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Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung

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Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (Abkürzung LuFV) ist ein Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Bahn über die Instandhaltung der Eisenbahn-Infrastruktur des Unternehmens.

Die Vereinbarung regelt Ersatzinvestitionen. Davon abzugrenzen ist die Finanzierung von Neu- und Ausbaumaßnahmen, die projektbezogen durch den Bund erfolgt, sowie die Finanzierung der Instandhaltung, die nutzerfinanziert erfolgt.[1]

Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung verpflichtet die Deutsche Bahn, mindestens 1,00 Milliarden Euro pro Jahr für Instandhaltung aufzuwenden. Nach eigenen Angaben habe das Unternehmen in den Jahren 2009 bis 2012 tatsächlich durchschnittlich 1,44 Milliarden Euro dafür aufgewendet.[1] Zum 30. April jeden Jahres hat die Deutsche Bahn einen Infrastrukturzustands- und -entwicklungsbericht (IZB) vorzulegen.[2]

Vorgeschichte

Im Jahr 2004, vor Abschluss der Vereinbarung, konnte eine halbe Milliarde Euro Schieneninvestitionsmittel nicht verbaut werden, nachdem die Freigabe der Haushaltsmittel erst nach Beginn der Hauptbausaison erfolgt war. Diese nicht abgerufenen Mittel wurden weitgehend auf Straßen und Wasserwege umgeleitet.[3] Durch die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung sollen derartige Verzögerungen vermieden werden.

Die Idee der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung entstand vor dem Hintergrund der geplanten teilweisen Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG. 2005 war dabei für das Jahr 2006 ein einjähriges Pilotprojekt einer solchen Vereinbarung vorgesehen, um zu ermitteln, wie die Instandhaltung des Schienennetzes einer teilweise privatisierten DB AG geregelt werden könnte.[4] Am 30. Juni 2006 schlug der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn vor, bei einem das Netz der DB einschließenden Börsengang des Unternehmens das Schienennetz bis etwa zum Jahr 2045 oder 2050 vertraglich dem Unternehmen zu überlassen. In der geplanten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung sollte dabei die Möglichkeit für den Bund vorgesehen werden, das Netz bereits zuvor in staatliches Eigentum zurückzuholen, sollten bestimmte Qualitätskriterien nicht eingehalten werden.[5]

Mitte 2007 beschloss das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf, wonach das DB-Netz bei einer teilweisen Kapitalprivatisierung des Unternehmens vollständig im Eigentum des Staates bleiben sollte, wobei dessen Qualität und Unterhalt in einer in dem Gesetz genannten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung geregelt werden sollten.[6] Eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung war auch im parlamentarischen Antrag zur teilweisen Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn, im Mai 2008, enthalten.[7]

Erste LuFV

Der am 11. November 2008 geschlossene Vertrag sieht Ersatzinvestitionen durch den Bund in Höhe von 2,5 Milliarden Euro jährlich vor. Die Deutsche Bahn AG verpflichtete sich, jährlich mindestens 500 Millionen Euro an Eigenmitteln für das Schiennnetz sowie 1 bis 1,25 Milliarden Euro an weiteren Mitteln aufzubringen. Neu- und Ausbauten sind nicht Gegenstand des Vertrages.[8] Im Rahmen der fünfjährigen Laufzeit stehen insgesamt 973 Millionen Euro für Verbesserungen und Ausbaumaßnahmen des Schienenpersonennahverkehrs zur Verfügung. Die Gelder werden nach einer Quote unter den Bundesländern verteilt. Ein Anteil ist auch für deutsche Strecken auf Schweizer Gebiet vorgesehen.[9]

Die Zuschüsse des Bundes sind an verschiedene Anforderungen geknüpft. So sollen die Bundesmittel nur gewährt werden, wenn das DB-Netz bis 2013 um nicht mehr als zwei Prozent verkleinert wird.[8]

Die Vereinbarung läuft zunächst von 2009 bis 2013. Ursprünglich war eine Laufzeit von 10 bis 15 Jahren angestrebt worden.[8]

Im Koalitionsvertrag der 17. Wahlperiode vereinbarte 2009 die Schwarz-gelbe Koalition, Instrumente zu schaffen, um Bund und Ländern einen vertiefenden Einblick in die Umsetzung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zu geben. Laut Angaben der Bundesregierung wurde 2011 geprüft, ob die LuFV über 2013 fortgeschrieben oder durch ein anderes Finanzierungsinstrument ersetzt werden solle.[10]

Im Rahmen der Verhandlungen sollte ab Mitte 2011 die Einbeziehung einer zusätzlichen Qualitätskennzahl „Kapazität“ erwogen werden.[2]

Die Verhandlungen über einen Folgevertrag begannen im Frühjahr 2012. Strittig war dabei das Ausmaß des Investitionsbedarfs in die Infrastruktur. Die Deutsche Bahn sah einen Investitionsbedarf von 40 Milliarden Euro in einem Zeitraum von zehn Jahren. Davon entfielen 14 Milliarden Euro auf Brücken, 3,9 Milliarden Euro auf Tunnel, 3,7 Milliarden auf Stellwerke, 2,7 Milliarden auf Gleise und 1,77 Milliarden Euro auf Bahnsteige. Die Bundesregierung lehnt zusätzliche Investitionen dagegen ab (Stand: Dezember 2012).[11] Im Zuge der Neufassung sollen laut einem Medienbericht auch strengere Anforderungen an die Qualität des Schienennetzes niedergelegt werden.[12]

Der Bund wollte 2014 erstmals von den in der LuFV vorgesehenen Kontrollrechten Gebrauch machen und auf einer Gesamtlänge von 5000 km eigene Messfahrten vornehmen lassen.[12]

Kritik

In einem Prüfbericht von Mitte 2011 bemängelt der Bundesrechnungshof, dass wesentliche Informationen im Netzzustandsbericht fehlten. Dieser sei für die „Outputkontrolle bei der Schienenwegefinanzierung bislang nicht geeignet“. Während die DB sich weitestgehend vertragskonform verhalte, habe das Bundesverkehrsministerium nur unzureichende Informationspflichten in der LuFV festgelegt.[13] Kritiker bemängeln ferner, dass die Qualitätskriterien der LuFV zu unbestimmt seien.[8] Darüber hinaus regte er eine externe Kontrolle an.[14]

Der Bundesrechnungshof kritisierte in seinen Bemerkungen zur Haushaltsführung des Bundes 2012 bei einigen Kennzahlen der LuFV "erhebliche Systemmängel". Die Anforderungen der Bundeshaushaltsordnung würden nur unzureichend erfüllt. 2013 kritisierte er, dass sich der ordnungsgemäße Verlauf der Vergabeverfahren kaum nachvollziehen ließe. Das Eisenbahn-Bundesamt prüfe nur stichprobenartig. Im Jahr 2011 habe die Behörde beispielsweise nur 10 von 1836 vergebenen Aufträgen geprüft, wobei einige nicht gravierende Mängel aufgefallen seien. Die Deutsche Bahn habe eigenständige Prüfungen des Rechnungshofes verweigert.[15]

Der Bund kritisiert aus seiner Sicht unzureichende Möglichkeiten, die im Zuge der LuFV abgewickelten Investitionen der Deutschen Bahn zu kontrollieren. Da der festgestellte Investitionsbedarf insbesondere bei der Instandhaltung deutlich unterschritten worden sei, sei es zwingend erforderlich, Budgets vorzugeben.[16]

Erneuerung der Vereinbarung

Die ursprüngliche Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bahn und Bund endete zum 31. Dezember 2013. Sie sollte vom 18. Deutschen Bundestag bzw. der von den Abgeordneten gewählten Regierung neu ausgehandelt werden. Für eine Übergangszeit wurde im September 2013 die aktuelle Vereinbarung zunächst um zwei Jahre[veraltet] mit leichten Anpassungen verlängert.[17]

Die ursprüngliche Forderung der Deutschen Bahn nach einem jährlichen Investitionsrahmen von 4,5 Milliarden Euro sei laut einem Pressebericht vom Dezember 2012 auf 3,4 Milliarden Euro zurückgegangen. Die Bundesregierung habe überlegt, die bestehende Vereinbarung zunächst weiterlaufen zu lassen, bis eine bessere Qualitätskontrolle ausgehandelt ist.[14]

Nach Planungen von Frühjahr 2013 sollte die Deutsche Bahn für die Jahre 2013 und 2014 jeweils 250 Millionen Euro zusätzliche Mittel erhalten. Als Schwerpunkte galten der barrierefreie Ausbau von Verkehrsstationen und Eisenbahnbrücken.[18] Nach einer im September 2013 geschlossenen Vereinbarung sollten in den Jahren 2013 und 2014 500 Millionen Euro aus dem Budget für Neubauprojekte in die Mittel zum Substanzerhalt umgeschichtet werden.[19]

Die LuFV sollte nach der Bundestagswahl 2013 neu ausgehandelt werden. Dabei sollten neue Prüfkriterien eingeführt werden, beispielsweise den Zustand von Brücken. Der jährliche Bundeszuschuss sollte ab 2016 auf drei Milliarden Euro angehoben werden. Daneben sollte die Deutsche Bahn 500 Millionen Euro beisteuern.[20] Im Entwurf für den Bundeshaushalt 2015 wurden drei Milliarden Euro eingestellt und damit ein Zwischenstand der Verhandlungen zwischen Bund und DB abgebildet. Bis 2019 solle der Betrag auf 3,9 Milliarden Euro steigen. Im Gegenzug für die zusätzlichen Mittel solle die DB schärfere Vorgaben beim Mitteleinsatz befolgen.[21]

Für den deutschen Fernstraßenbau wird ebenfalls die Einführung einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern erwogen (Stand: 2012). Dabei würde der Bund für Unterhalt und Sanierung seiner Straßen den Ländern über jeweils fünf Jahre einen Fixbetrag zur Verfügung stellen, die Länder würden im Gegenzug eine definierte Qualität der Verkehrswege garantieren. Eingesparte Mittel könnten von den Ländern freizügig verwendet werden.[22]

Zweite Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung

Im Rahmen der LuFV II sollen die Gewinne der Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn vollständig an den Bund überwiesen und von diesem ohne Abstriche in die Infrastruktur investiert werden. Ab 2015 soll der Bund durchschnittlich vier Milliarden Euro pro Jahr Ersatzinvestitionen zur Verfügung stellen, die DB soll jährlich durchschnittlich 1,6 Milliarden Euro an Eigenmitteln für Instandhaltung zur Verfügung stellen.[23]

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages stimmte der LuFV II am 17. Dezember 2014 zu.[24]

Einzelnachweise

  1. a b Grundlagen der Infrastrukturfinanzierung. In: Netznachrichten. Nr. 4, 2013, ZDB-ID 2548162-9, S. 6 ((online, 0,8 MB) [PDF]).
  2. a b Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Bettina Herlitzius, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (PDF; 79 kB). Drucksache 17/5689 vom 29. April 2011.
  3. Bayern kämpft um Bundesmittel für Ausbauten im Schienennetz. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5/2005, ISSN 1421-2811, S. 242 f.
  4. Klaus Ott: Bahnchef Mehdorn baut Vorstand und Konzern um. In: Süddeutsche Zeitung, 12. März 2005, S. 23.
  5. Klaus Ott, Martin Hesse: Bahn will Netz bis 2050 behalten. In: Süddeutsche Zeitung, 1. Juli 2006, S. 17.
  6. Wolfgang Tiefensee: „Die Furcht der Länder ist unbegründet”. In: Süddeutsche Zeitung, 16. August 2007, S. 22.
  7. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Zukunft der Bahn, Bahn der Zukunft – Die Bahnreform weiterentwickeln (PDF; 64 kB). Drucksache 16/9070 vom 7. Mai 2008.
  8. a b c d 4 Milliarden Euro für das Bahnnetz. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 265, 12. November 2008, S. 13.
  9. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ute Kumpf, Michael Groß, Christian Lange (Backnang), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Drucksache 17/13198 – Sachstand wichtiger Verkehrsprojekte für Baden-Württemberg (PDF; 177 kB). Drucksache 17/13846 vom 6. Juni 2013, S. 6.
  10. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, Martin Burkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Drucksache 17/7080 – Umsetzung des Koalitionsvertrags – Halbzeitbilanz der Bundesregierung im Bereich Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (PDF; 258 kB). Drucksache 17/7296 vom 12. Oktober 2011, S. 12 f.
  11. Thomas Wüpper: Aufsichtsrat der Bahn rügt marode Brücken. Stuttgarter Zeitung, Jg. 68, Nr. 284, 7. Dezember 2012, S. 11 (online).
  12. a b Daniela Kuhr: Verkehrsminister Dobrindt will Bahn strenger kontrollieren. In: Süddeutsche Zeitung. 29. Januar 2014, ISSN 0174-4917, S. 1 (München) (ähnliche Version [www.sueddeutsche.de/auto/staatliche-ueberpruefung-des-schienennetz-verkehrsminister-dobrindt-will-bahn-strenger-kontrollieren-1.1874530 online]).
  13. Rechnungshof: Bund kontrolliert Bahn zu wenig. In: Handelsblatt (Onlineausgabe), 25. Juni 2011.
  14. a b Daniel Delhaes, Dieter Fockenbrock: Rekordgewinn nach Plan. In: Handelsblatt. Nr. 240, 2012, ISSN 0017-7296, S. 4 f.
  15. Michael Baumüller, Daniela Kuhr: Angriff auf die Bahn. In: Süddeutsche Zeitung. 25. Mai 2013, ISSN 0174-4917, S. 23 (ähnliche Version online).
  16. Daniel Delhaes: Bund plant Strafzahlungen für die Bahn. In: Handelsblatt. Nr. 226, 21. November 2012, ISSN 0017-7296, S. 8.
  17. BMVBS: Zusätzliche 500 Millionen Euro für bestehende Schieneninfrastruktur LokReport Archiv – News von Montag, 9. September 2013.
  18. Mehr fürs Netz. In: Handelsblatt. Nr. 77, 22. April 2013, ISSN 0017-7296, S. 6.
  19. Bahn will Netz-Gewinne wieder voll in Schiene investieren, Süddeutsche.de, 6. September 2013, online.
  20. Deutsche Bahn: Mehr Geld, mehr Kontrolle. In: Wirtschaftswoche. 8. April 2013, ISSN 0042-8582, S. 9 (ähnliche Version online).
  21. Bahn muss für späte Züge zahlen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 154, 7. Juli 2014, ISSN 0174-4909, S. 21.
  22. Max Härder: Die Grenzen der Asphalt-Manie. In: Wirtschaftswoche, Nr. 15, 7. April 2012, S. 18–22.
  23. „Wir setzen auf offenen und intensiven Dialog“. In: Netznachrichten. Nr. 4, 2014, ZDB-ID 2548162-9, S. 1 ((online, 3,2 MB) [PDF]).
  24. Milliardenprogramm für die Modernisierung der Schiene. In: StationsAnzeiger. Nr. 12, Dezember 2014, S. 1 (PDF-Datei).