Six Sigma
Six Sigma (6σ) ist eine Methode des Qualitätsmanagement, um einen möglichst fehlerfreien Prozess zu erreichen.
Six Sigma setzt insbesondere auf eine Analyse des Ist-Prozesses, um die für den Prozess wichtigen Parameter, Fehlermöglichkeiten und Prozesskennzahlen zu erkennen und einer objektiven statistischen Analyse zugänglich zu machen. Die Nachvollziehbarkeit bei der Analyse, der Entscheidungsfindung und beim Nachweis des Projekterfolges nimmt bei Six Sigma besonderen Stellenwert ein.
Einige Unternehmen erwarten von ihren Lieferanten Nachweise über Six Sigma-Qualität in den Produktionsprozessen, mit denen bewiesen werden soll, dass der Zulieferer seine Waren qualitativ hochwertig produziert.
Statistische Interpretation
Das Sigma entspricht der Standardabweichung der Gaußschen Normalverteilung. Aus der Anzahl der Fehler in einem Prozess kann mit Hilfe von Tabellen oder Statistik-Programmen das Sigma-Niveau ermittelt werden. Folgende Liste stellt den Sigma-Niveaus die Anzahl der Fehler je eine Million produzierter Einheiten (oder auch: DPMO = defects per million opportunities) gegenüber:
σ DPMO* Ausbeute* ------- ------------ --------------- 1 691.462 30,85375% 2 308.537 69,14625% 3 66.807 93,31928% 4 6.210 99,37903% 5 233 99,97673% 6 3,4 99,99966%
(* DPMO und Ausbeute bei einer einseitigen Betrachtung der Normalverteilung; eine größere Streuung im Langzeitverhalten ist durch eine Verschiebung um 1,5 Sigma bereits berücksichtigt)
Six Sigma im statistischen Sinne drückt also aus, dass unter einer Million Fehlermöglichkeiten (nicht Teile) weniger als 4 Fehler zu finden sind. In der Produktion bedeutet dies, daß eine Nullfehlerproduktion vorliegt.
Nach Schätzungen liegen die ohne die Six Sigma-Methoden bei ca. 3σ bis 4σ. in Richtung 5σ oder darüber hinaus wird mit herkömmlichen Prozessverbesserungsmethoden nur für schwer möglich gehalten. Für einige kritische Bereiche sind selbst 6σ noch zu fehleranfällig, z. B. bei Fluggesellschaften oder Elektrizitätsunternehmen.
Methoden
Unterschieden werden zwei Hauptmethoden, von denen es je nach Implementierung im einzelnen Unternehmen mehr oder weniger große Abweichungen gibt:
DMAIC steht für define, measure, analyze, improve und control, also definieren, messen, analysieren, verbessern und steuern. Diese Methode wird zur Verbesserung bereits bestehender Prozesse verwendet.
DFSS steht für define, for, six, sigma. Diese Methode wird zur Entwicklung neuer Prozesse verwendet, die dem Six Sigma Anspruch genügen
Qualifizierung
Um Six-Sigma-Projekte in einem Unternehmen durchzuführen, werden standardisierte Schulungen angeboten, die die Teilnehmer entsprechend ihrer Anforderungen qualifizieren.
Die Bezeichnungen orientieren sich dabei an japanischen Kampfsportarten:
Der Master Black Belt coached Projekte und führt Trainings durch.
Der Black Belt leitet größere Six-Sigma Projekte, mit hohem statistischen Anspruch. Die Einsparungen dieser Projekte liegt bei 50 TEUR oder mehr.
Der Green Belt leitet kleinere Six-Sigma Projekte. Einsparungen pro Projekt: um die 10 TEUR
Der Yellow Belt ist ein Projektmitarbeiter, mit Six-Sigma Grundkenntnissen.
Schwachstellen
Kritisch betrachtet ist die Six-Sigma-Methode Augenwischerei und mathematischer Unsinn. Damit die geforderte Eigenschaft eintritt (Gaussverteilter Fehler), sind verschiedene Eigenschaften der Fehlerquelle erforderlich, die schon bei einfachen physikalischen Modellen selten auftreten, geschweige denn bei komplexen Prozessen wie Fertigungsprozessen in der Industrie.
- Es gibt nur eine Fehlerquelle, die gaussverteilt ist.
- Alle Fehlerquellen haben (fast) die gleiche Standardabweichung.
- Ein Produkt wird erst durch eine große Anzahl von Fehlern funktionsuntüchtig.
In der Praxis hat man es meist mit wenigen gut bekannten Hauptfehlerquellen zu tun, die von selteneren, aber breiter verteilten Fehlern überlagert sind. Dies ändert die Verteilung der Hauptfehler nicht, führt aber am Rand zu wesentlich langsamer abfallenden Verteilungsfunktionen.
Beispiel: Die Verteilungsfunktion sei die Überlagerung von 99% einer Standardverteilung mit einer Standardabweichung von 0,9 und 1% einer Verteilung mit einer Standardabweichung von 10. Die Funktion sieht auf den ersten Blick wie eine Gaussfunktion mit einer Standardabweichung von 1 aus, erreicht aber die Fehlerwahrscheinlichkeit von 0,00033% aber nicht bei 6 Sigma, sondern erst bei ca. 50 Sigma.
Geschichte
Entwickelt wurde das Konzept in dern 1970ern für den japanischen Schiffbau, später wurde es in der japanischen Elektronik- und Konsumgüterindustrie eingeführt. Weiterentwickelt wurde Six Sigma Mitte der 80er Jahre in den USA bei Motorola, wobei es mittlerweile weltweit von zahlreichen Unternehmen implementiert wird. Nachdem diese Methode anfangs nur in der Produktion eine Anwendung fand, hat sie in den letzten Jahren immer stärkeren Einzug in den Service- und Dienstleistungsbereich gefunden. Zudem wird derzeit versucht, Six Sigma auf weitere Bereiche wie z.B. die Distribution oder das Bankwesen anzupassen.
Literatur
- Kjell Magnusson, Dag Kroslid, Bo Bergman: Six Sigma umsetzen. Hanser Fachbuch 2004 ISBN 3446216332
- zum Buch: Die drei Autoren sind Experten auf dem Gebiet des Qualitätsmanagements. Das Buch, das ursprünglich auf Englisch erschien, gibt eine ausführliche Einführung in die Begriffswelt rund um Six Sigma und weist auf mögliche Probleme bei der Umsetzung hin. Die aktuellen Auflagen enthalten zudem zahlreiche Unternehmensbeispiele. Ebenso ist eine CD-ROM mit nützlichen Programmen beigefügt.
- Rolf Rehbehn, Zafer Bülent Yurdakul: Mit Six Sigma zu Business Excellence. Strategien, Methoden, Praxisbeispiele. 1. Aufl. Publicis MCD Verlag 2003 ISBN 3895781851
- Armin Töpfer et al.: Six Sigma. 3. Aufl. Springer, Berlin 2004 ISBN 3540218998
- zum Buch: Der Herausgeber Armin Töpfer ist Professor an der TU Dresden. Dieses Buch zeigt Grundlagen von Six Sigma auf und geht zudem sehr stark auf die Umsetzung in der Praxis ein. Zu diesem Zweck beschreiben zahlreiche Autoren aus verschiedenen Unternehmen ihre Six Sigma Ansätze.
- Dag Kroslid, Konrad Faber, Kjell Magnusson: Six Sigma. Hanser Fachbuch 2003 ISBN 3446222944
- zum Buch: Dieses Taschenbuch beschreibt auf wenigen Seiten knapp und präzise Six Sigma und wie diese Strategie umgesetzt werden kann. Unterstützt wird das Ganze durch zahlreiche Abbildungen, Tipps und Beispiele.
- Rath & Strong`s: Six Sigma Pocket Guide. TÜV Verlag ISBN 0-9705079-0-9
- zum Buch: Dieses kleinformatige Taschenbuch (11x15 cm) fasst das Thema in ca 200 Seiten kurz und prägnant zusammen. Gute Hilfe für den Schreibtisch für den Praktiker im Betrieb; Gibt es auch noch in den Abwandlungen Advanced... für weitere Statistik-Methoden und Team für die Behandlung der "weichen Seite". Beide nur in Englisch erhältlich
- W.Achenbach, K.Lieber, J.Moormann: Six Sigma in der Finanzbranche. Bankakademie Verlag GmbH 2005 ISBN 3937519130
- zum Buch: Einführung, Erfahrungsberichte und auch Meinungen aus Sicht von Beratern beschreiben die Anwendungsmöglichkeiten in Dienstleistungsunternehmen.
- Mikel Harry, Richard Schroeder: Six Sigma. Campus 2000.
- zum Buch: Einer der modernen Klassiker zum Thema: Die Autoren Mikel Harry und Richard Schroeder entwickelten in den achtziger Jahren bei Motorola den umfassenden Qualitäts-Management-Ansatz Six Sigma. Hier findet sich eine Zusammenfassung des Buches
- George Eckes: "The Six Sigma Revolution - How General Electric and Others Turned Process Into Profits". John Wiley & Sons © 2000, 274 Seiten.
Weblinks
- http://www.bpm-guide.de/wissen/3 - umfangreiches Informationsportal, Artikel zu Six Sigma in Theorie und Praxis
- http://www.bpm-guide.de/articles/19 - Six Sigma – Ein kurzer Überblick, die wichtigsten Eigenschaften
- http://www.bpm-guide.de/articles/32 - Umfangreicher Artikel (> 10 Seiten) über Six Sigma, speziell DMAIC