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Tilmann Waldthaler

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Tilmann Waldthaler 2003
bei Santiago de Chile während
seiner Alaska-Patagonien-Tour

Tilmann Waldthaler (* 24. März 1942 in München) ist ein italienisch-australischer Weltenbummler deutscher Herkunft, Autor und Amateurfotograf sowie Lese- und Vortragsreisender, der auch als Werbeträger für die Fahrradindustrie und für Outdoor-Ausrüster bekannt geworden ist.

Er unternahm ab seinem 35. Lebensjahr bis heute mehr als ein Dutzend große Reisen mit dem Fahrrad, legte bei diesen und anderen Touren fast 500.000 Kilometer zurück und besuchte dabei über 130 Länder der Erde. Bei seiner zweiten Weltreise in den 1980er-Jahren begann er, für Zeitschriften Reiseberichte zu fertigen. Seit 1989 erschienen – neben Radreiseführern über seine Heimat – ein gutes halbes Dutzend seiner Erlebnisberichte als Buch.

Der in Südtirol aufgewachsene frühere Koch lebt seit langer Zeit in Australien und nahm auch dessen Staatsbürgerschaft an.

Herkunft

Waldthaler stammt aus sehr armen Verhältnissen und kam während des Zweiten Weltkriegs als Sohn eines Südtirolers und einer Deutschen in München zur Welt.[1] Er hat noch zwei ältere Schwestern und einen älteren Bruder. Die Familie wurde ausgebombt und zog daraufhin zu Verwandten des Vaters nach Italien, der schon bald verstarb. Waldthaler war vierzehn. Nur zwei Jahre später, im Alter von sechzehn, verlor er auch noch seine Mutter. Er zog daraufhin zunächst nach Wien zu seiner ersten Schwester, deren Ehemann zum Vormund bestellt worden war. Nach dem Ende der Schulzeit lernte er aufgrund der bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse in der Nähe Wiens Konditor, obwohl er eigentlich hatte studieren wollen. Anschließend ging er in die Schweiz, wo die zweite Schwester mit ihrem Mann ein Restaurant betrieb, und lernte dort Koch.[2][3]

Zu seiner Berufswahl sowie dem frühen Drang zum Reisen stellte er 2008 mit Bezug auf das früh verlorene Elternhaus im Radio-Interview rückblickend fest:

Denn zu Hause hatte man mir immer gesagt, dass man als Koch oder Konditor immer und überall arbeiten und dabei die Welt kennenlernen könne. Und so habe ich dann Konditor gelernt. (…) Anschließend (…) habe ich dann noch Koch dazugelernt. (…) Danach habe ich mir gesagt: ‚ So, essen muss jeder und ich kann kochen! (…) Also, los geht's in die Welt! ‘ Von der Schweiz aus ging ich gleich einmal nach Südafrika. Das war so quasi mein erster Aufenthalt im Ausland.[2]

Fünf Jahre später, 2013, sagte er zum gleichen Thema in einem weiteren Radio-Interview:

Ich bin als Vogel, der nicht fliegen konnte, aus dem Nest gefallen. Meine Eltern sind sehr früh gestorben, ich hatte keine Verpflichtung (…) und das war natürlich für mich als Kind sehr traurig und hart, aber: je älter ich geworden bin, hab' ich mir dann gedacht, war das gar nicht so schlecht, dass es mir so passiert ist.[3]

Auf diese Weise arbeitete und reiste Tilmann Waldthaler nach seinen Ausbildungen in Österreich und der Schweiz bereits vor seinen Fahrradweltreisen abseits der Südtiroler Heimat in den Ländern Frankreich, Südafrika, Simbabwe, Kanada sowie Australien und sagte dazu abschließend:

Und wenn ich genügend Geld hatte, bin ich nach Südostasien, bin herumgereist mit dem Rucksack, war im Pazifik – ich war schon immer sehr viel unterwegs.[3]

Weltreisen

Im Jahr 1974 arbeitete Waldthaler in Darwin und erlebte dort den Zyklon Tracy, der die Stadt im Norden Australiens weitgehend zerstörte. 1975 traf er auf der Autofahrt zu einer neuen Arbeitsstelle mitten in der australischen Wüste einen schwer bepackten belgischen Weltumradler, was ihn derart beeindruckte, dass er sich entschloss, es diesem gleichzutun und seinem Leben eine neue Wendung zu geben. Ohne Familie oder andere schwerwiegende Bindungen verkaufte er sein Auto zugunsten eines (umgerechnet etwa 1600 €[4]) teuren, maßangefertigten Reiserades, das ihm der belgische Bekannte empfohlen und besorgt hatte.

Damit reiste er ab 1977 zunächst durch die australischen Wüsten nach Neuseeland, um einen Job auf Antarktika zu finden. Er arbeitete vier Monate in der US-amerikanischen McMurdo-Station auf der Ross-Insel. Erst kurz vor der Überfahrt ließ er den Plan fallen, sein teures Gefährt mit ins ewige Eis zu nehmen, um auf der wenige Kilometer langen Straße zur neuseeländischen Scott Base radeln zu können. Danach führte ihn seine erste ganz große Tour 1977 bis 1981 von der Südspitze Neuseelands bis nach Spitzbergen in Norwegen über rund 55.000 Kilometer.

Begeistert von seinen Erfahrungen brach er bereits 1982 zu einer neuen Tour vom Nordkap nach Süden auf. Diese endete 1985 nach 28.000 Kilometern nicht wie geplant am Kap der guten Hoffnung, sondern schon in Zentralafrika. Wichtiges ereignete sich bereits bald nach dem Start in Reutlingen, wo er durch den nach eigener Darstellung zufälligen, jedoch nachdrücklichen Auftritt in einem Fahrrad-Zeitschriften-Verlag zur ersten Publikation seiner Abenteuer in Form einer insgesamt 15-seitigen Artikelserie gelangte. Im Laufe dieser neuen Karriere als Autor veröffentlichte Waldthaler seit 1989 ein gutes Dutzend Bücher, darunter mehrere Fahrradreiseführer für Südtirol.

Noch zwei weitere Reisen führten ihn mit 30.000 (von Alaska bis Feuerland) und 35.000 Kilometern (Äquator) über derart große Entfernungen, während sieben „kleinere“ Touren mit Distanzen zwischen 4.000 und 8.000 Kilometern in Europa, Afrika, Asien (zweimal) und Australien (dreimal) die Gesamtlänge seiner Touren nach eigenen Angaben auf bisher „so über den Daumen gerechnet“ 450.000 Kilometer komplettierten.[2][5] Insgesamt bereiste er dabei 136 Länder.

Im Mai 2010 startete Waldthaler vom Nordkap aus zu seiner – damals so angekündigten – letzten großen Tour, die ihn in Gegenrichtung zu seiner ersten großen Tour fast 30 Jahre zuvor zunächst von Norwegen aus rund um die Ostsee nach Weil am Rhein brachte und anschließend weiter nach Neuseeland führte, das er 2012 im Alter von dann 70 Jahren erreichen wollte. Dazu schrieb er auf seiner Webpräsenz:

Nach meiner Ankunft in Neuseeland kann ich auf 35 wunderbar verradelte Jahre zurückblicken. Zu diesem Zeitpunkt wird sich der Kreis des Rades schließen, der sich 1977 am südlichsten Zipfel von Neuseeland für mich geöffnet hatte.[6]

Nach einer in Australien zu Hause verbrachten Winterpause und einer kurzen Aufwärmtour in Deutschland brach Waldthaler im April 2011 von Basel aus über den Balkan in Richtung Istanbul auf. Von dort erreichte er im Verlauf mehrerer Monate über Indien und Südostasien Singapur, um erneut den Jahreswechsel daheim zu verbringen.[7] Er beendete die Reise wie geplant im März 2012 in Invercargill in Neuseeland.[8]

Etwas anders als drei Jahre zuvor noch angekündigt unternahm Waldthaler in Jahr darauf im australischen Winter eine weiter große Tour über den Savannah Way und die Gibb River Road in Australiens Norden. Sie führte ihn über rund 4000 Kilometer von seinem Heimatort Cairns nach Broome. Über diese Reise „einmal oben rüber“ entstand ein weiters Buch.

Extremsport

Waldthaler wird von außen häufig als Person dargestellt, die Extremes geleistet hat, so etwa durch die Deutsche Nationalbibliothek als „Extremradfahrer“.[9] Auch wird er in Anlehnung an seinen weltberühmten Südtiroler Landsmann als „Reinhold Messner der Mountainbike-Globetrotter“ bezeichnet.[10] Er selbst grenzt sich jedoch von dieser Rezeption im Interview ab und legt Wert darauf, sich nie unter Zeitdruck gesetzt zu haben:

Unterwegs habe ich mir die Zeit geschenkt, das heißt ich habe nicht um ein bestimmtes Pensum kämpfen müssen. (…) Ich habe so etwas nie gemacht, ich habe mich nie vergewaltigt in diesem Sinne. Ich bin immer mit der Natur gefahren.[2]

Persönliches

Nach einer Kindheit ohne Geld für eine höhere Bildung lernte Waldthaler auf seinen Weltreisen Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch sowie, wie er selbst betont, „die Sprache, die wir alle kennen, nämlich die wunderbare Körpersprache“. Er wurde bereits vor seiner Karriere als Weltenbummler Vegetarier.[2]

In den 1980er Jahren lernte Waldthaler während der Nil-Reise seine heutige Frau Renate kennen, die zu seiner Überraschung – als Frau in der nordafrikanischen Wüste – ebenfalls allein mit dem Fahrrad unterwegs war. Er begleitete sie Richtung Ruanda, wo sie drei Jahre als Krankenschwester arbeitete, und lud sie später, nach ihrer Rückkehr nach Europa, zu sich nach Südtirol ein, wo sie blieb. Heute leben beide in Australien, wo Renate erneut als Krankenschwester lange Zeit bei Aborigines arbeitete.[3]

Waldthaler selbst hält sich für seine Vortragsreisen sowie die Arbeit mit Sponsoren und Verlagen während des australischen Sommers häufig in Europa auf, bezeichnet sich aber grundsätzlich als „Mensch, der die Wärme liebt“. Er besitzt die italienische und die australische Staatsbürgerschaft.[3]

Tourenüberblick

Tilmann Waldthaler 2010
bei einer Veranstaltung in Osnabrück
kurz vor Beginn seiner letzten Weltreise

Im Verlauf von dreieinhalb Jahrzehnten brach Tilmann Waldthaler zu genau einem Dutzend großer Fahrradreisen auf:

Zeitraum Distanz Bezeichnung
1977–1981 55.000 km Von der Antarktis bis in die Arktis („Solo zwischen den Polen“)[11]
1982–1985 28.000 km Vom Nordkap bis zu den Medizinmännern in Afrika
1986–1986 04.000 km Die Zentralgebirge-Tour
1987–1988 06.000 km Die Nil-Reise
1989–1992 35.000 km Die Äqua-Tour
1994–1994 06.000 km Quer durch Australien
1995–1995 04.500 km Rund um die 14 Achttausender der Erde
1997–1998 07.400 km Bike Camel Bike
2001–2003 30.000 km Die Alaska-Patagonien-Tour
2004–2005 05.300 km DeutschlandTürkei
2006–2007 08.000 km Cape to Cape Tour
2010–2012 30.000 km Von Norwegen bis nach Neuseeland („Zurück in die Zukunft“)[11]
2013–2013 04.000 km Die Savannah Way Tour in Australien
1977–2013 223.200 km Summe aller dreizehn besonders großen Touren in 36 Jahren

Schriften

Zeitschriften

Seit seiner zweiten großen Tour Anfang der 1980er Jahre berichtete Tilmann Waldthaler in Zeitschriftenbeiträgen über seine Reiseerlebnisse.

Bücher

Neben diesen als Hauptautor veröffentlichten Titeln schrieb Tilmann Waldthaler Beiträge für verschiedene Sammelbände.

Einzelnachweise

  1. Tilmann Waldthaler Fahrrad-Weltenbummler. Persönliche Daten und Bild von Tilmann Waldthaler 2008 unter Alpha-Forum. In: Webpräsenz des Bayerischen Rundfunks. Archiviert vom Original am 21. März 2009; abgerufen am 27. April 2010.
  2. a b c d e Waldthaler, Tilmann. Text der Sendung mit Tilmann Waldthaler im Alpha-Forum, Stand: 24. November 2011. In: Webpräsenz des Bayerischen Rundfunks. 14. Februar 2008, abgerufen am 12. Oktober 2009. Interviewtext (PDF, 50 KB)
  3. a b c d e Ein Rad-Reise-Leben. Interview in der WDR 2-Hörfunkreihe Sonntagsfragen (Hinweis zur Sendung im Archiv auf Seite 2, der Podcast ist dort nicht mehr abrufbar). 5. Mai 2013, archiviert vom Original am 1. August 2013; abgerufen am 8. Juni 2013.
  4. Lebensgefährliche Situationen sind meist sehr kurz. Interview (Seite 20). In: Sächsische Zeitung. 7. September 2012, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 9. September 2012.@1@2Vorlage:Toter Link/www.sz-online.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  5. Im vor seiner 2010/12er-Tour geführten Interview mit dem Bayerischer Rundfunk gab Waldthaler 430.000 Kilometer an. Nach dieser Tour über rund 30.000 Kilometer sprach er auf seiner Webpräsenz von „450.000 Kilometern sowie einer 35 jährigen Lebensgeschichte auf dem Fahrrad“. Die letzte Tour in Australien fehlte da noch. Die besonders großen Touren summieren sich allein auf über 220.000 Kilometer (siehe Tabelle oben).
  6. Die neue Tour 2010 bis 2012, abgerufen auf Waldthalers neuen Webpräsenz am 13. Oktober 2009.
  7. Aktuelle Einträge auf Waldthalers Webpräsenz, abgerufen am 15. April 2011 sowie am 2. Januar 2012.
  8. Von Norwegen nach Neuseeland 2010 bis 2012. Artikel auf Waldthalers Webpräsenz. Abgerufen am 12. August 2012.
  9. Personaleintrag bei der DNB.
  10. Tillmann Waldthaler präsentiert sein neues Buch… In: Webpräsenz von Magura. Archiviert vom Original am 31. Dezember 2010; abgerufen am 13. Oktober 2009.
  11. a b Zurück in die Zukunft, abgerufen auf Waldthalers neuen Webpräsenz am 24. November 2009.