Maria Pechtol
Maria Pechtol (* 6. Oktober 1918 in Temesvár, Österreich-Ungarn; † 25. Juli 2003 in Stuttgart) war eine deutsche Germanistin, Hochschuldozentin an der West-Universität Temeswar und Sprachwissenschaftlerin.
Biografische Daten
Maria Josefa Rosl Pechtold, Tochter des Direktors der Temeswarer Lehrerbildungsanstalt Banatia Josef Schütz, arbeitete nach dem Besuch des Untergymnasiums Temeswar (1928–1931) und des Lyzeums der Armen Schulschwestern Notre Dame (1931–1936) zunächst als Sekretärin an der Banatia (1937–1940). Anschließend studierte sie (1941–1945) Germanistik, Latein, Französisch, Rumänisch, Philosophie und Geschichte an der Universität Wien und promovierte 1944 bei Josef Nadler zum Thema „Die Geschichte des Temeswarer deutschen Theaters im 19. Jahrhundert“.[1] Den Doktortitel durfte sie jedoch nach der Machtübernahme der Kommunisten in Rumänien aus politischen Gründen nicht tragen.[2] Von 1945 bis 1950 war Maria Pechtol zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. In der Zeitspanne 1950–1959 arbeitete sie als Deutschlehrerin an der Pädagogischen Lehranstalt in Temeswar und ab 1958 am Germanistiklehrstuhl der Pädagogischen Hochschule (der späteren Universität). Im Oktober 1973 trat sie in den Ruhestand. 1978 reiste Maria Pechtol in die Bundesrepublik Deutschland aus, wo sie sich mit ihrem Mann in Herrenberg niederließ. Sie starb 2003 in Stuttgart.[1]
Hochschuldozentin
Maria Pechtol war von 1958 bis 1961 als wissenschaftliche Assistentin und von 1961 bis 1973 als Dozentin für Sprachwissenschaften am Germanistiklehrstuhl der West-Universität Temeswar tätig. Im Hochschuljahr 1968–1969 führte sie eine Vorlesung über Banater Dialektologie ein, die danach von Peter Kottler weitergeführt wurde. Pechtol hielt Vorlesungen in den Forschungsrichtungen: Geschichte der deutschen Sprache und Vergleichende Grammatik der germanischen Sprachen. Mit Stefan Binder und Hans Weresch stellte Maria Pechtol 1974 zwei Bände literarischer Textsammlungen für Studenten zusammen. Von 1962 bis 1974 betreute sie 39 Diplomarbeiten der Absolventen in den Bereichen Banater deutsche Dialektologie und Volkskunde. Die Arbeiten erforschten die deutschen Dialekte des Banats.[3]
Forschungstätigkeit
Im Bereich der wissenschaftlichen Arbeit war Maria Pechtol im Wesentlichen auf zwei Gebieten tätig. Das erste Forschungsthema war das deutsche Theater in Temeswar und das zweite die Banater deutsche Mundartforschung.[2]
Theaterwissenschaft
Im Bereich der Theaterwissenschaft veröffentlichte Maria Pechtol 1972 „Thalia in Temeswar. Die Geschichte des Temeswarer deutschen Theaters im 18. und 19. Jahrhundert.“ Die Arbeit behandelt den Beginn der Temeswarer Schauspielkunst ab 1764, seine Entwicklung mit Höhepunkten und Stagnationsphasen, parallel mit dem zeitweiligen Aufschwung des Singspiels, die Verdrängung des deutschen Theaters durch das ungarische Ende des 19. Jahrhunderts und die Wiedereröffnung der deutschen Temeswarer Bühne 1953. Eine Kurzfassung dieser Arbeit erschien 1981 in München im Abschnitt Theater des Sammelbandes „Tausend Jahre Nachbarschaft. Deutsche in Südosteuropa“, neben den Untersuchungen zum Volksschauspiel Südosteuropas und dem deutschen Theater in Siebenbürgen und in Czernowitz. Vor der Veröffentlichung im Bukarester Kriterion Verlag war „Thalia in Temeswar“ 1970 als Vorabdruck in zwei Reihen (18. und. 19. Jahrhundert) in der Neuen Banater Zeitung (NBZ) erschienen. Zum gleichen Thema wurde in der NBZ im Dezember 1970 der Beitrag „Fidelio in Temeswar. Zur 200. Wiederkehr von Beethovens Geburtstag“ veröffentlicht.[2]
Mundartforschung
Maria Pechtol veröffentlichte Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre in der deutschsprachigen Presse Rumäniens sprachwissenschaftlich fundierte Beiträge zum richtigen Sprachgebrauch und zur Sprachpflege der deutschen Umgangssprache. In der Rubrik "Unsere Sprache" der NBZ erschienen Kommentare von Maria Pechtol in denen sie auf Fehlerquellen im Temeswarer Umgangsdeutsch und in den deutschen Dialekten des Banats durch sprachliche Interferenzerscheinungen zur rumänischen Staatssprache verwies. Ebenfalls in der NBZ-Rubrik "Unsere Sprache" veröffentlichte Maria Pechtol (1969–1971) sprachgeschichtlich untermauerte Untersuchungen zur Synonymik zahlreicher Wörter aus dem Grundwortschatz der dialektalen Lexik, die aus den Sammlungen der Studenten und aus Feldforschungen des Lehrstuhls im Hinblick auf einen Banater Sprachatlas stammten. Repräsentativ für diese Reihe sind die Aufsätze über: „Sieße Got, saurer Phat“, „Großmutter, Großi, Oma?“, „Maje oder in Visit gehen“, „Vom geschenkten Gaul“, „Bollerloch und andere Spiele“.[2]
Maria Pechtol wirkte seit Beginn ihrer Tätigkeit am Germanistik-Lehrstuhl neben Stefan Binder, Johann Wolf und Hans Weresch im Arbeitskreis für Mundartforschung mit. Sie nahm ab Sommer 1972 neben Peter Kottler und Cristina Stanciu mit Studenten des Lehrstuhls an Feldforschungen zur Erfassung der Banater deutschen Mundart teil. Für das geplante Banater deutsche Mundartwörterbuch betreute sie 39 dialektologische Examensarbeiten von Absolventen und leitete Studenten beim Exzerpieren von Mundartliteratur an. Aus dieser Beschäftigung ging in den Jahren 1971–1973 die in der NBZ erschienene, Reihe „Schwäbisches Wörterbuch“ hervor.[2]
Die Aufsatzreihe "Aus dem Schatz der Banater deutschen Mundarten" behandelt in neun Folgen mittelhochdeutsche und auch ältere Elemente im Grundwortschatz der Banater schwäbischen Dialekte, mit Bedeutungsänderungen in einzelnen Lokalmundarten. Bereits 1970 entstand die Untersuchung "Was die Schwowe parliere. Französisches Wortgut in den Banater Mundarten". Sie behandelt, das aus den Herkunftslandschaften der Siedler mitgebrachte französische Wortgut, und gibt zugleich Hinweise auf die Ansiedlung französischer Kolonisten im Banat. Sechs Folgen umfasst die 1972 veröffentlichte Reihe "Rumänische Lehnwörter in den Banater deutschen Mundarten“, die zwischen älterem Lehngut und neuen, nach 1944 übernommenen Lehnwörtern unterscheidet. 1971 erschien in zwölf Folgen "Ungarisches Lehngut in den Banater deutschen Mundarten“ seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ende 1972 erschien das in zwei Folgen beschriebene "Serbische Lehngut in den Banater deutschen Mundarten“. Die 1973 veröffentlichte Abschlussreihe des "Schwäbischen Wörterbuchs" ist, wie die einführende Reihe, älteren dialektalen Wortformen gewidmet und befasst sich in vier Folgen mit "Krankheitsbezeichnungen in den Banater deutschen Mundarten". Das von Maria Pechtol geplante Wörterbuch der Banater deutschen Mundarten blieb unvollendet.[2]
Publikationen (Auswahl)
- „Auswahl deutscher Texte von den ältesten Zeiten bis ins 17. Jahrhundert“, Timișoara 1958[1]
- „Thalia in Temeswar. Die Geschichte des Temeswarer deutschen Theaters im 18. und 19. Jahrhundert“, Kriterion Verlag, Bukarest 1972
- „Vergleichende Grammatik der germanischen Sprachen“, Universitätsdruckerei Timișoara 1974
- „Das Temeswarer deutsche Theater im 18. und 19. Jahrhundert“, In: „Tausend Jahre Nachbarschaft. Deutsche in Südosteuropa.“ Hrsg. Stiftung Ostdeutscher Kulturrat, Bonn. München 1981
Linguistische Themen der deutschen Minderheit in Rumänien konnten fast nur in der deutschsprachigen Tagespresse publiziert werden. Unter dem Rahmentitel „Schwäbisches Wörterbuch“ waren in der NBZ ab 1971 mehrere Aufsatzreihen von Maria Pechtol vereint:[2]
- „Was die Schwowe parliere. Französisches Wortgut in den Banater Mundarten“, Timișoara 1970
- „Aus dem Schatz der Banater deutschen Mundarten“, neun Folgen, Timișoara 1971
- „Ungarisches Lehngut in den Banater deutschen Mundarten“, zwölf Folgen, Timișoara 1971
- „Rumänische Lehnwörter in den Banater deutschen Mundarten“, sechs Folgen, Timișoara 1972
- „Serbisches Lehngut in den Banater deutschen Mundarten“, zwei Folgen, Timișoara 1972
- „Krankheitsbezeichnungen in den Banater deutschen Mundarten“, vier Folgen, Timișoara 1973
Literatur
- Anton Peter Petri: Biographisches Lexikon des Banater Deutschtums. Theodor Breit Verlag, Marquartstein 1992, ISBN 3-922046-76-2
- Christoph König: Internationales Germanistenlexikon 1800-1950. Band 1, Walter de Gruyter, Berlin 2003, ISBN 3-11-015485-4, S. 185 (Digitalisat)]
Weblinks
- kulturraum-banat.de, Hans Gehl: 50 Jahre Temeswarer Germanistiklehrstuhl
- hausderheimat-nuernberg.de, Bibliothek im Haus der Heimat Nürnberg
Einzelnachweise
- ↑ a b c Anton Peter Petri: Biographisches Lexikon des Banater Deutschtums, Theodor Breit Verlag, Marquartstein 1992, ISBN 3-922046-76-2
- ↑ a b c d e f g kulturraum-banat.de, Hans Gehl: 50 Jahre Temeswarer Germanistiklehrstuhl
- ↑ e-scoala.ro, Hans Gehl: Maria Pechtols Tätigkeit als Hochschullehrkraft
Personendaten | |
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NAME | Pechtol, Maria |
ALTERNATIVNAMEN | Pechtold, Maria Josefa Rosl (vollständiger Name); Schütz, Maria Rosl (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Germanistin, Hochschuldozentin an der West-Universität Temeswar und Sprachwissenschaftlerin |
GEBURTSDATUM | 6. Oktober 1918 |
GEBURTSORT | Temesvár, Österreich-Ungarn |
STERBEDATUM | 25. Juli 2003 |
STERBEORT | Stuttgart |