimische Jahrhundert zurückverfolgt werden kann, sogar auf Elemente der jüdischen Prophetengeschichte zurückgegriffen und damit den Tod Mohammeds infrage gestellt haben:

„Einige unter den Heuchlern behaupten, dass der Gesandte Gottes gestorben ist. Jedoch ist der Gesandte Gottes nicht gestorben, sondern ging zu seinem Herrn wie dereinst Moses der Sohn ʿImrāns es getan hat und vierzig Tage von seinem Volk fern blieb, dann aber zurückgekehrt ist, nachdem man behauptete, er sei gestorben. Bei Gott! Der Gesandte Gottes wird genauso zurückkehren wie damals Moses zurückgekehrt ist, und er wird die Hände und Füße derjenigen abschlagen, die behaupteten, der Gesandte Gottes sei gestorben!“

Die Hauptmoschee von Medina mit dem Grab des Propheten. Stahlstich (19. Jh.)

Der Prophetenbiographie zufolge teilte Abu Bakr, der bald Mohammeds Nachfolger sein sollte, die Todesnachricht mit folgenden Worten mit (nach Ibn Ishaq):

„Leute! Wer Mohammed verehrt hat (dem sage ich): Mohammed ist gestorben. Wer den einzigen Gott verehrt hat (dem sage ich): Gott lebt und stirbt nicht.“

Dann rezitierte er folgenden Koranvers (Sure 3, Vers 144):

„Und Muhammad ist nur ein Gesandter. Vor ihm hat es schon (verschiedene andere) Gesandte gegeben. Werdet ihr denn (etwa) eine Kehrtwendung vollziehen, wenn er (eines friedlichen Todes) stirbt oder (im Kampf) getötet wird? Wer kehrtmacht, wird damit (Gott) keinen Schaden zufügen.Aber Gott wird (es) denen vergelten, die (ihm) dankbar sind.“

Übers. Rudi Paret

Die Schaffung der islamischen Umma

Es wird wohl den historischen Tatsachen entsprechen, dass Mohammeds Vision – neben seinem Selbstverständnis, Prophet, ein Gesandter Gottes zu sein – darin bestand, die in seiner unmittelbaren Umgebung ansässigen und miteinander rivalisierenden Araberstämme zu vereinigen und sie in einer Gemeinschaft der Muslime (umma) unter seiner Führung – sogar mit Gewalt – zu intergrieren. Wie zerbrechlich das von ihm hinterlassene Staatsgebilde jedoch gewesen ist, zeigte sich unmittelbar nach seinem Tode. Im sog. „Säulengang der Banu Sa'ida“ in Medina kam es zur Bildung von Interessengemeinschaften in der Nachfolgerfrage: sowohl die medinensischen Ansar als auch die mekannischen Auswanderer bildeten rivalisierende Gruppen untereinander. Die Machtaufteilung unter den Mekkanern (dominiert vom Stamm der Quraisch)und den medinensischen Ansar gemäß: „von uns ein Befehlshaber wie auch von euch ein Befehlshaber“ (minnâ amîrun wa-minkum amîrun) scheiterte am Vorschlag Umar ibn al-Hattabs, der den alten Weggefährten Mohammeds, Abu Bakr zum Nachfolger (Kalif) vorschlug. Die vorrangige Aufgabe Abu Bakrs als Kalif bestand in der Bekämpfung der aufständischen Araberstämme in der Zeit der Ridda und in ihrer von Gewalt geprägten Unterordnung der von Mohammed geschaffenen medinensischen Umma.

Datei:Miraj2.jpg
Darstellung der Himmelfahrt Mohammeds in einer persischen Miniatur von Sultan Muhammad (um 1540; Britisches Museum, London)

Mohammeds Familie

Siehe: Familie Mohammeds

Mohammed und die Schriftbesitzer

Anfangs stand Mohammed sowohl den Juden als auch den Christen wohlwollend gegenüber und erwartete, dass sie sich ihm anschließen würden. Viele Koranverse bestätigen dagegen, dass die „Schriftbesitzer“ (ahl al-kitâb) die Botschaft des arabischen Propheten ablehnten. Diese Koranverse, die man „Provokationsverse“ (âyât at-tahaddî) nennt, enthalten sowohl die Einwände der Gegner als auch Mohammeds Antworten. Der entscheidende Vorwurf des Propheten war, Juden und Christen hätten ihre Schriften gefälscht, ihre Inhalte abgeändert; somit sei er, Mohammed, der Verkünder der einzig wahren monotheistischen Religion Abrahams. Die Schriftbesitzer, die Gottes Schrift verfälscht haben sollen, wurden und werden mit aller Härte wie Polytheisten geächtet und behandelt.

Nach seinem Selbstverständnis war Mohammed nicht der Prophet einer neuen Religion, sondern der Reformator des abrahamschen Monotheismus:

„Und sie (d. h. die Schriftbesitzer) sagen: 'Ihr müsst Juden oder Christen sein, dann seid ihr rechtgeleitet'. Sag: Nein! (es gibt nur) die Religion Abrahams, eines Hanifen – er war kein Heide.“

Sure 2, Vers 135

„Abraham war weder Jude noch Christ. Er war ein Gott ergebener Hanif, und kein Heide.“

Sure 3, Vers 67

Die arabische Ausdrucksweise musliman hanifan (arab. مسلما حنيفا) des letztgenannten Verses wird übersetzt mit „Er war Muslim und Hanif“ (d. h. ein reiner Muslim). Dies besagt, Abraham sei der erste Muslim gewesen. (Selbst die Ka'ba im Zentrum des mekkanischen Heiligtums geht nach Mohammeds Lehre auf Ibrahim / Abraham und dessen Sohn Isma'il zurück, nur sei sie durch die Polytheisten schon früh – in einer historisch nicht belegbaren Epoche – entweiht worden.) Mohammed sah seine Aufgabe gerade darin, den alten, ursprünglichen und reinen Zustand des Monotheismus nach Abraham wieder herzustellen.

Mohammeds Darstellung in christlichen Chroniken der Frühzeit

Die wohl älteste Quelle, in der Mohammed genannt wird, geht auf die syrische Chronik von Thomas dem Presbyter, der gegen 640 geschrieben hat, zurück:

„am 4. Februar 634 am frühen Morgen fand ein Kampf zwischen den Byzantinern und den Arabern Mohammeds statt.“

Diese Stelle, wie auch andere, wird in der Forschung dahingehend interpretiert, dass Mohammed bereits kurz nach seinem Tode, aber wohl auch schon zu seinen Lebzeiten, als militärischer Führer dargestellt wurde. In der anonymen „Geschichte von Armenien“, die man allgemein einem Bischof von Sebeos zuschreibt, wird die Lehre Mohammeds im Zusammenhang mit dem Sieg des Umayyaden-Kalifen Mu'awiya im ersten Bürgerkrieg (656 - 661) wie folgt beschrieben:

„Ihr seid die Söhne Abrahams und Gott will durch euch sein Versprechen, das er Abraham und seiner Nachwelt gegeben hatte, verwirklichen. Liebe den Gott Abrahams, gehe hinaus und nimm das Land in Besitz, das Gott deinem Vater Abraham gegeben hatte, denn niemand wird imstande sein, dir im Kampf zu widerstehen, denn Gott ist mit dir.“

In der Chronica minora III., im Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium, wird der arabische Prophet ebenfalls als militärischer Führer verstanden:

„im Jahre 940 des Alexander (d. i. 628 - 629) betraten Heraclius und die Byzantiner Konstantinopel. Muhammed und die Araber brachen vom Süden auf und betraten das Land und unterwarfen es.“

Auch hier kommt es klar zum Ausdruck, dass Mohammed diese Eroberungszüge veranlasst und zum Teil selbst geführt hatte. Dass Mohammed sich als Erneuerer des abrahamschen Monotheismus verstand, bestätigen auch die frühesten christlichen Chroniken aus der Mitte des 7. Jahrhunderts. Sie führen im einzelnen auch aus, dass es Mohammed war, der "den Araber den Gott Abrahams vorstellte" - so der armenische Chronist Sebeos - und ihnen neue Gesetze gab. Johannes bar Penkaye, ein Mönch in Nordmesopotamien, der nach eigener Auskunft im „67. Jahr der Herrschaft der Araber“ (d. i. 686 - 687) schrieb, berichtet:

„Sie (die Araber) halten an der Tradition Mohammeds so stark fest, dass sie jeden, der seine (Mohammeds) Gesetze missachtet, mit dem Tode bestrafen.“

In der Chronik von Zuqnin, im Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium, heißt es zu Beginn der Darstellung des Islam:

„Da er (Mohammed) ihnen (den Arabern) den einzigen Gott beschrieb und sie (die Araber) unter seiner Führung die Byzantiner besiegten und da er ihnen Gesetze gemäß ihren Wünschen gab, nennen sie ihn „Prophet“ (nbîyâ) und „Gesandter“ (rasùlâ) Gottes.“

Literatur

Allgemein

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  • Michael A. Cook: Muhammad. Neuauflage. Oxford University Press, Oxford 1996, ISBN 0-192-87605-8 (auf Englisch)
  • Muhammad Ibn Ishaq: Das Leben des Propheten – As-Sira An-Nabawiya. Spohr, Kandern im Schwarzwald 1999, ISBN 3-927606-22-7
  • Alfred Guillaume (Übers.): The Life of Muhammad. A translation of Ibn Ishaq's Sirat Rasul Allah. Oxford University Press, 1955
  • Alfred Guillaume: New Light on the Life of Muhammad. Manchester University Press, Manchester 1960 (Journal of Semitic Studies, Monograph, No. 1)
  • Aloys Sprenger: Das Leben und die Lehre des Mohammad. Nach bisher grösstentheils unbenutzen Quellen. Berlin 1861. Nachdruck: Olms, Hildesheim, ISBN 3-487-12020-8
  • Julius Wellhausen: Mohammed in Medina. Berlin 1881
  • W. Montgomery Watt: Muhammad at Mecca. Reprint. Oxford University Press, 1979, ISBN 0-19-577277-6
  • W. Montgomery Watt: Muhammad at Medina. Reprint. University Press, Karachi 2000, ISBN 0-19-577307-1
  • W. Montgomery Watt: Muhammad. Prophet and Statesman. Reprint. Oxford University Press, London 1990, ISBN 0-19-881078-4
  • F. M. Donner: Muhammad's Political Consolidation in Arabia up to the Conquest of Mecca. In: The Muslim World. 69/1979, S. 229-247
  • Günter Kettermann: Atlas zur Geschichte des Islam. Primus-Verlag, Darmstadt 2001, ISBN 3-89678-194-4
  • Martin Lings: Muhammad. Sein Leben nach den frühesten Quellen. Spohr, Kandern im Schwarzwald 2000, ISBN 3-927606-24-3
  • Harald Motzki (Hrsg.): The Biography of Muhammad. The issue of the Sources. Brill, Leiden 2000, ISBN 90-04-11513-7
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  • Miklos Muranyi: Die Auslieferungsklausel des Vertrages von al-Ḥudaibiya und ihre Folgen. In: Arabica. 23/1976, S. 275-295
  • Miklos Muranyi: Ein neuer Bericht über die Wahl des ersten Kalifen Abū Bakr. In: Arabica. 25/1978, S. 233-260
  • Miklos Muranyi: The First Muslims in Mekka. A Social Basis for a New Religion? In: Uri Rubin (Hrsg.): The Life of Muḥammad. Ashgate Variorum, Aldershot 1998 (The Formation of the Classical Islamic World, Band 4), S. 95-104, ISBN 0-86078-703-6
  • Arent Jan Wensinck: Muhammad and the Jews of Medina. Berlin 1982, ISBN 3-9800467-4-5
  • Meir J. Kister: Society and Religion from Djahiliyya to Islam. Variorum, Aldershot 1990, ISBN 0-86078-277-8
  • Michael Lecker: Muslims, Jews & Pagans. Studies on Early Islamic Medina. Brill, Leiden 1995, ISBN 90004102477
  • Universitatis Catholicae Americae et Universitatis Catholicae Lovaniensis (Hrsg.): Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium. Paris 1903-, ISSN 0070-0452
  • Ali Dashti: 23 Jahre. Die Karriere des Propheten Mohammed. 2. Auflage. Alibri, Aschaffenburg 2003, ISBN 3-932710-80-0
  • Hazrat M. B. Ahmad: Das Leben des Heiligen Propheten Mohammad. Verlag der Islam, 1994, ISBN 3-921458-92-7 (eine Biographie Mohammeds aus der Sicht der Ahmadiya-Sekte)

Zur Prophetenbiographie

  • Aus dem Leben des Propheten. In: Manfred Fleischhammer (Hrsg.): Altarabische Prosa. Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig 1988, S. 10-25, ISBN 3-379-00334-4
  • ʿAbd-al-ʿAzīz ad-Dūrī: The Rise of Historical Writing Among the Arabs. Hrsg. und Übersetzer L. I. Conrad. Princeton University Press, Princeton 1983, ISBN 0-691-05388-X
  • J. Horovitz: The Earliest Biographies of the Prophet and their Authors. In: Islamic Culture. Band 1. 1927. S. 535-559; Band 2. 1928. S. 22-50; S. 164-182; S. 495-526
  • F. Rosenthal: A History of Muslim Historiography. Brill, Leiden 1952
  • Gregor Schoeler: Charakter und Authentie der muslimischen Überlieferung über das Leben Mohammeds. Walter de Gruyter, Berlin 1966, ISBN 3110148625
  • Gregor Schoeler:Mūsā b. ʿUqbas Maghāzī. In:Harald Motzki (ed.): The Biography of Muḥammad. The Issue of the Sources.S.67-97. Brill, Leiden 2000.ISBN 9004115137
  • F. Sezgin: Geschichte des arabischen Schrifttums. Band I. S. 237-338: Geschichtsschreibung. Brill, Leiden 1967

Siehe auch

Aktuell: Das Gesicht Mohammeds

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Wiktionary: Mohammed – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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