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Raubwürger

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Raubwürger
Raubwürger (Lanius excubitor) mit aufgespießter Beute
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Vorlage:Classis: Vögel (Aves)
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Wissenschaftlicher Name
Lanius excubitor
Linnaeus, 1758
Unterarten
  • Meist 9-11 Unterarten in zwei Gruppen:
      • Westliche Gruppe:
        • L.e.excubitor
        • L.e.galliae
        • L.e.melanopterus
        • L.e.homeyeri
        • L.e.leucopterus
      • Östliche Gruppe:
        • L.e.borealis
        • L.e.invictus
        • L.e.sibiricus
        • L.e.mollis
        • L.e.funereus
        • L.e.bianchii

Der Raubwürger (Lanius excubitor), häufig auch Grauwürger genannt, ist ein etwa amselgroßer Vertreter der Familie der Würger. Die ausgedehnten Verbreitungsgebiete dieser Art liegen in der borealen und subarktischen Holarktis und schließen einige Steppen -und Hochgebirgsgebiete Zetralasiens mit ein.

Die heute Südlicher Raubwürger (Lanius meridionalis) genannte Art galt lange als Unterart von Lanius excubitor ssp. Vor allem die Tatsachen, dass die beiden sehr nahe verwandten Arten auch dort, wo sie sympatrisch vorkommen, deutlich verschiedene Habitatsansprüche haben und offenbar nicht hybridisieren, untermauert neben deutlichen morphologischen Unterschieden diese systematische Festlegung.


Aussehen

Allgemein

Der Raubwürger ist ein gut amselgroßer, mehrheitlich grau wirkender, langschwänziger Vogel mit deutlichen schwarzen -und unterschiedlich deutlich ausgeprägten weißen Gefiedermerkmalen. Charakteristisch ist der graue Rumpf, wobei die Oberseite immer erheblich dunkler gefärbt ist als der Brust- und Bauchbereich, der bei einigen Unterarten fast weiß sein kann. Von der Basis des kräftigen, dunklen Hakenschnabels ausgehend zieht sich ein reinschwarzes, schmales Band über die Augen bis zu den Ohrdecken, wo es sich leicht verbreitert; die Stirn wird von dieser Maske jedoch nicht erreicht. Bei den meisten Unterarten ist diese Gesichtsmaske von einem schmalen weißen Brauenstreif begrenzt. Die relativ breiten und runden Flügel sind schwarz. Beim sitzenden Vogel erscheint immer ein kleines, reinweißes Flügelfeld, bei einigen Unterarten zwei. Scharf kontrastieren die schwarzen Flügel mit einem hellen, manchmal reinweißen Gefiedersaum im Schulterbereich. Die Armschwingen sind immer deutlich reinweiß gesäumt. Der lange Schwanz ist abgerundet oder gestuft; er ist kontrastreich schwarz-weiß gefärbt, wobei die inneren Steuerfedern schwarz, die äußeren aber weiß sind.

Im Flug wirkt der Raubwürger grau-schwarz-weiß. Charakteristisch in der Oberansicht ist das breite, weiße Flügelfeld auf schwarzem Flügelgrund, die weiße Umsäumung der Armschwingen sowie der lange, meist abgerundete, weiß gesäumte, schwarze Schwanz.

Die Geschlechter unterscheiden sich in der Größe nicht und nur unwesentlich in ihrer Färbung. Weibchen sind meist geringfügig weniger kontrastreich gezeichnet, häufig ist eine leichte Sperberung im Brust-, Flanken- und Nackenbereich erkennbar. Die weißen Gefiederanteile der Flügel und des Schwanzes sind beim Weibchen kleiner als beim Männchen und weniger scharf von den schwarzen abgesetzt. Die bei den Männchen tiefschwarzen Gefiederbereiche können bei den Weibchen ein sehr dunkles Braun aufweisen.
Die Sperberung juveniler Individuen vor allem im Hals-, Brust-, Flanken- und Nackenbereich ist deutlich, aber nicht so markant wie einigen anderen Würgerarten; die Handschwingen der Jungvögel sind breiter weiß eingefasst und der Schnabel ist nicht schwarz, sondern mittelbraun; am Unterschnabel weist er helle Ockertöne auf.

Flug

Der Flug von Ansitz zu Ansitz verläuft bogenförmig und erinnert etwas an einen Spechtflug. Kurz vor dem Erreichen der neuen Ansitzwarte steilt der Vogel markant auf. Der kräftige und sehr schnelle Distanzflug dagegen ist geradlinig. Der Nördliche Raubwürger segelt kurze Strecken und rüttelt auch oft.

Im Flug sind die weißen Flügelabzeichen, der schmale weiße Schulterbereich, sowie die schwarz-weiße Schwanzfärbung gute Identifizierungsmerkmale.

Ähnliche Arten

In seinem großen Verbreitungsgebiet kann der Nördliche Raubwürger leicht mit einigen nah verwandten Grauwürgern verwechselt werden. Als Verwechslungspartner kommen in den südwestlichen und südlichen europäischen Regionen vor allem die Nominatform des Südlichen Raubwürgers (Lanius meridionalis meridionalis) sowie der Schwarzstirnwürger (Lanius minor) in Frage; in Mittelasien überlappen die Brutgebiete des Wüstenraubwürgers (Lanius meridionalis pallidirostris) mit den Überwinterungsgebieten einiger Rassen des Nördlichen Raubwürgers, und in Ostasien grenzen die Brutgebiete der sehr großen Rasse L.e.mollis an die des Keilschwanzwürgers (Lanius sphenocercus). In der Nearktis besteht während der Wintermonate eine nicht unbeträchtliche Verwechslungsgefahr vor allem der Unterart L.e.borealis mit dem Lousianawürger (Lanius ludovicianus), der dem Schwarzstirnwürger sehr ähnlich ist.

Vom Südlichen Raubwürger unterscheiden sich die Rassen des Nördlichen Raubwürgers vor allem durch den etwas kürzeren und weniger robust wirkenden Schnabel, die längeren Flügel und die etwas kürzeren Beine. Die Nominatformen sind auch auf Grund ihrer unterschiedlichen Gefiederfärbung gut zu unterscheiden: Der Südliche Raubwürger ist auf der Oberseite bleigrau (nicht schiefergrau wie L.e.excubitor), weist nur ein kleines weißes Flügelfeld auf( L.e.excubitor zwei) und seine Unterseite ist im Gegensatz zum Nördlichen Raubwürger deutlich rosa behaucht.

Vom Schwarzstirnwürger und Lousianawürger unterscheidet sich der Nördliche Raubwürger erstmals deutlich in der Größe. Die beiden genannten Arten sind um 15-20% kleiner. Beim Schwarzstirnwürger ist die Gesichtsmaske wesentlich breiter und bedeckt auch markant den unteren Stirnbereich. Beim Lousianawürger ähnelt die Breite der Gesichtsmaske jener der Unterart L.e.borealis, doch ist auch bei diesem Würger ein schmaler Bereich über dem Schnabelansatz schwarz eingefasst. Zudem fehlt die weiße obere Begrenzung der Gesichtsmaske beim Lousinawürger völlig.

Der Keilschwanzwürger, der in Ostasien als Verwechslungspartner in Frage kommt, kann in der Gefiederfärbung der Rasse L.e.sibiricus sehr ähneln, doch ist er wesentlich größer und auffallend langschwänziger.

Lebensraum

Den meisten Bruthabitaten des Raubwürgers gemeinsam sind sehr gute Rundumsicht (Schutz des exponiert ansitzenden Wartenjägers vor Greifvögel), weitgehend niedriger Bodenbewuchs und oft dichterstehende Baumgruppen im Nestbereich. Die Artverteilung der Baum- und Buschbestände scheint keine besondere Rolle zu spielen.

Solche Habitatstrukturen findet der Nördliche Raubwürger in halboffenen Landschaften mit locker stehenden Bäumen und Büschen, ebenso in Streuobstwiesen, Randgebieten von Mooren, Waldrändern, die an geeignete Habitate grenzen, zuweilen auch in ausgedehnten Windbruch- oder brandgeschädigten Nadelwaldgebieten, sowie in großen Wiederaufforstungsbereichen. Der Bodenbewuchs in den Bruthabitaten muss zumindest in großen Bereichen dünn und niedrig sein, um energiesparende und erfolgreiche Jagden zu ermöglichen. Häufig liegen Reviere des Nördlichen Raubwürgers landschaftlich etwas exponiert auf Kuppen und Kämmen, wobei der Sichtkontakt zu Nachbarrevieren eine Rolle spielen könnte.

Brut-und Winterhabitate des Nördlichen Raubwürgers sind nicht identisch. Nach der Brutzeit verlassen auch die Standvögel unter den Raumwürgern ihre Brutreviere und siedeln kleinräumig in offenere, stärker durch Strauch- als durch Baumstrukturen geprägte Landschaften um.

Geschlossene Waldgebiete, enge Täler, intensiv genutzte Agrargebiete, sowie Landschaften mit zu geringem Bestand an Bäumen, Hecken und Büschen, werden nicht als Bruthabitat genutzt.

Die Reviergrößen hängen stark mit dem Nahrungsangebot zusammen. In Mitteleuropa wurden durchschnittliche Brutreviergrößen von etwa 40 Hektar ermittelt, in manchen Teilen Weißrusslands, wo der Raubwürger vor allem am Rande von Nadelwäldern brütet, wurden bis zu 10 Reviere innerhalb eines Quadratkilometers festgestellt.

Verbreitung

Verbreitung des Nördlichen Raubwürgers (Lanius excubitor)
grün: Mehrheitlich Jahresvögel, insbesondere Männchen
orange: Meist Langstreckenzieher im Norden, im Süden Kurzstreckenmigrant
blau: Winterverbreitung

Das sehr große Brutgebiet des Nördlichen Raubwürgers liegt in seinen Kernbereichen im holarktischen Taigagürtel und in den Übergangsbereichen von Taiga zur Tundra. In Europa brütet die Art in West- und Mittelfrankreich, in geringer Zahl in den Beneluxstaaten, Dänemark, Litauen und Lettland, sowie sehr lückenhaft und in wenigen Brutpaaren in Deutschland und Österreich. Zahlreicher sind die Vorkommen in Nordskandinavien, Estland, Polen und Weißrussland sowie in der Tschechischen Republik und der Slowakei. Nach Süden hin bestehen Brutvorkommen in Rumänien, Bulgarien, Moldawien und in der Ukraine, sehr vereinzelt auch in der Türkei sowie in Transkaukasien. Die Schwerpunkverbreitungsgebiete liegen im europäischen und asiatischen Teil Russlands, wo sie sich in einem relativ breiten Gürtel ostwärts bis in das Anadyr-Gebiet am Pazifischen Ozean hinziehen.

Die Nordgrenze der geschlossenen Verbreitung liegt zwischen 65° nördlicher Breite und 70° nördlicher Breite. Die Südgrenze ist uneinheitlicher; abgesehen von einigen Verbreitungsinseln in Europa, liegen die südlichsten Vorkommen in Kasachstan, in Nordwestchina (Tien Shan) und der nördlichen Mongolei, sowie im äußersten Osten auf Sachalin sowie einigen Inseln der südlichen Kurilen.

In Nordamerika brütet die Art von Labrador westwärts über Mittelkanada bis nach Alaska. Die Nordgrenze stimmt mit der der eurasischen Verbreitung überein, die südlichsten Brutgebiete liegen in der Provinz Quebec bei etwa 60° nördlicher Breite.

Die Winterverbreitung überlappt mit den Brutgebieten, dehnt sich jedoch generell viel stärker nach Süden, bzw. in Europa auch nach Nordwesten aus. So erscheint der Nördliche Raubwürger während des borealen Winters zum Beispiel auch auf den Britischen Inseln, in Italien und auf dem Balkan.


Unterscheidungsmerkmale und Verbreitung der Unterarten

Die Unterarten unterscheiden sich sowohl in ihrer Größe als auch in der Färbung des Gefieders, der Ausdehnung der Weißzeichnungen auf den Flügeln und am Schwanz sowie im Vorhandensein oder Fehlen einer Wellenzeichnung im Brust- und Bauchgefieder.

  • L. e. excubitor: (mit den nicht allgemein anerkannten Unterarten L.e. galliae und der dunklen Rasse L.e. melanopterus, bei der es sich möglicherweise um eine Hybridform zwischen L.e.excubitor und L.e.sibiricus handelt). Das Vorkommen dieser Unterart erstreckt sich über West-Mittel und Nordeuropa bis nach Westsibirien (Nördlicher Teil)
  • L.e.homeyeri: Südosteuropa, Transkaukasien bis nach Westsibirien (Mittlerer Teil)
  • L.e. leucopterus: Südwestsibirien

Die Vertreter dieser westlichen Rassengruppe werden von Westen nach Osten hin heller, die Flügellänge nimmt etwas zu und die weißen Flügelabzeichen werden größer. Das Brust und Bauchgefieder weist keine Wellenzeichnung auf und ist in der Regel schmutzig weiß. Auf der Oberseite sind diese Rassen in unterschiedlicher Intensität grau gefärbt, Brauntöne fehlen. Die hochnordische Rasse L.e.melanopterus ist die dunkelste; sie erscheint im Winter gelegentlich in Mitteleuropa, ebenso wie L.e. homeyeri.




Verbreitung

Lebensweise

Der Raubwürger sitzt häufig in waagrechter Haltung auf exponierten Warten wie beispielsweise dem obersten Ast eines Baumes oder einem Telegraphenmast. Er betreibt sowohl Ansitzjagd, als auch kleinere Jagdflüge. Sein Beutespektrum reicht von Großinsekten bis zu Kleinsäugern und Kleinvögeln. Es gibt ausgesprochenen Vogelspezialisten, die Meisen über längere Strecken verfolgen, und durch heftige Schnabelhiebe auf den Kopf töten. Größere Jagdbeute wie beispielsweise Eidechsen, Mäuse oder kleinere Vögel werden auf Dornen aufgespießt.

Der Flug des Raubwürgers ist langsam und bogenförmig. Gelegentlich zeigt er einen Rüttelflug wie die Turmfalken. Nach dem Landen bewegt er seinen Schwanz auffällig hin und her.

Der in Deutschland mittlerweile sehr selten gewordene Vogel kommt in Moor- und Heidegebieten mit Baumgruppen, Waldrändern, Heckenlandschaften und Streuobstflächen vor. Im Zeitraum April bis Juni brütet er einmal. Das Nest besteht aus Zweigen, Moos, Halmen und grünen Pflanzenteilen auf einer Reisigunterlage und befindet sich in dichtem Dornengestrüpp oder hoch auf Bäumen. Im Gegensatz zu anderen Würgerarten ist der Raubwürger auch im Winter in Deutschland anzutreffen. Es handelt sich sowohl um Überwinterer, als auch Hungerflüchtlinge aus Nordeuropa.

In Tunesien, zum Beispiel auf Djerba, ist er noch häufig anzutreffen. In der BRD gehen die Bestände des Raubwürgers seit den Sechziger Jahren zurück. Mögliche Gründe sind neben klimatischen Veränderungen die Lärmempfindlichkeit und die große Raumansprüche des Würgers (ca. 100 ha je Brutpaar), sowie komplexe Habitatansprüche. Heute leben in Mitteleuropa geschätzte 10 000 Brutpaare. Der Raubwürger ist in der BRD streng geschützt nach Bundesnaturschutzgesetz.

Stimme

Datei:Raubwuerger.jpg
Raubwürger in alter Darstellung

Der Ruf des Raubwürgers ist rau, der Gesang leise und zumeist wohltönend mit Imitationen.

Unterarten

Diverse Unterarten des Raubwürgers unterscheiden sich je nach Region in der Farbe des Gefieders.

Jede dieser drei genannten Unterarten ist insgesamt recht dunkel mit graurosa bzw. grauer Unterseite und kleinem weißem Flügelstreif.

  • L. e. elegans (Nordost-Afrika) ist ausgesrochen hell,mit großem Flügelstreif.
  • L. e. aucheri (Syrien, Irak) besitzt einen kleinen Flügelstreif, sowie einen durchgehend schmalen, schwarzen Augenstreif.

Alle oben Genannten besitzen keinen oder einen nur angedeuteten weißen Überaugenstreif.

  • L. e. homeyeri (Bulgarien bis Ural) ist durch weißen Überaugenstreif, weißer Unterseite und großen weißen Flügelstreif gekennzeichnet.
  • Bei L. e. palidirostris (Untere Wolga und ostwärts bis Zentralasien) handelt es sich womöglich um eine gesonderte Art. Sie besitzt eine schwachrosa Unterseite sowie eine schmale weiße Linie über Schnabel und schwarzer Augenmaske.

Bildergalerie Raubwürger

Commons: Raubwürger – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien