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Fairer Handel

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Der Faire Handel (englisch fair trade) ist Teil der Solidaritätsbewegung zugunsten der Menschen in der Dritten Welt.

Er unterstützt Produzentinnen und Produzenten in den Entwicklungsländern, um ihnen eine menschenwürdige Existenz aus eigener Kraft zu ermöglichen. Durch gerechtere Handelsbeziehungen sollen die Lebensbedingungen der Menschen in den Ländern des Südens verbessert, die Binnenwirtschaft gestärkt und langfristig ungerechte Weltwirtschaftsstrukturen abgebaut werden.

Zum Beispiel decken die festgelegten Mindestpreise und Aufschläge die Produktionskosten und sichern das absolute Existenzminimum. Darüber hinaus kann auch in eine nachhaltige Zukunft investiert werden.

Prinzip

Der Faire Handel fördert gezielt die besonders benachteiligten kleinbäuerlichen Familien und deren Selbsthilfeinitiativen. Die Organisationen setzen sich für eine nachhaltige Entwicklung von Ökologie, Bildung und Frauenförderung ein. Die Kleinbauern sind an allen wichtigen Entscheidungen ihrer Genossenschaften direkt und demokratisch beteiligt. Dies gilt insbesondere für die Kontakte zum Management, aber auch für die Verwendung des Mehrerlöses aus dem Fairen Handel.

Bei Plantagenprodukten wie Tee, Orangen und Bananen werden die abhängigen Pflückerinnen und Pflücker gefördert. Sie sind die am meisten benachteiligten Glieder der Produktionskette, und der Faire Handel hilft ihnen, selbstbewusster im internationalen Handel zu agieren. Die Betriebe und Plantagen verpflichten sich zur Einhaltung der sozialen und ökologischen Mindeststandards. Vertreter der Plantagen und der Tagelöhner bilden ein Gremium, das über die Verwendung der Fairhandelsprämien entscheidet.

Die Produzenten werden in den Bereichen Marketing und Produktionsverfahren für Qualitätsverbesserungen weitergebildet. Darüber hinaus werden Sozialprojekte wie Schulen, Gemeinschaftsräume, Werkzeug, Brunnen, Apotheken, Schulstipendien und vieles mehr finanziert.

Insgesamt profitieren 250 Bauernkooperativen und Plantagen in 40 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas vom Fairen Handel; darin sind rund 800.000 Bauern und Arbeiter vertreten.


Fair gehandelte Produkte

Kaffee, Tee, Kakao, Honig, Orangensaft, Gewürze, Kunstgewerbe, Kleidung, Teppiche, Blumen, Sportbälle, Reis, Wein, Zucker, Bananen, Trockenfrüchte, Nüsse.


Vermarktung

Die Fachgeschäfte für den Fairen Handel sind die Weltläden oder Eine-Welt-Läden, von denen es 2004 in Deutschland 800, in Österreich 77 und in der Schweiz 260 gibt. Aber auch in Bioläden werden fair gehandelte Produkte angeboten.

Darüber hinaus gibt es in Deutschland allein etwa 8.000 Aktionsgruppen, die zeitweise Verkaufsstände errichten.

Seit 1992 werden Produkte des Fairen Handels auch in Supermärkten und Kaufhäusern (Lebensmitteleinzelhandel) verkauft. Bei den Discounterketten hat der Faire Handel bisher keinen Einzug gehalten.

Auch im Großverbraucherbereich (Firmen, Kantinen) hat sich der Faire Handel etabliert.

Marktanteil von Fairem Handel 2004
Land/Produkt Kaffee Bananen Orangensaft Teppiche (Rugmark) Blumen (FLP)
Schweiz 5% 15% 7% ? ?
Deutschland 0,7% <1% 0,1% 7% 3-4%


Das Fair-Trade-Siegel

Datei:Transfair logo.jpg

Man erkennt fair gehandelte Produkte am Fair-Trade-Siegel, das in Deutschland von der Organisation TransFair und in der Schweiz von Max Havelaar vergeben wird. Produkte, die mit dem Fair-Trade-Siegel ausgezeichnet wurden, garantieren die Einhaltung bestimmter Standards.

In der Fairtrade Labelling Organizations International (FLO), die ihren Sitz in Bonn / Deutschland hat, arbeiten zur Zeit 18 nationale Siegelorganisationen zusammen.


Akzeptanz

Einer Emnid-Umfrage in Deutschland zufolge kaufen 5,4 Prozent der Befragten regelmäßig fair gehandelte Produkte. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung sympathisiert mit der Idee des Fairen Handels und hält sie für unterstützenswert.


Logo Name/Beschreibung Anforderungen
Datei:Transfair logo.jpg TransFair: weltweit, verschiedene Produkte    
  1. Die Produkte stammen von Produzenten, welche entwicklungspolitische Mindest-Standards erfüllen.
  2. Die Produzenten erhalten einen existenzsichernden Preis.
  3. Den Produzenten wird die Abnahme einer festgelegten Menge ihres Produktes garantiert.
  4. Die Produzenten erhalten bei einer Mehrzahl der Bestellungen eine Vorauszahlung in Höhe von 30% bis 50%.
  5. Die Produzenten entscheiden demokratisch über die Verwendung eines Teils der Gelder.
  6. Die Produkte werden möglichst umweltschonend produziert und verarbeitet.
Datei:Flp logo.jpg Flower Label Programm (FLP): Blumen Das "Flower Label Programm" (FLP) legt soziale und ökologische Standards fest, nach denen Blumen angebaut werden müssen. Die Plantagen werden von unabhängigen Gutachtern geprüft. Bis heute haben 55 Farmen in Kenia, Simbabwe, Tansania, Ecuador und Kolumbien das FLP-Zertifikat. Anforderungen:
  1. Gewerkschaftsfreiheit
  2. Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit
  3. Festverträge und überdurchschnittliche Sozialleistungen
  4. Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit
  5. Verantwortlicher Umgang mit natürlichen Ressourcen
  6. Verbot hochgiftiger Pflanzenschutzmittel
Datei:Rugmark logo.jpg Rugmark: Teppiche    
  1. Beschäftigungsverbot von Kindern unter 14 Jahren. Eigene Kinder in traditionellen Familienbetrieben dürfen mitarbeiten, wenn ein regelmäßiger Schulbesuch der arbeitenden Kinder nachweislich gewährleistet ist
  2. Zahlung der im Land üblichen, gesetzlichen Mindestlöhne
  3. Hersteller und Exporteure zahlen 0,25% des Exportwertes der Ware an Rugmark, damit die laufenden Kosten des Kontroll- und Siegelsystems gezahlt werden
  4. Importeure in den Konsumentenländern zahlen eine Abgabe von mind. 1% des Importwertes, die in Sozialprogramme, wie zum Beispiel pädagogische oder medizinische Projekte, in den Erzeugerländern fließt.

Geschichte des Fairen Handels

1969 eröffnet in den Niederlanden der erste Weltladen.

In den 1970er Jahren kommt die Bewegung für gerechten Handel mit der Dritten Welt auf. In der Schweiz machen insbesondere die Bananen-Frauen von Frauenfeld und die Organisation Erklärung von Bern auf die Probleme der Weltwirtschaft aufmerksam. Sie plädieren für Verbesserungen ohne Almosen-Charakter.

1975 15. Mai, Gründung der gepa, (heute: gepa Fair Handelshaus), gegenwärtig größter deutscher Importeur fair gehandelter Produkte

1992 gründen Schweizer Hilfswerke die Max Havelaar-Stiftung, die seither fair gehandelte Produkte zertifiziert.

1997 schließen sich verschiedene internationale Siegelorganisationen zu der gemeinsamen Dachorganisation "Fairtrade Labelling Organizations (FLO) International" mit Sitz in Bonn zusammen.

2002 einigen sich 17 nationale Siegelorganisationen auf ein gemeinsames Logo, das künftig den internationalen Warenverkehr und die Öffentlichkeitsarbeit erleichtern soll.

Die Europäische Kommission hat 2002 bekannt gegeben, dass sie Fairen Handel unterstützen will.

Die Weltbank hat eine positive Einstellung zum Fairen Handel. Nach dem Kommentar zu einer Weltbankstudie im Jahr 2003 kann fair gehandelter Kaffee Vorteile haben, wie etwa verbessertes Ressourcenmanagement, geringerer Einsatz von Pestiziden was die Kosten und Gesundheitsrisiken reduziert und mehr ländliche Arbeitsplätze, für diejenigen schafft, die auf sie angewiesen sind.

Die deutsche Bundesregierung fördert von 2003 bis 2005 den Aufbau des Fairen Handels mit 6 Mio. Euro.

Die südafrikaniche Organisation Fair Trade in Tourism South Africa (FTTSA) hat im Oktober 2003 erstmals Tourismus-Unternehmen nach Fair-Handels-Kriterien zertifiziert.

Im März 2004 erreicht die fair gehandelte Banane auf dem Schweizer Markt einen Anteil von einem Viertel.

Einige Fair-Handels-Organisationen versuchen nun vermehrt, den Fairen Handel mit den wirtschaftlich schwächeren Partnern in das Regelwerk der WTO zu integrieren, was allerdings umstritten ist.

Pro/Contra Fairer Handel

Contra Pro
Kritiker des Ansatzes sehen durch den massiven Eingriff in die Ausgleichsfunktion des Marktes erhebliche Nebenwirkungen. Fairer Handel fördert durch Zahlung eines überhöhten Preises die Überproduktion, was wiederum zum Sinken des Weltmarktpeises und noch schnellerer Zerstörung von Urwaldgebieten führt. Befürworter argumentieren, diese Argumentationskette stimme so nicht. In die Ausgleichsfunktion des Marktes werde in keiner Weise eingegriffen. Schließlich schaffen die Produzenten des Fairen Handels nur so viele Anbauflächen, wie die Nachfrage nach Fairen Produkten es verlangt. Eine Überproduktion und damit eine zusätzliche Zerstörung der Urwaldgebiete findet deshalb nicht statt.
Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt betrifft die nach europäischem Muster eingeführte bürokratische Verwaltung, wie sie zum Beispiel von der IMO mit Sitz in der Schweiz und Deutschland betrieben wird: Die Vergabe der Prüfsiegel ist mit hohen Kosten verbunden. Befürworter argumentieren, dass der Faire Handel ohne professionelles Marketing nicht funktioniert, und das kostet Geld. Und gerade um den unten angeführten Kritikpunkt zu entkräften, bedarf es eben der steten Kontrolle durch die Siegelorganisationen.
Das System Fairer Handel ist außerdem korruptionsanfällig. Als Beispiel aus der Praxis wird angeführt: Die Kleinproduzenten und insbesondere ihre Organisationen haben mit den Fair-Trade Handelsgesellschaften lange Lieferverträge geschlossen. Sie verkaufen aber zunächst ihren qualitativ guten Ernteanteil an konventionelle Händler. Nach diesem Handel kaufen sie das gleiche Produkt in schlechterer Qualität zu einem günstigeren Preis zurück. Mit dieser qualitativ schlechteren Ware beliefern sie dann ihre Fair-Trade Partner. Befürworter argumentieren, dass der Faire Handel ohne professionelles Marketing nicht funktioniert, und das kostet Geld. Und gerade um diesen Kritikpunkt zu entkräften, bedarf es der steten Kontrolle durch die Siegelorganisationen.
Kritiker behaupten, dass Fairer Handel nur das Gewissen der Regierungen der Industrieländer beruhigen soll, die gegen die entscheidenden Ursachen für Unterentwicklung in den Entwicklungsländern nicht angehen. So werden sehr höhe Importzölle für verarbeitete und agrarische Produkte aus den Entwicklungsländern erhoben und die Landwirtschaft der Industrieländer hoch subventioniert, so dass die Entwicklsländer keine Möglichkeit haben, sich zu industrialisieren und damit zu entwickeln.
Die Gegner dieses Vorgehens argumentieren, darunter vor allem Entwicklungsländer, argumentieren, dass ihnen somit der einzige Standortvorteil gegenüber den Industrieländern genommen würde, nämlich die billigen Arbeitskräfte und die geringen Umweltschutzbestimmungen. Dieser Vorschlag hätte nichts mehr mit der Idee des Fairen Handels auf Basis des Käuferentscheides zu tun. Einige Aktivisten argumentieren, der Faire Handel solle in die Welthandelsorganisationen WTO und Weltbank als Standard integriert werden. Das hieße, dass soziale Mindeststandards dann für den Welthandel zwingend erforderlich wären.

Internationale Organisationen des Fairen Handels

Nationale Organisationen des Fairen Handels (deutschsprachiger Raum)

Fairer Handel in Österreich

Fairer Handel in Deutschland

Fairer Handel in der Schweiz

Material