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Europäische Bankenunion

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Die Europäische Bankenunion (englisch European banking union) bezeichnet die im Mai 2014 beschlossene Übertragung von nationalen Kompetenzen auf zentrale Institutionen, bzw die Schaffung von einheitlichen, gemeinsamen Richtlinien und Regelungen im Bereich der Finanzmarktaufsicht und der Sanierung oder Abwicklung von Kreditinstituten innerhalb der Europäischen Union, bzw der Eurozone.

Zentrale Pfeiler der Bankenunion sind:

  1. der einheitliche Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM)
  2. der einheitliche Bankenabwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism), sowie
  3. ein einheitliches Regelwerk (single rulebook), welches für alle 28 Mitgliedstaaten der EU anwendbar ist

Entwicklung

Anfängliche Pläne der Europäischen Kommission für eine zentrale europäische Bankenaufsicht nach der Insolvenz der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 scheiterten anfänglich am Widerstand der EU-Mitgliedsstaaten, da diese keine Kompetenzen bei der nationalen Aufsicht über die Banken abgeben wollten.

2011 wurde das Europäische Finanzaufsichtssystem mit drei Finanzaufsichtsbehörden für das Bankwesen (EBA), das Versicherungswesen (EIOPA) und das Wertpapierwesen (ESMA) gegründet. Hauptaufgabe der Finanzaufsichtsbehörden ist die Entwicklung von einheitlichen Aufsichtsstandards, die Überwachung liegt weiterhin primär bei den nationalen Aufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten. Im weiteren Verlauf hat sich dieses System als nicht ausreichend zur Bewältigung der Finanzkrise in Europa erwiesen. Insbesondere die Erfahrungen aus der Staatsschuldenkrise in Zypern seit 2011 haben gezeigt, dass die nationale Bankenaufsicht nicht ausreichend auf die Krise reagiert hatte.

Im Juni 2012 warf EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso die Pläne für eine zentrale Bankenaufsicht erneut auf: Seiner Vorstellung nach sollten die größten Banken aus allen 28 Mitgliedstaaten unter die Aufsicht einer europäischen Behörde gestellt werden. Beim Brüsseler EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs beschlossen diese am 29. Juni 2012, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) direkte Finanzhilfen an Banken erst dann geben darf, wenn eine effiziente Bankenaufsicht auf europäischer Ebene unter Beteiligung der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Eurozone installiert worden sei. Gleichzeitig beauftragte der Gipfel die EU-Kommission damit, in Kürze einen entsprechenden Mechanismus zu präsentieren.[1] Im September 2012 stellte Barroso die Pläne der EU-Kommission in seiner „State of the Union“-Rede vor dem Europaparlament vor: Demnach sollte die EZB bereits zum 1. Januar 2013 die Aufsicht über die Banken übernehmen, die ESM-Hilfen beantragen. In einem zweiten Schritte sollte die EZB ab Juli 2013 die Kontrolle über systemrelevante Großbanken in der Eurozone übernehmen und ab Anfang 2014 über alle Banken in der Eurozone. Letztlich wäre die EZB für die Aufsicht über mehr als 6.000 Banken verantwortlich gewesen. Im Dezember 2012 einigten sich die europäischen Finanzminister auf Eckpunkte zur Schaffung des einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismuses (Single Supervisory Mechanism, SSM). Am 19. März 2013 gab der Rat der Europäischen Union bekannt, dass mit dem Europäischen Parlament eine Einigung über die Errichtung einer zentralen europäischen Bankenaufsicht für die Eurozone erzielt worden sei. Demnach soll die EZB künftig alle Banken in der Eurozone überwachen, deren Bilanzsumme über 30 Milliarden Euro oder 20 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Landes ausmacht. Damit fallen etwa 120 der insgesamt rund 6.000 Banken in der Eurozone direkt unter die Kontrolle der EZB. Der Rest soll weiterhin von den nationalen Aufsichtsbehörden überwacht werden. In Deutschland sind somit insbesondere die Sparkassen und Volksbanken von der zentralen Kontrolle ausgenommen. Ab November 2014 nahm die EZB ihre neuen Aufgaben wahrnehmen.

Im März 2014 einigte sich die Europäische Kommission auf die letzten Modalitäten der Bankenunion.[2] Diese mündeten im Mai 2014 in der Veröffentlichung der EU-Abwicklungsrichtlinie (auch Bank Recovery and Resolution Directive, oder BRRD) und des einheitlichen Abwicklungsmechanismus (auch Single Resolution Mechanism oder SRM).

Einzelnachweise

  1. Peter Spiegel: Barroso pushes EU banking union In: Financial Times (Registrierung erforderlich), 11. Juni 2012. Abgerufen am 1. Juli 2012 
  2. Handelsblatt.de:Die Bankenunion steht