Herpes simplex
Unter Herpes versteht man umgangssprachlich eine Gruppe von Viruserkrankungen, deren Erreger genetisch verwandt sind und zur Familie der Herpesviren gehören.
Herpesviren sind bei Wirbeltieren und beim Menschen weit verbreitet. Sie verbleiben nach der Erstinfektion latent im Körper des befallenen Organismus vorhanden. Sie können unter bestimmten Bedingungen reaktiviert werden.
Herpesviren
Bei den Herpesviridae oder Herpesviren handelt es sich um doppelsträngige Viren von kubischer Form, die von einer Hüllmembran umgeben sind. Alle Herpesviren gehören zur Gruppe der DNA-Viren, d.h., sie tragen die Information zu ihrer Vervielfältigung in Form von DNA in sich, im Gegensatz zu den meisten anderen Viren, die diese Information in Form von RNA in sich tragen.
Herpesviren gibt es auch bei einer großen Anzahl anderen Wirbeltiere (siehe hierzu z.B. die Übersicht der Uni Wien über Herpesviren).
Acht humanpathogene (den Menschen befallende) Arten sind bekannt, die auch als Humane Herpesviren (HHV) bezeichnet und von 1-8 durchnummeriert werden. Die einzelnen Arten sind jeweils Auslöser für spezifische Krankheiten (Erläuterungen zu den Krankheiten siehe weiter unten):
Alpha-Herpesviren replizieren schnell, haben ein breites Wirtsspektrum und überleben in den Ganglien des Wirtes dauerhaft
- HHV-1: Herpes simplex Typ1 (HSV-1) - Krankheitsbild: Herpes simplex, Herpes labialis
- HHV-2: Herpes simplex Typ 2 (HSV-2) - Krankheitsbild: Herpes simplex, Herpes genitalis
- HHV-3: Varizella-Zoster-Virus (VZV) - Krankheitsbild: Windpocken (Herpes zoster), Gürtelrose
Beta-Herpesviren replizieren langsam, haben ein enges Wirtsspektrum und führen bei den infizierten Zellen zu starker Vergrößung (Cytomegalie)
- HHV-5: Cytomegalovirus (CMV) - Krankheitsbild: CMV-Pneumonie, CMV-Sialoadenitis, Kolitis u.a.
- HHV-6: Humanes Herpes-Virus-6 - Krankheitsbild: Drei-Tage-Fieber
- HHV-7: Humanes Herpes-Virus-7 - Krankheitsbild: Infektiöse Mononukleose und ähnliche Erkrankungen
Gamma-Herpesviren haben sehr unterschiedliche Replikationszeiten und zeigen ein sehr enges Wirtsspektrum
- HHV-4: Epstein-Barr-Virus (EBV): - Krankheitsbild: Drüsenfieber, Nasopharynxkarzinom, Morbus Hodgkin, Non-Hodgkin-Lymphome (u.a. Burkitt-Lymphom), Post-Transplantations-Lymphoproliferation (PTLD)
- HHV-8: Humanes Herpes-Virus-8 - Krankheitsbild: Kaposi-Sarkom, bestimmte Lymphome
Erkrankungen
Herpes simplex
Zu den Herpeserkrankungen werden im allgemeinen Sprachgebrauch nur die durch die Herpes-simplex-Viren HSV 1 und HSV 2 ausgelösten Erkrankungen gezählt, nämlich der Herpes simplex.
Herpes Simplex tritt mit zwei sichtbaren Unterformen auf:
- Herpes labialis, auch als Fieberbläschen bezeichnet, einer Herpesinfektion im Bereich der Lippen (meistens durch HSV1 ausgelöst).
- Herpes genitalis, eine Herpesinfektion im Bereich der Geschlechtsorgane, die zu den sexuell übertragbaren Erkrankungen gehört. (meistens durch HSV2 ausgelöst).
Ansteckung: Herpes-Simplex-Viren können übertragen werden durch: Kuss, Tröpfcheninfektion, Benutzung von unsauberen Gläsern, Sexualkontakt. Bei Herpes-simplex-Befall ist keine Heilung möglich!
Beim Krankheitsverlauf wird zwischen der Erstinfektion und den Folgeinfektionen unterschieden:
- Erstinfektion: Es entstehen Bläschen im Gesicht, im Genitalbereich und um den After; Lymphknotenschwellung, Schmerzen; Abtrocknung nach 10 Tagen.
- Sekundärinfektion: Bei Schwächung des Immunsystems, z.B. bei Fieber, Ansteckung zur Zeit der Menstruation, Tröpfcheninfektion
Generalisierter Herpes simplex
Herpes-simplex-Viren können auch zu generalisiertem Herpes simplex führen. Bei Erwachsenen kann zum Beispiel eine Herpeshepatitis als Begleithepatitis bei Befall der Leber durch Herpes simplex (als viszeraler Herpes) auftreten.
Einen sehr gefährlichen generalisierten Herpes simplex stellt die Herpes-Sepsis des Neugeborenen dar, die während der Geburt übertragen wird. Hierbei kann die Übertragung sowohl von der mit Herpes simplex erkrankten Mutter ausgehen, als auch von anderen an der Geburt beteiligten erkrankten Personen.
Andere Herpeserkrankungen
Daneben gibt es noch andere Erkrankungen, die von Laien nicht mit Herpesviren in Zusammenhang gebracht werden, wie
- die Windpocken, die Erstmanifestation einer Infektion durch das Varicella-Zoster-Virus (VZV)
- die Gürtelrose (Herpes zoster), als Zweitmanifestation der Windpocken
- die Mononukleose auch Pfeiffersches Drüsenfieber genannt, nach Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV)
- Infektiöse Mononukleose und ähnliche Erkrankungen durch HHV7 ausgelöst.
- Drei-Tage-Fieber (Exanthema subitum, Roseola infantum) als Kinderkrankheit durch den HHV6 ausgelöst. Dem hohen, drei Tage anhaltenden Fieber kann ein flüchtiger Hautausschlag folgen. Die Inkubationszeit beträgt drei Tage bis zwei Wochen. Die Krankheit ist harmlos.
- ebenfalls durch den Epstein-Barr-Virus können folgende Krebsarten ausgelöst werden: Nasopharynxkarzinom, Morbus Hodgkin, Non-Hodgkin-Lymphome (u.a. Burkitt-Lymphom), Post-Transplantations-Lymphoproliferation (PTLD)
- die Zytomegalie, eine Speicheldrüsenkrankheit verursacht durch das Cytomegalievirus (CMV), die bei Personen mit einem intakten Immunsystem meist harmlos verläuft, bei immungeschwächten Personen aber weit schwerer verlaufen kann und dann auch andere Organe befällt. CMV-Pneumonie, CMV-Sialoadenitis, Kolitis u. a.
- das Kaposi-Sarkom bei HIV-infizierten Patienten, das mit dem Kaposi-Sarkom-assoziierten Herpes-Virus (KSHV) HHV8, einem Herpesvirus, der mit dem Epstein-Barr-Virus verwandt ist, in Zusammenhang gebracht.
Medikamente
Einige Herpesviren kann man mittlerweile mit Virustatika behandeln. Der leichte, rezidivierende (=wiederkehrende) Lippenherpes wird mit Aciclovir Cremes (Zovirax) oder mit einem elektronischen Therapiegerät Herpifix behandelt. Die Gürtelrose wird zumeist mit Aciclovir Tabletten behandelt.
Mittlerweile gibt es weitere Virusmittel, die als Nukleosid-Analoga wirken.