Zum Inhalt springen

Win-win

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. Mai 2004 um 19:25 Uhr durch Mira~dewiki (Diskussion | Beiträge) (==Herkunft == ??). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Win-Win-Strategie bezeichnet man eine Methode der Problem- und Konfliktlösung, bei der alle Beteiligten einen Nutzen (Gewinn) erzielen.

Herkunft

Eines der grundlegendsten Konzepte der win-win-Problemlösungen, wurde Anfang in den 70 und 80er Jahren an der Harvard Universität im Rahmen des dort angesiedelten "Harvard Negotiation Project" entwickelt, das sich mit der Entwicklung von verbesserten Verhandlungsmethoden beschäftigte. Die Methode des "sachgerechten Verhandelns" wurde als "Harvard-Konzept" bekannt und liegt vielen Ansätzen zur Konfliktlösung wie z.B. der Mediation zugrunde und wurde in ökologischen und bürgerrechtlichen Bewegungen, in politischen Verhandlungen, bei wirtschaftlichen und rechtlichen Problemstellungen und Streitfällen usw. erprobt.

Konfliktlösung ohne Verlierer

Konflikte werden üblicherweise in zwei Varianten "gelöst": entweder setzt sich eine Partei mit ihren Vorstellungen durch oder die Beteiligten finden einen Kompromiss. Beide Fälle stellen Lösungen nach dem Gewinner-Verlierer-Modell dar. Im ersten Fall gibt es einen offensichtlichen Verlierer, im Kompromissfall verliert jeder die Hälfte seines als berechtigt empfundenen Anspruches. Deshalb sind Kompromisse auch wenig verlässlich und führen meistens zu Folgekonflikten, Einbrüchen in der Motivation bei den Beteiligten und häufig zur Wiederaufnahme des Streites bei der nächsten kritischen Gelegenheit.

Bei der Win-win- Strategie geht es dagegen nicht darum, die eigene Position durchzusetzen oder gezwungenermaßen Abstriche zu machen, sondern eine dauerhafte Lösung zu finden, die von allen Beteiligten getragen und akzeptiert wird. In diesem Fall muss eine Situation geschaffen werden, in der jeder die Wahrnehmung und auch das Gefühl hat, durch diese Lösung etwas zu gewinnen (und nicht zu verlieren!). Deshalb wird diese Methode auch als "Konfliktlösung ohne Verlierer", im Englischen treffender als "Win-Win", bezeichnet.

Interessen und Positionen

Win-Win lässt sich nur dann erzielen, wenn die Lösung auf den wirklichen und oft nicht vollständig bewussten Interessen der Beteiligten beruht anstatt auf einer Auseinandersetzung um persönliche Positionen. Die in einem Konflikt eingebrachten Positionen spiegeln die persönlichen Forderungen und Meinungen und sind meist hart umkämpft, da sie sind mit Emotionen verknüft sind und sich die Beteiligten mit ihren Positionen identifizieren. Im Extremfall steht Meinung gegen Meinung und Forderung gegen Forderung. Dahinter verbergen sich die eigentlichen Interessen, das, was mit den Positionen erreichen werden soll. Sobald es gelingt herauszufiltern, was hinter Forderungen und Äußerungen steckt, statt sich mit Vordergründigem zu beschäftigen, kann eine sachliche Diskussion darüber geführt werden, welche Lösungsvariante die Interessen aller Beteiligten abdeckt.

Vorgehensweise

Verhandelt werden muss also über Interessen und nicht über Positionen. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Konfliktbeteiligten eine Diskussion auf der Sachebene führen müssen und sich nicht in ihren Ängsten und Befürchtungen, den gegenseitigen Kränkungen und Schuldzuweisungen verwickeln sollten. Die Konfliktbeteiligten müssen den Konflikt oder das zu lösende Problem gemeinsam angehen und sich nicht gegenseitig bekämpfen.

Zur Anwendung der win-win-Strategie ist es erforderlich eine Reihe von Kommunikationstechniken zu erlernen, um die typischen Missverständnisse und ein Zurückfallen auf das Streiten um Positionen zu verhindern. Ein wesentliches Element dabei ist z.B. das Vermeiden von verbalen Angriffen, Schuldzuweisungen und negativem Beurteilen der Argumente der Gegenseite. Dagegen ist er unbedingt nötig zu lernen, sich - selbst mitten im Konflikt - in den Standpunkt der Konfliktpartner hineinzuversetzen, um Abstand zur eigenen Position zu gewissen, unnötige Konfrontationen zu vermeiden und die Diskussion immer wieder auf eine Auseinandersetzung um die Interessen zu lenken. Zuhören und nachfragen, Ich-Botschaften geben und die eigenen Interessen darstellen gehört ebenso zu diesen Techniken wie die Trennung von Problemanalyse und Problemlösung und die Gestaltung des Umfeldes der Konfliktgespräche und des Ablaufes der Gesamtsituation usw.

Wenn man sich beispielsweise über einen Kollegen ärgert, weil er nachlässig ist und Dinge versäumt, kann man klassisch reagieren und ihn deshalb angreifen. Als Win-Win-Stratege versucht man dagegen, herauszufinden, warum ist er nachlässig? Hat er privaten Stress? Geht es ihm gesundheitlich nicht gut? Hat er Sorgen, die ihn ablenken? Man kann nachfragen, zuhören, die eigene Betroffenheit thematisieren und gemeinsam Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation finden. Wenn man es von dieser Seite versucht, findet kein Angriff statt, der Kollege hat die Möglichkeit, sich zu erklären und man kann womöglich eine Lösung finden, die allen Betroffenen hilft.


Grenzen der win-win-Strategie

Noch so ausgefeilte Methoden, Emotionen zu klären, aus einer Auseinandersetzung herauszuhalten und über Interessen sachlich zu diskutieren haben ihre Grenzen. Konflikte können eskalieren, auch wenn man um diese Gefahren weiß und entsprechend vorsichtig agiert. Keine soziale Situation lässt sicher derart kontrollieren, dass nicht Unvorhergesehenes passieren kann oder Einflüsse hineinwirken, die alles Bemühen zum Scheitern bringen. Die Autoren des Harvard-Konzeptes entwickelten in einem Nachtrag zur Darstellung der Methode weitere Techniken für Härtefälle, Grenzfälle und scheiternde Verhandlungen. Auch ist es noch möglich einen Dritten, einen Mediator zur Konfliktentschärfung einzuschalten.

Schließlich aber sind Abbruch der Kommunikation, Rückfall in das Gewinner-Verlierer-Modell, sowie mehr oder minder gewaltsame "Lösungen" nicht immer zu verhindern. Um in einem sozialen Zusammenhang, z.B. einem Betrieb, einer Familie, einem Projekt, einer Partei usw. zu einer dauerhaft verbesserten Konfliktlösungskultur zu kommen, bedarf der Übung, der Ausdauer und der Bereitschaft, sich immer wieder auf das Ziel auszurichten und schlimmstenfalls immer wieder von vorn zu beginnen.

Literatur

  • Fisher, Roger / Ury, William: Getting to Yes: Negotiating Agreement Without Giving In. 1981. 2nd ed. with Bruce Patton. Boston, Massachusetts: Houghton Mifflin & Co., 1991
  • Ury, William: Getting Past No: Negotiating Your Way From Confrontation To Cooperation. New York: Bantam Books, 1991
  • deutsch: Fisher, Roger / Uy, William / Patton, Bruce: Das Harvard-Konzept. Sachgerecht verhandeln - erfolgreich verhandeln. Franfurt/New York, Campus. 19. Auflage 2000 ISBN 3-593-34804-7


Siehe auch: Konfliktmanagement, 9-Stufen eines Konflikts nach Glasl, Dramadreieck, Gewaltfreie Kommunikation