Studiengebühr
Studiengebühren sind Gebühren, die Studierende regelmäßig entrichten, um am Studium teilnehmen zu können.
Studiengebühren in Deutschland
Das Hochschulrahmengesetz (HRG) schließt allgemeine Studiengebühren aus. Dagegen klagen diverse Bundesländer. Nicht ausgeschlossen sind schon jetzt Zweitstudien-, Langzeitstudien- und geringe Rückmeldegebühren. Auch Studienkonten sind erlaubt.
Daher gibt es inzwischen in zahlreichen deutschen Bundesländern Studiengebühren, die jedoch entweder erst zu entrichten sind, sobald eine bestimmte Semesteranzahl überschritten ist, oder eine "geringe" Gebührenhöhe haben. Die Höhe der Langzeit/Zweistudiengebühren liegt bei 300 bis 650 Euro. Rückmeldegebühren liegen zwischen 40 und 51 Euro.
Das letzte Bundesland, dessen Regierung noch kein Studiengebührenpläne veröffentlicht hat, ist Mecklenburg-Vorpommern.
Von manchen werden nachlaufende (= nachgelagerte) Studiengebühren favorisiert, wie etwa in Australien, wo ein entsprechendes Modell 1989 unter dem Namen Higher Education Contribution Scheme (HECS) eingeführt wurde. Die Studierenden erhalten ein zinsloses Darlehen und zahlen die Gebühren erst dann zurück, wenn sie ein Mindesteinkommen (in Australien ab 12.400 Euro Brutto-Jahreseinkommen) erreicht haben. Andere favorisieren ein Gebührenmodell, bei dem alle Studierenden Gebühren entrichten, einige jedoch über BAföG bis zu 100 % erstattet bekommen.
An Privathochschulen sind Studiengebühren allgemein üblich.
Studiengebühren in Österreich
In Österreich wurden 2001 Studiengebühren (Studienbeiträge) eingeführt. Die Studiengebühren sind einmal pro Semester zu entrichten und haben eine Höhe von 363,36 Euro pro Semester für Österreicher und EWR-Staatsangehörige. Staatsangehörige anderer Staaten zahlen 726,72 Euro pro Semester.
Darüber hinaus fallen noch geringfügige Gebühren für die Mitgliedschaft in der Österreichischen Hochschülerschaft und für die Unfallversicherung an. Keine Studiengebühren zahlen beurlaubte Studenten; Studenten aus Entwicklungsländern erhalten die geleisteten Studiengebühren rückerstattet.
Die Einnahmen aus den Studiengebühren fliessen dem allgemeinen Budget zu und haben deshalb keine unmittelbare Auswirkung für die Finanzierung der Universitäten.
Argumentation
Pro Studiengebühren
- Studiendauer: Studiengebühren ab einer bestimmten Semesteranzahl zwingen die Studierenden zu einem schnellen Studienabschluss, was der Volkswirtschaft zugute kommt. Langsame Studierende werden finanziell bestraft. Es besteht also ein finanzieller Druck, schnell fertig zu studieren und somit der Wirtschaft zur Verfügung zu stehen.
- Finanzlage: Leere Kassen und Sparzwänge verstärken den Druck, nach alternativen Finanzierungsquellen für ein konkurrenzfähiges Hochschulangebots zu suchen. Studiengebühren führen zu einer Entlastung der öffentlichen Kassen.
- Gerechtigkeit: Das Hochschulsystem wird ohne eine Finanzierung mit Studiengebühren von einer Minderheit wahrgenommen, aber von der Allgemeinheit finanziert. Allerdings ist hier auch ein hohes Interesse der Allgemeinheit an einer hohen Akademikerquote zu berücksichtigen.
- Soziale Gerechtigkeit: Befürworter von Studiengebühren führen häufig an, dass in Staaten mit einem Studiengebührensystem (Großbritannien, Australien) mehr Kinder aus sozial schwächeren Schichten als in Deutschland studieren. Akademiker würden nach ihrem Studium auch tendenziell zu den Wohlhabenderen gehören. Diese Auffassungen sind allerdings sehr umstritten. So liegen die Gründe für mangelnde Chancengleichheit in Deutschland überwiegend im Schul- und Elternbereich. Die Statistiken lassen sich ebenfalls nicht vergleichen, weil z.B. in den USA auch Krankenschwestern einen Abschluss an einer Hochschule erwerben müssen. Auf die Lebensarbeitszeit gesehen haben zudem Nicht-Akademiker häufig eine bessere finanzielle Bilanz als Akademiker, z.B. in Bezug auf den Erwerb von Rentenansprüchen. Man kann hier statistisch allenfalls von einer leichten Tendenz reden.
- Vermeidung von Härten: In einem nachlaufenden System wären Gebühren zuzumuten, sofern nicht übergeordnete Gründe gegen Studiengebühren sprechen.
- Verbesserung der Lehrqualität: Hier wird häufig das Konkurrenzprinzip als Begründung angeführt. Ein Student, der für sein Studium bezahlt, wird von der Hochschule mehr erwarten im Sinne einer Kunden-Lieferanten-Beziehung. Demgegenüber stehen bestimmte im Marketing bekannte Effekte ähnlich denen der für die Markenpositionierung von Parfums bekannten. Danach wird eine Hochschule schon aus dem Grunde an hohen Studiengebühren interessiert sein, weil damit auch ein hoher Prestige-Effekt verbunden ist. Der Student entscheidet sich weniger aufgrund der Qualität der Lehre als vielmehr wegen des Prestiges für eine bestimmte Hochschule. Der Wettbewerb erzeugt dann eine Spirale nicht in Richtung niedriger, sondern immer höherer Studiengebühren.
Contra Studiengebühren
- Nebenjob: Zur Finanzierung der Studiengebühren sind viele Studierende auf einen Nebenjob angewiesen. Gerade dadurch aber können sie sich weniger auf das Studium konzentrieren, was es wiederum verlängert.
- Staatliche Verantwortung: Die Grundfinanzierung staatlicher Hochschulen muss Aufgabe des Staates bleiben.
- Versickern der Gebühren: Es kann nicht sichergestellt werden, ob die Gebühren wirklich dem Hochschulsystem zugute kommen. Eventuelle Studiengebühren müssten den Studierenden direkt zugute kommen. Die bisher in Deutschland existierenden Studiengebühren kommen in keinem Fall der Hochschule zugute - durch die höheren Verwaltungskosten steht ihr effektiv sogar weniger Geld zur Verfügung als zuvor.
- Akademikerquote: Durch höhere Gebühren könnten zahlreiche potenzielle Akademiker von einem Studium abgeschreckt werden, obwohl eher Akademikermangel herrscht.
- Gerechtigkeit: Das Hochschulsystem nutzt letztlich allen, also sollte es auch von der Allgemeinheit, etwa durch Steuern, finanziert werden.
- Soziale Gerechtigkeit: Durch Studiengebühren ist es Kindern sozialschwacher Familien nicht möglich, ein Studium aufzunehmen, wenn ihnen keine entsprechenden Befreiungen angeboten werden. Es kann auch ein Mittelstandsloch geben (wenn - wie beim BAföG - die Freibetragsgrenzen recht niedrig sind), d.h. für ganz arme kostet's nichts, für reiche ist's kein Problem, aber dazwischen ...
- Verwaltungsaufwand: Die Erhebung von Gebühren, egal welcher Art, erfordert Verwaltungsaufwand. Es ist einfacher, die Hochschulen (ebenso wie Schulen) über allgemeine Steuern zu finanzieren.
- Mindereinnahmen: In Nordrhein-Westfalen beendeten 2004 nach der Einführung der 650-Euro-Gebühr für Langzeitstudenten schlagartig 50.000 Studierende ihr Studium. Es kommt zu massiven Mindereinnahmen. Dieses Beispiel zeigt, dass Studiengebühren die Bildung verteuern können.
- Tod des Ehrenamts: Studierende, welche Studiengebühren zahlen müssen, werden ehrenamtliches Engagement einschränken, um die Studienzeit nicht zu verlängern.
- Ausschluss von der Partizipation: Studierende die durch Studiengebühren unter finanziellen Druck gesetzt werden, haben weniger Zeit sich gesellschaftlich/politisch zu engagieren.
Je nach Standpunkt kann das folgende Argument für oder gegen Studiengebühren sprechen:
- Privatisierung: Studiengebühren sind eine der Grundvoraussetzungen um einen von manchen befürworteten Bildungsmarkt zu schaffen und das heute etwa in Deutschland von anderen befürwortete staatliche Hochschulwesen zu privatisieren.
Weblinks
- Übersicht über Studiengebühren in allen deutschen Bundesländern
- Artikel zu Pro und Contra von Studiengebühren im NOVO-Magazin
- Aktionsbündnis gegen Studiengebühren