Lebensmittelkonservierung
Konservierung (v. lat.. conservare = erhalten, bewahren) bezeichnet die Veränderung der auf einen Stoff einwirkenden Bedingungen mit dem Ziel, ihn über möglichst lange Zeit so zu erhalten, dass er seinen Zweck weiterhin erfüllen kann oder seine Erscheinung möglichst originalgetreu bleibt. Auch die Veränderung des Stoffes selbst wird hingenommen, solange das Ziel erfüllt wird.
Verwendung des Begriffs
Hauptsächlich wird der Begriff für Lebensmittel verwendet, aber auch Baustoffe, Bauwerke, Kunstwerke, Kulturgüter, Museumsobjekte oder Naturdenkmäler, ja ganze Landschaften werden konserviert. Der Beruf für diese Konservierungsarbeit ist der des Konservators. Auch in der Natur finden "natürliche" Konservierungsprozesse statt, wie etwa der Einschluss von Insekten in Bernstein, diverse Versteinerungen, Moorleichen und mehr. Mit der Mumifizierung als einem Bestandteil des Totenkults ist Konservierung sogar Teil vieler Religionen. (Für die Verhinderung von politischen Veränderungen wird dieser Begriff nicht benutzt, siehe Konservatismus). Häufig werden Tonträger als Musikkonserve bezeichnet.
Geschichte
Der Beginn der modernen Hitzekonservierung wird zumeist mit den Arbeiten des Franzosen François Nicolas Appert verbunden, der 1809 technisch ausgereifte Methoden der Konservierung vorstellte. Doch die theoretische Lösung war von vielen technischen Problemen begleitet, insbesondere beim Verlöten der Konservendosen und der Dauer der Hitzeeinwirkung auf unterschiedliche Lebensmittel. Erste handwerkliche Betriebe entstanden im Deutschen Bund in den 1840er Jahren, nennenswerte Produktionsmengen wurden jedoch erst seit den 1860er Jahren erreicht. Vorreiteregion war Braunschweig, das bevorzugte Produkt das damalige Luxusgut Spargel. Der Übergang zu industriellen Formen erfolgte erst in den 1870er Jahren. 1873 wurde in Deutschland der Autoklav eingeführt, seit 1889 auch automatische Dosenverschlussmaschinen. Den eigentlichen Durchbruch konservierter Nahrung brachten jedoch die Warenhäuser, die Konserven seit 1892 einem Massenpublikum anboten. Trotz hoher Wachstumsraten setze sich konservierte Nahrung in Deutschland nicht so stark durch wie etwa in Großbritannien oder den USA. Eine Ursache bildeten relativ hohe Preise, die den Konsum im Kaiserreich nur für Mittel- und Oberschichten erschwinglich machten. Ein wichtigerer Grund aber war die Wahrnehmung der Konserven als ein Gesundheitsrisiko. Nicht allein Vergiftungsfälle, sondern vor allem die auf ihr Expertentum und die vermeintliche Ungiftigkeit vieler Konservierungstechniken und -mittel zu Unrecht beharrenden Konservenindustrie, führten zu einer kritischen Grundhaltung. Parallel setzte sich in den Haushalten die Konservierung von Obst, Gemüse und Fleisch mittels des Einweckens zunehmend durch. Ein grundlegender Wandel erfolgte erst seit den späten 1930er Jahren durch die Durchsetzung der Kältekonservierung. Die Tiefkühlung wurde im Rahmen des Vierjahresplanes von NS-Staat mit hohen Mitteln unterstützt, setzte sich dann aber erst seit den frühen 1960er Jahren allgemein durch.
Einsatz
Der Zerfall, den die Konservierung verhindern soll, tritt meist durch mikrobielle oder makrobielle Einwirkung auf (Bakterien, Pilze, Würmer, Insekten und ähnliches). Häufigste Anwendung ist der Erhalt von Nahrung in Haushalt und Küche. Die Entstehung einer Lebensmittelindustrie und die Produktion von Fertignahrung in großem Stil wurde erst durch moderne Konservierungsverfahren möglich. Ein weiterer Bereich ist der Einsatz von Konservierungsmitteln in der Kosmetik.
Weniger bekannt ist die Konservierung zur Vermeidung der Auswirkung von Umgebungsänderungen auf den Gegenstand (beispielsweise Austrocknung von Bodenfunden in der Archäologie, Schmelzen von Gletscherbohrkernen in der Klimaforschung)
Verfahren
Um den biologischen Zerfall zu verhindern, gibt es vier grundlegende Techniken, die auch kombiniert auftreten:
- Ein Kontakt mit dem Schadorganismus wird beseitigt und erneuter Kontakt verhindert (Räuchern, Abkochen, Einmachen ("Einwecken"), Pasteurisieren, Bestrahlen mit Mikrowellen oder Radioaktivität, Begasen, Lackieren)
- Dem Schadorganismus wird eine der für ihn notwendigen Grundlagen entzogen (Trocknung, Einsalzen, Kühlen, Einfrieren, Schutzgasatmosphäre, Vakuumieren)
- Einer der Inhaltstoffe wird so hoch konzentriert, dass er selbst die Entwicklung von Schadorganismen verhindert (Destillation, Raffinierung)
- Ein Zusatzstoff hemmt die Entwicklung des Schadorganismus (Pökeln mit Salz und Nitritsalz, Einlegen in Öl, Essig oder Alkohol, Zusatz von Antibiotika, Schwermetallsalze - nicht für Lebensmittel, Chlorieren)
Die Veränderung eiweißreicher oder kohlenhydratreicher Ausgangsstoffe mit Hilfe von Mikroorganismen führt zu neuen Produkten, die in der Regel eine bessere Haltbarkeit aufweisen als das Original. Es handelt sich damit aber nicht um eine Konservierung, sondern um eine Veredelung (ein "gewünschter Verderb") - siehe auch Milchprodukte und Gärung.
Bei der Konservierung von Lebens- oder Genussmitteln werden unterschieden:
- Vollkonserven mit unbegrenzter, mindestens zweijähriger Haltbarkeit,
- Halbkonserven (Präserven), die durch chemische Zusätze beschränkt haltbar gemacht wurden,
- Dreiviertelkonserven, die bis zu 12 Monate haltbar sind (bei max. 20°C).
Siehe auch
- Baudenkmalpflege: Instandhaltung, Instandsetzung, Renovierung, Rekonstruktion, Restaurierung, Steinkonservierung, Translozierung
Literatur
- Christel Rademacher u. Heike Rapp: Haltbarmachen von Lebensmitteln, Bonn 1994 (aid-Broschüre Nr. 1270)
- Uwe Spiekermann: Zeitensprünge: Lebensmittelkonservierung zwischen Haushalt und Industrie 1880-1940, in: Ernährungskultur im Wandel der Zeiten, hg. v. KATALYSE e.V. und BUNTSTIFT e.V., Köln 1997, S. 30-42