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Gerichtsorganisation in Österreich

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In Österreich sind die ordentlichen Gerichte in vier Stufen organisiert, es besteht aber ein nur zwei- oder dreistufiger Instanzenzug.


Bezirksgerichte:

Die Bezirksgerichte, von denen in jedem politischen Bezirk zumindest eines eingerichtet ist, sind zuständig:

  • in Zivilrechtssachen für streitige Zivilprozesse generell mit einem Streitwert von nicht mehr als € 10.000,--, für bestimmte Sachen unabhängig von der Höhe des Streitwertes (z.B. Ehescheidungen, mietrechtliche Streitigkeiten u.a.). Außerdem ist das Bezirksgericht für die meisten Angelegenheiten zuständig, die im Verfahren außer Streitsachen zu erledigen sind wie etwa familienrechtliche Angelegenheiten (Obsorge über Kinder, Unterhalt für Kinder, Regelung des Besuchsrechtes, Adoptionen, Bestellung von Sachwaltern, Verlassenschaftsabhandlungen u. dgl.), Streitigkeiten zwischen Miteigentümern von Liegenschaften und bestimmte Angelegenheiten des Wohnungseigentums- und Mietrechtes;
  • für Exekutionen (Zwangsvollstreckungen) in bewegliches und unbewegliches Vermögen sowie für Konkurse von Personen, die nicht Kaufleute sind ("Privatkonkurs");
  • in Strafsachen für Vergehen, für die nur Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe angedroht ist, deren Höchstmaß ein Jahr nicht übersteigt;
  • zur Führung des Grundbuchs.

Am Bezirksgericht entscheiden immer Einzelrichter, im Verfahren außer Streitsachen, im Exekutionsverfahren und in Grundbuchssachen auch Rechtspfleger.

In Wien gibt es ein eigenes Bezirksgericht für Handelssachen. In Graz bestehen eigene Bezirksgericht für Zivilrechtssachen und für Strafsachen.


Landesgerichte:

Landesgerichte (auch: Gerichtshöfe erster Instanz) sind in Orten mit überregionaler Bedeutung eingerichtet. Ihre Zuständigkeit umfasst sowohl Aufgaben in erster als auch in zweiter Instanz.

  • In Zivilrechtssachen sind die Landesgerichte in erster Instanz für alle Zivilprozesse zuständig, die nicht vor die Bezirksgerichte gehören. Dazu gehören auch alle Arbeits- und Sozialrechtssachen. In der Regel entscheidet ein Einzelrichter. Bei einem Streitwert von mehr als € 50.000,-- können jedoch die Parteien zu Beginn des Verfahrens beantragen, dass die Sache vor einem Senat aus drei Berufsrichtern (in Handelssachen: zwei Berufsrichter und ein fachmännischer Laienrichter) verhandelt wird. In Arbeits- und Sozialrechtssachen entscheidet ein Senat, der aus einem Berufsrichter und zwei fachkundigen Laienrichtern aus dem Kreis der Dienstgeber und der Dienstnehmer gebildet wird.
In zweiter Instanz entscheiden die Landesgerichte durch Senate, die aus drei Berufsrichtern (in Handelssachen: zwei Berufs- und einem fachmännischen Laienrichter) gebildet werden, als Rechtsmittelgericht über Berufungen und Rekurse gegen Urteile und Beschlüsse der Bezirksgerichte.
  • In Strafsachen ist das Landesgericht in erster Instanz für alle Verbrechen und Vergehen zuständig, die nicht vor das Bezirksgericht gehören. Je nach Strafdrohung entscheidet ein Einzelrichter, ein Schöffensenat bestehend aus zwei Berufsrichtern, von denen einer den Vorsitz führt, und zwei Schöffen oder das Geschworenengericht, das aus drei Berufsrichtern und acht Geschworenen gebildet wird. In zweiter Instanz ist das Landesgericht zuständig für Berufungen und Beschwerden gegen Urteile und Beschlüsse der Bezirksgerichte. Es entscheidet ein Drei-Richter-Senat.
  • Bei den Landesgerichten wird das Firmenbuch (früher Handelsregister) geführt. Hier entscheidet ein Einzelrichter oder ein Rechtspfleger.
  • Außerdem ist das Landesgericht für Insolvenzverfahren (Konkurse, Ausgleiche)zuständig, soweit diese nicht zum Bezirksgericht gehören.

In Wien bestehen ein eigenes Handelsgericht, je ein Landesgericht für Zivilrechtssachen und Strafsachen sowie das Arbeits- und Sozialgericht Wien.

Oberlandesgerichte:

Oberlandesgerichte (auch: Gerichtshöfe zweiter Instanz) bestehen in Innsbruck für die Bundesländer Vorarlberg und Tirol, in Linz für Salzburg und Oberösterreich, in Graz für Kärnten und Steiermark sowie in Wien für Niederösterreich, Burgenland und Wien. Als Rechtsmittelgerichte sind sie zuständig

  • in Zivilrechtssachen für Berufungen und Rekurse gegen die in erster Instanz ergangenen Urteile und Beschlüsse der Landesgerichte,
  • in Strafsachen für (volle) Berufungen und Beschwerden gegen Urteile und Beschlüsse, die das Landesgericht durch den Einzelrichter erlassen hat, und für Berufungen gegen die Höhe der in Urteilen des Landesgerichtes als Schöffen- oder Geschworenengericht verhängten Strafen.

Die Oberlandesgerichte entscheiden in Senaten aus drei Richtern, in Arbeits- und Sozialrechtssachen hingegen aus Senaten, die aus drei Berufs- und zwei fachkundigen Laienrichtern gebildet werden.


Oberster Gerichtshof:

Der Oberste Gerichtshof in Wien ist die höchste Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Er entscheidet in Zivilrechtssachen in dritter Instanz über Revisionen gegen Urteile sowie Rekurse gegen Beschlüsse, welche die Landesgerichte und Oberlandesgerichte als zweite Instanz gefällt haben. In Strafsachen erkennt er über Nichtigkeitsbeschwerden gegen Urteile der Landesgerichte als Schöffen- und Geschworenengerichte. Der Oberste Gerichtshof entscheidet in der Regel in Senaten von fünf Richtern ("Hofräten"), in bestimmten Einzelfällen von drei Richtern. Über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung erkennt ein verstärkter Senat aus insgesamt elf Richtern.



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