Bildungspflicht
Als Bildungspflicht wird die gesetzliche Pflicht für Minderjährige bezeichnet, in vorgegebenen Abständen Lern-Leistungsnachweise etwa in Form von Prüfungen zu erbringen.
Begriffe und deutsche Aktivitäten
Im Gegensatz zur Schulpflicht muss keine Schule besucht werden. Es sind auch Hausunterricht (Homeschooling, Dominzilunterricht) oder vollkommen selbstständiges Lernen möglich. In Deutschland besteht Schulpflicht, Ausnahmen sind bisher nur in ganz wenigen Einzelfällen nach langwierigen Gerichtsverfahren genehmigt worden. In Frankreich, Spanien, den BeNeLux und den skandinavischen Ländern beispielsweise ist auch "unbeschultes" Lernen möglich.
Um die Bildungspflicht für die Eltern durchzusetzen, hat sich 2006 eine Initiative, das "Netzwerk Bildungsfreiheit" gegründet, Das "Netzwerk Bildungsfreiheit" ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Organisationen, Elterninitiativen und Einzelpersonen, denen das Recht auf freien Zugang zur Bildung, freie Wahl und freie Gestaltung des individuellen persönlichen Bildungsweges unter Zuhilfenahme öffentlicher wie privat initiierter Ressourcen ein Anliegen ist. Darunter finden sich z. B. der "Bundesverband Natürlich Lernen e.V.", die "Stiftung Netzwerk Hochbegabung", das "Europäische Forum für Freiheit im Bildungswesen" (effe), der Verein "Schulbildung in Familieninitiative e.V.", die Initiative "Deutschhilfe für Ausländer" und viele mehr, sowie zahlreiche Universitätsprofessoren, Pädagogen, Ärzte, Juristen, Psychologen, Therapeuten sowie engagierte Eltern und SchülerInnen aus dem (religiös bis alternativen) Lager der Homeschooler. Insbesondere wird die Umsetzung von Artikel 26 (3) der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verlangt, worin festgeschrieben ist: "Eltern haben dasvorrangige Recht, die Art der Bildung und Erziehung, die ihre Kinder erhalten sollen, zu wählen." Die Initiative hat im Februar 2006 dem UN-Bildungskommissar Vernor Muñoz auf seiner Reise durch Deutschland berichtet.
Einwände gegen eine Bildungspflicht
Auf die folgenden Fragen müssen Homeschooler meist antworten: 1. Beim Domizilunterricht (Homeschooling) droht Isolation und mangelndes soziales Lernen
Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, wie hoch man den Wert des sozialen Lernens in den Massenschulen einschätzt. Dass dort soziales Lernen stattfindet, ist wohl unbestritten. Aber wenn wir uns anschauen, was manchmal gelernt wird, dann kann einem durchaus schlecht werden. Wenn Durchsetzungsfähigkeit bedeutet, sich mit cooler Lippe über Drogenangebote, drohende Messer, Erpressung, Bullying oder sexistische Anmache hinwegzusetzen, darf ich mich als Elternteil wohl fragen, ob ich das für mein Kind möchte oder als wertvoll erachte. Dem Staat bestreite ich das Recht, dass er mir vorschreiben will, welche sozialen Lernprozesse mein Kind machen muss. Ich möchte das soziale Umfeld meines Kindes selbst bestimmen können. Bezüglich der Frage der Isolation der Kinder beim Domizilunterricht zeigen amerikanische Studien (Taylor, 1986; Bliss, 1989; Ray/Wartes, 1991), dass die Kinder meist weiterhin rege am Leben ihrer Altersgruppenmitglieder teilnehmen und ein hohes Selbstbewusstsein entwickelt hätten. 98% gehen mindestens zweimal pro Woche zu Freizeitaktivitäten außer Haus. Sie machen also ausreichend soziale Lernprozesse, allerdings nicht in einem brutalen Umfeld.
2. Beim Domizilunterricht erfolgt die totale Auslieferung an fanatische und/oder neurotischen Eltern
Genau, wie es neurotische und hochproblematische Lehrkräfte gibt (die niemand aus der Schule rauskriegt), die Kinder trotz ihres Studiums quälen oder auf dem Kieker haben, kann es Eltern geben, die genau dies auch tun oder die ihre Kinder extrem an sich binden oder ihnen ab dem 14. Lebensjahr nicht die volle Religionsmündigkeit zuerkennen wollen. Beispielsweise aus fundamentalistischen Glaubensgründen heraus. Diese Eltern tun das allerdings nicht nur in der „Schulzeit“ zu Hause, sondern den ganzen Tag. In einem solchen Fall hätte das Jugendamt einzuschreiten, wie immer, wenn Kinder in einer Familie Schaden erleiden. Solche denkbaren Ausnahmefälle dürfen aber nicht zum Stolperstein für ein sinnvolles demokratisches Projekt werden.
3. Droht nicht Durchfall durch spätere Prüfungen?
Bei der Leistung brauchen sich Eltern überhaupt keine Angst zu machen: die Kinder im Domizilunterricht sind überragend besser. Nach einer Untersuchung von Lawrence M. Rudner von der Universität Maryland ergab sich, dass 70% Domizilschüler auf gleichem Niveau wie die anderen Schüler sind, aber fast 25% ein ganzes Schuljahr weiter. Der Rest ist entweder noch weiter oder auch weiter zurück. Das zeigt, dass Domizilunterricht dort klappt, wo das Engagement der Eltern steckt. Vielleicht auch die intakte Familie, denn 97% der Eltern der Domizilschüler sind verheiratet; gegenüber 72% der Eltern an den andern Schulen. Und auch der Fernsehkonsum sieht entsprechend bewusst aus: USA-weit schauen 40% aller Viertklässler mehr als drei Stunden fern, bei den Domizilschülern sind das jedoch nur knapp 2%. Europäische Zahlen liegen leider nicht vor.
Sehr häufig wird Domizilunterricht auch nur in den ersten Schuljahren betrieben (solange die Eltern vom Stoff nicht überfordert werden) und später wechseln die Kinder doch in öffentliche oder private Schulen über.
Siehe auch
Deschooling, Unschooling, informelles Lernen
Literatur
- Stefanie Mohsennia: Schulfrei : Lernen ohne Grenzen. Anahita-Verlag, 2004, ISBN 3-937797-03-3
- Olivier Keller: Denn mein Leben ist lernen. Arbor-Verlag, 1999, ISBN 3-933020-06-9
- Raimund Pousset: Schafft die Schulpflicht ab! Eichborn, 2000, ISBN 3821816376
- Ulrich Klemm: Lernen ohne Schule. Argumente gegen Verschulung und Verstaatlichung von Bildung. SPAK-Bücher, München 2001, ISBN 3930830221
- Johannes Heimrath: Tilman geht nicht zur Schule. Eine erfolgreiche Schulverweigerung. Drachen Verlag, Wolfratshausen 1991, ISBN 3-927369-02-0