Zensur im Internet
Die Zensur im Internet bezeichnet Verfahren von Staaten, Institutionen, Unternehmen oder einzelnen Personen, im Internet publizierte Inhalte zu kontrollieren, zu unterdrücken oder im eigenen Sinn zu steuern. Vor allem Nachrichten, künstlerische Äußerungen und Meinungsäußerungen sind davon betroffen. Die Zensur im Internet unterscheidet sich damit nicht grundsätzlich von der Zensur anderer Medien.
Problem der fehlenden Staatsgrenzen
Daraus, dass im Internet keine Staatsgrenzen existieren, ergibt sich eine hohe Komplexität rechtlicher Fragen, da Unvereinbarkeiten zwischen Rechtssystemen nicht lösbar sind. Regierungen und staatliche Organe können durch das Sperren von Webseiten, die in ihrem Rechtsbereich liegen, auch die Bürger anderer Staaten von diesen Informationen abhalten, jedoch können sie nicht verhindern, dass die Bürger sich Zugang zu illegalen Informationen verschaffen, die im Ausland liegen.
In Deutschland sind zum Beispiel die Verherrlichung der NS-Kriegsverbrechen oder auch die Verleugnung des Holocaust verboten. Auf Servern der USA hingegen können diese Dinge ungestraft verbreitet werden, da sie im US-Recht von der Meinungsfreiheit abgedeckt werden. Einen Vorstoß in Richtung Zensur gab es 2001 durch die Bezirksregierung Düsseldorf (siehe Jürgen Büssow), der zwar mit geringen technischen Kenntnissen umgehbar war, rechtlich aber gerichtlich durch mehrere Instanzen Bestand fand. Bereits im Jahr 2000 hatte der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil getroffen, nach dem auch z.B. ein australischer Staatsangehöriger für eine holocaustleugnende Website, die in Australien gehostet ist, in Deutschland haftbar gemacht werden kann. Vorlage:Ref
Beispiele für praktizierte Zensur im Internet
China ist das bekannteste Beispiel für starke Zensur im Internet. So sind neben pornographischen Seiten die Auftritte religiöser und politischer Gruppierungen, die die chinesische Regierung als schädlich ansieht, sowie renommierte Nachrichtendienste gesperrt. Dies betrifft u.a. die BBC und seit dem 18. Oktober 2005 die Wikipedia.
Am 23.1.2006 wurde bekannt, dass nach vielen anderen Suchmaschinen auch Google-China die Suche manipuliert. In Absprache mit den chinesischen Behörden werden für die chineseische Öffentlichkeit brisante Seiten zu Themen wie Tibet oder Taiwan nicht angezeigt.
Aber auch viele andere Länder schränken den Zugriff auf das Internet ein.
Auch in Europa und den USA ist Zensur im Internet ein Thema:
- Das US-amerikanische Project for the New American Century, dessen Mitglieder sich in der Regierung Bush (2001-?) wiederfanden, veröffentlichte im September ein Dokument, in dem dem Internet eine große Bedeutung in der modernen Kriegsführung und Informationspolitik und -beschaffung zukommt (the creation of 'US Space Forces', to dominate space, and the total control of cyberspace to prevent 'enemies' using the internet against the US).
- Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben 2003 einer Weiterführung eines Aktionsplans zur sicheren Nutzung des Internet zugestimmt. Es soll stärker gegen illegale und schädliche Inhalte vorgegangen werden. Vorlage:Ref
Aber auch nichtstaatliche Gruppen versuchen, mit juristischen Mitteln kritische Informationen zu unterbinden; zum Beispiel die Sekte Scientology. Auch Suchmaschinen wie Google haben und nutzen die Möglichkeiten zur Zensur. Webseiten, die nicht in einer Suchmaschine aufgeführt werden, können vom Benutzer auch nur schwer gefunden werden.
Im Februar 2004 zensierte der Internetdienstanbieter Freenet.de Webseiten, die sich kritisch zu dem Unternehmen äußerten, indem er einen Teil der Nutzer seines Dienstes, die versuchten, die unternehmenskritischen Seiten aufzurufen, auf andere Webseiten umlenkte. Technisch wurde dies durch einen transparenten Proxy realisiert.
Auch in Demokratien westlicher Prägung wie in Österreich ist Zensur durch staatliche bzw. staatsnahe Unternehmen verbreitet. So löscht der ORF entgegen den nach außen hin nur vorgetäuschten Richtlinien systematisch Beiträge von Usern die nicht auf Linie des Unternehmens oder einzelner Redakteure posten. Berüchtigt für willkürliche Zensur und User-Beschimpfungen ist der Radio-Moderator und Betreiber eines eigenen Blogs Martin Blumenau vom Radiosender FM4.[1]
Siehe auch
Fußnoten
Literatur
- Zelger, Christian: Zensur im Internet. Eine Argumentationsanalyse auf Grundlage des Naturrechts und der Menschenrechte., Berlin 1999, ISBN 3897000636
- Scholz, Stefan: Internet-Politik in Deutschland. Vom Mythos der Unregulierbarkeit., Münster 2004, ISBN 3825876985
Weblinks
- PC-Intern.com - Internet: Du Bist Raus - Freier Zutritt für alle?
- Möglichkeiten der Umgehung von Internet-Zensur
Google-Zensur in China